TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/25 I411 2115559-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.02.2020
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Entscheidungsdatum

25.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I411 2115559-3/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert POLLANZ als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch MigrantInnenverein St. Mark, Pulverturmgasse 4/2, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost, vom 06.09.2019, Zl. XXXX ,

zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer (in Folge: BF) stellte erstmals am 21.01.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, zu welchem er von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 23.01.2015 erstbefragt wurde. Im Zuge dieser Einvernahme gab der BF, befragt zu seinen Fluchtgründen, an, homosexuell zu sein und dass dies in Nigeria verboten sei. Der Name seines Freundes sei XXXX und haben die Dorfbewohner davon auch gewusst und den BF sowie seinen Freund töten wollen. In Abuja sei dem BF mitgeteilt worden, dass sein Freund bei einem Motorradunfall verstorben sei, doch wisse er nicht, ob dies der Wahrheit entspreche. Aus Angst, getötet zu werden, sei er geflüchtet. Auch bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 23.06.2015 machte er als Fluchtgrund Probleme wegen seiner Homosexualität geltend.

2.       Dieser erste Asylantrag vom 21.01.2015 wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA, belangte Behörde) mit Bescheid vom 18.09.2015, Zl. XXXX , sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen (Spruchpunkt I. und II.). Weiters wurde dem BF kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

3.       Die hiergegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (in Folge BVwG, erkennendes Gericht) vom 30.11.2018, Zl. I411 2115559-1, rechtskräftig abgewiesen.

4.       Trotz rechtskräftiger Rückkehrentscheidung hat der BF das österreichische Bundesgebiet nicht verlassen. Vielmehr hat er am 29.01.2019 gegenständlichen Folgeantrag gestellt und wurde er hierzu am selben Tag von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich einvernommen, wobei er als Grund für die neuerliche Antragstellung wiederholt angab, homosexuell zu sein und dass er der Biafra-Minderheit angehöre und er noch immer für deren Befreiung kämpfe. Die Regierung in Nigeria suche ihn aufgrund seiner politischen Aktivitäten.

5.       Am 19.02.2019 wurde der BF von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Erneut befragt zu seinen Fluchtgründen, gab er Probleme mit Biafra an, welche er schon zuvor gehabt habe. So sei ein Foto des BF in der nigerianischen Botschaft in Österreich zu sehen. Er sei einer von denen gewesen, die für Biafra demonstriert haben. Wenn er nach Nigeria zurückmüsse, würde er ins Gefängnis kommen. Er sei seit 2016 ein volles Mitglied der Biafra Bewegung in Österreich.

6.       Im Rahmen der Befragung des BF am 19.02.2019 verkündete die belangte Behörde mündlich den Bescheid, wonach der faktische Abschiebeschutz gem. § 12 AsylG 2005 gem. § 12a Abs 2 AsylG aufgehoben wurde. Begründend wurde ausgeführt, dass der neuerliche Asylantrag des BF voraussichtlich zurückzuweisen sein wird, er keinen neuen Sachverhalt vorgebracht habe und sich der BF auf seine schon behandelten Fluchtgründe bezogen habe.

7.       Mit Erkenntnis des BVwG vom 27.02.2019, Zl. I406 2115559-2/5E, festgestellt, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gem. § 12a Abs 2 AsylG 2005 rechtmäßig ist und wurde die hiergegen erhobenen Revision vom Verwaltungsgerichtshof mit Entscheidung vom 02.08.2019, Zl. Ra 2019/18/0142-10, zurückgewiesen.

8.       Dem BF wurde vom BFA zur Wahrung des Parteiengehörs die aktualisierte Version des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation zu Nigeria mit Schreiben vom 15.07.2019 übermittelt und wurde ihm die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme eingeräumt.

9.       Mit Schreiben vom 18.07.2019 erstattete die Rechtsvertretung des BF eine Stellungnahme zum Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Nigeria. Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass auch die aktualisierten Berichte bestätigen, dass die allgemeine Situation in Nigeria weiterhin bedrohlich sei und dass auch die katastrophale Sicherheits- und Wirtschaftslage aufgezeigt werde, sowie, dass der BF einer Bedrohung durch den nigerianischen Staat ausgesetzt sei.

10.      Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid der belangten Behörde vom 06.09.2019, Zl. XXXX , wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 29.01.2019 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gem. § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Weiters wurde ihm kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt (Spruchpunkt III.) und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.). Außerdem wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht (Spruchpunkt VI.). Weiters wurde gegen den BF gem. § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.) und ihm aufgetragen, in folgendem Quartier Unterkunft zu nehmen: XXXX (Spruchpunkt VIII.).

