Entscheidungsdatum
01.04.2020Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W174 2125974-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Viktoria MUGLI-MASCHEK, als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.04.2016, Zl. 1086168905 - 151293135, nach einer mündlichen Verhandlung am 25.11.2019 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der damals minderjährige Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste illegal ins Bundesgebiet ein und stellte am 8.9.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Im Rahmen seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab er im Wesentlichen zunächst an, in Afghanistan geboren, Moslem und ledig zu sein sowie zwei Jahre die Grundschule besucht zu haben. Später erklärte er, er hätte im Iran sein ganzes Leben verbracht und wäre auch dort auf die Welt gekommen.
Zu seinem Fluchtgrund brachte er vor, er habe den Iran verlassen, weil seine Familie arm sei, kein Geld gehabt habe und die Schule nicht bezahlen könne. Die Mutter sei herzkrank, der Vater habe einen verletzten Fuß und könne nicht arbeiten.
3. Am 27.1.2016 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) niederschriftlich einvernommen und gab im Wesentlichen an, dem sunnitischen Glauben anzugehören, seinen Geburtsort nicht zu kennen, er glaube im Iran auf die Welt gekommen und Tadschike zu sein. In Afghanistan wäre er noch nie gewesen., sondern habe im Iran gelebt. Die Familie stamme ursprünglich aus Herat und hätte seinen Pass. Wo sich der befinde, wisse er nicht. Gewohnt habe er mit seiner Familie (Eltern und Geschwistern) in einem Mietshaus in Teheran, und auch habe er zwei Jahre lang eine Grundschule für Afghanen besucht. Seit seinem sechsten Lebensjahr habe er gearbeitet, weil die Familie kein Geld für die Schule gehabt hätte.
Es gebe keine Familienangehörigen (Onkel, Tanten, sonstige Angehörige) in Afghanistan, der Beschwerdeführer wisse nicht, ob alle Verwandten in den Iran gezogen seien und wo noch welche wären. Viele seien es aber nicht und er kenne sie nicht. Die wirtschaftliche Situation sei schlecht, die Mutter arbeite als Reinigungskraft und der Vater auf einer Baustelle und mache noch andere Tätigkeiten, weil sein Fuß gebrochen sei, deshalb könne er nicht so richtig arbeiten, die Mutter sei auch krank.
Zu seinem Fluchtgrund befragt, brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, er wisse weder wann, noch warum seine Familie Afghanistan verlassen habe, er glaube es wäre deshalb gewesen, weil es kein Geld und keine Arbeit gegeben habe und auch wegen des Krieges. Er selbst habe keinen Grund, aus seinem Heimatland zu flüchten, weil er noch nie dort gewesen sei. Zu seiner Rückkehrbefürchtung erklärte er, in Afghanistan niemanden zu haben.
Gründe für das Verlassen des Irans seien, dass es hier besser wäre als dort, er zur Schule gehen könne und was werden wolle. Seine Familie habe nur finanzielle Probleme gehabt, sie seien keinen Bedrohungen oder Vorfällen ausgesetzt gewesen. Auch sei er nicht geflüchtet, sondern der Vater habe ihn hierher geschickt. Er habe ihn nicht gefragt, ob er flüchten wolle, sondern gesagt, es wäre besser, wenn er hier zur Schule ginge und Arzt würde. Der Beschwerdeführer habe den Iran alleine verlassen.
4. Am 4.2.2016 langte beim Bundesamt eine Stellungnahme des damaligen gesetzlichen Vertreters des Beschwerdeführers zu den ausgehändigten Länderfeststellungen der Behörde ein. In dieser wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen unbegleiteten, minderjährigen Flüchtling ohne Verwandte oder soziales Netz in Afghanistan handle, der sein ganzes Leben im Iran verbracht habe und nur über ein geringes Bildungsniveau verfüge.
5. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid des Bundesamtes wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.). Die befristete Aufenthaltsberechtigung wurde ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis zum 29.4.2017 erteilt (Spruchpunkt III.).
6. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides wurde rechtzeitig Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben, in der im Wesentlichen vorgebracht wurde, der Beschwerdeführer habe bei seiner Einvernahme angegeben, dass er Angst vor einer Rückkehr nach Afghanistan habe, weil er noch nie dort gewesen sei und er über keine familiären oder sozialen Anknüpfungspunkte verfüge. Bei entsprechend gebotenen Ermittlungen zur Situation von Rückkehrern aus dem Iran nach Afghanistan, wäre festgestellt worden, dass er neben der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Waisen- und Straßenkinder auch der der Iran-RückkehrerInnen angehöre.
