TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/25 W145 2213470-1

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Veröffentlicht am 25.06.2020
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Entscheidungsdatum

25.06.2020

Norm

BSVG §2 Abs1 Z1
BSVG §262
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W145 2213470-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela HUBER-HENSELER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , SVNR XXXX , vertreten durch Rechtsanwälte XXXX , gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Regionalbüro Niederösterreich/Wien (nunmehr: Sozialversicherung der Selbständigen) vom 08.11.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) idF als unbegründet abgewiesen. Es wird festgestellt, dass Frau XXXX vom 23.10.2012 bis 31.12.2018 in der Krankenversicherung der Bauern pflichtversichert ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Regionalbüro Niederösterreich/Wien (nunmehr: Sozialversicherung der Selbständigen, im Folgenden: belangte Behörde) hat mit Bescheid vom 08.11.2018, Zl. XXXX , festgestellt, dass XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) vom 23.10.2012 bis laufend in der Krankenversicherung der Bauern pflichtversichert sei.

Begründend wurde, nach Zitierung der angewandten gesetzlichen Bestimmungen, ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin seit 01.08.1992 einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb auf ihre alleinige Rechnung- und Gefahr führe. Der Einheitswert dieses Betriebes betrage bis 30.06.2005 EUR 1.800, bis 31.03.2018 EUR 2.891,26 und ab 01.04.2018 EUR 3.080,97. Der geschiedene Ehegatte der Beschwerdeführerin übe seit 1997 durchgehend eine Erwerbstätigkeit aus und sei deshalb nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversichert. Aus dem der belangten Behörde am 21.08.2018 übermittelte Beschluss vom 23.10.2012, GZ XXXX , des Bezirksgerichtes XXXX , gehe hervor, dass die Ehe der Beschwerdeführerin mit ihrem Ehegatten am 23.10.2012 rechtskräftig geschieden worden sei.

Bis 31.12.1998 habe es einen Ausnahmegrund aus der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem BSVG gegeben, wenn der Ehepartner nach einem anderen Bundesgesetz pflichtversichert gewesen sei. Diese gesetzliche Bestimmung sei mit 01.01.1999 weggefallen. Eine Übergangsregelung (§ 262 Abs. 3 BSVG) sei für jene Personen vorgesehen, welche bereits zum 31.12.1998 aufgrund der Krankenversicherung des Ehepartners nach einem anderen Bundesgesetz aus der bäuerlichen Krankenversicherung ausgenommen und jener Sachverhalt unverändert bleibe der für die Ausnahme aus der Krankenversicherung am 31.12.1998 maßgeblich gewesen sei.

Die Scheidung der Beschwerdeführerin stelle eine solche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes dar.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin am 11.12.2018 fristgerecht Beschwerde und beantragte den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde ersatzlos zu beheben, allenfalls den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Die Beschwerdeführerin führte aus, dass ihre im Jahr 2012 erfolgte Scheidung keine Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes darstelle. Dass die Ehescheidung eine relevante Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes darstellen würde, könne dem Gesetz nicht klar und eindeutig entnommen werden.

Die belangte Behörde treffe auch keine Feststellungen dahingehend, dass und wie lange die Beschwerdeführerin nach dem ASVG pflicht- bzw. krankenversichert sei. Derartige Feststellungen wären schon deshalb zu treffen gewesen, da der in der Begründung zitierte § 5 Abs. 2 Z 4 BSVG in der bis 31.12.1998 geltenden Fassung selbst darauf Bezug nehme, dass eine Person aufgrund anderer bundesgesetzlicher Vorschriften (als dem BSVG) in der Krankenversicherung pflichtversichert sei.

Im Übrigen sei die Bestimmung des § 262 Abs. 3 BSVG undeutlich bzw. unklar sowie unsachliche und daher verfassungswidrig. Die Bestimmung sei deshalb unklar, da sie sich auf Personen beziehe, die am 31.12.1998 gemäß § 5 Abs. 2 Z 4 BSVG ausgenommen gewesen seien. Dass es sich bei dem zitierten Paragraphen um die Bestimmung in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I. Nr. 139/1997 handle, sei der zitierten Bestimmung nicht klar zu entnehmen. Es sei für den Normunterworfenen praktisch nicht nachvollziehbar, wie der feststellen solle, ob jener Sachverhalt unverändert geblieben sei oder nicht. Die Bestimmung sei unsachliche, dass es keinen Grund gebe, der sachlich rechtfertigen würde, wegen einer erfolgten Ehescheidung eine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung des BSVG zu rechtfertigen, zumal die Beschwerdeführerin ohnehin nach dem ASVG pflichtversichert in der Krankenversicherung sei.