10.      Gegen diesen Bescheid vom 06.09.2019, Zl. XXXX , richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 24.09.2019 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

11.      Mit Schriftsatz vom 25.09.2019, beim BVwG eingelangt am 04.10.2019, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zunächst wird der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Nigeria und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs 4 Z 10 FPG. Er bekennt sich zum christlichen Glauben und gehört der Volksgruppe der Igbo an. Seine Identität steht nicht fest.

Der BF stellte nach seiner unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet am 21.01.2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz und hält sich spätestens seit diesem Zeitpunkt im Bundesgebiet auf. Nach rechtkräftigem negativen Abschluss seines Asylverfahrens ist er seiner daraus folgenden Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen. Der BF hat zu keinem Zeitpunkt über einen regulären österreichischen Aufenthaltstitel verfügt und war nur während der Dauer seines Asylverfahrens zum Aufenthalt in Österreich berechtigt. Dem BF wurde zu keinem Zeitpunkt seines Aufenthalts im Bundesgebiet eine Karte für Geduldete ausgestellt.

Die Mutter und Geschwister des BF leben alle in Nigeria. In Österreich leben keine Verwandten des BF und verfügt er hier über keine familiären Bindungen. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF homosexuell ist.

Der BF leidet an keinen lebensbedrohlichen Krankheiten und ist arbeitsfähig. Er hat in Nigeria keine Schulausbildung absolviert; seinen Lebensunterhalt verdiente er als Hilfsarbeiter. Es wird für ihn möglich sein, auch in Zukunft als Hilfsarbeiter seinen Lebensunterhalt in Nigeria zu bestreiten.

In Österreich geht der BF keiner geregelten Beschäftigung nach, bezieht keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er verfügt seit dem 23.05.2019 über keinen gemeldeten Wohnsitz in Österreich.

Der BF ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Zu seiner Integration ist auszuführen, dass der BF keine Deutschprüfung abgelegt hat und eine Unterhaltung mit ihm auf Deutsch auch nicht möglich ist. Er besucht in Österreich die Kirche, er ist darüber hinaus kein Mitglied in einem Verein. Insgesamt konnte keine hinreichende Integration des BF in Österreich in sprachlicher, gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht festgestellt werden.

1.2. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

Der erste Asylantrag des BF vom 21.01.2015 wurde mit Bescheid des BFA vom 18.09.2015 abgewiesen und erwuchs die Entscheidung auch in Rechtskraft.

Der BF ist seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen. Vielmehr stellte er am 29.01.2019 gegenständlichen Folgeantrag, wobei er seinen bisher vorgebrachten Fluchtgründe – nämlich seine Homosexualität – aufrecht hielt, jedoch als weiteren Grund angab, Angehöriger der Biafra-Minderheit zu sein und aufgrund seiner politischen Aktivitäten von der nigerianischen Regierung gesucht zu werden.

Der Folgeantrag des BF wurde mit gegenständlich angefochtenem Bescheid des BFA vom 06.09.2019 wegen entschiedener Sache gem. § 68 AVG zurückgewiesen.

Das Ermittlungsverfahren aufgrund des gegenständlichen Folgeantrages ergab, dass keine neuen Fluchtgründe vorgebracht wurden und sich die individuelle Situation für den Beschwerdeführer hinsichtlich seines Herkunftsstaates Nigeria nicht in einem Umfang verändert hat, dass von einer wesentlichen Änderung des Sachverhalts auszugehen ist.

1.3. Zur Lage in Nigeria:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 06.09.2019 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Nigeria vollständig zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lang regierende People´s Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives´ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, sodass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders „Radio Biafra“ im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen („Juju“); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10 % der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das „Decree 33“, das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt.

Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Nigeria.

Der Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert; in seiner Beschwerde verweist er bezüglich seiner Homosexualität lediglich auf den Länderbericht und erstattete hingegen kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen. Das Bundesverwaltungsgericht sieht den maßgeblichen Sachverhalt somit als ausreichend ermittelt an und schließt sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich an.

Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, Herkunft, Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers sowohl im Rahmen des Erstverfahrens als auch im gegenständlichen Verfahren vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der belangten Behörde (Protokolle des Erstverfahrens vom 03.05.2015 und 08.08.2016 sowie Protokolle des gegenständlichen Folgeverfahrens vom 08.10.2019 und 14.10.2019). Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufgekommen.