7. Am 25.11.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprachen Farsi bzw. Dari eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der das Bundesamt als Verfahrenspartei entschuldigt nicht teilnahm.
Vorgelegt wurden anfangs diverse Integrationsunterlagen: Zusatzvereinbarung vom Lehrvertrag 15.01.2019, Integrationserklärung 13.03.2019 und Jahres- und Abschlusszeugnis Schuljahr 2017/18.
Zunächst erklärte der Beschwerdeführer im Wesentlichen, aus Afghanistan, Tadschike, sunnitischer Moslem und ledig zu sein. Eigentlich wäre er in Herat geboren, dann sei die Familie in den Iran gezogen und er dort aufgewachsen. Seine früheren Angaben vorgehalten, wonach er seinen Geburtsort nicht kenne bzw. im Iran geboren sei, erwiderte der Beschwerdeführer, das, was er jetzt gesagt habe, stimme. Damals sei er jung gewesen, aber soweit er sich erinnere, hätte er dasselbe angegeben, wie jetzt. Im Iran hätten sie in Teheran zur Miete gewohnt, Dokumente hätte er nie gehabt. Vorgehalten, er habe vor der Behörde davon gesprochen, dass seine Familie einen Pass hätte, erwiderte der Beschwerdeführer, das sei ein afghanischer Pass, aber sie seien im Iran und deshalb der Pass nicht mehr gültig gewesen.
Zum Zeitpunkt seiner Ausreise hätten sich Eltern und Geschwister zu Hause in Teheran aufgehalten, aktuell befänden sich die Mutter und die Geschwister in Griechenland, den Vater hätten sie vor ca. zwei, drei Monaten auf dem Weg von der Türkei nach Griechenland verloren. Weitere Verwandte, also zum Beispiel Großeltern, Onkel oder Tanten in Afghanistan oder im Iran habe der Beschwerdeführer nicht mehr. Seine Angaben vor der Behörde vorgehalten, es gäbe noch Familienangehörige im Iran, viele aber nicht und er würde sie nicht kennen, antwortete er: "Ja, das stimmt ich kenne sie nicht." Das habe er so gesagt. Es seien wenige im Iran gewesen, aber es hätte sich nicht um Familienangehörige, sondern um die Freunde gehandelt.
Im Iran habe er zwei Jahre die Schule besucht und dann arbeiten und unbedingt Geld für die Familie verdienen müssen. Den Iran habe er verlassen, weil alle dort unzufrieden gewesen wären und man sie geschlagen hätte. Weitere Angaben dazu könne er nicht machen. Alle seien dort gegen Afghanen und er habe einfach keine guten Erinnerungen daran, man habe ihn öfter geschlagen, weil er Afghane sei, jedoch nie bedroht.
Kontakt zu anderen Personen in Afghanistan habe er nicht gehabt. Wo sie in der Heimat gelebt hätten, wisse er nicht, er sei noch sehr klein gewesen.
Dass seine Familie Afghanistan verlassen habe, begründete der Beschwerdeführer damit, dass sein Vater dort Feinde gehabt hätte. Bis zum letzten Jahr habe er nichts darüber. Gewusst, und zwar bis er eines Tages mit seinem Vater telefoniert und dieser ihm dies mitgeteilt hätte. Als er sehr jung gewesen sei, habe er im Familienkreis immer wieder von den Eltern, als sie miteinander gesprochen hätten, gehört, dass es in Afghanistan keine Arbeit, kein Geld und auch Kriege gebe. Nachgefragt, ob er etwas zu den Feinden seines Vaters angeben könne, erwiderte der Beschwerdeführer, sein Großvater hätte ein Problem mit einem anderen Mann aus einem anderen Stamm gehabt. und ihn schließlich getötet. Dieser Mann hätte ihn betrogen. Später sei auch der Großvater umgebracht worden. Es wisse weder, wie lange dies her sei, noch habe er seinen Großvater gesehen.
Im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan würden sie den Beschwerdeführer zu 100% umbringen. Nachgefragt, wie ihn diese Personen ihn erkennen, wenn er sich bereits seit dem ersten Lebensjahr nicht mehr in Afghanistan aufgehalten habe, erklärte er, sein Vater hätte gesagt, dass diese Leute und dieser Stamm einflussreich seien, dass sie sich mit dem Computer gut auskennen würden und in der Lage wären, Personen dadurch schneller ausfindig zu machen und herauszufinden, wer wem gehöre.
