TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/19 L516 2226594-1

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Veröffentlicht am 19.12.2019
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Entscheidungsdatum

19.12.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z6
B-VG Art133 Abs4

Spruch

L516 2226594-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb XXXX , StA Pakistan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.12.2019, Zahl 1246041004-191159131/BMI-EAST_WEST, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs 1, § 8 Abs 1, § 57 sowie § 18 Abs 1 Z 6 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Der Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsangehöriger und stellte am 13.11.2019 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diesen Antrag mit Bescheid vom 04.12.2019 (I.) hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG sowie (II.) des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 AsylG ab, erteilte (III.) keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG und erkannte (IV.) einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs 1 Z 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

1. Sachverhaltsfeststellungen:

1.1 Der Beschwerdeführer führt in Österreich den im Spruch angeführten Namen sowie das ebenso dort angeführte Geburtsdatum. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Pakistan und gehört der Volksgruppe Jatt sowie der moslemischen Glaubensgemeinschaft an. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer lebte im Dorf XXXX im Distrikt Gujranwala in der Provinz Punjab mit seinen Eltern, drei Schwestern und einem Bruder. Er besuchte zehn Jahre lang die Schule, zuletzt die XXXX Highschool. Die Familienangehörigen des Beschwerdeführers leben alle nach wie vor im Heimatort des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer verließ Pakistan im Herbst 2015, hielt sich danach zwei Monate im Iran, sechs Monate in der Türkei, drei bzw dreieinhalb Jahre in Griechenland auf und reiste nach Aufhalten in Nordmazedonien, Serbien und Bosnien schließlich am 15.09.2019 in Österreich ein. Seit seiner Einreise befindet sich der Beschwerdeführer in Schubhaft. Er ist strafrechtlich unbescholten. Der Beschwerdeführer ist unverheiratet, lebt nicht in einer Lebensgemeinschaft und hat keine Kinder. Er ist gesund. Während seines Aufenthaltes in Griechenland arbeitete der Beschwerdeführer in der Landwirtschaft.

1.2 Der Beschwerdeführer reiste am 16.09.2019 in das österreichische Bundesgebiet ein und wurde aufgegriffen. Er stellte zu jenem Zeitpunkt keinen Antrag auf internationalen Schutz. Eine erste Einvernahme des Beschwerdeführers durch das BFA fand am selben Tag statt. Mit Bescheid vom 15.10.2019 wurde dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG erteilt, es wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan zulässig sei, keine Ausreisefrist bestehe, es wurde ein auf die Dauer von 18 Monaten befristetes Einreiseverbot erlassen und einer Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt (AS 37ff des diesbezüglichen Verfahrensaktes). Jener Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 17.10.2019 persönlich übergeben (AS 181 des diesbezüglichen Verfahrensaktes). Es wurde kein Rechtsmittel gegen jenen Bescheid ergriffen.

1.3. Am 13.11.2019 stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz (AS 25ff). Die Erstbefragung nach dem AsylG dazu fand am selben Tag statt, Einvernahmen vor dem BFA fanden am 18.11.2019, am 20.11.2019 und am 27.11.2019 statt.

Der Beschwerdeführer begründete seinen Antrag auf internationalen Schutz wie folgt: Der Bruder des Beschwerdeführers sei 2014 von Terroristen getötet worden, da der Bruder diese bei der Polizei angezeigt habe. Im April 2014, 10 bis 15 Tage später, seien die Terroristen etwa zwei Mal zum Beschwerdeführer nach Hause gekommen. Einmal seien fünf Personen mit Gewehren gekommen, das zweite Mal acht Personen. Die Terroristen hätten gedroht, dass sie die Familie des Beschwerdeführers umbringen werden würden. Sie hätten auch nach dem Beschwerdeführer gefragt, die Familie des Beschwerdeführers habe ihn aber nicht verraten. Dann sei die Familie nach Lahore; wo die Terroristen seien, wisse der Beschwerdeführer nicht. In Lahore habe es keine Zwischenfälle gegeben. Die Polizei habe vom Mord am Bruder des Beschwerdeführers nicht erfahren, weder Beschwerdeführer noch dessen Vater habe Anzeige bei der Polizei erstattet.