Es mache keinen Unterschied, ob die Beschwerdeführerin vor der Ehescheidung mit ihrem Ehegatten nach dem ASVG mitversichert gewesen sei und nach der Scheidung nicht, zumal die Beschwerdeführer selbst seit dem Jahr 1985 mit kurzen Unterbrechungen und seit dem April 1988 durchgehen nach dem ASVG pflichtversichert gewesen sei. Es gebe daher keine sachliche Rechtfertigung dafür, dass die Beschwerdeführerin nunmehr nach der Scheidung in der Krankenversicherung der Bauern pflichtversichert sein solle.

3. Mit Schreiben vom 21.01.2019 legte die belangte Behörde die Beschwerde sowie den bezughabenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

4. Per 04.11.2019 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung W145 neu zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin führte von 01.08.1992 bis 31.12.2018 einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb auf alleinige Rechnung und Gefahr. Der Einheitswert des Betriebes betrug bis 30.06.2005 EUR 1.800, bis 31.03.2018 EUR 2.891,26 und seit 01.04.2018 EUR 3.080,07.

Die Beschwerdeführerin ist seit 01.11.2018 in Pension. Die von der Beschwerdeführerin gepachtet landwirtschaftliche Fläche wurde per 31.12.2018 rückgelassen.

Die Beschwerdeführerin war seit 17.11.1978 mit ihrem Ehemann XXXX verheiratet. Der Ehemann der Beschwerdeführerin ist seit 1997 durchgehend nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversichert. Die Ehe wurde am 23.10.2012 mit Beschluss des Bezirksgerichts XXXX zu GZ XXXX rechtskräftig geschieden.

Die Ehescheidung der Beschwerdeführerin stellt eine Sachverhaltsänderung im Sinne der Übergangsregelung des § 262 Abs. 3 BSVG dar.

Die Beschwerdeführerin war seit 1981 insgesamt 370 Monate nach dem ASVG pflichtversichert.

2. Beweiswürdigung:

Der oben dargestellte Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und aus dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die getroffenen Feststellungen betreffend die Bewirtschaftungsverhältnisse wurden verfahrensgegenständlich nicht bestritten und decken sich mit den vorliegenden Unterlagen (Pachtvertrag vom 17.06.1992).

Der Pensionsantritt der Beschwerdeführerin und die Rückgabe der gepachteten landwirtschaftlichen Fläche ergeben sich aus den Unterlagen und sind unstrittig.

Die ASVG Versicherung des geschiedenen Ehemannes der Beschwerdeführerin ergeben sich aus einem im Akt aufliegenden Versicherungsdatenauszug.

Die Scheidung der Beschwerdeführerin ergibt sich aus dem Scheidungsbeschluss des Bezirksgerichtes XXXX zu XXXX vom 23.10.2012.

Bei der Feststellung, dass die Scheidung der Beschwerdeführerin eine Sachverhaltsänderung im Sinne der Übergangsregelung des § 262 Abs. 3 BSVG darstellt, handelt es sich um eine Rechtsfrage und wird in der rechtlichen Beurteilung behandelt.

Dass die Beschwerdeführerin seit 1981 insgesamt 370 Versicherungsmonate nach dem ASVG hat, ergibt sich aus einem Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt an die Beschwerdeführerin vom 07.12.2012.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die auch vom Anwalt der Beschwerdeführerin nicht beantragt wurde, konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden. Der Sachverhalt erscheint aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt und eine mündliche Erörterung lässt die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten. Im vorliegenden Fall liegt vielmehr eine Rechtsfragenbeurteilung vor. Dem Entfall der mündlichen Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C83 vom 30.03.2010, S. 389, entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 182 Z 7 BSVG gelten die Bestimmungen des Siebenten Teiles des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes mit der Maßgabe, dass § 414 Abs. 2 ASVG nicht anzuwenden ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat – vorliegend sohin die Sozialversicherungsanstalt der Bauern (nunmehr: Sozialversicherungsanstalt der Selbständigten).