Die Negativfeststellung zur Homosexualität des BF beruht auf der Tatsache, dass der BF diesbezüglich keine glaubhaften Angaben machten konnte, wie unter Punkt 2.3. noch näher ausgeführt wird.

Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des BF ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

Die Feststellungen zu seinem gegenwärtigen Wohnsitz und seinem Bezug der Grundversorgung ergeben sich aus einem aktuell abgefragten und dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem.

Dass die Familie des BF noch in Nigeria lebt, konnte aufgrund der Angaben des BF vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 23.01.2015 festgestellt werden. Aus seinen weiteren Angaben im Laufe des Asylverfahrens geht auch hervor, dass er in Österreich keine Lebensgemeinschaft führt und über keine privaten und familiären Verhältnisse verfügt (Protokoll vom 19.02.2019, 9).

Die Feststellung zur mangelnden Integration des BF beruht auf den diesbezüglich glaubhaften Angaben des BF im Rahmen seiner Folgeantragsstellung am 19.02.2019. Dadurch konnte auch festgestellt werden, dass der BF die deutsche Sprache nicht beherrscht (Protokoll vom 19.02.2019, S. 9 f.).

2.3. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

Der BF gab im Zuge seiner Erstantragsstellung am 21.01.2015 als Fluchtgrund ausschließlich seine Homosexualität an (Protokolle vom 23.01.2015 und 23.06.2015). Die belangte Behörde kam zum Schluss, dass dem Vorbringen des BF kein Glauben zu schenken ist und keine asylrelevanten Fluchtgründe vorliegen. Der Antrag vom 21.01.2015 wurde daher mit Bescheid vom 18.09.2015 rechtskräftig abgewiesen.

Den gegenständlichen zweiten Asylantrag vom 29.01.2019 begründete der BF neben Aufrechterhaltung seines alten Fluchtgrundes der Homosexualität damit, dass er aufgrund seiner politischen Aktivitäten von der nigerianischen Regierung gesucht werde. So habe er für Biafra demonstriert und sei sein Foto in der nigerianischen Botschaft in Österreich zu sehen. Dieser zweite Asylantrag wurde mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 06.09.2019 wegen entschiedener Sache gem. § 68 AVG zurückgewiesen.

Vom BVwG ist nun im gegenständlichen Verfahren zu prüfen, ob zwischen der Rechtskraft des ersten abweisenden Bescheides vom 18.09.2015 und dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 06.09.2019, mit welchem der zweite Asylantrag des BF wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde, eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten ist.

Es ist festzuhalten, dass das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers – wie bereits im Erstverfahren festgestellt – keinerlei „glaubhaften Kern“ enthält. So war der BF in Bezug auf seine Homosexualität sehr vage und oberflächlich (Erkenntnis des BVwG vom 30.11.2018, S. 8 f.). Auch im gegenständlichen Verfahren konnte der BF seine Homosexualität nicht glaubwürdig darlegen; er machte hierzu auch kaum Angaben und brachte nur vor, dass sein Partner nach Nigeria abgeschoben worden sei (Protokoll vom 19.02.2019, S. 9).

Sein weiteres Vorbringen im Zuge seines Folgeantrages, nämlich seine politische Aktivität im Rahmen der Biafra-Bewegung, ist ebenfalls unglaubwürdig. So gab er an, den nigerianischen Botschafter in Österreich zu kennen, vermag aber keinen Namen zu nennen (Protokoll vom 19.02.2019, S. 5 f.). Generell sind die Kenntnisse des BF in Bezug auf seine behauptete Mitgliedschaft in einer politischen Gruppe in Österreich, die gegen Biafra demonstriere, sehr detailarm (Protokoll vom 19.02.2019, S. 6):

„LA (= Leiter der Amtshandlung): Seit wann sind Sie in der Biafra Bewegung aktiv?

VP (= Verfahrenspartei bzw. BF): Hier in Österreich bin ich ein volles Mitglied seit 2016.

LA: Wie heißt die Organisation?

VP: Die Organisation heißt IPOB oder so.“

Die Unkenntnis des BF in Bezug auf seine behauptete Mitgliedschaft zieht sich durch die gesamte Befragung (Protokoll vom 19.02.2019, S. 7 ff.). Der BF ist auch nicht in der Lage, einen Mitgliedsausweis vorzuzeigen, wie man ihn in Vereinen und Organisationen üblicherweise bekommt.