Der Beschwerdeführer wisse nicht, wer konkret ihn im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan verfolge, weil er diese Menschen selbst noch nie gesehen habe. Sein Vater habe gesagt, dass es aber gefährlich sein würde. Jene Familie hätte viel Geld und viele Kontakte gehabt und wäre gefährlich gewesen.
Sein Vater habe den Beschwerdeführer zu Ausreise aus dem Iran gezwungen und gesagt: "Egal, wie es gelingen kann, musst du nach Europa gehen!" In Bezug auf den Zwang den Iran zu verlassen habe er sich mit seinem Vater in Kontakt gesetzt und ihn dabei genau nach dem Grund gefragt, wieso er damals darauf bestanden habe, dass er den Iran nach Europa verlasse. Dabei habe der Vater erklärt, dass er Feinde gehabt und diese ihm gesagt hätten, dass sie nicht nur ihn, sondern seine gesamte Familie, wenn sie zu dieser Zugang fänden, umbringen würden. Darüber, warum trotzdem der Vater mit der restlichen Familie bis vor ein paar Monaten im Iran geblieben sei, könne er nichts erzählen. Vielleicht hätten sie damals im Iran heimlich gelebt.
Die erkennende Richterin wies nochmal auf das vorab mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung übermittelte Informationsmaterial hin. Die Vertretung verzichtete auf die Übergabe der kürzlich gesamtüberarbeiteten aktuellen Fassung des Länderinformationsblattes Afghanistan, Fassung 13.11.2019. Die anwesenden Parteien erhielten die Möglichkeit, sich dazu zu äußern.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Das Bundesverwaltungsgericht geht aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem, für die Entscheidung maßgeblichem Sachverhalt aus:
1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der mittlerweile volljährige Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger. Er gehört der Volksgruppe der Tadschiken sowie dem sunnitischen Glauben an. Die Familie stammt ursprünglich aus Herat. Seit dem Kleinkindalter lebte der Beschwerdeführer bis zur Reise nach Europa mit Eltern und Geschwistern im Iran, in Teheran.
Der Beschwerdeführer konnte nicht glaubhaft machen, in Afghanistan persönlich von Verfolgung bedroht zu sein.
2. Zur Lage im Herkunftsland:
Das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Stand 13.11.2019 und die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs Afghanischer Schutzsuchender, vom 30.8.2018 (siehe Anlage) stellen einen integrierten Bestandteil dieses Erkenntnisses dar und werden als Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat herangezogen.
2. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt der belangten Behörde, dem vorliegenden Gerichtsakt und dem vom Bundesverwaltungsgericht durchgeführten Ermittlungsverfahren.
2.1. Die oben genannten Feststellungen zur Herkunft, Volksgruppenzugehörigkeit und Religion des Beschwerdeführers resultieren aus seinem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verfahrensakt und seinen diesbezüglich plausiblen Angaben und Sprachkenntnissen.
Dass der Beschwerdeführer in der Heimat nicht aktuell von persönlicher Verfolgung bedroht ist, basiert auf folgenden Überlegungen:
Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer seit dem Kleinkindalter im Iran lebte, spätestens als Einjähriger zuletzt in Afghanistan war und während des gesamten Verfahrens keine persönliche Bedrohung oder Verfolgungshandlung vorbrachte.
Bei seiner Erstbefragung erklärte er nur, dass seine Familie arm gewesen sei, kein Geld gehabt habe und die Schule nicht habe bezahlt werden können, weshalb er aus dem Iran ausgereist wäre. Zu Afghanistan gab er nichts an.
Zu seinem Fluchtgrund befragt, brachte der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde diesbezüglich nur vor, er wisse weder wann, noch warum seine Familie Afghanistan verlassen hätte, er glaube es wäre deshalb gewesen, weil es kein Geld und keine Arbeit gegeben habe und auch wegen des Krieges. Er selbst habe keinen Grund, aus seinem Heimatland zu flüchten, weil er noch nie dort gewesen sei. Zu seiner Rückkehrbefürchtung erklärte er lediglich, in Afghanistan niemanden zu haben.
