TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/6 W247 2194953-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.04.2020
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Entscheidungsdatum

06.04.2020

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z22
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34 Abs1
AsylG 2005 §34 Abs2
AsylG 2005 §34 Abs4
AsylG 2005 §34 Abs5
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W247 2194953-1/9E

W247 2194961-1/10E

W247 2194958-1/10E

W247 2194956-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Jemen, vertreten durch die XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.03.2018, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , alias XXXX , alias XXXX , geb. XXXX , StA. Jemen, vertreten durch die XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.03.2018, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3.) Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias geb. XXXX , StA. Jemen, vertreten durch die XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.03.2018, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

4.) Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , alias XXXX , geb. XXXX , StA. Jemen, gesetzlich vertreten durch die Mutter, diese vertreten durch die XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.03.2018, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die beschwerdeführenden Parteien (BF1-BF4) sind jemenitische Staatsangehörige, der Volksgruppe der Araber und der sunnitschen Glaubensrichtung des Islam zugehörig. Der Erstbeschwerdeführer (BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin (BF2) sind miteinander verheiratet und Eltern der Dritt- bis Viertbeschwerdeführer (BF3-BF4). BF1 und BF2 sind gesetzliche Vertreter der minderjährigen BF4. Für einen weiteren volljährigen Sohn von BF1 und BF2 fand ein getrenntes Beschwerdeverfahren statt.

I. Verfahrensgang:

1.1. Die beschwerdeführenden Parteien (BF1-BF4) reisten zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt spätestens am 08.08.2016 unrechtmäßig und schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein und wurden am 08.08.2016 im Zuge einer Schengenkontrolle im Nachtzug EN 490 von Wien Richtung Linz, mit Totalfälschungen belgischer Reisepässe betreten. Im Zuge dessen wurden die Beschwerdeführer festgenommen, ins PAZ XXXX gebracht und fand am 09.08.2016 die Beschuldigtenvernehmung der BF2 statt, bei der die Beschwerdeführer ihre gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz stellten, zu welchen die BF1-BF3 am 09.08.2016 vor der Landespolizeidirektion XXXX erstbefragt wurden. Nach Konsultationsverhandlungen und Einvernahme der BF1-BF3 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 20.10.2016, wurde das Verfahren in Österreich zugelassen und die BF1-BF2 am 31.01.2018 vor dem BFA Regionaldirektion XXXX , jeweils im Beisein eines den Beschwerdeführern einwandfrei verständlichen Dolmetschers für die Sprache ARABISCH niederschriftlich einvernommen.

1.2. Bei der Beschuldigteneinvernahme wegen Fälschung besonders geschützter Urkunden gab die BF2 am 09.08.2016 zu den gefälschten Pässen im Wesentlichen an, dass sie (BF1-BF4) vor ca. 1 Woche mit dem Zug nach Österreich gekommen seien und sich in einer großen Stadt aufgehalten hätten, dessen Namen sie nicht wisse. Dort habe sie ein Mann, ein Iraker oder Syrer, am Bahnhof kontaktiert und gefragt, wohin sie wollten. Dieser habe den BFs gesagt, dass er ihnen Reisepässe besorgen könne, habe Fotos am Bahnhof gemacht und hat die Namen der BFs aufgeschrieben. Nach 2-3 Tagen hätte sie ihn wieder am Bahnhof getroffen. Er habe ihnen die Pässe gegeben, welche EUR 50,- pro Stück gekostet hätten. Der BF2 sei nicht bewusst gewesen, dass der Reisepass falsch wäre. Der Mann habe behauptet, er sei von der Passbehörde. Sie haben jedoch nicht daran gedacht, dass man im Jemen den Reisepass auch nicht auf der Straße bekommen würde.

2.1. Der BF1 brachte im Rahmen seiner Erstbefragung am 09.08.2016 vor, mit seiner Familie, nämlich seiner Ehefrau, seinen beiden Söhnen und seiner Tochter ausgereist zu sein. Seine letzte Wohnadresse sei XXXX gewesen. Den Entschluss zur Ausreise aus dem Herkunftsstaat habe er Anfang 2016 gefasst und XXXX schließlich im Juni 2016 illegal verlassen. Ursprünglich sei ihr Ziel Deutschland gewesen, weil seine Schwägerin dort wohne. Reisedokumente habe er nie gehabt, er sei ohne Reisedokumente ausgereist. Zunächst seien sie in den Sudan gereist, wo sie sich 1-2 Wochen aufgehalten hätten, anschließend nach Ägypten, wo sie 1 Wochen gewesen seien und von dort seien sie mit dem Schiff nach Italien gefahren, wobei er nicht wisse, wie lange sie sich dort aufgehalten hätten. Von Italien seien sie schließlich mit dem Zug nach Österreich gekommen. In Österreich seien sie zunächst nur einen Tag gewesen, weil sie behördlich betreten und wieder nach Italien gemusst haben. Nach 2 Tagen seien sie jedoch wiederum nach Österreich gekommen. Die Reise habe seine Frau organisiert. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe gab er an, wegen des Krieges im Jemen geflüchtet zu sein. Bei einer Rückkehr fürchte er, dass sie alle im Krieg getötet würden. Er habe Angst um seine Kinder.

2.2. Die BF2 brachte im Rahmen ihrer Erstbefragung am 09.08.2016 vor, mit ihrer Familie, nämlich ihrem Ehemann, ihren beiden Söhnen und ihrer Tochter ausgereist zu sein. Ihre letzte Wohnadresse sei XXXX gewesen. Den Entschluss zur Ausreise habe sie bereits 2010 gefasst. Ihr eigentliches Ziel sei jedoch Deutschland gewesen, weil ihre Schwestern dort leben würden. Ihren Wohnort in XXXX hätten sie schließlich im Juni 2016 verlassen und seien sie zunächst in den Sudan gereist, wo sie sich 2-3 Tage aufgehalten hätten, anschließend nach Ägypten, wo sie 2 Wochen geblieben seien und von dort seien sie mit dem Schiff nach Italien gefahren, wobei sie sich dort lediglich ca. 2 Tage aufhielten. Von Italien seien sie schließlich mit dem Zug nach Österreich gekommen. In Österreich seien sie zunächst nur einen Tag gewesen, weil sie behördlich betreten und wieder nach Italien gemusst haben. Nach 2 Wochen seien sie jedoch wiederum nach Österreich gekommen. Reisedokumente habe sie keine, sie sei ohne diese ausgereist. Sie selbst habe die Reise organisiert und sie hätten ca. USD 500,- pro Person von Ägypten nach Italien bezahlt. Hinsichtlich ihrer Fluchtgründe gab sie an, den Herkunftsstaat wegen des Krieges verlassen zu haben und dort nicht mehr sicher gewesen zu sein. Bei einer Rückkehr in ihre Heimat fürchte sie sich vor den Huthi Milizen und, dass sie oder ihre Familie von diesen umgebracht werden.

2.3. Der BF3 brachte im Rahmen seiner Erstbefragung am 09.08.2001 vor, mit seiner Familie, nämlich seinen Eltern, seinem Bruder und seiner Schwester ausgereist zu sein. Seine letzte Wohnadresse im Jemen sei XXXX gewesen. Den Entschluss zur Ausreise habe er Anfang 2016 gefasst, wobei sie im Juni 2016 schließlich ihren Wohnort in XXXX verlassen hätten. Das eigentliche Ziel ihrer Reise sei jedoch Deutschland gewesen, weil seine Tante dort lebe. Reisedokumente habe er keine gehabt, er sei ohne diese ausgereist. Sie seien zunächst in den Sudan gereist, wo sie lediglich durchgereist seien, anschließend nach Ägypten, wo sie sich 2 Wochen aufgehalten hätten und von dort seien sie mit dem Schiff nach Italien gefahren, wobei sie dort 2 Wochen geblieben seien. Von Italien seien sie schließlich mit dem Zug nach Österreich gekommen. In Österreich seien sie zunächst nur einen Tag gewesen, weil sie behördlich betreten und wieder nach Italien gemusst haben. Nach 2 Tagen seien sie jedoch wiederum nach Österreich gekommen. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe gab er an, sein Herkunftsland wegen des Krieges verlassen zu haben. Bei einer Rückkehr fürchte er im Krieg getötet zu werden.

