TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/5 W114 2211563-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.05.2020
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Entscheidungsdatum

05.05.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W114 2211563-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Bernhard DITZ über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, vom 02.11.2018, Zl. 1102257900-160076651/BMI-BFA_NOE_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.02.2020 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX , geboren am XXXX , (im Weiteren: Beschwerdeführer oder BF), ein afghanischer Staatsbürger, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und schiitischer Moslem, stellte am 10.01.2016 gemeinsam mit XXXX und ihrer gemeinsamen Tochter XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Bei der am 11.01.2016 erfolgten Erstbefragung vor der Polizeiinspektion Bischofshofen führte der Beschwerdeführer aus, verheiratet zu sein und eine Tochter im Alter von fünf Jahren zu haben. Seine Muttersprache sei Farsi. Der Beschwerdeführer habe zuletzt in Mashhad, im Iran gelebt. Vor etwa drei Monaten sei er aus Mashhad schlepperunterstützt mit seiner Familie über die Türkei nach Österreich gereist. Die Kosten der Reise hätten für die gesamte Familie USD 7.000, - bis 8.000, - betragen.

Befragt nach seinen Fluchtgründen führte der BF aus, dass "seine Frau" mit einem anderen Mann verlobt gewesen sei. Diesen Mann habe sie jedoch nicht heiraten wollen und stattdessen, gegen den Willen ihrer Eltern, den BF geheiratet. Daraufhin sei es zu Problemen mit der Familie seiner Frau sowie mit der Familie des Verlobten gekommen. Der Beschwerdeführer sei ebenfalls persönlich bedroht worden. Die Familie habe versteckt im Iran gelebt und sich zu einem späteren Zeitpunkt für eine Flucht nach Europa entschieden. Im Iran habe die Familie keinen legalen Aufenthaltsstatus gehabt. Sie hätten nicht weiter im Iran leben können, zumal ihre Bewegungsfreiheit eingeschränkt gewesen wäre.

3. In seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 31.08.2018 gab der BF an, gesund zu sein. Sämtliche Geburtsdaten in der Erstbefragung wären falsch protokolliert worden. Er stamme ursprünglich aus Mazar-e Sharif, in der afghanischen Provinz Balkh. Er befinde sich mit XXXX in einer Lebensgemeinschaft. Ihr gemeinsamer Sohn XXXX sei am XXXX geboren.

Befragt nach den Gründen, weswegen der Beschwerdeführer Afghanistan verlassen habe, führte er aus, dass er im Alter von acht Jahren gemeinsam mit seiner Mutter, seinen Brüdern und seiner Schwester Afghanistan verlassen habe. In Afghanistan sei Krieg gewesen und die Taliban hätten das gesamte Staatsgebiet beherrscht. Für Hazara sei es sehr gefährlich gewesen. Nach dem Tod des Vaters sei die Familie nach Teheran ausgewandert. Die Taliban wären in seinem Heimatdistrikt aktiv gewesen. Weil er noch ein kleines Kind gewesen sei, habe er selbst keinen Kontakt zu den Taliban gehabt. Seine älteren Brüder hätten jedoch für die Taliban arbeiten müssen. Alle Familienmitglieder und sämtliche Verwandten wären ebenfalls in den Iran ausgewandert.

Befragt zu seinen Fluchtgründen führte der Beschwerdeführer wiederholend aus, dass er gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin, mit der er bereits verlobt gewesen sei, geflüchtet sei. Sie sei mit einem alten und wohlhabenden Mann, XXXX , verlobt gewesen. XXXX sei in Afghanistan ein Kommandant und hätte dort viele mächtige Freunde und Verwandte. Die Familie von XXXX habe von XXXX ein Grundstück und viel Geld erhalten. Er selbst habe zu diesem Kommandanten jedoch niemals Kontakt gehabt.

Er sei mit seiner Lebensgefährtin nach Mashhad im Iran geflüchtet, wo ihre gemeinsame Tochter XXXX geboren worden wäre. Im Iran sei wegen des fehlenden legalen Aufenthaltstitels eine Eheschließung nicht möglich gewesen.