Der BF gibt außerdem selbst an, bereits in Nigeria Mitglied von IPOB gewesen zu sein. Dies steht im Widerspruch zu seinen Angaben im Rahmen der Erstbefragung, wo er bei der niederschriftlichen Einvernahme angab, kein Mitglied einer Partei zu sein; außerdem verneinte er die Frage, ob er jemals wegen seiner politischen Überzeugung bzw. Gesinnung verfolgt worden sei (Protokoll vom 23.06.2015, S. 6). Hierzu ist auszuführen, dass es nicht nachvollziehbar ist, wieso der BF nicht bereits im Zuge seiner ersten Asylantragsstellung seine Parteimitgliedschaft ins Treffen führte. Selbst wenn die politische Lage im Jahr seiner Ausreise, 2015, nicht so prekär gewesen sein sollte, ist davon auszugehen, dass man in einem Land, in dem man Schutz und Sicherheit sucht, alles Zweckdienliche angibt.

In der Gesamtzusammenschau kommt der erkennende Richter des BVwG zum Schluss, dass es sich bei den Angaben des BF im Rahmen der neuerlichen Asylantragstellung um ein gesteigertes Vorbringen handelt, dem die Glaubwürdigkeit zu versagen ist.

Es steht dem ergänzenden Vorbringen des BF bezüglich seiner politischen Aktivitäten jedenfalls die Rechtskraft des ersten negativen Bescheides der belangten Behörde vom 18.09.2015 entgegen, da der BF bereits im Rahmen seiner Erstantragstellung seine politischen Aktivitäten in Nigeria hätte erwähnen können.

Es ist für das Bundesverwaltungsgericht auch schlüssig nachvollziehbar, dass die belangte Behörde im gegenständlich angefochtenen Bescheid davon ausgeht, dass der BF keine asylrelevanten Gründe vorbrachte bzw. dass sich kein neuer objektiver Sachverhalt ergab.

Die Beschwerde zeigt keinerlei Gründe auf, die für die Rechtswidrigkeit des Ermittlungsverfahrens oder für die Mangelhaftigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde sprechen; vielmehr ist das Beschwerdevorbringen unsubstantiiert. Für das Bundesverwaltungsgericht besteht somit kein Grund, an der Würdigung der belangten Behörde zu zweifeln. Daher schließt sich das Bundesverwaltungsgericht dieser Beweiswürdigung vollinhaltlich an.

Bei Folgeanträgen sind die Asylbehörden auch dafür zuständig, mögliche Sachverhaltsänderungen in Bezug auf den subsidiären Schutzstatus des Antragstellers einer Prüfung zu unterziehen (vgl VwGH 15.05.2012, 2012/18/0041). Eine Änderung der Situation in Nigeria wurde in der Beschwerde nicht behauptet und entspricht dies auch nicht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes. Es sind auch keine wesentlichen in der Person des Beschwerdeführers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, etwa eine schwere Erkrankung oder ein sonstiger auf seine Person bezogener außergewöhnlicher Umstand, welcher eine neuerliche umfassende Refoulementprüfung notwendig erscheinen ließe. Auch in Bezug auf eine etwaige Rückkehrgefährdung im Sinne einer realen Gefahr einer Verletzung der in Art 2 und 3 EMRK verankerten Rechte des Beschwerdeführers ist daher keine Änderung des Sachverhaltes erkenntlich, zumal das vorangegangene Asylverfahren vor kurzer Zeit beendet wurde.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Nigeria ergeben sich insbesondere aus den folgenden Meldungen und Berichten:

-        AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria

-        AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Nigeria – Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 6.7.2017

-        AA - Auswärtiges Amt (4.2017c): Nigeria – Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Wirtschaft_node.html, Zugriff 26.7.2017

-        AA - Auswärtiges Amt (24.7.2017): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/NigeriaSicherheit.html, Zugriff 24.7.2017

-        AI - Amnesty International (6.2017): Submission To The United Nations Committee On The Elimination Of Discrimination Against Women, https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1500389874_int-cedaw-ngo-nga-27623-e.pdf, Zugriff 28.7.2017

-        AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights – Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/319680/458848_de.html, Zugriff 28.7.2017

-        AI - Amnesty International (24.11.2016): Sicherheitskräfte töten mindestens 150 friedliche Demonstrierende, https://www.amnesty.de/2016/11/22/nigeria-sicherheitskraefte-toeten-mindestens-150-friedliche-demonstrierende, Zugriff 13.6.2017