3.1. Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 31.01.2018 machte der BF1 im Wesentlichen geltend, dass er an einer psychischen Erkrankung leide und eine Operation gehabt habe, jedoch an keiner lebensbedrohenden Erkrankung leide. Er nehme mehrere Medikamente, habe Befunde dabei und habe seit 2-3 Jahren gesundheitliche Probleme. Er habe seine Frau vor ca. 20 Jahren in XXXX geheiratet und habe 3 Kinder mit ihr. Im Jemen habe er als Autohändler und Automechaniker gearbeitet, wobei er in Saudi-Arabien Autos gekauft und im Jemen verkauft habe. Er habe vergessen, wann sie beschlossen hätten zu flüchten und wisse nicht, wann sie ausgereist seien. Außerdem habe er Angst um seine Kinder gehabt und, dass die Huthis seine Kinder mitnehmen würden. Im Falle einer Rückkehr in seinen Heimatstaat fürchte er, dass seine Kinder von den Huthis mitgenommen und er getötet würde. Im Jemen gäbe es überall Krieg, nach Saudi-Arabien dürfe man als Jemenit nicht. Sie seien wegen des Bürgerkrieges ausgereist. Seine Ehefrau habe bestimmt, wohin sie gehen. Er habe einen Reisepass gehabt, diesen jedoch im Meer verloren. 6 Tage hätten sie auf offenem Meer verbracht, als sie mit dem Schiff nach Italien gereist seien, da hätten sie den Pass im Meer entsorgt. Wasser sei ins Boot gedrungen, deshalb hätten sie ihre nassen Sachen wegwerfen müssen, auch den Reisepass. In Italien habe seine Ehefrau italienische Reisepässe gekauft, der Verkäufer sei jedoch ein Betrüger gewesen und sie seien damit in Österreich angehalten und die Pässe abgenommen worden. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe gab der BF1 an, dass er wegen des Krieges ausgereist sei. Seinem Nachbarn seien von den Huthis 3 Kinder abgenommen worden, später seien sie auch zu ihnen gekommen als sie zu Mittag gegessen hätten. Er habe sich mit den Kindern davonmachen können. Nach 2-3 Stunden seien sie zurückgekehrt und hätten seine Frau verletzt vorgefunden. Seine Frau habe rechts an der Stirn einen Schlag bekommen.

3.2. Im Rahmen ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 31.01.2018 machte die BF2 im Wesentlichen geltend, dass sie an Magenproblemen leide und ihr ein Geschwür entfernt worden sei, welches aber nicht bösartige gewesen wäre. Außerdem sei sie psychisch angeschlagen. Sie leide jedoch nicht an einer lebensbedrohlichen Erkrankung, nehme keine Medikamente und stehe nicht in ärztlicher Behandlung. Ihr Reisepass sei im Meer, er sei im Gepäck gewesen, das sie im Meer verloren haben. Im Jemen sei sie diskriminiert worden, weil sie ursprünglich aus Somalia komme, man habe Zigaretten auf ihr ausgedämpft, weil sie dunkel sei. Ihren Mann habe sie in XXXX zunächst vor einem Geistlichen und später vor Gericht im Jahr 1998 geheiratet. Vor ihrer Heirat habe sie als Schneiderin gearbeitet, danach nicht mehr, weil es ihrem Mann finanziell gut gegangen sei. Ihr Mann sei Autohändler gewesen und ihnen sei es finanziell gut gegangen. Die Schule habe sie bis zur 5. Klasse besucht. Sie gehöre zu einer älteren Generation, wo es üblich sei mit 9 oder 10 Jahren ein Kopftuch zu nehmen und zu Hause zu bleiben. Hinsichtlich ihrer Fluchtgründe gab sie an, dass im Jemen überall Krieg herrsche und alle sehr religiös seien. Sie habe Angst gehabt, dass ihr Mann und ihre Kinder mitgenommen würden. Beschlossen zu flüchten habe sie schon 2009, ausgereist seien sie schließlich im Juni 2016. Die Huthis hätten im Juni 2016 ihre Kinder rekrutieren wollen. Sie hätten sie zum Mitkämpfen mitnehmen wollen. Niemand habe die Tochter mitnehmen wollen, da üblicherweise Kinder mitgenommen würden, die älter als 12 Jahre sind. Deshalb seien sie ausgereist. Nachdem sie ihr Haus verlassen hätten und zu ihrem Bruder gegangen seien, wäre ihr Haus zwei Tage später von einer Rakete getroffen worden. Sie sei damals mit ihrem Mann zurückgekehrt, um etwas zu holen, da sei es zerstört gewesen. Ihnen sei es im Jemen gut gegangen, sie hätten Gold und Geld gehabt, weshalb sie die Reise finanzieren konnten.

3.3. Der BF3 und die BF4 wurden vor dem BFA nicht niederschriftlich einvernommen.

3.4. Die Beschwerdeführer brachten erstinstanzlich folgende Unterlagen in Vorlage:

* Ambulanzbericht des Klinikum XXXX vom 09.08.2016 betreffend den BF1;

* Rezept des Klinikum XXXX vom 09.08.2016 betreffend den BF1;

* Übersetztes Familienbuch;

* Befundbericht vom 13.12.2017 von Dr.med. XXXX betreffend die BF2;

* Schulbericht vom 30.01.2018 betreffend den BF3;

* Schulbesuchsbestätigungen vom 30.01.2018 von 05.09.2016 bis 30.06.2017 (Klasse 1p) und von 04.09.2017 bis 29.06.2018 laufend (Klasse 1p) betreffend den BF3;

* Schulbericht vom 30.01.2018 betreffend die BF4;

* Schulbesuchsbestätigung vom 30.01.2018 vom 12.09.2016 bis 30.06.2017 (Klasse 2b) und von 04.09.2017 bis 29.06.2018 laufend (Klasse 3b) betreffend die BF4;

* Ambulanzbrief vom 28.12.2017 des Landesklinikum XXXX betreffend den BF3;

* Histologischer Befund vom 29.08.2017 von Dr. XXXX betreffend die BF2;

* Empfehlungsschreiben vom 29.01.2018 von XXXX ;

4. Mit den angefochtenen Bescheiden der belangten Behörde (BFA) vom 07.03.2018 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung der Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), ihnen gemäß § 8 Abs. 1 AsylG der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis zum 07.03.2019 erteilt (Spruchpunkt III.).

In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zu den Personen der Beschwerdeführer und zur Lage in ihrem Herkunftsstaat und führte rechtlich aus, dass die Ausführungen zu den Fluchtgründen nicht glaubhaft gewesen seien bzw. diese keine Asylrelevanz hätten. Im Wesentlichen führte die belangte Behörde aus, es habe keine Verfolgung im Konventionssinn glaubhaft gemacht werden können. Die belangte Behörde würde davon ausgehen, dass es sich beim Fluchtvorbringen um ein bloßes Konstrukt handeln und die Beschwerdeseite die wahren Beweggründe für die Asylantragsstellung nicht dargelegt hätten. Aufgrund der instabilen Sicherheitslage im Jemen sei eine Rückkehr derzeit nicht möglich. Auch fehle die Möglichkeit in einem anderen, sicheren Gebiet ihres Heimatlandes ein sicheres Leben aufzubauen und könne die reale Gefahr einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens nicht ausreichend ausgeschlossen werden, weshalb subsidiärer Schutz zu gewähren sei.