Der Beschwerdeführer sei von der iranischen Polizei nach Afghanistan abgeschoben worden. Nachdem er ein Monat in Herat verbracht habe, sei er schlepperunterstützt in den Iran zurückgekehrt. In Herat habe es keine Vorfälle gegeben. Nach seiner Rückkehr habe er sich gemeinsam mit seiner Familie entschlossen, den Iran zu verlassen. Sie hätten die zu diesem Zeitpunkt offenen Grenzen genützt, um nach Europa zu reisen. Bei einer Rückkehr würde der BF vom Ex-Verlobten seiner Lebensgefährtin getötet werden. Dieser würde in Kabul leben und regelmäßig zwischen Afghanistan und dem Iran hin- und herreisen. Seine Familie würde bei einer Rückkehr nach Afghanistan ebenfalls von der Bevölkerung bedroht bzw. gesteinigt werden, weil der Beschwerdeführer mit seiner Lebensgefährtin nicht verheiratet sei und sie uneheliche Kinder hätten.

Der Beschwerdeführer führte auch aus, dass er aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit als Hazara Probleme gehabt habe, wobei er jedoch nicht persönlich bedroht worden wäre. Hazara hätten sowohl in Afghanistan als auch im Iran "Probleme". Bei einer Rückkehr nach Afghanistan würde die Familie aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit als Hazara von den Taliban bedroht werden.

4. In einer Stellungnahme zu den Länderinformationen der Staatendokumentation zu Afghanistan vom 13.09.2018, verwies der BF auf sein bisheriges Vorbringen und auf die allgemeine schlechte Sicherheitslage sowie die gefährliche Situation für schiitische Hazara in Afghanistan.

5. Mit Schreiben vom 10.10.2018 ersuchte das BFA den Beschwerdeführer Widersprüchlichkeiten zu seinem Familienstand aufzuklären.

6. In seiner Stellungnahme zum Familienstand vom 23.10.2018 führte der Beschwerdeführer ausdrücklich aus, dass er und XXXX nicht traditionell verheiratet wären.

7. XXXX wurde mit Bescheid des BFA vom 02.11.2018, Zl. 1102259404-160076686/BMI-BFA_NOE_RD, wegen der ihr vom BFA zuerkannten "westlichen Gesinnung" der Status einer Asylberechtigten zuerkannt. Den Anträgen der beiden gemeinsamen Kinder wurde - abgeleitet im Familienverfahren von deren Mutter XXXX ebenfalls der Status von Asylberechtigten zuerkannt.

8. Mit Bescheid des BFA, Regionaldirektion Niederösterreich, vom 02.11.2018, Zl. 1102257900-160076651/BMI-BFA_NOE_RD, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Es wurde jedoch gemäß § 52 FPG festgestellt, dass die Rückkehrentscheidung gemäß § 9 Abs. 2 und 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig sei. Gemäß

§ 58 Abs. 2 und 3 AsylG iVm § 55 AsylG wurde dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 Abs. 2 AsylG erteilt (Spruchpunkt IV.).

Zur Ablehnung des Antrages auf Gewährung von Asyl führte die Behörde begründend aus, dass der Beschwerdeführer eine persönliche Verfolgung oder Bedrohung in Afghanistan nicht habe glaubhaft machen können. Der BF habe Afghanistan bereits als Kind verlassen und sei nie persönlich von Taliban oder aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit als Hazara bedroht worden. Eine Furcht vor einer Verfolgung durch XXXX und dessen Familie sei nicht nachvollziehbar. Der Beschwerdeführer und XXXX würden einander nicht kennen. Die Verweigerung der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten wurde damit begründet, dass der Beschwerdeführer jung, gesund und arbeitsfähig sei. Eine Rückkehr nach Afghanistan sei dem Beschwerdeführer jedenfalls zumutbar. Er verfüge über Schulbildung und Arbeitserfahrung als Steinmetz, Gipsarbeiter und Maler und könne sich in der afghanischen Stadt Mazar-e Sharif neuerlich ansiedeln. Die Zuerkennung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 2 AsylG wurde damit begründet, dass er der Vater seiner beiden minderjährigen Kinder, denen der Status von Asylberechtigten zuerkannt worden wäre, sei.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 28.11.2018 zugestellt.