1.4 Das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinem angegebenen Fluchtgrund und seiner Rückkehrbefürchtung ist nicht glaubhaft. Der Beschwerdeführer hat damit nicht glaubhaft dargelegt und es ergibt sich auch sonst nicht, dass er im Falle einer Rückkehr in seine Heimat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in ganz Pakistan einer aktuellen sowie unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung von erheblicher Intensität ausgesetzt wäre.

2. Beweiswürdigung:

2.1 Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seinen Lebensverhältnissen und Familienangehörigen sowie zu seinen Aufenthalten nach seiner Ausreise aus Pakistan (oben 1.1) beruhen auf seinen diesbezüglich kohärenten, widerspruchsfreien und schlüssigen Angaben im Verfahren vor dem BFA, sodass kein Grund besteht, an diesen zu zweifeln. Mangels Vorlage amtlicher Identitätsdokumente konnten der Name und das Geburtsdatum des Beschwerdeführers jedoch nicht abschließend festgestellt werden.

2.2. Die Feststellungen zu seiner Einreise in Österreich, seinem Aufgriff sowie zur rechtskräftigen Erlassung der Rückkehrentscheidung des Einreiseverbotes (oben 1.2) beruhen auf den Eintragungen im Zentralen Fremdenregister und dem im Verfahrensakt des BFA dazu befindlichen Aktenteilen (Niederschriften, Bescheid).

2.3 Die Feststellungen zur Stellung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz und der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Verfolgung vor seiner Ausreise und seiner Rückkehrbefürchtung (oben 1.3) beruhen auf den Niederschriften zu der Erstbefragung und der Einvernahm vor der belangten Behörde zum Antrag auf internationalen Schutz (AS 35, 83ff). Einwendungen gegen die Richtigkeit jener Niederschriften wurden vom Beschwerdeführer nicht behoben.

2.4 Die Feststellungen dazu, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinem Fluchtgrund und seiner Rückkehrbefürchtung nicht glaubhaft ist sowie zu einer mangelnden Gefährdung seiner Person im Falle seiner Rückkehr nach Pakistan (oben 1.4) waren aus den folgenden Gründen zu treffen:

2.4.1 Das BFA erachtete das festgestellte Vorbringen des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren als nicht glaubhaft und begründete dies im angefochtenen Bescheid im Rahmen der Beweiswürdigung folgendermaßen (Bescheid, S 51ff, AS 159ff):

Die Darstellung des Fluchtvorbringens des Beschwerdeführers sei keinesfalls dergestalt gewesen, wie es zu erwarten wäre, wenn er diese Situation tatsächlich erlebt haben würde, sondern vage und keinesfalls plausibel. Auf die Frage, wann die Bedrohungen durch die Terroristen gewesen seien, habe er "Im Jahr 2014." geantwortet. Auf die Aufforderung, dies zu konkretisieren, gab er an: "Ich habe alles vorgebracht, was ich sagen wollte." Auf Wiederholung der Frage brachte der Beschwerdeführer Folgendes vor: "Die Terroristen kamen im April 2014 zu uns nach Hause. Sie haben im Jahr 2014 meinen Bruder getötet, 10-15 Tage später kamen sie immer wieder zu uns nach Hause, nachgefragt gebe ich an, dass sie ungefähr 2mal zu uns nach Hause kamen. Einmal kamen fünf Personen mit Gewehren und haben uns bedroht und das zweite Mal kamen acht Personen und haben gedroht, dass sie uns umbringen werden. Sie haben immer auch nach mir gefragt. Meine Familie hat mich aber nicht verraten.". In der Erstbefragung habe der Beschwerdeführer keine persönliche Bedrohung erwähnt, was Indiz dafür sei, dass er die später geschilderte Bedrohung nicht tatsächlich erlebt habe. Es sei weiters nicht nachvollziehbar, weshalb Terroristen zweimal zur Familie des Beschwerdeführers gehen würden um den Beschwerdeführer zu suchen bzw zu drohen, den Beschwerdeführer und dessen Familie zu töten. Dies sei umso mehr nicht nachvollziehbar, als der Beschwerdeführer von den Terroristen verdächtigt worden sei, mit der Polizei zu kooperieren.

