Entscheidungsdatum
30.04.2020Norm
AVG §73Spruch
W244 2201373-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Verena JEDLICZKA-MESSNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Martin RIEDL, gegen den Bescheid des Landespolizeipräsidenten für XXXX vom 07.06.2018, Zl. PAD/18/556691, zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit Schreiben vom 18.12.2014 beantragte der Beschwerdeführer die "Zuerkennung einer Ergänzungszulage bzw. Funktionsabgeltung nach dem GehG". Er begründete dies damit, dass er seit 01.06.2014 eine temporär eingerichtete Ermittlungseinheit im Landeskriminalamt leite und die Aufgaben eines Exekutivbeamten der Funktionsgruppe 6 erfülle.
Mit Bescheid vom 11.03.2015 wurde das Verfahren gemäß § 38 AVG ausgesetzt. Aus der Begründung des Bescheides geht hervor, dass die Aussetzung bis zur Entscheidung des Bundeskanzlers in einem Verfahren gemäß § 143 BDG 1979 über die Bewertung des Arbeitsplatzes der temporär eingerichteten Ermittlungseinheit im Landeskriminalamt intendiert war. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Mit Schreiben vom 19.03.2018 ersuchte der Beschwerdeführer, "die Angelegenheit einer vordringlichen Behandlung zuzuführen" bzw. ihm mitzuteilen, welche Hinderungsgründe einer solchen "vordringlichen Behandlung" entgegenstünden. Aus "rechtlicher Vorsicht" wurde weiters der Antrag gestellt, den Arbeitsplatz einer Prüfung zu unterziehen und "die Wertigkeit des Arbeitsplatzes bescheidmäßig festzustellen".
Mit Bescheid vom 07.06.2018 wurde der "Antrag vom 19.03.2018", mit dem der Beschwerdeführer "die bescheidmäßige Feststellung der Wertigkeit [seines] Arbeitsplatzes (?temporär eingerichtete Ermittlungseinheit' im LKA)" begehrte, gemäß §§ 8 und 73 AVG zurückgewiesen. Begründend wird darin im Wesentlichen ausgeführt, das Antragsbegehren könne nur als Fortführungsantrag des bereits anhängigen Verfahrens verstanden werden, weil dieses Verfahren und der dazu ergangene Aussetzungsbescheid dem Beschwerdeführer bekannt seien. Es erwachse einer Verfahrenspartei aus einem Aussetzungsbescheid kein Recht auf Fortführung des Verfahrens; dieses werde vielmehr gehemmt, bis die Entscheidung über die Vorfrage ergangen sei. Dies sei jedoch nicht der Fall.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde, welche gemeinsam mit dem Bezug habenden Verwaltungsakt von der belangten Behörde vorgelegt wurde und am 19.07.2018 beim Bundesverwaltungsgericht einlangte. In der Beschwerde wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine Aussetzung nicht erfüllt seien. Der Beschwerdeführer habe den Aussetzungsbescheid nicht bekämpft, weil er von der Einleitung und raschen Durchführung eines Arbeitsplatzbewertungsverfahrens ausgegangen sei. Ihm werde offenbar mutwillig eine inhaltliche Entscheidung verwehrt.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.03.2019 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass eine Behörde, die von ihrem durch § 38 AVG eingeräumten Recht auf Aussetzung des Verfahrens Gebrauch macht, nicht gegen die Bestimmungen über die Entscheidungspflicht verstoßen könne, solange die Aussetzung berechtigt andauere. Im vorliegenden Fall sei Grund für die Aussetzung das Arbeitsplatzbewertungsverfahren gewesen. Dieser Aussetzungsgrund sei noch nicht weggefallen. Soweit gerügt werde, dass keine Gründe für eine Aussetzung vorlägen, sei auszuführen, dass der Aussetzungsbescheid in Rechtskraft erwachsen sei. Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Aussetzung stelle keine Frage im Verfahren über den Fortsetzungsantrag dar, sodass dieser zurückzuweisen gewesen sei.
Gegen dieses Erkenntnis erhob der Beschwerdeführer außerordentliche Revision. Der Verwaltungsgerichtshof hob das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts auf. Begründend wurde auf das Wesentliche zusammengefasst ausgeführt, dass im vorliegenden Fall ein auf die bescheidmäßige Feststellung der Arbeitsplatzwertigkeit gerichteter Antrag des Beschwerdeführers erst in Form des Anbringens vom 19.03.2018 vorgelegen sei. Es habe sich somit nicht ausschließlich um ein Begehren auf Fortsetzung eines bereits auf Antrag eingeleiteten Verfahrens gehandelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle war bis zum 01.05.2018 das Landeskriminalamt XXXX .
Mit 01.06.2014 wurde an der Dienststelle des Beschwerdeführers eine temporär eingerichtete Ermittlungseinheit eingerichtet. Der Beschwerdeführer wurde mit der Leitung dieser Einheit beauftragt.
Am 18.12.2014 stellt der Beschwerdeführer einen Antrag auf "Zuerkennung einer Ergänzungszulage bzw. Funktionsabgeltung nach dem GehG".