Grob gesteigert gab er dann vor dem Bundesverwaltungsgericht an, dass sein Vater dort Feinde gehabt hätte. Bis zum letzten Jahr habe er nichts darüber gewusst, und zwar bis er eines Tages mit seinem Vater telefoniert und dieser ihm dies mitgeteilt hätte. Dazu ist anzumerken, dass es absolut unglaubwürdig ist, dass der Beschwerdeführer, der bereits alt und reif genug, war, um alleine nach Europa zu reisen und hier zu leben, von derart wichtigen Dingen nichts gewusst haben will, was im Übrigen auch z.B. für seine damalige angebliche Unkenntnis seines Geburtsortes gilt. Gleichzeitig gestand der Beschwerdeführer auch ausdrücklich zu, habe er im Familienkreis immer wieder von den Eltern, als sie miteinander gesprochen hätten, gehört, dass es in Afghanistan keine Arbeit, kein Geld und auch Kriege gebe. Dass dabei niemals von der angeblichen Bedrohung, dem Geburtsort des Beschwerdeführers oder auch über Verwandte gesprochen worden wäre, ist nicht nachvollziehbar.
Nachgefragt, ob er etwas zu den Feinden seines Vaters angeben könne, erwiderte der Beschwerdeführer wieder lediglich, sein Großvater hätte ein Problem mit einem anderen Mann aus einem anderen Stamm gehabt und diesen schließlich getötet. Dieser Mann hätte den Großvater betrogen und später sei auch der Großvater umgebracht worden. Der Beschwerdeführer wisse aber weder, wie lange dies her sei, noch habe er seinen Großvater gesehen. Abgesehen davon, dass dieser vom Beschwerdeführer angegebene Vorfall mittlerweile zumindest achtzehn Jahre zurückliegt, blieb der Beschwerdeführer bei diesen Schilderungen wiederum äußerst vage und war nicht in der Lage seine Angaben zu konkretisieren. Ebenso wusste der Beschwerdeführer auf Nachfrage nicht, wer konkret ihn im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan verfolgen würde und begründete diesen Umstand damit, dass er diese Menschen selbst noch nie gesehen habe.
Trotzdem meinte der Beschwerdeführer, dass er im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan zu 100% umgebracht werden würde. Nachgefragt, wie diese Personen den Beschwerdeführer erkennen sollen, wenn er sich bereits seit dem ersten Lebensjahr nicht mehr in Afghanistan aufgehalten habe, erklärte er, sein Vater hätte gesagt, dass diese Leute und dieser Stamm einflussreich seien, sich mit dem Computer gut auskennen würden und in der Lage wären, Personen dadurch schneller ausfindig zu machen und herauszufinden, wer wem gehöre. Vor dem Hintergrund, dass die Fluchtgeschichte an sich schon höchst unglaubwürdig erscheint, ist angesichts dessen, dass in Afghanistan kein Meldesystem existiert und der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben dort auch niemanden kennt, der dementsprechend von seiner Rückkehr Kenntnis erlangen könnte, es nicht zu erwarten, dass der Beschwerdeführer bei seinen angenommenen Gegner sofort auf deren "Computerradar" aufscheint.
Sowohl vor der belangten Behörde als auch zu Beginn vor dem Bundesverwaltungsgericht hatte der Beschwerdeführer zusammengefasst vorgebracht, Gründe für das Verlassen des Irans seien, dass es hier besser wäre als dort, er zur Schule gehen könne und was werden wolle. Seine Familie habe nur finanzielle Probleme gehabt, sie seien keinen Bedrohungen oder Vorfällen ausgesetzt gewesen. Auch sei er nicht geflüchtet, sondern der Vater habe ihn hierhergeschickt. Er habe ihn nicht gefragt, ob er flüchten wolle, sondern gesagt, es wäre besser, wenn er hier zur Schule ginge und Arzt würde. Er sei als Afghane dort geschlagen, jedoch nie bedroht worden. Die Kontakte zu Afghanen im Iran schilderte der Beschwerdeführer nicht nur vage, sondern auch widersprüchlich, denn es gebe Verwandte, die er nicht kenne, die nur Freunde seien und Namen zu diesen Personen blieb der Beschwerdeführer gänzlich schuldig.
