TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/11 L515 2226187-1

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Veröffentlicht am 11.12.2019
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Entscheidungsdatum

11.12.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z2
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
VwGVG §14
VwGVG §15
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

L515 2226187-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über den Vorlageantrag von XXXX , geb. am XXXX , StA. der Republik Georgien, vertreten durch Mag. Florian KRASCHITZER (Erwachsenenvertreter) gegen den Bescheid des Bundesamtes für Asyl- und Fremdenwesen vom 12.11.2019, Zl. XXXX (Beschwerdevorentscheidung), zu Recht erkannt:

Dem Antrag wird gemäß § 28 Abs. 1 und 5 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX geb., StA. der Republik Georgien, vertreten durch Mag. Florian KRASCHITZER (Erwachsenenvertreter) gegen den Bescheid des Bundesamtes für Asyl- und Fremdenwesen vom 02.09.2019, Zl. XXXX , beschlossen:

A) Die Beschwerde wird gem. § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die volljährige beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge als "bP" bezeichnet) brachte am im Akt ersichtlichen Datum einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Aus dem Vorbringen der bP ergaben sich auch für den medizinischen-psychistrischen Laien, dass dieses mit hoher Wahrscheinlichkeit an einer psychischen Erkrankung leidet, welche die Handlungsfähigkeit der bP ausschließt.

1.2.Ungeachtet des oa. Umstandes wurde seitens der bB zur Frage des Vorliegens der Handlungsfähigkeit kein weiteres Ermittlungsverfahren geführt.

1.3. Der Antrag der bP auf internationalen Schutz wurde folglich mit im Spruch genannten "Bescheid" vom 2.9.2019 der bB gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat der bP nicht zugesprochen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Der Beschwerde wurde gem. § 18 (1) Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde nicht gewährt.

1.4. Der unter Punkt 1.3. genannte "Bescheid" wurde der bP am 3.9.2019 persönlich "zugestellt".

1.5. Mit Beschluss vom 20.9.2019 wurde vom zuständigen Bezirksgericht für die bP ein Erwachsenenvertreter für Vertretungshandlungen im anhängigen Asylverfahren bestellt.

1.6. Gegen den oa. "Bescheid" vom 2.9.2019 wurde seitens des bestellen Erwachsenen-vertreters eine Beschwerde eingebracht.

1.7. Mit Bescheid vom 12.11.2019 wies die bB die Beschwerde in Form einer Beschwerde-vorentscheidung ab und stellte den Bescheid dem Erwachsenenvertreter zu.

I.8. Seitens des Erwachsenenvertreters wurde rechtzeitig ein Vorlageantrag eingebracht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die relevanten Feststellungen ergeben sich zum einen aus dem beschriebenen Verfahrenshergang.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der außer Zweifel stehenden und von den Verfahrensparteien nicht beanstandeten Aktenlage.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Fall als Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG ..., und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

3.2. Rechtsqualität des "Bescheides" vom 2.9.2019

Von einem Bescheid im rechtlichen Sinne kann erst ab dessen Außenwirkung gesprochen werden, welche regelmäßig mit dessen Erlassung iSe Zustellung eintritt.

Eine rechtmäßige Zustellvorgang des am 3.9.2019 des unter Punkt 1.3. genannten "Bescheides" setzt die Handlungsfähigkeit der bP iSd § 9 AVG iVm § 10 BFA-VG voraus. Ob eine Partei handlungsfähig ist, hat die Behörde amtswegig zu ermitteln (VwGH 25. 3. 1999, 98/06/0141). Bei begründeten Zweifeln an der Prozessfähigkeit einer Verfahrenspartei muss (auch) im Asylverfahren die Bestellung eines Sachwalters für das betreffende Verfahren oder für einen weiteren Aufgabenkreis angeregt werden, indem das zuständige Pflegschaftsgericht ersucht wird, die Notwendigkeit der Sachwalterbestellung (nunmehr Bestellung eines Erwachsenenvertreters) zu prüfen (vgl. auch Erk. d. VfGH vom 20.2.2014, U1990/2013).