Mit Bescheid vom 11.03.2015 wurde das Verfahren gemäß § 38 AVG ausgesetzt. Aus der Begründung des Bescheides geht hervor, dass die Aussetzung bis zur Entscheidung des Bundeskanzlers in einem Verfahren gemäß § 143 BDG 1979 über die Bewertung des Arbeitsplatzes der temporär eingerichteten Ermittlungseinheit im Landeskriminalamt intendiert war. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Mit Schreiben vom 19.03.2018 ersuchte der Beschwerdeführer, "die Angelegenheit einer vordringlichen Behandlung zuzuführen" bzw. ihm mitzuteilen, welche Hinderungsgründe einer solchen "vordringlichen Behandlung" entgegenstünden. Aus "rechtlicher Vorsicht" wurde weiters der Antrag gestellt, den Arbeitsplatz einer Prüfung zu unterziehen und "die Wertigkeit des Arbeitsplatzes bescheidmäßig festzustellen".
Mit Bescheid vom 07.06.2018 wurde der "Antrag vom 19. März 2018", mit dem der Beschwerdeführer "die bescheidmäßige Feststellung der Wertigkeit [seines] Arbeitsplatzes (?temporär eingerichtete Ermittlungseinheit' im LKA)" begehrte, gemäß §§ 8 und 73 AVG zurückgewiesen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus der im Verfahren unbeanstandeten Aktenlage in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen und sind insoweit unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass, wenn die belangte Behörde einen Antrag zurückgewiesen hat, Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung ist (vgl. VwGH 31.01.2018, Ra 2016/10/0121, mwN). Dem Bundesverwaltungsgericht ist somit eine inhaltliche Entscheidung über den verfahrensgegenständlichen Antrag verwehrt. Auch eine Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG kommt nicht in Betracht (siehe dazu VwGH 16.12.2009, 2008/12/0219). Es ist demnach im vorliegenden Fall ausschließlich zu prüfen, ob die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zu Recht eine Sachentscheidung verweigert hat.
3.1.2. Die vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretene Auffassung, dass ein gesondertes Antragsrecht auf Fortsetzung eines anhängigen Verwaltungsverfahrens nicht besteht und - angesichts der Möglichkeit der Säumnisbeschwerde - auch aus Rechtsschutzgründen nicht geboten ist, sodass weitere - wiederholte - Anträge im Rahmen eines bereits anhängigen Verfahrens keine gesonderte Entscheidungspflicht der Behörde auslösen, gilt nur für den Fall, dass bereits ein die Entscheidungspflicht auslösender Antrag gestellt wurde (vgl. VwGH 09.03.2030, Ra 2019/12/0025, mwN).
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 09.03.2030, Ra 2019/12/0025) an, dass im vorliegenden Fall ein auf die bescheidmäßige Feststellung der Arbeitsplatzwertigkeit gerichteter Antrag des Beschwerdeführers erst in Form des Anbringens vom 19.03.2018 vorlag. Es handelt sich bei diesem Antrag nicht ausschließlich um ein Begehren auf Fortsetzung eines bereits auf Antrag eingeleiteten Verfahrens. Das ursprünglich verfahrenseinleitende Anbringen des Beschwerdeführers (vom 18.12.2014) enthielt nur einen Antrag auf Zuerkennung einer Ergänzungszulage bzw. einer Funktionsabgeltung nach dem GehG 1956, nicht aber auch einen Antrag auf Feststellung der Bewertung seines Arbeitsplatzes.
Die mit Bescheid der belangten Behörde vom 11.03.2015 verfügte Aussetzung bewirkte nur die Suspendierung des auf Antrag geführten Verfahrens über besoldungsrechtliche Ansprüche, nicht aber eines zu diesem Zeitpunkt gar nicht anhängigen Verfahrens über einen Antrag auf bescheidförmige Feststellung der Arbeitsplatzwertigkeit.
Der "Antrag vom 19.03.2018", mit dem der Beschwerdeführer "die bescheidmäßige Feststellung der Wertigkeit [seines] Arbeitsplatzes (?temporär eingerichtete Ermittlungseinheit' im LKA)" begehrte, wurde von der belangten Behörde daher zu Unrecht zurückgewiesen, weshalb der angefochtene Bescheid (ersatzlos) aufzuheben ist.
3.1.3. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass dienstrechtliche Streitigkeiten öffentlich Bediensteter unter den Begriff der "civil rights" im Verständnis des Art. 6 Abs. 1 MRK fallen, insoweit derartige Streitigkeiten durch die innerstaatliche Rechtsordnung geregelte, subjektive Rechte oder Pflichten des jeweils betroffenen Bediensteten zum Gegenstand haben (vgl. VwGH 13.09.2017, Ro 2016/12/0024 mwN).
Demnach kann eine Verhandlungspflicht gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK nur dann entfallen, wenn die Ausnahmen für nicht übermäßig komplexe Rechtsfragen oder hochtechnische Fragen Platz greifen (vgl. VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0067).
Da sich im vorliegenden Fall der unstrittige Sachverhalt aus den Akten ergibt und es sich auch um keine übermäßig komplexe Rechtsfrage handelt, kann von einer mündlichen Verhandlung, welche der - anwaltlich vertretene - Beschwerdeführer auch nicht beantragt hat, abgesehen werden.
3.2. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (VwGH 09.03.2030, Ra 2019/12/0025); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Antragsänderung Antragsbegehren Aussetzung Aussetzungswirkung Beamter Ergänzungszulage Ersatzentscheidung ersatzlose Behebung Funktionsabgeltung Polizist VwGHEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W244.2201373.1.00Im RIS seit
22.09.2020Zuletzt aktualisiert am
22.09.2020