9. Gegen diese Entscheidung erhob der BF, vertreten durch XXXX , mit Schriftsatz vom 14.12.2018, "zum Teil" Beschwerde.

In der Beschwerde wurden folgende Anträge gestellt:

"die Rechtsmittelbehörde möge

1) den hier angefochtenen Bescheid der Erstbehörde dahingehend abändern, dass in der ggst. Asylangelegenheit ein Familienverfahren iSd § 34 AsylG idgF festgestellt, dem Antrag des BF auf internationalen Schutz Folge gegeben und ihm dementsprechend der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird;

2) in eventu den angefochtenen Bescheid in seinem SP I beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverweisen;

3) jedenfalls der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen;

4) eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumen."

Die Spruchpunkte II. bis IV. des angefochtenen Bescheides wurden nicht angefochten.

Begründend führte der BF aus, dass er bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund seiner "Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe iSd Genfer Flüchtlingskonvention 1951", ohne staatlichen Schutz mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer asylrelevanten Verfolgung durch einen privaten Akteur ausgesetzt sei. Er habe, wie seine Lebensgefährtin, gleichlautende Angaben zu seinen Fluchtgründen getätigt.

Er habe seine Lebensgefährtin nach islamischem Ritus, in Anwesenheit eines Mullahs, geheiratet. Als Ehegatte sei er gemäß § 2 Z. 22 AsylG als Familienangehöriger anzusehen. Das BFA hätte ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG durchführen müssen. Das BFA habe den Beschwerdeführer auch nicht zu seinem Familienstand befragt.

10. Die Beschwerde und die Unterlagen des Verwaltungsverfahrens wurden dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) am 20.12.2018, mit Schreiben des BFA vom 18.12.2018, zur Entscheidung vorgelegt.

11. Gemeinsam mit der Ladung zur Beschwerdeverhandlung vom 06.11.2019 wurden dem Beschwerdeführer Länderinformationen zu Afghanistan zugänglich gemacht und ihm die Möglichkeit angeboten, dazu eine Stellungnahme abzugeben.

12. In der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG am 04.02.2020 wurde der Beschwerdeführer zu seiner Identität und Herkunft sowie zu seinen Fluchtgründen befragt. Die Verhandlung fand im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Farsi statt.

Der Beschwerdeführer wiederholte sein bisheriges Vorbringen und führte aus, dass er bei einer Rückkehr nach Afghanistan vom ehemaligen Verlobten seiner Lebensgefährtin, von der afghanischen Bevölkerung aufgrund seiner unehelichen Beziehung sowie aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit als Hazara asylrelevant verfolgt werden würde.

Er bestätigte über ausdrückliche Nachfrage des erkennenden Gerichtes, dass er vor dem Zeitpunkt der Antragstellung auf internationalen Schutz, mit seiner Lebensgefährtin weder traditionell noch standesamtlich verheiratet gewesen ist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf der Grundlage des Antrages auf internationalen Schutz, der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie der Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA am 31.08.2018, der Stellungnahme vom 13.09.2018, der Einsichtnahme in die Asylverfahren von XXXX und der beiden Kinder des Beschwerdeführers, der Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid des BFA, der im Asyl- bzw. Beschwerdeverfahren vorgelegten Dokumente, der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 04.02.2020 und der Einsichtnahme in die Bezug habenden Unterlagen des Verwaltungsverfahrens, das Zentrale Melderegister, das Fremdeninformationssystem und in das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan vom 13.11.2019, werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1.1. Zum Beschwerdeführer:

1.1.1. Der Beschwerdeführer heißt XXXX und wurde am XXXX geboren. Er ist afghanischer Staatsbürger, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und schiitischer Moslem. Seine Muttersprache ist Farsi, eine in Afghanistan weit verbreitete Sprache.

Der Beschwerdeführer ist im Alter von etwa acht Jahren mit seiner Familie aus der Stadt Mazar-e Sharif, in der afghanischen Provinz Balkh, in den Iran ausgewandert. Zuletzt lebte der BF in der iranischen Stadt Mashhad. Im Jahr 2015 wurde er von der iranischen Polizei nach Afghanistan abgeschoben. Nachdem er sich ca. einen Monat lang in der afghanischen Stadt Herat aufgehalten hat, kehrte er schlepperunterstützt in den Iran zurück. Im Jahr 2015 entschlossen sich der BF und seine Lebensgefährtin nach Europa auszuwandern.