5. Mit Verfahrensanordnung vom 08.03.2018 wurde den Beschwerdeführern gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

6. Mit für alle Beschwerdeführer gleichlautendem fristgerecht eingebrachten Schriftsatz vom 04.04.2018 wurde durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter für alle Beschwerdeführer Beschwerde gegen die gegenständlichen Bescheide des BFA, zugestellt am 13.03.2018, hinsichtlich des Spruchpunktes I. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung, sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften, erhoben. Begründend wurde von der Beschwerdeseite ausgeführt, dass das Ermittlungsverfahren der belangten Behörde grob mangelhaft gewesen sei. Sie sei ihrer Verpflichtung zur amtswegigen Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts nicht nachgekommen, insbesondere habe es die Behörde unterlassen durch geeignetes Nachfragen hinsichtlich der Umstände, die für die belangte Behörde entscheidungserheblich waren, zu ermitteln. Sodann hätten die Beschwerdeführer weitreichendere und detailliertere Angaben hinsichtlich der Verfolgungsgefahr machen können. Außerdem seien die getroffenen Länderfeststellungen zum Teil veraltet und unvollständig und hätte die Behörde weitreichendere Ermittlungen zur Frage tätigen müssen, inwiefern die Beschwerdeführer tatsächlich von einer Zwangsrekrutierung durch die Huthi Rebellen betroffen sind. Insbesondere decke sich das Fluchtvorbringen mit der ACOORD Anfragebeantwortung vom 17.05.2017, wonach Zwangsrekrutierungen durch Huthi-Milizen im Jemen bestätigt werden. Auch würden Länderberichte zu Frauen fehlen, die ursprünglich aus Somalia stammen würden und diskriminiert würden. Des Weiteren habe die Behörde ihre Ermittlungspflicht dadurch verletzt, dass sie kein fachärztliches Gutachten betreffend den Gesundheitszustand des BF1 eingeholt hat. Er sei in äußerst schlechter psychischer Verfassung und falle es ihm daher schwer seine Fluchtgeschichte chronologisch und nachvollziehbar zu schildern. Außerdem sei die Beweiswürdigung der belangten Behörde mangelhaft. Die Einholung eines fachärztlichen Gutachtens zum psychischen Zustand des BF1 wurde beantragt. Die Beschwerdeführer hätten ihr Fluchtvorbringen detailliert und lebensnah gestaltet, sowie über die drohende Verfolgung und deren Erlebnisse im Jemen frei gesprochen. Es gehe nicht schlüssig hervor, warum den Beschwerdeführern die Glaubwürdigkeit abgesprochen worden sei. Die Beweiswürdigung erweise sich als äußerst dürftig, beschränke sich auf Textbausteine, ohne sich näher mit dem Fluchtvorbringen auseinanderzusetzen und führe die Behörde auch nicht aus, woraus sich die angeblichen immensen Widersprüche ergeben. Auch das Vorbringen der BF2, wonach sie hinsichtlich ihrer somalischen Wurzeln diskriminiert worden sei, sei nicht gewürdigt worden und die belangte Behörde habe es unterlassen die vorgelegten medizinischen Unterlagen zu würdigen. Hinsichtlich der von der BF2 behaupteten Verletzungen wurde beschwerdeseitig die Einholung eines fachärztlichen Gutachtens zum Beweis zum beschriebenen Zustandekommen der Verletzung der BF2 und des beschriebenen Vorfalls beantragt. Die Furcht der Beschwerdeführer vor Zwangsrekrutierung sei objektiv nachvollziehbar, wohl begründet und stehe im Einklang mit den Länderfeststellungen. Die Beschwerdeführer würden wegen ihrer Zugehörigkeit zur Gruppe der Personen im rekrutierfähigen Alter persönlich verfolgt und müsse ein Element der (zumindest unterstellten) politischen oder religiösen oppositionellen Gesinnung hinzutreten. In der Beschwerde wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge 1.) eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen, 2.) falls nicht alle zu Lasten der Beschwerdeführer gehenden Rechtswidrigkeiten im angefochtenen Bescheid in der Beschwerde geltend gemacht wurden, diese amtswegig aufzugreifen bzw. allenfalls den Beschwerdeführern einen Verbesserungsauftrag erteilen, sowie 3.) den angefochtenen Bescheid, allenfalls nach Verfahrensergänzung, zu beheben und den Beschwerdeführern jeweils den Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen in eventu 4.) den angefochtenen Bescheid im angefochtenen Umfang, ersatzlos zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückzuverweisen.

7. Die Beschwerdevorlage vom 08.05.2018 und die Verwaltungsakte langten beim Bundesverwaltungsbericht (BVwG) am 11.05.2018 ein.

8. Jeweils mit Bescheid vom 18.03.2019 wurde den Beschwerdeführern eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 Asylgesetz 2005, BGBl Nr. 100/2005 idgF, bis zum 07.03.2021 erteilt.

9. Mit Ladung vom 16.01.2020 übermittelte das BVwG den Beschwerdeführern das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Jemen, Gesamtaktualisierung am 16.12.2019, mit der Information, dass es beabsichtigt seiner Entscheidung diese Feststellungen zu Grunde zu legen. Den Beschwerdeführern wurde Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen 10 Tagen einlangend schriftlich Stellung zu nehmen, wovon die Beschwerdeseite keinen Gebrauch machten.

10. Am 19.02.2020 fand vor dem BVwG unter der Beiziehung eines Dolmetschers für ARABISCH eine öffentliche mündliche Verhandlung statt:

Die Niederschrift lautet auszugsweise:

"RI: Nennen Sie mir wahrheitsgemäß Ihren vollen Namen, Ihr Geburtsdatum, Ihren Geburtsort, Ihre Staatsbürgerschaft, sowie Ihren Wohnort an dem Sie sich vor Ihrer Ausreise zuletzt aufgehalten haben.

BF1: XXXX , ich bin XXXX geboren, wann genau kann ich mich nicht erinnern. Ich wurde in Abessinien(Äthiopien) geboren, gelebt habe ich in XXXX , ich bin als Kleinkind in den Jemen eingereist. Ich bin Jemenite.

RI: Welcher ethnischen Gruppe bzw. Volksgruppe- oder Sprachgruppe gehören Sie an?

BF1: Ich bin Araber, mein Vater ist Araber, er ist Jeminite und meine Mutter ist auch Jeminitin.

RI: Gehören Sie einer Religionsgemeinschaft an? Und wenn ja, welcher?

BF1: Ich bin Sunnit.

RI: Haben Sie Dokumente oder Unterlagen aus dem Jemen, welche Ihre Identität beweisen?

BF1: Es gibt eine Familienkarte, die ist bei euch.

RI: Habe Sie sonst noch Dokumente?

BF1: Nein.

RI: Wo ist Ihr jemenitischer Reisepass zur Zeit?

BF1: Es gibt nur eine Familienkarte, die liegt bei euch.

R: Sie haben ja einen jemenitischen Reisepass besessen, was ist damit passiert?

BF1: Er ist im Meer verloren gegangen, er war in einem Koffer. Der ganze Koffer ist im Meer verlorengegangen, es war ein Koffer oder eine Tasche.

R: Ist er verlorengegangen oder haben Sie ihn weggeschmissen?

BF1: Er ist im Wasser verloren gegangen.

R: Ist er über Bord gegangen oder haben Sie ihn weggeschmissen?

BF1: Es ist im Meer verlorengegangen, Wasser ist ins Boot gekommen und die Tasche ist dann in Meer gelandet.

RI: VORHALTUNG: Bei Ihrer Einvernahme vor dem BFA am 31.01.2018 haben Sie auf mehrfache Nachfrage, was mit Ihrem Pass passiert ist, auf Seite 7, schlussendlich geantwortet: "Wir haben den Pass im Meer entsorgt". Das klingt aber nicht für mich, als ob er zufällig über Bord gegangen wäre, sondern als ob Sie ihn wirklich entsorgt hätten.

