Entscheidungsdatum
15.07.2020Norm
ASVG §113 Abs4Spruch
W145 2218169-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela HUBER-HENSELER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , BKNR XXXX , gegen den Bescheid der (damals:) Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) vom 30.10.2018, BZ XXXX , idF der Beschwerdevorentscheidung vom 15.01.2019, Zl. XXXX betreffend Vorschreibung eines Beitragszuschlages in Höhe von € 80,00 gemäß § 113 Abs. 4 ASVG, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse, im Folgenden: belangte Behörde) hat mit Bescheid vom 30.10.2018, BZ XXXX , Herrn XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer) als Dienstgeber, BKNR XXXX , wegen nicht fristgerechter Vorlage von Abrechnungsunterlagen gemäß § 113 Abs. 4 ASVG einen Beitragszuschlag in Höhe von € 80,00 vorgeschrieben.
Dieser Bescheid enthielt folgende Rechtsmittelbelehrung: „Dieser Bescheid kann binnen vier Wochen ab dem Tag der Zustellung gemäß § 414 ASVG in Verbindung mit § 7 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz durch Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.“
2. Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer ohne Zustellnachweis an seine im ZMR ersichtliche Zustelladresse zugestellt.
3. Am 07.01.2019 brachte der Beschwerdeführer per E-Mail eine Beschwerde bei der belangten Behörde ein.
4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 15.01.2019, Zl. XXXX , wies die belangte Behörde die Beschwerde als verspätet zurück. Beweiswürdigend wurde der erhobene verfahrensrechtliche Sachverhalt wiedergegeben. In der rechtlichen Beurteilung zitierte die belangte Behörde die maßgeblichen Bestimmungen des ASVG, VwGVG und des Zustellgesetzes.
5. Der Beschwerdeführer stellte am 25.01.2019 fristgerecht einen Vorlageantrag.
6. Mit Schreiben vom 29.04.2019 wurde die verfahrensgegenständliche Angelegenheit dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
7. Am 15.10.2019 wurde die gegenständliche Rechtssache per 04.11.2019 der Abteilung W145 neu zugewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Dem Beschwerdeführer wurde der Bescheid vom 30.10.2018 am 06.11.2018 zugestellt. Der Bescheid enthält eine inhaltlich richtige – gesetzeskonforme - Rechtsmittelbelehrung.
Der Beschwerdeführer hat eine Beschwerde am 07.01.2019 per E-Mail bei der belangten Behörde eingebracht.
Die Beschwerdefrist endete am 04.12.2018.
Die Beschwerde wurde am 07.01.2019, sohin verspätet, eingebracht.
Der Beschwerdeführer hat weder in der Beschwerde noch im Vorlageantrag die Nichtzustellung des Bescheides am 06.11.2018 geltend gemacht.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien Verwaltungsakt.
Das Bundesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt und Einsicht in das Zentrale Melderegister.
Das Einlagen der Beschwerde bei der belangten Behörde am 07.01.2019 ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und wird dies vom Beschwerdeführer nicht bestritten.
Weil der Beschwerdeführer weder in der Beschwerde noch im Vorlageantrag die Nichtzustellung des Bescheides geltend macht, kann berechtigterweise davon ausgegangen werden, dass die Zustellung des Bescheides vom 30.10.2018 am dritten Werktag nach Übergabe an das Zustellorgan, somit am 06.11.2018, erfolgt ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art- 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat – vorliegend die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse).
Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfrage zu beurteilen ist. Da über eine Sache nach § 410 Abs. 1 Z 5 entschieden wird, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache somit die Entscheidung der nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichterin.
3.2. Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I. Nr. 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahmen der §§ 1 bis 5, sowie des vierten Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/150 und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/184, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.3. Beschwerdegegenstand:
Gemäß § 14 VwGVG steht es der Behörde im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden. Abweichend dazu normiert § 56 Abs. 2 AlVG in Verfahren betreffend Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung eine Frist zu Erlassung der Beschwerdevorentscheidung von zehn Wochen.
Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Die Beschwerdevorentscheidung tritt mangels einer gesetzlichen Regelung nicht außer Kraft, sondern wird zum Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (vgl. Dünser, ZUV 2013/1, 17; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 15 VwGVG, K 2; Hauer, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Rz. 178; jeweils unter Hinweis auf den diesbezüglich ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, vgl. RV 2009 BlgNR 24. GP, 5). Gemäß zweiter Satz des § 15 Abs. 1 hat ein Vorlageantrag, der von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt wird, die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3) und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten. Um Umkehrschluss folgt aus dieser Vorschrift, dass der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag nicht zu begründen hat, ihn aber begründen kann (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 8 zu § 15 VwGVG unter Hinweis auf AB 2112 BlgNR 24. GP 3).
3.4. Prüfungsumfang
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
3.5. Entfall der mündlichen Verhandlung
Das Bundesverwaltungsgericht erachtet die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 VwGVG für nicht erforderlich, da der Sachverhalt aus dem vorgelegten Verwaltungsakt in Verbindung mit der Beschwerde sowie den zur Beweiswürdigung herangezogenen Beweismitteln geklärt erscheint. Eine mündliche Erörterung lässt die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Artikel 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C83 vom 30.03.2010, S. 389, entgegen. Im Beschwerdefall ergibt sich die Verspätung aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und wird diese auch nicht bestritten, weshalb keine mündliche Verhandlung erforderlich war.
3.6. Zu A) Abweisung der Beschwerde
Die Bescheidbeschwerde ist schriftlich (in Form eines Schriftsatzes) bei der belangten Behörde einzubringen (§ 12 VwGVG).
Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG (Parteibeschwerde) dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung; wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung.
Gemäß § 17 VwGVG iVm § 32 Abs. 1 AVG, BGBl. 51/1991 idaF, wird bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll.
Gemäß § 17 VwGVG iVm § 32 Abs. 2 AVG, BGBl. 51/1991 idaF, enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.
Der beschwerdegegenständliche Bescheid samt Rechtsmittelbelehrung der belangten Behörde vom 30.10.2018 wurde dem Beschwerdeführer an seinen im ZMR gespeicherten Wohnsitz ohne Zustellnachweis zugestellt.
Gemäß § 26 Abs. 2 ZustellG gilt die Zustellung am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan als bewirkt (Zustellfiktion).
Der Bescheid vom 30.10.2018 ist sohin am Dienstag, den 06.11.2018 als zugestellt anzusehen.
Die Beschwerdefrist betrug vier Wochen. Sie begann daher am Dienstag, den 06.11.2018, zu laufen und endete gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG iVm § 32 Abs. 1 und Abs. 2 AVG, BGBl. 51/1991 idaF am Dienstag, den 04.12.2018.
Der Beschwerdeführer brachte seine Beschwerde am 07.01.2019 per E-Mail bei der belangten Behörde ein. Aufgrund des Ablaufs der vierwöchigen Beschwerdefrist wurde die Beschwerde daher als verspätet eingebracht.
Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen ist dem Bundesverwaltungsgericht aufgrund der Verspätung verwehrt (vgl. VwGH 16.11.2005, 2004/08/0117).
3.7. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die Abweisung der Beschwerde ergeht in Anlehnung an die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum ASVG. Die gegenständliche Entscheidung weicht daher weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung; sie ist auch nicht uneinheitliche. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.
Schlagworte
Beitragszuschlag Rechtsmittelfrist Verspätung Zurückweisung ZustellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W145.2218169.1.00Im RIS seit
23.09.2020Zuletzt aktualisiert am
23.09.2020