3.2. Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.3. Prüfungsumfang und Entscheidungsbefugnis des Bundesverwaltungsgerichtes:

§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang fest und beschränkt diesen insoweit, als das Verwaltungsgericht (bei Bescheidbeschwerden) prinzipiell (Ausnahme: Unzuständigkeit der Behörde) an das Beschwerdevorbringen gebunden ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 1 zu § 27 VwGVG). Konkret normiert die zitierte Bestimmung: „Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.“

Die zentrale Regelung zur Frage der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Dagegen erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen gemäß § 31 Abs. 1 leg. cit. durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (Bescheidbeschwerden) dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1), oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen ist, oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.4. Maßgebliche Bestimmungen des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes (BSVG)

Pflichtversicherung in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung

„§ 2 (1) Aufgrund dieses Bundesgesetzes sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen pflichtversichert:

1.       Personen, die auf Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287, führen oder auf deren Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird. Dabei wird vermutet, dass Grundstücke, die als forstwirtschaftliches Vermögen nach dem nach dem Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148, bewertet sind oder Teil einer als solches bewerteten wirtschaftlichen Einheit sind, in der einem forstwirtschaftlichen Betrieb entsprechenden Weise auf Rechnung und Gefahr der dazu im eigenen Namen Berechtigten bewirtschaftet werden. Der Gegenbeweis ist für Zeiten, die länger als einen Monat von der Meldung (§ 16) des der Vermutung widersprechenden Sachverhaltes zurückliegen, unzulässig.

(2) Die Pflichtversicherung besteht für die im Abs. 1 Z 1 genannten Personen nur, wenn der nach dem Bewertungsgesetz 1955 festgestellte Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes den Betrag von 1 500 € erreicht oder übersteigt. (…)“

3.5. Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Es ist nicht strittig, dass die Beschwerdeführerin einen landwirtschaftlichen Betrieb auf ihre Rechnung und Gefahr geführt hat und grundsätzlich die Voraussetzungen für die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem oben zitierten § 2 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 BSVG vorlägen. Strittig ist, ob die Beschwerdeführerin auf Grund der bestehenden Pflichtversicherung ihres Ehemannes auch über die Scheidung am 23.10.2012 hinaus aus der Krankenversicherung nach dem BSVG ausgenommen ist.

Der in diesem Zusammenhang stehende § 5 (2) Z 4 BSVG in der zuletzt in Geltung gestandenen, ab 1. Jänner 1998 geltende Fassung, lautet:

„(2) Von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung sind überdies ausgenommen

(1 bis 3)

4. der Ehegatte einer Person, die auf Grund anderer bundesgesetzlicher Vorschriften, ausgenommen die Bestimmungen des § 68 Kriegsopferversorgungsgesetz 1957 und des § 47 Heeresversorgungsgesetz, in der Krankenversicherung pflichtversichert ist oder Anspruch auf Kranken- oder Wochengeld hat, auch wenn dieser Anspruch ruht, oder die auf Rechnung eines Krankenversicherungsträgers nach anderer bundesgesetzlicher Vorschrift in Anstaltspflege ist. Hiebei kommt jedoch nur ein Ehegatte in Betracht der nicht dem im § 78 Abs. 6 angeführten Personenkreis angehört.“

Mit dem Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetz 1997 (ASRÄG 1997), BGBl. I. Nr. 139/1997, wurde unter anderem § 5 Abs. 2 Z 4 BSVG mit Ablauf des 31.12.1998 aufgehoben.

Die gleichzeitig in Kraft getretene Übergangsbestimmung des § 262 Abs. 3 BSVG lautet:

„Personen, die am 31. Dezember 1998 gemäß § 5 Abs. 2 Z 4 oder als Ehegatten gemäß § 5 Abs. 2 Z 2 von der Krankenversicherung ausgenommen waren, bleiben ausgenommen, solange jener Sachverhalt unverändert bleibt, der für die Ausnahme der Krankenversicherung am 31. Dezember 1997 maßgeblich war. Dabei gilt der Anfall einer Pension nach diesem Bundesgesetz bzw. der Bezug eines Arbeitslosengeldes nicht als Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes.“

Die Übergangsbestimmung des § 262 Abs. 3 BSVG setzt also voraus, dass der Ehemann der Beschwerdeführerin am 31. Dezember 1997 in der Krankenversicherung nach einem anderen Bundesgesetz pflichtversichert war und daher die Beschwerdeführerin als mitversicherte Ehepartnerin von der Pflichtversicherung nach dem BSVG ausgenommen war. Die Übergangsbestimmung ordnet an, dass diese Ausnahme von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem BSVG weiter besteht, solange der am 31. Dezember 1997 gegebene Sachverhalt unverändert bleibt (VwGH v. 19.03.2003, 2000/08/0217).