BF1: Die Reisepässe waren im Koffer und dieser Koffer ist über Bord gegangen. In einer anderen Tasche war die Familienkarte, die Familienkarte meiner Kinder ist bei euch.

RI: Bitte schildern Sie Ihren Lebenslauf. Welche Schulausbildung haben Sie abgeschlossen? Welchen Beruf haben Sie gelernt und welchen Beruf haben Sie ausgeübt?

BF1: Ich habe 5 Jahre Grundschule abgeschlossen.

RI: Welchen Beruf haben Sie erlernt und welchen Beruf haben Sie ausgeübt?

BF1: Ich bin angelernter Kfz-Mechaniker, ich habe zuletzt als Autohändler gearbeitet.

RI: Wie lange haben Sie den Beruf des Autohändlers ausgeübt und in welchen Ländern haben Sie Autohandel betrieben?

BF1: Ich bin immer nach Saudi-Arabien gegangen, habe dort Autos eingekauft und habe diese immer im Jemen verkauft. Es ging mir damals sehr gut (wirtschaftlich).

RI: Wenn Sie auch als Autohändler in Saudi-Arabien tätig gewesen sind, haben Sie dort sicherlich auch über eine geschäftliche Niederlassung verfügt. Wie war die Adresse dieser Niederlassung?

BF1: Ich bin immer wieder nach Jeddah gereist, habe dort eingekauft, so war das, ich hatte keine geschäftliche Niederlassung, das war nicht notwendig.

RI: Als auch in Saudi-Arabien tätiger Autohändler haben Sie in Saudi-Arabien sicherlich auch über eine Unterkunft verfügt, für die Tage die sie dort verbracht haben. Wie war die Adresse dieser Unterkunft?

BF1: Ich habe in Jeddah in der Makkaroni-Straße gelebt.

RI: Haben Sie da eine eigene Wohnung gehabt?

BF1: Eine eigene Wohnung, ich habe dafür 200 saudische Rial bezahlt.

RI: Was ist jetzt mit der Wohnung?

BF1: Jetzt kann ich nicht mehr dorthin gehen, es gibt ein Problem mit Saudi-Arabien, zwischen dem Jemen und Saudi-Arabien gibt es zur Zeit Probleme

RI: Wann haben Sie sich das letzte Mal in Jeddah in der Makkaroni-Straße aufgehalten?

BF1: Vor vier, fünf oder sechs Jahren war ich dort, Saudi-Arabien hat sich in der letzten Zeit stark verändert. Die Jemeniten werden in Saudi-Arabien nicht mehr gut behandelt. Sie werden von saudischen Staatsbürgern immer aufgefordert, das Land zu verlassen. Früher waren wir eng, wir haben bei der Einreise nur einen saudischen Rial bezahlen müssen, jetzt nicht mehr.

RI: Haben Sie sich außer an dem von Ihnen angegebenen, letzten Wohnort im Jemen auch an einem anderen Wohnort längere Zeit aufgehalten?

BF1: Nein.

RI: VORHALTUNG: Ihre Ehegattin hat im Rahmen ihrer Ersteinvernahme auf Seite 3 des Ersteinvernahmeprotokolls angegeben, dass Ihre Familie bereits 2010 den Entschluss gefasst hatte den Herkunftsstaat Jemen zu verlassen. Wie viele Jahre haben Sie mit Ihrer Frau und Ihren Kindern in Saudi-Arabien gelebt, bevor Sie in Richtung Europa ausgereist sind?

BF1: Sie ist nicht ausgereist.

RI wiederholt die Frage.

BF1: Meine Ehefrau war nicht in Saudi-Arabien, ich war nur in Saudi-Arabien, ich bin immer wieder nach Saudi-Arabien gereist, meine Kinder waren im Jemen.

RI: Welche Verwandten von Ihnen leben zur Zeit in Jemen und in welcher Stadt?

BF1: Ich habe keine Verwandten im Jemen, nur Gott ist bei mir.

RI: Wo lebt Ihre Schwester XXXX zur Zeit?

BF1: Im Jemen, ich weiß aber nicht, ob sie noch am Leben ist oder nicht. Meine Eltern sind schon seit langer Zeit gestorben.

RI: Dh., Sie haben keinen Kontakt zu Ihrer Schwester?

BF1: Überhaupt nicht.

RI: Haben Sie Verwandte, die außerhalb des Jemen leben und haben Sie Kontakt zu diesen, wenn ja, wie oft?

BF1: Nein. Ich habe nur Allah.

RI: Wann und wo haben Sie Ihre Frau geheiratet?

BF1: In XXXX haben wir geheiratet, wir sind jetzt mittlerweile ca. 25 Jahre verheiratet, wir haben auch Kinder.

RI: Wo lebt die Familie Ihrer Frau und haben Sie Kontakt zu dieser?

BF1: In XXXX , ihr Vater ist vor einiger Zeit gestorben, er war krank. Ihre Mutter ist nach Kairo geflüchtet, nach Ausbruch des Krieges.

RI: Was ist mit den Geschwistern Ihrer Frau?

BF1: Keine Ahnung. Durch den Krieg ist der Kontakt mit der Familie meiner Frau zusammengebrochen.

RI: Leben Verwandte von Ihnen in Österreich oder in einem anderen EU-Mitgliedstaat? Wenn ja, welche?

BF1: Nein.

RI: Wann sind Sie in Österreich eingereist?

BF1: Ich habe es vergessen. Ich möchte mich bei Österreich bedanken.

RI: Sind Sie, Ihre Frau oder Ihre Kinder seit Ihrer Ausreise nach Europa im Jahr 2016 wieder einmal im Jemen gewesen, sei es auf Besuch oder auf Urlaub?

BF1: Nein, die würden uns umbringen.

RI: Schildern Sie bitte Ihre Fluchtgründe? Ich ersuche Sie mir ein möglichst klares und stimmiges Bild des Geschehen zu vermitteln.

BF1: Ich und meine Kinder sind in die Moschee zum Beten gegangen. Immer, wenn wir vom Beten nach Hause zurückgekommen sind, wurden wir von zwei Männern beobachtet. Eines Tages haben diese Männer an die Tür geklopft, wir haben nicht aufgemacht, wir waren alle sehr leise, damit diese nicht merkten, dass wir in der Unterkunft sind. Meine Ehefrau hat in den Spion geschaut und hat die beiden gesehen, die sind dann weggegangen. Eine Woche später sind sie wieder nach dem Freitagsgebet zu uns gekommen. Meine Ehefrau schaute wieder in den Spion, sie klopften und schrien, "Wo sind die Kinder, wo sind die Kinder und wo ist der Vater". Sie hat mit meinem Sohn Osama auf somalisch gesagt: "Geht raus, geht raus". Wir sind dann über einen Ausgang zum Hof. Ich und meine zwei Söhne Sami und Osama. Wir sind geflüchtet. Meine Frau machte die Tür auf, nachdem wir die Unterkunft verlassen haben. Das Essen war noch am Boden, wir essen am Boden. Sie kamen in die Unterkunft und schlugen meine Frau auf die Stirn. Sie wurde mit dem Kopf gegen die Wand gestoßen. Zwei Stunden später kehrten wir zurück, die waren weg. Ich fragte meine Ehefrau wie es ihr geht, sie hatte eine Verletzung. In diesem Augenblick habe ich entschieden, meine Kinder dürfen hier nicht bleiben, meine Kinder würden hier kämpfen müssen, wenn wir hierbleiben. Deswegen sind wir ausgereist. Wir haben entschieden, das Land zu verlassen.

RI: Wissen Sie, wer diese Männer waren?