1.1.2. Am 10.01.2016 stellte der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin XXXX und ihrer gemeinsamen Tochter XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Der Beschwerdeführer ist weder traditionell noch standesamtlich verheiratet. Der BF befindet sich seit etwa neun Jahren in einer Lebensgemeinschaft mit XXXX , mit welcher er in Österreich im gemeinsamen Haushalt lebt. Mit seiner Lebensgefährtin hat der BF zwei gemeinsame minderjährige Kinder, wobei seine Tochter XXXX am XXXX im Iran und sein Sohn XXXX am XXXX in Österreich geboren wurden.

Der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers XXXX , sowie den beiden minderjährigen Kindern wurde vom BFA jeweils der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.

1.1.3. Der Beschwerdeführer ist als Lebensgefährte kein Familienangehöriger im Sinne des § 2 Z. 22 AsylG, sodass für ihn hinsichtlich seiner Lebensgefährtin kein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG durchzuführen war.

1.1.4. Der Beschwerdeführer vermochte weder im Asyl- noch im Beschwerdeverfahren glaubhaft machen, dass er auch Furcht vor Verfolgung sich nicht mehr in Afghanistan befindet.

Der Beschwerdeführer wurde weder vom ehemaligen Verlobten von XXXX noch von dessen Familie oder der Familie von XXXX persönlich bedroht oder verfolgt. Er wurde auch wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit als Hazara weder bedroht noch verfolgt. Der Beschwerdeführer konnte in Mashhad im Iran, bis zur Ausreise nach Europa ein unbehelligtes Leben führen.

1.2. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Zur Lage in Afghanistan werden die im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation in der Gesamtaktualisierung vom 13.11.2019 enthaltenen folgenden Informationen als entscheidungsrelevant festgestellt:

Relevante ethnische Minderheiten:

In Afghanistan leben laut Schätzungen zwischen 32 und 35 Millionen Menschen (CIA 30.04.2019; vgl. CSO 2019). Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht (BFA 07.2016; vgl. CIA 30.04.2019). Schätzungen zufolge, sind: 40 bis 42% Paschtunen, 27 bis 30% Tadschiken, 9 bis 10% Hazara, 9% Usbeken, ca. 4% Aimaken, 3% Turkmenen und 2% Belutschen. Weiters leben in Afghanistan eine große Zahl an kleinen und kleinsten Völkern und Stämmen, die Sprachen aus unterschiedlichsten Sprachfamilien sprechen (GIZ 04.2019; vgl. CIA 2012, AA 02.09.2019).

Artikel 4 der Verfassung Afghanistans besagt: "Die Nation Afghanistans besteht aus den Völkerschaften der Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Paschai, Nuristani, Aimaq, Araber, Kirgisen, Qizilbasch, Gojar, Brahui und anderen Völkerschaften. Das Wort ?Afghane' wird für jeden Staatsbürger der Nation Afghanistans verwendet" (BFA 07.2016). Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnischen Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Artikel 16) 6 weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht: Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri (AA 02.09.2019). Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben. Nichtsdestotrotz, beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen zu haben, in denen sie eine Minderheit darstellen (USDOS 13.03.2019).

Der Gleichheitsgrundsatz ist in der afghanischen Verfassung rechtlich verankert, wird allerdings in der gesellschaftlichen Praxis immer wieder konterkariert. Soziale Diskriminierung und Ausgrenzung anderer ethnischer Gruppen und Religionen im Alltag besteht fort und wird nicht zuverlässig durch staatliche Gegenmaßnahmen verhindert (AA 02.09.2019). Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen resultierten weiterhin in Konflikten und Tötungen (USDOS 13.03.2019).

Hazara:

Die schiitische Minderheit der Hazara macht etwa 9 bis 10% der Bevölkerung aus (GIZ 04.2019; vgl. CIA 2012). Die Hazara besiedelten traditionell das Bergland in Zentralafghanistan, das sich zwischen Kabul im Osten und Herat im Westen erstreckt; der Hazaradjat [zentrales Hochland] umfasst die Provinzen Bamyan, Ghazni, Daykundi und den Westen der Provinz (Maidan) Wardak sowie Teile der Provinzen Ghor, Uruzgan, Parwan, Samangan, Baghlan, Balkh, Badghis, und Sar-e Pul. Jahrzehntelange Kriege und schwierige Lebensbedingungen haben viele Hazara aus ihrer Heimatregion in die afghanischen Städte, insbesondere nach Kabul, getrieben (BFA 07.2016). Hazara leben hauptsächlich in den zentralen und westlichen Provinzen sowie in Kabul (USDOS 21.06.2019).