Zudem änderte der Beschwerdeführer seine Angaben zur Ausreise aus dem Iran erst nach seinem gesteigerten Fluchtvorbringen in Bezug auf Afghanistan und gab zu diesem Zeitpunkt in Bezug auf den Zwang den Iran verlassen zu haben an, er habe sich mit seinem Vater in Kontakt gesetzt und ihn dabei genau nach dem Grund gefragt, wieso dieser damals darauf bestanden habe, dass der Beschwerdeführer aus dem Iran nach Europa reise. Der Vater habe dabei erklärt, dass er Feinde gehabt und diese ihm gesagt hätten, dass sie nicht nur ihn, sondern seine gesamte Familie umbringen würden, wenn sie zu dieser Zugang fänden. Über die Gründe, warum der Vater mit der restlichen Familie trotzdem bis vor ein paar Monaten im Iran geblieben sei, konnte der Beschwerdeführer nichts Konkreten angeben und teilte mit, erzählen, dass seine Familie vielleicht damals im Iran heimlich gelebt habe. Hierzu ist festzuhalten, dass die Familie des Beschwerdeführers nach dessen Angaben bis zu seiner Ausreise unbehelligt über vierzehn Jahre im Iran gelebt hat und es - wie oben ausgeführt - daher vollkommen unplausibel ist, dass der Beschwerdeführer von der Bedrohung, wegen der er nunmehr weggeschickt worden sein soll, nichts gewusst, sondern bis vor Kurzem selbst daran geglaubt haben will, ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen aus dem Iran nach Europa gezogen zu sein.
Zum weiteren Beschwerdevorbringen ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer mittlerweile volljährig ist und somit nicht mehr in die soziale Gruppe der Waisenkinder fällt. Auch lässt sich den aktuellen Länderfeststellungen nicht entnehmen, dass Rückkehrer aus dem Iran als solche ernsthaft in der hierfür relevanten Intensität verfolgt würden bzw. wurde dies vom Beschwerdeführer nicht einmal substantiiert vorgebracht.
In einer Gesamtschau ist es dem Beschwerdeführer daher nicht gelungen, glaubhaft zu machen, in der Heimat aktuell und persönlich von Verfolgung bedroht zu sein.
2.2. Die getroffenen Feststellungen zur Lage in Afghanistan beruhen auf den angeführten Quellen. Diese Berichte verschiedener anerkannter und zum Teil in Afghanistan agierenden Institutionen, ergeben in ihrer Gesamtheit ein nachvollziehbares und schlüssiges Bild über die Lage im Heimatland des Beschwerdeführers. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Die Länderfeststellungen wurden dem Beschwerdeführer vorgehalten und es wurde ihnen nicht entgegengetreten.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und verfahrensrechtliche Grundlagen:
Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der geltenden Fassung) und ist auf die ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz, sohin auch auf die vorliegenden anzuwenden.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, liegt gegenständlich die Zuständigkeit der nach der geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichts zuständigen Einzelrichterin vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte ist mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts durch das Verwaltungsgerichtsverfahrens (VwGVG) geregelt. Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG idgF bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zweck des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG idgF sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 7 Abs 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) das Bundesverwaltungsgericht.
Gemäß §§ 16 Abs 6 und 18 Abs 7 BFA-VG idgF sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.
3.2. Zu Spruchteil A):
Gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 idgF ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs 1 Z 13 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955 idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht. Damit will der Gesetzgeber an die Gesamtheit der aufeinander bezogenen Elemente des Flüchtlingsbegriffs der GFK anknüpfen (VwGH 24.3.2011, 2008/23/1443). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.
Als Flüchtling im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die "begründete Furcht vor Verfolgung" (VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthalts zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011 ua).
Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, so liegt in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Flüchtlingskonvention. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. hiezu VwGH 21.01.1999, 98/18/0394; 19.10.2000, 98/20/0233, mwH).
Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation kann nach ständiger Judikatur nicht als hinreichender Grund für eine Asylgewährung herangezogen werden (vgl. VwGH vom 17.06.1993, Zl. 92/01/1081; VwGH vom 14.03.1995, Zl. 94/20/0798).
Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, Zl. 92/01/0792; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).
Eine Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, Zahl 98/01/0370; 22.10.2002, Zahl 2000/01/0322).
Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.
Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH 01.06.1994, Zl. 94/18/0263; 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256). Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. "inländische Fluchtalternative" vor. Der Begriff "inländische Fluchtalternative" trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und Zl. 98/01/0648).
Wie in den Feststellungen im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung ausgeführt, konnte der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen, in der Heimat aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung von Verfolgung bedroht zu sein.
3.3. Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG im vorliegenden Fall nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Zudem ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen oder es steht in vielen Punkten die Tatfrage im Vordergrund.
Schlagworte
Asylantragstellung asylrechtlich relevante Verfolgung Asylverfahren begründete Furcht vor Verfolgung Fluchtgründe Glaubhaftmachung Glaubwürdigkeit mündliche Verhandlung staatlicher Schutz Verfolgungsgefahr Verfolgungshandlung wohlbegründete FurchtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W174.2125974.1.00Im RIS seit
22.09.2020Zuletzt aktualisiert am
22.09.2020