BF1: Ich kenne sie nicht, sie waren bewaffnet, meine Ehefrau sagte, sie waren bewaffnet, sie hatten jeweils ein Maschinengewehr dabei und eine Pistole.

RI: Was vermuten Sie, wer diese Männer waren?

BF1: Vielleicht Huthis. Meine Ehefrau hat mir gesagt, wir müssen das Land verlassen, hier gibt es keine Sicherheit für uns., wir verließen dann die Unterkunft und sind zu ihrem Bruder gezogen, zwei Monate sind wir dort geblieben. Wir hatten Geld, wir hatten Gold, uns ging es sehr gut. Wir lebten dort sehr gut, ich bin wegen meinen Kinder geflüchtet.

RI: Wo hat der Bruder Ihrer Frau gelebt, bei dem Sie 2 Monate gelebt haben?

BF1: Im Jemen.

RI: Wo genau?

BF1: XXXX , ca. eine halbe Autostunde von XXXX entfernt.

RI: Wann kam Ihre Familie das erste Mal mit den Angreifern in Kontakt?

BF1: Meine Schwester?

RI: Nein, mit den Angreifern.

BF1: Die Daten habe ich alle vergessen, aber möglicherweise kennt meine Ehefrau die Daten.

RI: Vor diesem ersten Vorfall, als diese Männer an die Tür geklopft haben und Sie nicht aufgemacht haben, hatten Sie schon vorher Probleme mit bewaffneten Männern?

BF1: Nein. Ich habe mich nicht in Angelegenheiten eingemischt, die mich nichts angehen, ich war immer zu Hause, habe mich um die Kinder gekümmert, war in der Moschee, ich habe nie jemanden was angetan.

RI: Als diese Leute zu ihrem Haus gekommen sind, was wollten diese von Ihnen?

BF1: Sie wollten mich und meine Kinder mitnehmen, vielleicht, damit wir mit ihnen kämpfen, deshalb hat meine Ehefrau gesagt, wir müssen ausreisen. Schon vor dem Vorfall hat meine Ehefrau zu mir gesagt, wir müssen das Land verlassen, weil man ihr wegen ihrer Dunkelhäutigkeit schon einmal eine Zigarette an ihrer Hand ausgedrückt hat. Die Arme kann nichts dafür. Immer, wenn sie mit den Kindern unterwegs war, wurde sie gefragt: "Sind das deine Kinder oder hast du sie gestohlen". Meine Kinder sind wie ich hellhäutig. Rassismus ist dort weit verbreitet.

RI: Wie sahen die Leute aus?

BF1: Sie trugen ein langes Gewand und ein Sakko, so hat sie mir erzählt, und Schlapfen. Dadurch, dass sie Schlapfen trugen, das bedeutet, dass sie kein Niveau haben, dass sie von der Straße kommen.

RI: Die zwei Männer, waren das immer die gleichen?

BF1: Ich habe sie nicht gesehen, meine Ehefrau hat das vom Spion aus gesehen.

RI: Wenn Sie jedes Mal von der Moschee heimgekommen sind und von den 2 Männer beobachtet wurden, mussten sie diese ja auch gesehen haben.

BF1: Mein Gott, ich habe sie nicht gesehen. Meine Ehefrau hat gesagt: "Flüchtet aus der Unterkunft". Wir sind geflüchtet. Meine Ehefrau war diejenige, die die Tür aufgemacht hat.

RI: Dh. Sie haben die Männer, die Sie beobachtet haben, nie persönlich gesehen?

BF1: Nein, bei Gott, nein.

RI: Wurden während des 2. Vorfalls, als die Männer zu Ihnen in die Unterkunft kamen, auch Schüsse abgegeben?

BF1: Nein, nein.

RI: Waren die Leute mit Fahrzeugen unterwegs oder zu Fuß?

BF1: Gott weiß es, ich weiß es nicht. Wären sie mit einem Fahrzeug gekommen, dann hätten wir das gehört.

RI: Wie oft waren diese Leute insgesamt bei Ihnen zu Hause?

BF1: Zweimal

RI: Wohin gingen Sie mit den Kindern, als sie durch die Hintertür verschwunden sind?

BF1: Ganz draußen, drei oder vier Stunden.

RI: Waren Sie im Garten oder waren Sie ganz draußen?

BF1: Ganz draußen, auf der Straße waren wir.

RI: Ihre Frau wurde verletzt. Wenn ja, welcher Art waren die Verletzungen war das, musste sie genäht werden?

BF1: Die Wunde musste genäht werden.

RI: Dh Ihre Frau wurde ärztlich versorgt?

BF1: Ja.

RI: Waren Sie bei einem Arzt Ihrer Umgebung?

BF1: Ja, ein Spital in der Umgebung.

RI: Arzt oder Spital.

BF1: Spital.

RI: Was geschah genau, nachdem Sie mit den Kindern zurückkamen?

BF1: Zu Hause?

RI: Als Sie zurückgekommen sind von den 3 bis 4 Stunden und haben Ihre Frau vorgefunden, was war das Nächste?

BF1: Wir haben Sie ins Spital gebracht.

RI: Danach?

BF1: Wir gingen zurück in die Unterkunft.

RI: Wie lange blieben sie dort?

BF1: Nicht mal eine Woche. Wir mussten da weg, wir fühlten uns nicht mehr sicher.

RI: Dh, Sie blieben bei Ihnen zu Hause noch eine ganze Woche?

BF1: Ja.

RI: Wie viel Zeit verging de facto zwischen dem letzten Vorfall bei Ihnen zu Hause und der Flucht?

BF1: Ungefähr 1 Monat vor unserer Ausreise war der Vorfall.

RI: VORHALTUNG: Sie haben im Rahmen Ihrer Ersteinvernahme am 09.08.2016, befragt nach Ihren Fluchtgründe auf Seite 5 Folgendes zu Protokoll gegeben: "Wegen dem Krieg im Jemen sind wir geflüchtet. Das sind alle meine Fluchtgründe". Auf die Frage was Sie bei Ihrer Rückkehr befürchten würden, meinten Sie: "Ich fürchte, dass wir im Krieg getötet werden. Ich habe Angst um meine Kinder". Erstmalig vor dem BFA am 31.01.2018 haben Sie auf Seite 5 des Protokolls von einem Vorfall mit den Huthis zur Mittagszeit als eigentlichen Fluchtgrund berichtet, bei dem Ihrer Kinder rekrutiert werden sollten. Wieso haben Sie dies nicht bereits im Rahmen Ihrer Erstbefragung zu berichten gewusst, bei der sie nachweislich nach Ihren Fluchtgründen befragt worden sind?

BF1: Das habe ich doch gesagt, bei der Erstbefragung, wegen den Huthis sind wir geflüchtet, möglicherweise hat der D nicht alles übersetzt.

RI: Wurde Ihnen das Ersteinvernahmeprotokoll rückübersetzt?

BF1: Nein, bei Gott nicht, nein.

RI: Nicht?

BF1: Nein.

RI: Im Ersteinvernahmeprotokoll des BF1 am 9.8.2016 ist auf Seite 6 vermerkt, dass die Niederschrift rückübersetzt worden ist, dass der BF keine Ergänzungen machte und er hat die Richtigkeit und Vollständigkeit des Protokolls mit seiner Unterschrift bestätigt.

BF1: Seit meiner Einreise geht es mir psychisch sehr schlecht, ich nehme mittlerweile Tabletten. Ich kann nicht mehr einschlafen. (BF1 zeigt eine Packung mit Schlafmitteln). Ich übergebe mich, ich kann nicht einschlafen. Ich wurde auch am Bauch operiert.