Die Stadt Kabul ist in den letzten Jahrzehnten rasant gewachsen und ethnisch gesehen vielfältig. Neuankömmlinge aus den Provinzen tendieren dazu, sich in Gegenden niederzulassen, wo sie ein gewisses Maß an Unterstützung ihrer Gemeinschaft erwarten können (sofern sie solche Kontakte haben) oder sich in jenem Stadtteil niederzulassen, der für sie am Praktischsten ist, da viele von ihnen - zumindest anfangs - regelmäßig zurück in ihre Heimatprovinzen pendeln. Die Auswirkungen neuer Bewohner auf die Stadt sind schwer zu evaluieren. Bewohner der zentralen Stadtbereiche neigen zu öfteren Wohnortwechseln, um näher bei ihrer Arbeitsstätte zu wohnen oder um wirtschaftlichen Möglichkeiten und sicherheitsrelevanten Trends zu folgen. Diese ständigen Wohnortwechsel haben einen störenden Effekt auf soziale Netzwerke, was sich oftmals in der Beschwerde bemerkbar macht "man kenne seine Nachbarn nicht mehr" (AAN 19.03.2019). Viele Hazara leben unter anderem in Stadtvierteln im Westen der Stadt, insbesondere in Kart-e Se, Dasht-e Barchi sowie in den Stadtteilen Kart-e Chahar, Deh Buri, Afshar und Kart-e Mamurin (AAN 19.03.2019).

Wichtige Merkmale der ethnischen Identität der Hazara sind ihr ethnisch-asiatisches Erscheinungsbild (BFA 07.2016). Ethnische Hazara sind mehrheitlich Zwölfer-Schiiten (BFA 07.2016; vgl. MRG o.D.c), auch bekannt als Jafari Schiiten (USDOS 21.06.2019). Eine Minderheit der Hazara, die vor allem im nordöstlichen Teil des Hazaradjat lebt, ist ismailitisch (BFA 07.2016). Ismailische Muslime, die vor allem, aber nicht ausschließlich Hazara sind (GS 21.08.2012), leben hauptsächlich in Kabul sowie den zentralen und nördlichen Provinzen Afghanistans (USDOS 21.06.2019).

Die Lage der Hazara, die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgt waren, hat sich grundsätzlich verbessert (AA 02.09.2019; vgl. FH 04.02.2019). Hazara bekleiden inzwischen auch prominente Stellen in der Regierung und im öffentlichen Leben, sind jedoch in der öffentlichen Verwaltung nach wie vor unterrepräsentiert (AA 02.09.2019). Hazara werden am Arbeitsmarkt diskriminiert. Soziale Diskriminierung gegen schiitische Hazara, basierend auf Klasse, Ethnie oder religiösen Ansichten, finden ihre Fortsetzung in Erpressung (illegale Steuern), Zwangsrekrutierung, Zwangsarbeit, physischer Misshandlung und Inhaftierung (USDOS 13.03.2019). Nichtsdestotrotz, genießt die traditionell marginalisierte schiitische muslimische Minderheit, zu der die meisten ethnischen Hazara gehören, seit 2001 eine zunehmende politische Repräsentation und Beteiligung an nationalen Institutionen (FH 04.02.2019; vgl. WP 21.03.2018).

Die Hazara-Gemeinschaft/Gesellschaft ist traditionell strukturiert und basiert auf der Kernfamilie bzw. dem Klan (BFA 07.2016; vgl. MRG o.D.c). Sollte der dem Haushalt vorstehende Mann versterben, wird die Witwe Haushaltsvorständin, bis der älteste Sohn volljährig ist (MRG o.D.c). Es bestehen keine sozialen und politischen Stammesstrukturen (BFA 07.2016).