Wenn ein georgischer Staatsbürger im Asylverfahren vorbringt, die Republik Georgien existiere nicht, er sei französischer und österreichischer Staatsbürger, er hätte auch einen österreichischen Pass, seine Oma vergebe die Pässe, er habe die Staatsbürgerschaft eines jeden Landes, er stamme von den Karolingern ab und sei der französische Präsident, seine Großmutter besitze und befehlige die österreichische Polizei und sei selbst Polizistin, er sei der Messias, habe viele Männer "gefickt", die das verdient haben und er sei überzeugt, dass er im Kopf Mikroben hätte, müssten sich wohl bei jedem noch so unbedarften medizinisch-psychiatrischen Laien und somit wohl auch erwartbar bei einem verfahrensführenden Organwalter der belangten Behörde, welche als Spezialbehörde eingerichtet ist und welche somit im Rahmen der Verfahrensführung besonders hohe Anforderungen gestellt werden können -aber auch beim Rechtsberater im Zulassungsverfahren, welcher ein Rechtsberatungsgespräch vor der Einvernahme durchführte in der Einvernahme anwesend war, untätig blieb und sich passiv verhielt- zumindest massive Zweifel an der Handlungsfähigkeit des Antragstellers einstellen. Derartiges ist jedoch nicht geschehen und wurde der "Bescheid" ohne weitere Veranlassung seitens der Behörde der bP "zugestellt".

Wie sich im beschriebenen Verfahrenshergang und dem Akteninhalt zweifelsfrei darstellt, war die bP sichtlich bereits am 3.9.2019 und auch bereits zum Zeitpunkt ihrer Einvernahme vor der belangten Behörde handlungsunfähig und die Zustellung des "Bescheides" vom 2.9.2019 nichtig und rechtlich nicht existent. Aufgrund der Eindeutigkeit des Falles bedarf dies aus der Sicht des ho. Gerichts keiner weiteren Ausführungen.

3.3. Die Beschwerdevorentscheidung

Gem. § 14 VwGVG ist die Behörde ermächtigt, im dort beschriebenen Umfang über eine Beschwerde durch Beschwerdevorentscheidung -auch meritorisch- zu entscheiden. Eine meritorische Entscheidung setzt jedoch eine zulässige Beschwerde voraus, welche wiederum ua. die vorausgegangene Erlassung eines Bescheides voraussetzt.

Wie bereits unter Punkt 3.2. dargestellt wurde, liegt im gegenständlichen Fall ein rechtlich nicht existenter und somit nichtiger Bescheid vor. Die Einbringung einer Beschwerde war daher nicht zulässig.

In weiterer Folge war die meritorische Entscheidung über Beschwerde nicht zulässig, weshalb diese seitens des ho. Gerichts gem. § 28 Abs. 1 iVm Abs. 5 VwGVG zu beheben war. Hierbei handelt es sich um eine materielle Erledigung der Rechtssache in Form eines Erkenntnisses. Die Behebungsgründe werden gesetzlich nicht genannt. Die Regelung entspricht im Wesentlichen dem bisherigen § 66 Abs. 4 AVG (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren 2, Rz 17ff zu § 28); Hengstschläger/Leeb, AVG, Manz Kommentar, Rz 97 zu § 66 [Abs. 4]).

3.4. Mit ersatzloser Behebung der Beschwerdevorentscheidung iSd Punkt 3.3. hat das ho. Gericht über die Beschwerde gegen den "Bescheid" vom 2.9.2019 zu entscheiden und diese mangels des Vorliegens eines anfechtbaren Bescheides (vgl. Punkt 3.2.) als unzulässig zurückzuweisen.

3.5. Da die gegenständliche Entscheidung innerhalb der Frist des § 18 Abs. 5 BFA-VG erfolgte, erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der dort beschriebenen Prognoseentscheidung.

3.6. Auch wenn die Form und der Inhalt der Beschwerdevorentscheidung aufgrund der Art der hier getroffenen Erledigung nicht weiter relevant wurden, weist das ho. Gericht dennoch darauf hin, dass es sich bei der Beschwerdevorentscheidung um eine -remonstrative- Entscheidung über ein Rechtsmittel handelt. Sie hat somit alle Elemente einer Rechtsmittelenscheidung als auch alle Elemente eines Bescheides zu enthalten.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall orientiert sich das ho. Gericht am eindeutigen Wortlaut der angewandten Bestimmungen, welche eine anderslautende Auslegung zulassen und auch in der einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur ihre Deckung findet.

Schlagworte

Asylverfahren Bescheidcharakter Bescheidqualität Beschwerdevorentscheidung gerichtlicher Erwachsenenvertreter Handlungsfähigkeit Nichtbescheid psychische Erkrankung Vorlageantrag Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L515.2226187.1.00

Im RIS seit

22.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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