RI: VORHALTUNG: Im Rahmen seiner BFA-Einvernahme 29.03.2018 hat Ihr Sohn Osama auf Seite 4 des Protokolls zu seinen Fluchtgründen angegeben, dass die Huthi zweimal zu Ihnen nach Hause gekommen seien. Einmal hätten diese nur von draußen geschrien, dass der Vater und die Kinder herausgehen sollten. Damals tat Ihre Frau als ob niemand zu Hause wäre. Beim zweiten Mal, zur Mittagszeit habe die BF2 dann die Tür geöffnet, während die Kinder ca. Stunden im Garten blieben. 2-3 Personen hätten die Mutter angeschrien, und sie an der Stirn verletzt. Warum haben Sie selbst vor dem BFA nicht davon zu berichten gewusst, dass die Huthis zweimal bei Ihnen zu Hause gewesen sind? Warum haben Sie das heute erst gesagt?

BF1: Welcher Garten, was für ein Garten? Wir waren draußen.

RI: Meine Frage war, Sie haben erstmalig hier vor Gericht gesagt, dass die Huthis zweimal da waren, vor dem BFA haben sie nur von einmal berichtet, warum haben Sie das nicht schon beim BFA gesagt?

BF1: Ich habe zweimal gesagt, das kann doch nicht wahr sein.

RI: Das BFA-Protokoll des BF1 vom 31.01.2018 vermerkt auf Seite 10, dass das Protokoll vollständig ist, eine Rückübersetzung erfolgt ist und der BF1 die Richtigkeit und Vollständigkeit der Niederschrift durch seine Unterschrift bestätigt hat.

RI: Gibt es noch andere Fluchtgründe als die eben Geschilderten?

BF1: Nein, bei Gott nicht.

RI. Haben Ihre Frau und Ihre Kinder einen eigenen Fluchtgrund bzw. einen anderen Fluchtgrund als den von Ihnen Geschilderten?

BF1: Nein, nein.

RI: Hatten Sie im Jemen jemals Probleme aufgrund Ihrer Rasse, Religion, Ethnie, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder Ihrer politischen Gesinnung? Hatten Sie Probleme mit den Behörden in Ihrem Heimatland?

BF1: Nein, nein. Wir waren immer geradlinig.

RI: Was befürchten Sie konkret im Fall einer Rückkehr nach Jemen?

BF1: Die würden mich umbringen, mich zum Kämpfen zwingen und fragen, "weshalb bist du geflüchtet". Sie würden denken, wir würden spionieren.

RI: Waren Sie oder Ihre Familie im Jemen jemals politisch aktiv?

BF1: Nein, gar nichts.

RI: Waren Sie oder Ihre Frau seit Ihrer Ankunft in Österreich jemals politisch aktiv?

BF1: Nein.

RI: Wie sind Sie aus XXXX ausgereist? Per Bus, per Auto oder per Flugzeug? Und wohin sind Sie als erstes gereist?

BF1: Mit dem Bus sind wir nach Alhudaida und von dort sind wir mit dem Schiff gereist.

RI: Wie sah Ihre weitere genaue Reisroute aus und wo blieben Sie, wie lange?

BF1: Von Alhudaida sind wir in den Sudan gereist. Von dort nach Kairo. Von Sudan nach Ägypten mit dem Bus, von Ägypten nach Italien übers Meer. In Italien angekommen wurden wir in Italien aufgegriffen, sie sagten uns "Bleibt hier", aber am nächsten Morgen war niemand mehr da. Bei der nächsten Möglichkeit sind wir von dort geflüchtet. Gott wollte, dass wir hierbleiben.

RI: Wie ging es eigentlich von Italien weiter? Wie lange blieben sie wo?

BF1: 1 Woche Alhudaida, 1 Woche Sudan, 15 Tage Kairo, ca. 1 Woche bis 1 Monat Italien, 1 Woche in Italien.

RI: Wann haben Sie den Entschluss gefasst, den Jemen in Richtung Europa zu verlassen?

BF1: Bei Gott, meine Ehefrau war diejenige, die das entschieden hat.

RI: Warum sind Sie nicht nach Saudi-Arabien geflüchtet, wo Sie doch einen beruflichen Draht dorthin hatten?

BF1: Saudi-Arabien hat sich verändert, Jemeniten werden nicht gut behandelt, sie werden außer Landes geschafft, sie mögen die Jemeniten nicht.

RI: War Österreich von Anfang an das Ziel Ihrer Reise?

BF1: Meine Ehefrau wollte nach Deutschland zu ihrer Schwester, meine Ehefrau diejenige, die das entschieden hat, dann hat sie sich doch für Ö entschieden, weil dass das Land der Wohltäter ist.

RI: Wieviel hat Ihre Flucht aus Jemen nach Österreich insgesamt gekostet?

BF1: Meine Frau hat alles bezahlt, ich weiß es nicht.

RI: Sind Sie Mitglied in einem Verein oder Klub in Österreich?

BF1: Nein, nein.

RI: Haben Sie in Österreich Sprachkurse besucht?

BF1: Ich habe einen Alphabetisierungskurs gemacht, es war sehr schwer, mein Hirn funktioniert nicht mehr.

RI: Haben Sie auch einen Sprachkurs gemacht und wenn ja, welches Sprachniveau haben Sie abgeschlossen?

BF1: Ich möchte arbeiten.

RI wiederholt die Frage.

BF1: Ja, ich habe einen Sprachkurs gemacht.

RI: Welches Niveau?

BF1: Null. Weiterführende Sprachkurse habe ich nicht gemacht.

RI: Können Sie Deutsch verstehen und Deutsch reden?

BF1: Ich kann Deutsch verstehen, aber nicht reden.

RI (ohne Übersetzung): Was gefällt Ihnen an Österreich?

BF1 (ohne Übersetzung): Hm? Österreich?

RI wiederholt die Frage.

BF1: Versteht nicht.

RI (ohne Übersetzung): Was machen Sie in Ihrer freien Zeit, was sind Ihre Hobbies?

BF1 (ohne Übersetzung): Hobbys?

RI: Wie stellen Sie sich die Zukunft in Österreich vor?

BF1: Ich möchte arbeiten, als Mechaniker. Meine Kinder müssen auch arbeiten, sie müssen auch etwas für dieses Land tun, Ö hat uns sehr geholfen. Ich bin bereit, jede Arbeit anzunehmen.

RI: Haben Sie sich in Österreich sonst fort-, aus-, oder weitergebildet?

BF1: Ich bin die ganze Zeit zu Hause, ich bin handwerklich sehr geschickt, ich habe zB für meine Kinder einen Motor an ein Fahrrad montiert. Ich bastle sehr gerne.

RI: Wovon leben Sie zur Zeit in Österreich?

BF1: 1.000 Rial bekomme ich. 500 zahle ich für Miete und 300 für Strom. Das restliche Geld brauchen wir fürs Essen.

RI wiederholt die Frage.

BF1: Von der Regierung.

RI: Wie heißt die Währung in Jemen?

BF1: Auch Rial.

RI: Sind Sie in Österreich einer ordentlichen Beschäftigung bisher nachgegangen?

BF1: Ich habe hier Arbeit gefunden, aber die Sprachbarriere, ich will hier arbeiten, es gibt hier viele Jobmöglichkeiten. Da ich die ganze Zeit zu Hause bin, bin ich psychisch krank geworden, ich möchte arbeiten, aber ich kann die Sprache noch nicht. Ich würde jede Arbeit annehmen.

RI: Sind Sie in Österreich einer ehrenamtlichen Beschäftigung nachgegangen?

BF1: Ich würde das gerne machen.

RI: Wieso haben Sie bisher nicht?

BF1: Die Sprache.

RI: Haben Sie sich schon erkundigt, welche Voraussetzungen Sie für die Berufsausübung erfüllen müssen, wenn Sie als Mechaniker arbeiten wollen?

BF1: Wen soll ich auch fragen? Ich bin bereit umsonst für die Regierung zu arbeiten.

RI: Sie haben seit 7.3.2018 subsidiären Schutz, wann wollen Sie beginnen, sich zu erkundigen, wie und wo Sie arbeiten können?