Hazara neigen sowohl in ihren sozialen, als auch politischen Ansichten dazu, liberal zu sein, was im Gegensatz zu den Ansichten sunnitischer Militanter steht (WP 21.03.2018). Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen führen weiterhin zu Konflikten und Tötungen (USDOS 13.03.2019). Berichten zufolge halten Angriffe durch den ISKP und andere aufständische Gruppierungen auf spezifische religiöse und ethno-religiöse Gruppen - inklusive der schiitischen Hazara - an (USDOS 21.06.2019).

Während des Jahres 2018 intensivierte der IS Angriffe gegen die Hazara. Angriffe gegen Schiiten, davon vorwiegend gegen Hazara, forderten im Zeitraum 01.01.2018- 30.09.2018 211 Todesopfer (USDOS 13.03.2019). Das von schiitischen Hazara bewohnte Gebiet Dasht-e Barchi in Westkabul ist immer wieder Ziel von Angriffen. Die Regierung hat Pläne zur Verstärkung der Präsenz der afghanischen Sicherheitskräfte verlautbart (USDOS 21.06.2019). Angriffe werden auch als Vergeltung gegen mutmaßliche schiitische Unterstützung der iranischen Aktivitäten in Syrien durchgeführt (MEI 10.2018; vgl. WP 21.03.2018).

In Randgebieten des Hazaradjat kommt es immer wieder zu Spannungen und teilweise gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Nomaden und sesshaften Landwirten, oftmals Hazara (AREU 01.2018).

Die Hazara sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 10% in der Afghan National Army und der Afghan National Police repräsentiert (BI 29.09.2017). NGOs berichten, dass Polizeibeamte, die der Hazara-Gemeinschaft angehören, öfter als andere Ethnien in unsicheren Gebieten eingesetzt werden oder im Innenministerium an symbolische Positionen ohne Kompetenzen befördert werden (USDOS 13.03.2019).

Schiiten:

Der Anteil schiitischer Muslime an der Bevölkerung wird auf 10 bis 19% geschätzt (CIA 30.04.2019; vgl. AA 02.09.2019). Zuverlässige Zahlen zur Größe der schiitischen Gemeinschaft sind nicht verfügbar und werden vom Statistikamt nicht erfasst. Gemäß Gemeindeleitern sind die Schiiten Afghanistans mehrheitlich Jafari-Schiiten (Zwölfer-Schiiten), 90% von ihnen gehören zur ethnischen Gruppe der Hazara. Unter den Schiiten gibt es auch Ismailiten (USDOS 21.06.2019).

Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten sind in Afghanistan selten (AA 02.09.2019). Beobachtern zufolge ist die Diskriminierung der schiitischen Minderheit durch die sunnitische Mehrheit zurückgegangen; dennoch existieren Berichte zu lokalen Diskriminierungsfällen. Gemäß Zahlen von UNAMA gab es im Jahr 2018 19 Fälle konfessionell motivierter Gewalt gegen Schiiten, bei denen 223 Menschen getötet und 524 Menschen verletzt wurden; ein zahlenmäßiger Anstieg der zivilen Opfer um 34% (USDOS 21.06.2019). In den Jahren 2016, 2017 und 2018 wurden durch den Islamischen Staat (IS) und die Taliban 51 terroristischen Angriffe auf Glaubensstätten und religiöse Anführer der Schiiten bzw. Hazara durchgeführt (FH 04.02.2019; vgl. USDOS 21.06.2019, CRS 01.05.2019). Im Jahr 2018 wurde die Intensität der Attacken in urbanen Räumen durch den IS verstärkt (HRW 17.01.2019).

Die politische Repräsentation und die Beteiligung an den nationalen Institutionen seitens der traditionell marginalisierten schiitischen Minderheit, der hauptsächlich ethnische Hazara angehören, ist seit 2001 gestiegen (FH 04.02.2019). Obwohl einige schiitische Muslime höhere Regierungsposten bekleiden, behaupten Mitglieder der schiitischen Minderheit, dass die Anzahl dieser Stellen die demografischen Verhältnisse des Landes nicht reflektiert. Vertreter der Sunniten hingegen geben an, dass Schiiten im Vergleich zur Bevölkerungszahl in den Behörden überrepräsentiert seien. Einige Mitglieder der ismailitischen Gemeinschaft beanstanden die vermeintliche Vorenthaltung von politischen Posten; wenngleich 4 Parlamentssitze für Ismailiten reserviert sind (USDOS 21.06.2019).