Darüber hinaus sei es keineswegs nachvollziehbar, weshalb sich die Familie des Beschwerdeführers nicht an die Polizei gewandt habe und weshalb diese nicht ermittelt haben sollte. Es sei zu erwarten, dass die Polizei von sich aus Ermittlungen aufnehme, wenn ein Informant getötet werde. Es sei daher nicht nachvollziehbar, dass die Polizei nichts von der Tötung des Bruders des Beschwerdeführers gewusst haben soll, vor allem, weil der Beschwerdeführer angegeben habe, dass die Dorfbewohner über die Ermordung des Bruders sehr wohl Bescheid gewusst haben würden. Dass der Vater des Beschwerdeführers deshalb keine Anzeige bei der Polizei erstattet habe, da er Angst gehabt habe, dass er Probleme bekomme, sei deshalb nicht nachvollziehbar, da die Familie zu diesem Zeitpunkt bereits bedroht gewesen sei. Mit diesem Umstand konfrontiert, habe der Beschwerdeführer angegeben, dass der Vater Angst davor gehabt habe, dass die Probleme noch größer geworden wären. Auch dieser Erklärungsversuch sei nicht dazu geeignet, zu erklären, weshalb sich der Vater nicht an die Polizei gewandt habe, um Schutz vor den Terroristen zu erhalten.

Zum Verbleib seiner Familie habe der Beschwerdeführer einerseits widersprüchliche Angaben gemacht, andererseits habe er angegeben, dass die Familie aus Angst vor der terroristischen Gruppierung ihr Heimatdorf verlassen habe. Da die Bedrohung als nicht glaubhaft erachtet werde, gehe das BFA davon aus, dass die Familie des Beschwerdeführers weiterhin in ihrem Heimatdorf lebe.

2.4.2 Die Beschwerde bringt zusammengefasst vor, dass der Beschwerdeführer vor dem BFA durchaus die Umstände genannt habe, die einer asylrelevanten Verfolgung in seiner Heimat entsprechend würden. Aufgrund des fortschreitenden Verfalls staatlicher Strukturen sei eine solche Verfolgungsgefahr auch im Hinblick auf eine Verfolgung durch Private gegeben. Es sei die Frage zu beantworten, ob im Falle des Beschwerdeführers aufgrund von Konventionsgründen eine Verfolgung mit entsprechender Intensität durch Dritte mit ausreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei. Der Beschwerdeführer habe wahrheitsgemäß angegeben, von einer kriminellen Vereinigung bedroht worden zu sein und es sei ihm nicht zumutbar abzuwarten, bis er bei einem Angriff getötet werde. Er habe sowohl in freier Erzählung als auch auf Nachfrage detailliert und konkret zu seinen Asylgründen Stellung genommen (AS 195ff).

2.4.3 Die Beschwerde beinhaltet keine Gegenargumente zu den beweiswürdigenden Überlegungen des BFA. Den zuvor dargestellten Argumenten des BFA (oben 2.4.1) ist die Beschwerde mit ihren Ausführungen gar nicht entgegengetreten. Insofern in der Beschwerde die Frage aufgeworfen werde, ob der Verfall staatlicher Strukturen in Pakistan dazu beitragen könne, dass der Beschwerdeführer einer Verfolgung durch Private ausgesetzt sei, so ist darauf hinzuweisen, dass nach den Angaben des Beschwerdeführers, die Polizei Terroristen aufgrund eines Hinweises seines Bruders erfolgreich ausgeforscht habe. Von einem Verfall staatlicher Strukturen kann somit nicht gesprochen werden. Auch aus jenem Grund, dass der Vater des Beschwerdeführers es abgelehnt habe, bei der Polizei Schutz zu suchen kann nicht abgeleitet werden, dass die Polizei und damit die staatlichen Strukturen verfallen wären. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass die staatlichen Strukturen in Pakistan nicht mit jenen in Österreich vergleichbar sind.