BF1: Ich muss noch die Sprache lernen, um etwas tun zu können.

RI: Wie geht es Ihnen gesundheitlich? Sind Sie gesund?

BF1: Ich bin ein bisschen krank, manchmal übergebe ich mich. Ich bin die ganze Zeit nur zu Hause, wo soll ich auch hin?

RI: Nehmen Sie Medikamente, wenn ja, welche?

BF1: Ich nehme etwas für den Magen und die Schlafmittel.

RI: Sind Sie in ärztlicher oder therapeutischer Behandlung?

BF1: Ja, ja.

RI: Sind Sie arbeitsfähig?

BF1: Ja, aber ich bin nicht mehr so fit wie früher.

RI an BFV und BehV: Haben Sie Fragen an den BF1?

BFV: Auf die Frage vorhin nach Ihrer Wohnung im Jemen haben Sie mit "fertig" geantwortet, ich will wissen, was Sie damit gemeint haben.

BF1: Ich meinte, ich habe nichts mehr zu sagen.

BehV: Woher wissen Sie, dass Sie immer nach der Moschee von 2 Männern beobachtet wurden?

BF1: Nur Gott weiß es, keiner hat mir das erzählt. Sie haben uns verfolgt, die sind uns sicherlich gefolgt, sie waren normal gekleidet.

BehV: Warum sind Sie nach dem 2. Besuch der Männer noch für 1 Woche in dem Haus geblieben?

BF1: Nicht einmal eine Woche waren wir da. Wer hat gesagt eine Woche? Als sie zu uns gekommen sind, sind wir geflüchtet. Wir waren 2 Monate beim Bruder meiner Frau.

BehV: Keine weiteren Fragen.

RI: Sie werden gebeten draußen Platz zu nehmen und die BF2 sofort in den Saal zu schicken.

BF1 verlässt den Saal, BF2 betritt den Saal.

___________________________________________________________________________

Beginn der Befragung der BF2:

RI: Nennen Sie mir wahrheitsgemäß Ihren vollen Namen, Ihr Geburtsdatum, Ihren Geburtsort, Ihre Staatsbürgerschaft, sowie Ihren Wohnort an dem Sie sich vor Ihrer Ausreise aufgehalten haben.

BF2: XXXX ist der Vorname, mein Nachname ist XXXX , ich bin am XXXX geboren in Mogadischu, ich bin Jeminitin.

RI: Was war der letzte Wohnort vor Ihrer Ausreise?

BF2: In XXXX .

RI: Wissen Sie auch die Adresse?

BF2: XXXX .

RI: Welcher ethnischen Gruppe bzw. Volksgruppe- oder Sprachgruppe gehören Sie an?

BF2: Wie meinen Sie das?

RI: Wiederholt die Frage.

BF2: Ich bin Araberin.

RI: Gehören Sie einer Religionsgemeinschaft an? Und wenn ja, welcher?

BF2: Ich bin sunnitische Muslimin.

RI: Haben Sie Dokumente oder Unterlagen aus dem Jemen, welche Ihre Identität beweisen?

BF2: Bei Ihnen ist eine Familienkarte.

RI: Habe Sie sonst noch Dokumente?

BF2: Nein.

RI: Wo ist Ihr jemenitischer Reisepass zur Zeit?

BF2: Es war im Koffer, bei der Überfahrt ist es verlorengegangen.

RI: Ist es verlorengegangen oder haben sie ihn weggeworfen?

BF2: Er ist ins Meer gefallen.

RI: Bitte schildern Sie Ihren Lebenslauf. Welche Schulausbildung haben Sie abgeschlossen? Welchen Beruf haben Sie gelernt und welchen Beruf haben Sie ausgeübt?

BF2: In Somalia habe ich ca. fünf Jahre die Grundschule besucht. Nach der Einreise in den Jemen habe ich einen Alphabetisierungskurs gemacht und weitere 5 Jahre Schule in Jemen besucht, ich bin ca. im Alter von 20 Jahren, 1985, in den Jemen eingereist.

RI: Wie lange hat Ihr Ehemann den Beruf des Autohändlers ausgeübt und in welchen Ländern hat er Autohandel betrieben?

BF2: Seitdem wir geheiratet haben, hat er als Autohändler gearbeitet., 1998 haben wir geheiratet. Seitdem hat er als Autohändler gearbeitet. Nach Ausbruch des Krieges hat er sich komplett verändert, er ist nicht mehr er selbst.

RI: In welchen Ländern hat er als Autohändler gearbeitet?

BF2: Saudi-Arabien und Jemen.

RI: Was haben Sie nach Ihrer Schulausbildung gemacht, haben Sie einen Beruf gelernt, einen Beruf ausgeübt?

BF2: Nach meiner Einreise in den Jemen habe ich an Nähkursen teilgenommen, es war so, diejenigen, die sich nicht mehr weiterbilden wollten, mussten sowas machen, ich habe Kochen und Nähen gemacht.

RI: Haben Sie auch als Köchin oder Näherin gearbeitet, wenn ja, wie lange?

BF2: Ja, ich habe Schuluniformen genäht.

RI: Wie lange haben Sie als Näherin gearbeitet?

BF2. 3 Jahre.

RI: Wenn Ihr Mann auch als Autohändler in Saudi-Arabien tätig gewesen ist, hat er dort sicherlich auch über eine geschäftliche Niederlassung verfügt. Wie war die Adresse dieser Niederlassung?

BF2: Makkaroni-Straße in Jeddah.

RI: War das seine geschäftliche Niederlassung oder seine Wohnadresse?

BF2: Ich weiß es nicht.

RI: Dh, er verfügte über eine Unterkunft in Jeddah?

BF2: Er hatte kein Eigentum in Jeddah oder keine eigene Wohnung, aber wenn er dort war, hat er etwas angemietet.

RI: Haben Sie sich außer an dem von Ihnen angegebenen, letzten Wohnort im Jemen auch an einem anderen Wohnort in Jemen längere Zeit aufgehalten?

BF2: Wir sind zu meinem Bruder geflüchtet.

RI: Haben Sie zu einem Zeitpunkt in Saudi-Arabien gelebt?

BF2: Nein.

RI: Haben Ihre Kinder in Saudi-Arabien gelebt?

BF2: Nein.

RI: VORHALTUNG: Sie haben im Rahmen ihrer Ersteinvernahme auf Seite 3 des Ersteinvernahmeprotokolls angegeben, dass Ihre Familie bereits 2010 den Entschluss gefasst hatte den Herkunftsstaat Jemen zu verlassen. Wieso schon 2010?

BF2: Ich wurde in Somalia geboren. Dunkelhäutige werden in Jemen nicht als Jemeniten betrachtet und ich wurde oft beschimpft und man sagte mir "Verschwinde, Du Schlampe, verschwinde nach Somalia". Meine Eltern, meine Mutter und mein Vater sind Jemeniten, ich fühlte mich nie im Jemen zu Hause.

RI: Wurden Sie im Jemen aufgrund Ihrer Rasse verfolgt oder bedroht?

BF2: Ich wurde jeden Tag belästigt, man wollte mir auch die Kinder weggenehmen, als sie klein waren. Man sagte, das sind nicht meine Kinder.

RI: Wurden Sie auch verfolgt oder bedroht?

BF2: Als sie zurück nach Hause gekommen sind, wurde ich an der Stirn verletzt und Zigaretten wurden auf meiner Hand ausgedrückt. In Jemen fühlte ich mich nie frei.

RI: Warum sind Sie nicht früher aus dem Jemen geflohen?

BF2: Ich wusste nicht wohin, jetzt nach Ausbruch des Krieges hatten wir die Möglichkeit das Land zu verlassen. Ich kann da nicht bleiben.

RI: Ihr Mann hatte als Autohändler eine Wohnung in Saudi-Arabien angemietet, warum sind Sie nicht dorthin gegangen?