-        BMEIA - Außenministerium (24.7.2017): Reiseinformationen - Nigeria, http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/nigeria-de.html, Zugriff 24.7.2017

-        BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Nigeria Country Report, https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Nigeria.pdf, Zugriff 6.7.2017

-        EASO - European Asylum Support Office (6.2017): EASO Country of Origin Information Report Nigeria Country Focus, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1496729214_easo-country-focus-nigeria-june2017.pdf, Zugriff 21.6.2017

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-        ÖBA - Österreichische Botschaft Abuja (9.2016): Asylländerbericht Nigeria

-        OD - Open Doors (2017): Nigeria, https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/2017/nigeria, Zugriff 14.6.2017

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-        USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom (26.4.2017): Nigeria, https://www.ecoi.net/file_upload/5250_1494486149_nigeria-2017.pdf, Zugriff 7.7.2017

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-        USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Prac-tices 2016 - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/337224/479988_de.html, Zugriff 8.6.2017

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1.    Zur Zurückweisung wegen entschiedener Sache (Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1.  Rechtslage

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Beschwerde nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet.

Eine neue Sachentscheidung ist, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (vgl. VwGH 25.04.2007, 2004/20/0100, mwN).

Die Behörde hat sich bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Erstbeschwerdeführers (und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden) auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen. (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; vgl. auch VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684; 19.02.2009, 2008/01/0344).

Ein auf das AsylG 2005 gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise – für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status – auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U 1533/10; VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344 mwN).

Die Rechtsmittelbehörde darf nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung (wegen entschiedener Sache) durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist und hat dementsprechend entweder – im Falle des Vorliegens entschiedener Sache – das Rechtsmittel abzuweisen oder – im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung – den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den gestellten Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (VwSlg. 2066A/1951, VwGH 30.05.1995, 93/08/0207; Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren2, 1433 mwH).

Es kann nur eine solche Änderung des Sachverhaltes zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 09.09.1999, 97/21/0913). Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den eine positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556; 26.07.2005, 2005/20/0343, mwN).

Ist davon auszugehen, dass ein Asylwerber einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die dieser jedoch nicht bereits im ersten Verfahren vorgebracht hat, liegt schon aus diesem Grund keine Sachverhaltsänderung vor und ist der weitere Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl VwGH 4.11.2004, 2002/20/0391; VwGH 24.8.2004; 2003/01/0431; VwGH 21.11.2002, 2002/20/0315; VwGH 24.2.2000, 99/20/0173; VwGH 21.10.1999, 98/20/0467).

3.1.2.  Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Wie bereits oben näher ausgeführt, hat der BF seinen ursprünglichen Fluchtgrund der Homosexualität bei der Folgeantragsstellung aufrechterhalten und als weiteren Grund seine politische Aktivität angeführt. Es wurde bereits ausführlich darauf eingegangen, dass es sich hierbei um keinen neu aufgetretenen Fluchtgrund handelt, da der BF bereits vor seiner Ausreise aus Nigeria politisch engagiert war, dies bei seiner ersten Asylantragsstellung jedoch nicht erwähnte; es liegt somit kein neuer Sachverhalt dar. Hinzu kommt, dass – wie ebenfalls oben ausgeführt – dem gesamten Fluchtvorbringen des BF die Glaubhaftigkeit fehlt.

Da der Beschwerdeführer somit keinen neuen Sachverhalt darzustellen vermochte, liegt entschiedene Sache vor. Die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache war sohin rechtmäßig, weshalb die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 68 AVG im Hinblick auf die Spruchpunkte I. und II. des bekämpften Bescheides abzuweisen war.

3.2.    Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1.  Rechtslage

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

3.3.2.  Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 57 AsylG, abzuweisen war.

3.3.    Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

3.3.1.  Rechtslage

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

3.3.2.  Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall

Zu prüfen ist daher, ob die von der belangten Behörde verfügte Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:

Das vorliegende Asylverfahren erreichte, gerechnet von der Folgeantragstellung am 29.01.2019 bis zum Datum der vorliegenden Entscheidung am 06.09.2019 zwar eine gewisse, auch auf – dem Beschwerdeführer nicht zuzurechnende – Verzögerungen zurückgehende Dauer. Der seit 21.01.2015 (Datum des ersten Asylantrages) andauernde Aufenthalt des Beschwerdeführers beruhte dessen ungeachtet auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage, weshalb dieser während der gesamten Daher des Aufenthaltes in Österreich nicht darauf vertrauen durfte, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann.