2.4.4 Zur allgemeinen Lage in Pakistan ist Folgendes festzuhalten: Laut den vom BFA herangezogenen und im angefochtenen Bescheid enthaltenen Länderfeststellungen (Bescheid, Seiten 15-49) sieht sich Pakistan mit Herausforderungen, wie Terrorismus und Extremismus konfrontiert, welche vor allem auf Einrichtungen des Militärs und der Polizei zielen, jedoch auch politische Gegner, Medienvertreter und religiöse Minderheiten betreffen. Landesweit sind die terroristischen Angriffe seit 2009 zurückgegangen. Operationen in Karatschi, Nord-Wasiristan und der Khyber Agency sowie landesweit als Teil des National Action Plan trugen dazu bei, den rückläufigen Trend bei der Zahl der Vorfälle und der Opfer auch 2018 aufrecht zu halten. In den früheren Stammesgebieten konnte das staatliche Gewaltmonopol überwiegend wiederhergestellt werden, die Militäraktion gelten als abgeschlossen. Im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen im Juli 2018 erlebte Pakistan eine Welle von Gewalt mit größeren Anschlägen in verschiedenen Provinzen (Bescheid, Seite 18). Die verschiedenen terroristischen Gruppierungen führten 2018 262 Terrorakte durch, insgesamt gab es 497 Vorfälle von für die Sicherheitslage relevanter Gewalt, was einen Rückgang gegenüber 2017 von 30% bedeutet (Bescheid, S 19). Die Zahl der bei diesen Vorfällen getöteten Personen sank um 46%, die Zahl der Verletzten sank um 31% im Vergleich zu 2017 (Bescheid, S 20). Im Februar 2019 eskalierten die Spannungen zwischen Indien und Pakistan im lange anhaltenden Kaschmir-Konflikt und es kam zu Luftangriffen und zu wiederholten Grenzverletzungen, bei denen auch immer wieder Soldaten sowie Zivilisten getötet werden. Die Regierung unterhält Deradikalisierungszentren, die "korrigierende religiöse Bildung", Berufsausbildung, Beratung und Therapie anbieten (Bescheid, S 20). Die Sicherheitslage im Punjab gilt als gut, es sind jedoch mehrere militante Gruppierungen dort aktiv, die in der Lage sind, Anschläge auszuüben. Der Südpunjab gilt als die Region, in der die militanten Netzwerke und Extremisten am stärksten präsent sind (Bescheid, S 22).

Im vorliegenden Fall stammt der Beschwerdeführer aus keiner der regionalen Problemzonen, sondern aus dem östlichen Punjab, und er hat zuletzt im Distrikt Gujranwala gewohnt. Auf Grundlage dieser Länderberichte kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht von einer solchen extremen Gefährdungslage in Pakistan und insbesondere in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers gesprochen werden, dass gleichsam jede Person, die sich dort aufhält oder dorthin zurückkehrt, einer unmittelbaren Gefährdung ausgesetzt ist. Ebenso kann auf Grundlage der vom BFA herangezogenen Länderberichte die Deckung der existentiellen Grundbedürfnisse als zumutbar angenommen werden (vgl Bescheid, Seiten 40 ff). Das Bundesverwaltungsgericht erkennt an, dass das Leben in Pakistan teilweise von Korruption geprägt ist und eine wirtschaftlich und sozial durchaus schwierige Situation besteht, in der sich die Beschaffung der Mittel zum Lebensunterhalt auch als schwieriger darstellen könnte als in Österreich, zumal auch die Arbeitsplatzchancen als nicht befriedigend bezeichnet werden können. Es geht jedoch aus den Berichten keinesfalls hervor, dass die Lage für alle Personen ohne Hinzutreten von besonderen Umständen dergestalt wäre, dass das existentielle Überleben gefährdet wäre. Es ist somit auch aus diesem Umstand keine unmittelbare persönliche Existenzbedrohung des Beschwerdeführers, der in Pakistan zehn Jahre die Schule besuchte, ersichtlich.

2.4.5 Den hier getroffenen Ausführungen zur Situation in Pakistan liegen die vom BFA herangezogenen Länderberichte zugrunde, welche im bekämpften Bescheid enthalten sind. Der Beschwerdeführer ist diesen Länderfeststellungen weder gegenüber dem BFA noch in der Beschwerde entgegengetreten. Bei diesen Berichten handelt es sich insbesondere um für den vorliegenden Fall hinreichend aktuelle Berichte verschiedener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen und internationaler Medien, wie beispielsweise Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, des US Departement of State, der BBC, des Pak Institute for Peace Studies, Human Rights Commission of Pakistan, des UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs. Mangels einer substantiierten Bestreitung von Seiten des Beschwerdeführers und angesichts der Ausgewogenheit und Seriosität der genannten Quellen sowie der Plausibilität der weitestgehend übereinstimmenden Aussagen darin, besteht für das Bundesverwaltungsgericht daher kein Grund, an der Richtigkeit der Länderberichte zu zweifeln.