BF2: Man benötigt eine Aufenthaltsgenehmigung, dort wird man als Jemenit stets nach dem Ausweis oder der Aufenthaltsgenehmigung gefragt.

RI: Welche Verwandten von Ihnen leben zur Zeit in Jemen und in welcher Stadt?

BF2: Alle meine Geschwister sind bereits geflüchtet, keiner von ihnen lebt mehr im Jemen. Eine Halbschwester väterlicherseits, ich weiß nicht wo sie ist.

RI: Wo leben Ihre Geschwister und wo lebt Ihre Mutter zur Zeit?

BF2: Meine Mutter lebt in Ägypten und bei ihr lebt mein jüngerer Bruder XXXX .

RI: Und die anderen Geschwister?

BF2: 2 Schwestern leben in Deutschland, von Rest weiß ich nichts.

RI: Haben Sie Kontakt mit Ihren Verwandten - Ihrer Mutter und Ihren Geschwistern?

BF2: Ja, manchmal. Meine Mutter hält es nicht aus, meine Stimme zu hören, sie hat hohen Blutdruck und ihr geht es gesundheitlich nicht so gut. Sie weint immer, wenn sie meine Stimme hört.

RI: Wann sind Ihre Mutter und Ihr Bruder nach Ägypten verzogen und was der konkrete Grund dafür?

BF2: Vor 2 Jahren wegen des Krieges.

RI: Wovon leben Bruder und Mutter in Ägypten?

BF2: Das Leben dort ist sehr schwer, ihnen geht es sehr schlecht. Mein Bruder arbeitet a b und zu. Ihm geht es psychisch nicht sehr gut, er ist Diabetiker und hat einen hohen Cholesterinwert.

RI: Wann und wo haben Sie Ihren Mann geheiratet?

BF2: 1998 in XXXX .

RI: Wo lebt die Familie Ihres Mannes und haben Sie Kontakt zu dieser?

BF2: Er hat nur eine Schwester, wir wissen nicht, wo sie sich aufhält.

RI: Haben Sie Kontakt zu dieser?

BF2: Wir wissen nicht, wo sie sich aufhält.

RI: Wann hatten Sie das letzte Mal Kontakt zu dieser?

BF2: Kurz nach unserer Einreise nach Ö.

RI: Wann sind Sie in Österreich eingereist?

BF2: Am 8.8.2016.

RI: Sind Sie, Ihr Mann oder Ihre Kinder seit Ihrer Ausreise nach Europa im Jahr 2016 wieder einmal im Jemen gewesen, sei es auf Besuch oder auf Urlaub?

BF2: Wie sollte ich das tun, nein.

RI: Schildern Sie bitte Ihre Fluchtgründe? Ich ersuche Sie mir ein möglichst klares und stimmiges Bild des Geschehen zu vermitteln.

BF2: Eines Tages waren wir zu Hause, 2 Männer klopften an die Tür, ich machte nicht auf. 1 Woche später kamen sie ein zweites Mal. Vielleicht haben sie gesehen, dass meine Kinder mit meinem Ehegatten hereingekommen sind, kurz nachdem meine Kinder reinkamen, klopften sie an die Tür. Ich war gerade dabei das Essen auf den Boden zu legen, ich sagte als an der Tür geklopft wurde "Ich schau wer da ist". Es wurde laut geschrien "Wo sind die Männer, wo sind die Männer". Ich antwortete, da ist keiner und gleichzeitig sagte ich zu Osama auf somalisch "flieht von der Hintertür", die in den Hof führt. Nachdem sie geflüchtet sind, sind die Männer reingekommen, sie sahen, dass Essen für mehrere Personen zubereitet war, deshalb packten sie mich am Kopf und schlugen mich mit dem Kopf gegen eine Wand. Ich wurde auf der Stirn verletzt, ich blutete. XXXX war bei mir, sie weinte. Einer sagte, die Männer sind geflüchtet und haben mit dem Fuß das Essen umgestoßen. Sie gingen weg, wir weinten. 2 Stunden später ist Mohammed (BF1) zurückgekommen mit den Kindern. Nachdem sie zurückgekehrt sind, sagte ich, wir können hier nicht mehr bleiben und sind dann zu meinem Bruder nach XXXX gezogen. 1 Woche später kehrten ich und mein Ehemann zurück in unsere Gegend gefahren. Mein Ehemann blieb aber vier Häuser weiter entfernt, ich ging zur Unterkunft zurück. Wir wohnten in einem 2stöckigen Haus mit vier Wohnungen, das uns gehört, wir wohnen in einer Wohnung zusammen. Das Haus war komplett zerstört, als ich zurückgekommen bin. Die Nachbarin sagte zu mir, dass 2 Tage, nachdem wir weggezogen sind, das Haus von einer Rakete getroffen worden ist. Dann habe ich zu BF1 gesagt, es macht doch keinen Sinn hier zu bleiben. Seit dem Tag geht es meinem Ehemann nicht so gut. Schon in Jemen hat er Schlafmittel gebraucht. Wir sind dann 2 Monate dort im Jemen geblieben und dann sind wir ausgereist.

RI: Wissen Sie, wer diese Männer waren, die an Ihr Haus geklopft haben?

BF2: Huthis.

RI: Kannten Sie diese Männer schon von vorher?

BF2: Nein.

RI: Sind Ihnen diese Männer schon früher in der Gegend aufgefallen?

BF2: Nein.

RI: Ihr Mann hat vorhin angegeben, dass diese Männer Sie und Ihre Familie regelmäßig beobachtet haben, als Sie von der Moschee gekommen sind, können Sie das bestätigen?

BF2: Wir kennen sie nicht, aber als wir von der Moschee zurückgekommen sind, wurden wir beobachtet. Sie wollten die Kinder mitnehmen, wie hätten sie anders erfahren sollen, wer hier lebt.

RI: Haben Sie die Männer gesehen, die Sie beobachtet haben oder vermuten Sie es nur?

BF2: Durch den Türspion habe ich gesehen, dass diese Männer an die Tür geklopft haben. Als es das erste Mal an der Tür klopfte, waren wir sehr leise, ich habe nicht aufgemacht und wir bewegten uns nicht.

RI: Also Sie vermuten, dass Sie beobachtet worden sind?

BF2: Ja, wie hätten sie sonst erfahren sollen, dass 3 in die Wohnung hineingekommen sind. Gemeint sind mein Gatte und 2 Söhne.

RI: Wann kam Ihre Familie das erste Mal mit den Huthis in Kontakt?

BF2: Wie meinen Sie das?

RI wiederholt die Frage.

BF2: Seit Ausbruch des Krieges rekrutieren die Huthis, sie nehmen die Kinder, die über 12 Jahre alt sind, mit. Sie werden als Kämpfer ausgebildet.

RI: Was war Ihre erste Begegnung mit den Huthis?

BF2: Das war, als sie das erste Mal angeklopft haben.

RI: Woher wussten Sie, dass diese Männer Huthis sind?

BF2: Alle Leute sagen, das sind Huthis. Es ist offensichtlich, dass sie Huthis waren.

RI: Hatten Sie oder Ihre Familie bereits vor dem ersten Klopfen an der Tür Probleme mit den Huthis gehabt?

BF2: Nein.

RI: Wie viele Personen sind zu dem Haus gekommen, beim ersten und beim zweiten Mal und waren es die gleichen.

BF2: Es waren die gleichen und es waren immer zwei Personen.

RI: Wie sahen die Leute aus? Waren sie bewaffnet?

BF2: Sie waren bewaffnet, hatten ein Gewehr über die Schulter, eine Jacke an und ein langes Gewand.

RI: Waren die Leute alt oder jung? Mit oder ohne Bart?

BF2: Weder jung, noch alt, mittel, ich kann ihr Alter nicht ei

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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