Das Gewicht seiner privaten Interessen wird daher dadurch gemindert, dass sie in einem Zeitpunkt entstanden, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war (vgl VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721; 30.04.2009, 2009/21/0086; VfSlg. 18.382/2008 mHa EGMR 24.11.1998, 40.447/98, Mitchell; EGMR 11.04.2006, 61.292/00, Useinov). Der Beschwerdeführer führt – wie die belangte Behörde zu Recht ausführt – nach eigenen Angaben keine Lebensgemeinschaft oder eine „familienähnliche“ Beziehung in Österreich. Es fehlen alle Sachverhaltselemente, aus denen sich die Existenz gewisser in einem Zeitraum eines rund fünfjährigen Aufenthaltes entstandener – unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens relevanter – Bindungen allenfalls hätte ergeben können (wie etwa Teilnahme am Erwerbsleben und am sozialen Leben in Österreich, Selbsterhaltungsfähigkeit, Erwerb von nachweisbaren Sprachkenntnissen). Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und knapp den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch familiäre Anknüpfungspunkte.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich (bzw Europa) stehen öffentliche Interessen gegenüber.

Ihm steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind – gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz – auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung – und damit eines von Art 8 Abs 2 EMRK erfassten Interesses – ein hoher Stellenwert zukommt (vgl zB VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), schwerer als die schwach ausgebildeten privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.

Ebenso wenig vermag die strafgerichtliche Unbescholtenheit seine persönlichen Interessen entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029).

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden, weshalb auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG nicht in Betracht kommt.

Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs 1 Z 3 AsylG und § 52 Abs 2 Z 2 FPG sind erfüllt. Sie ist auch sonst nicht (zB vorübergehend nach Art 8 EMRK, vgl § 9 Abs 3 BFA-VG und VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146) unzulässig. Der Beschwerdeführer verfügt auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs 2 Z 2 FPG abzuweisen war.

3.4.    Zum Ausspruch, dass die Ausweisung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):

3.4.1.  Rechtslage

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

3.4.2.  Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall

Im vorliegenden Fall liegen keine Gründe vor, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig wäre.

Ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ist ausgeschlossen. Damit ist es unmöglich, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl dazu etwa VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 und auch die Beschlüsse VwGH 19.02.2015, Ra 2015/21/0005 und 30.06.2015, Ra 2015/21/0059 – 0062).

Die Abschiebung ist auch nicht unzulässig im Sinne des § 50 Abs 2 FPG, da dem Beschwerdeführer keine Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Weiters steht keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte der Abschiebung entgegen.

Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Nigeria erfolgte daher zu Recht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 52 Abs 9 FPG abzuweisen war.

3.5.    Zum Ausspruch, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 55 Abs 1a FPG besteht keine Frist für eine freiwillige Ausreise in den Fällen einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG.

Die Beschwerde war somit auch hinsichtlich des Spruchpunktes VI. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen.

3.6.    Zur Verhängung eines Einreiseverbotes (Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides):

3.6.1.  Rechtslage

Gemäß § 53 Abs 1 FPG kann vom Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Gemäß § 53 Abs 2 ist ein Einreiseverbot gemäß Abs 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige 1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist; 2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde; 3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt; 4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist; 5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist; 6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag; 7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen; 8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder 9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

Gemäß Art. 11 Abs 1 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (Rückführungsrichtlinie) gehen Rückkehrentscheidungen mit einem Einreiseverbot einher,

„a) falls keine Frist für eine freiwillige Ausreise eingeräumt wurde oder

b) falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde.

In anderen Fällen kann eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen.“

3.6.2.  Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall

Aus der Formulierung des § 53 Abs. 2 FPG ergibt sich, dass die dortige Aufzählung nicht als taxativ, sondern als demonstrativ bzw. enumerativ zu sehen ist ("Dies ist insbesondere dann anzunehmen, ..."), weshalb die belangte Behörde in mit den in Z 1 - 9 leg. cit expressis verbis nicht genannten Fällen, welche jedoch in ihrer Interessenslage mit diesen vergleichbar sind, ebenso ein Einreisverbot erlassen kann. Die belangte Behörde geht daher zu Recht von ihrer Berechtigung, ein Einreiseverbot zu erlassen, aus.

Im vorli

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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