Im Ulema-Rat, der nationalen Versammlung von Religionsgelehrten, die u. a. dem Präsidenten in der Festlegung neuer Gesetze und Rechtsprechung beisteht, beträgt die Quote der schiitischen Muslime 25 bis 30% (AB 07.06.2017; vgl. USIP 14.06.2018, AA 02.09.2019). Des Weiteren tagen regelmäßig rechtliche, konstitutionelle und menschenrechtliche Kommissionen, welche aus Mitgliedern der sunnitischen und schiitischen Gemeinschaften bestehen und von der Regierung unterstützt werden, um die interkonfessionelle Schlichtung zu fördern (USDOS 21.06.2019).

Das afghanische Ministry of Hajj and Religious Affairs (MOHRA) erlaubt sowohl Sunniten als auch Schiiten Pilgerfahrten zu unternehmen (USDOS 21.06.2019).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Inhalt der dem BVwG vom BFA vorgelegten Unterlagen im gegenständlichen Beschwerdeverfahren.

2.2. Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen dahingehend übereinstimmenden Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor dem BFA sowie vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung des Beschwerdeführers im Asyl- bzw. Beschwerdeverfahren.

2.3. Die Feststellungen zur staatlichen Herkunft des Beschwerdeführers, zu seiner Volksgruppenzugehörigkeit, zu seiner Herkunft in Afghanistan, zu seinem Aufenthalt im Iran, zu seiner Abschiebung aus dem Iran nach Afghanistan, zu seinem Aufenthalt in Herat, zu seiner Ausreise nach Europa sowie zu seiner familiären Situation, stützen sich auf dessen insoweit im Asylverfahren gleichbleibende und glaubhaften Angaben, die im Übrigen auch nicht bestritten wurden.

2.4. Das BVwG konnte sich in der mündlichen Verhandlung davon überzeugen, dass der Beschwerdeführer Farsi, eine auch in Afghanistan weit verbreitete Sprache, spricht.

2.5. Die Feststellung zum Familienstand des Beschwerdeführers stützt sich auf seine eigenen Angaben. Durch die inkonsistenten Angaben des BF zu seinem Familienstand, forderte das BFA den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 10.10.2018 auf, seinen Familienstand bekannt zu geben. Der Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin antworteten auf die Aufforderung ausdrücklich, dass sie nicht traditionell verheiratet wären. Die Behauptung des BF in der Beschwerde, sie hätten im Iran mit Hilfe eines Mullahs geheiratet, ist nach Auffassung des erkennenden Gerichtes gelogen, da auch im Beschwerdeverfahren sowohl vom BF als auch von XXXX übereinstimmend und damit glaubhaft angegeben wurde, dass sie weder standesamtlich noch traditionell verheiratet wären.

Das erkennende Gericht konnte sohin zweifelsfrei feststellen, dass der Beschwerdeführer weder traditionell noch standesamtlich verheiratet ist.

Der BF ist als Lebensgefährte kein Familienangehöriger im Sinne des § 2 Z. 22 AsylG, sodass hinsichtlich einer Ableitung eines Aufenthaltstitels von XXXX kein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG durchzuführen war. Da seinen beiden Kindern - abgeleitet von deren Mutter - der Status von Asylberechtigten abgeleitet wurde, konnte der Status eines Asylberechtigten gemäß § 34 Abs. 6 Z. 2 nicht von den Kindern abgeleitet werden.

2.6. Der Beschwerdeführer konnte nicht glaubhaft darlegen, aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit als Hazara und schiitischer Moslem bzw. aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe bei einer Rückkehr nach Afghanistan verfolgt zu werden. Insbesondere konnte er keine relevanten Ausführungen tätigen, warum ihm im Vergleich zu zigtausend anderen in Afghanistan lebenden Hazara ein erhöhter Schutzbedarf zuzuerkennen sei. Der Beschwerdeführer führte selbst aus, dass der nie persönlich aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit diskriminiert oder bedroht worden sei. Er stützte sein diesbezügliches Vorbringen lediglich auf verallgemeinernde Behauptungen, die keinen persönlichen Bezug aufgewiesen haben. Auch eine bestimmte soziale Gruppe, aufgrund deren Zugehörigkeit er bei einer Rückkehr nach Afghanistan von einer asylrelevanten Verfolgung bedroht sein könnte, vermochte der Beschwerdeführer nicht zu nennen.