2.4.6 Den zuvor dargestellten Argumenten des BFA im Rahmen seiner Beweiswürdigung (oben 2.4.1) ist die Beschwerde mit ihren Ausführungen, wie bereits ausgeführt, gar nicht entgegengetreten. Mit den Beschwerdeausführungen ist es somit nicht gelungen, die hier zuvor dargestellten Argumente des BFA zu entkräften. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher den dargestellten beweiswürdigenden Argumenten des BFA an, welche von diesem in schlüssiger, vertretbarer sowie vom Beschwerdeführer unentkräftet gebliebener Weise dargelegt wurden. Vor dem Hintergrund der hier insgesamt getroffenen Ausführungen hat der Beschwerdeführer somit nicht glaubhaft dargelegt, dass er vor seiner Ausreise aus seiner Heimat in dieser einer aktuellen sowie unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt war oder er im Falle seiner Rückkehr dorthin einer solchen ausgesetzt wäre.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Nichtzuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG 2005 (Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides)

3.1 Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ist die Glaubhaftmachung, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention, demnach aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht (§ 3 Abs 1 AsylG; VwGH 02.09.2015, Ra 2015/19/0143).

3.2 Nach Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

3.3 Zentraler Aspekt der in Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074).

3.4 Unter "Verfolgung" im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. § 2 Abs 1 Z 11 AsylG 2005 umschreibt "Verfolgung" als jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art 9 Statusrichtlinie, worunter - unter anderem - Handlungen fallen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art 15 Abs 2 MRK keine Abweichung zulässig ist. Dazu gehören insbesondere das durch Art 2 MRK geschützte Recht auf Leben und das in Art. 3 MRK niedergelegte Verbot der Folter (VwGH 15.12.2016, Ra 2016/18/0083).

3.5 Fallbezogen hat der Beschwerdeführer nach der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keine wohlbegründete Furcht vor einer ihm bei seiner Rückkehr in ganz Pakistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohenden Verfolgung glaubhaft gemacht. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten sind damit nicht gegeben.

3.6 Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides des BFA war daher als unbegründet abzuweisen.

Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 (Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides)

3.7 Gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

3.8 Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK nicht ausreichend ist. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, dass exzeptionelle Umstände vorliegen (VwGH 18.03.2019, 2018/28/0538). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes widerspricht es zudem der Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU, einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten unabhängig von einer Verursachung durch Akteure iSd Art 6 Qualifikationsrichtlinie oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat zuzuerkennen. Nicht umfasst ist dagegen die reale Gefahr jeglicher etwa auf allgemeine Unzulänglichkeiten im Heimatland zurückzuführender Verletzung von Art 3 MRK (VwGH 21.11.2018, Ra 2018/01/0461).

3.9 Fallbezogen hat der Beschwerdeführer eine entsprechende Verursachung oder Bedrohung nicht glaubhaft dargelegt. Die nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erforderlichen Voraussetzungen sind somit nicht erfüllt.

3.10 Demnach war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

Zu einem Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (§ 57 AsylG)

3.11 Fallbezogen liegen nach dem festgestellten Sachverhalt die gesetzlichen Voraussetzungen des § 57 AsylG für die Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels nicht vor. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers ist weder seit einem Jahr geduldet noch ist eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen zu erteilen; schließlich hat der Beschwerdeführer auch nicht glaubhaft gemacht, Opfer von Gewalt geworden zu sein sowie, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

3.12. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides wird daher, soweit sie sich gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem § 57 AsylG wendet, abgewiesen.

Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde

3.14 Gemäß § 18 Abs 1 Z 6 BFA-VG kann einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist.

3.15 Mit der rechtskräftigen Entscheidung des BFA vom 15.10.2019 wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot erlassen. Jene Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot war zum Zeitpunkt der Stellung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz noch aufrecht und durchsetzbar. Dagegen bringt die Beschwerde nichts vor.

3.16 Auch Spruchpunkt IV des angefochtenen Bescheides war daher zu bestätigen.

Entfall der mündlichen Verhandlung

3.17 Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im gegenständlichen Fall gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ist.

Zu B)

Revision

3.18 Da die Rechtslage durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist, ist die ordentliche Revision nicht zulässig.

3.19 Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Asylverfahren Aufenthaltstitel aufschiebende Wirkung - Entfall Glaubwürdigkeit innerstaatliche Fluchtalternative mangelnde Asylrelevanz non refoulement Plausibilität real risk reale Gefahr Terror vage Mutmaßungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L516.2226594.1.00

Im RIS seit

22.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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