Im vorliegenden Fall ist strittig, ob aufgrund der erfolgten Ehescheidung der Beschwerdeführerin von ihrem Ehemann noch von einem unveränderten Sachverhalt gesprochen werden kann.

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass der Grund für die Erlassung der Ausnahmebestimmung des § 5 Abs. 2 Z 4 BSVG nicht das Bestehen einer Pflichtversicherung des anderen Ehepartners war, sondern das Bestehen eines daraus abgeleiteten Leistungsanspruches für die (zB in der Landwirtschaft tätige) Ehefrau als „mitversicherte Angehörige“. Dies ergibt sich nicht nur aus den Materialien zur Vorgängerbestimmung des § 3 Z 6 B-KVG (784 Blg. NR X. GP, 45), sondern hat überdies jedenfalls in der zuletzt in Geltung gestandenen Fassung des § 5 Abs. 2 Z 4 BSVG (vor dem Inkrafttreten der 21. Novelle zum BSVG) auch im Gesetz insoweit einen Ausdruck gefunden, als im letzten Satz der Gesetzesstelle klargestellt wird, dass die Ausnahme nur für jene Ehepartner gilt, die tatsächlich als Angehörige leistungsberechtigt sind (wozu nicht der im § 78 Abs. 6 BSVG genannte Personenkreis gehört). (…) (VwGH ua v. 19.03.2003, 2000/08/0217; 18.02.2004, 2004/08/0013).

Gemäß § 123 Abs. 2 Z 1 ASVG gelten als Angehörige, die einen Anspruch auf Leistungen aus der Krankenversicherung haben, der/die Ehegatte/Ehegattin. „Der Ehegatte des Versicherten ist als Angehöriger anspruchsberechtigt, auch wenn er mit dem Versicherten nicht im gleichen Haushalt wohnt (…). Voraussetzung ist lediglich, dass eine aufrechte Ehe besteht. Gem. § 15 EheG kommt die Ehe zustande, wenn die Eheschließung vor einem Standesbeamten stattgefunden hat. Die Angehörigeneigenschaft eines Ehegatten bleibt so lange aufrecht, solange die Ehe nicht durch gerichtliches Urteil aufgelöst worden ist (Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe). Gemäß § 46 EheG gilt die Ehe mit Rechtskraft des Scheidungsurteils als aufgelöst.“ (Windisch-Graetz in Mosler/Müller/Pfeil Der SV-Komm § 123 ASVG, Rz 15).

Die Ehe der Beschwerdeführerin wurde mit rechtskräftigem Beschluss am 23.10.2012 geschieden. Mit Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses endete sohin auch die Angehörigeneigenschaft der Beschwerdeführerin nach § 123 ASVG. Das Ende der Angehörigeneigenschaft stellt sohin eine Sachverhaltsänderung gemäß § 262 Abs. 3 BSVG dar und begründet die Versicherungspflicht nach dem BSVG.

Seit 31.12.2018 führt die Beschwerdeführerin keinen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb mehr, da ihr Pachtvertrag endete. Daher fällt sie ab 31.12.2018 nicht mehr unter den Anwendungsbereich des BSVG. Zwischen 23.10.2018 und 31.12.2018 bestand jedoch die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung bei der belangten Behörde.

Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass sie selbst nach dem ASVG versichert sei und deshalb eine Versicherung nach dem BSVG auszuschließen sei, ist auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen, in der dieser ausführt, dass ein System, in dem die Versicherungspflicht an eine bestimmte Erwerbstätigkeit anknüpft, sodass bei gleichzeitigem Bestehen zweier oder mehrere Erwerbstätigkeiten eine sogenannte Doppel- bzw. Mehrfachversicherung eintritt, keine verfassungsrechtlichen Bedenken erweckt (s schon VfSlg 4714/1964, 4801/1964 und 6181/1970). (VwGH v. 30.06.2004, B869/03).

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Änderung maßgeblicher Umstände Angehörigeneigenschaft Krankenversicherung landwirtschaftlicher Betrieb Rechtslage Scheidung Übergangsbestimmungen Versicherungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W145.2213470.1.00

Im RIS seit

23.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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