2.7. Der Beschwerdeführer führte in der mündlichen Verhandlung unmissverständlich aus, dass ihm bestimmte Rechte aus Sozialleistungen nur mit einem Status eines Asylberechtigten zustehen würden und er aus diesem Grund dringend diesen Status benötige. Das erkennende Gericht gelangte sohin zweifelsfrei zur Auffassung, dass der BF nicht aus asylrelevanten Gründen aus der Genfer Flüchtlingskonvention bzw. aus wohlbegründeter Furcht den Status eines Asylberechtigten anstrebe sondern lediglich aus monetärer Motivation.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den hier maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt somit in gegenständlicher Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu Spruchteil A)

3.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

3.1.1. Zum Nichtvorliegen eines Familienverfahrens:

Der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers XXXX , geboren am XXXX, wurde mit Bescheid des BFA vom 02.11.2018, Zl: 1102259404-160076686/BMI-BFA_NOE_RD, der Status des Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG 2005 zuerkannt.

Der gemeinsamen Tochter des Beschwerdeführers und seiner Lebensgefährtin XXXX , geboren am XXXX , sowie dem gemeinsamen Sohn XXXX , geboren am XXXX , wurden mit Bescheiden des BFA jeweils vom 02.11.2018, Zl. 1102259502-160076708/BMI-BFA_NOE_RD und 1180103203-180108566/BMI-BFA_NOE_RD, jeweils der Status des Asylberechtigten gemäß § 3 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 zuerkannt.

Gemäß § 34 Abs. 2 AsylG hat die Behörde auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist (Z 1) und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits vor der Einreise bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise bestanden hat.

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist der in § 34 AsylG verwendete Begriff des Familienangehörigen im Sinne der Legaldefinition des § 2 Abs. 1. Z 22 AsylG zu verstehen (VwGH 19.06.2019, Ra 2018/01/0204 mit Verweis auf VwGH 24.10.2018, Ra 2018/14/0040).

Da der Beschwerdeführer mit seiner Lebensgefährtin weder traditionell noch standesamtlich verheiratet ist, trifft die Eigenschaft "Ehegatte" iSd § 2 Z. 22 AsylG, nicht auf den BF zu, zumal Lebensgefährten nicht in § 2 Z 22 AsylG angeführt sind.

§ 34 Abs. 6 AsylG sieht vor, dass die Bestimmungen über das Familienverfahren nicht auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status eines Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, anzuwenden sind, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind. Nach den Materialien zu § 34 Abs. 6 AsylG 2005 (RV 330 BlgNR 24. GP, 24) soll damit "verhindert werden, dass es zu sogenannten ?Ketten-Familienverfahren' und damit über verschiedenste Familienverhältnisse vermittelte Gewährungen von Asyl oder subsidiären Schutz kommt, ohne dass oftmals noch irgendein relevanter familiärer Bezug zum ursprünglichen Asyl oder subsidiär Schutzberechtigten besteht" (VwGH 29.04.2019, Ra 2018/20/0031).

Der Beschwerdeführer ist zwar der leibliche Vater seiner beiden minderjährigen Kinder; diese beiden Kinder haben ihren Status von Asylberechtigten gemäß § 34 Abs. 2 jedoch aufgrund ihrer Eigenschaft als minderjährige Kinder ihrer Mutter XXXX erhalten, sodass für den Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 6 Z. 2 AsylG die Bestimmungen des § 34 AsylG nicht anzuwenden sind und sohin kein Familienverfahren durchzuführen war.

3.1.2. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatssicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.

Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

3.1.3. Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" (vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0413, RZ 9; 05.09.2016, Ra 2016/19/0074, RZ 9). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0413, RZ 9; 05.09.2016, Ra 2016/19/0074, RZ 9).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH 24.11.1999, 99/01/0280, VwGH 05.08.2015, Ra 2015/18/0024; VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, 94/20/0858; VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153).

Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 27.06.2019, Ra 2018/14/0274; 25.09.2018, Ra 2017/01/0203; 26.06.2018, Ra 2018/20/0307). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, 92/01/0792; VwGH 09.03.1999, 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, 94/19/0183).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung durch Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen nur Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten. Auch eine auf keinen Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (VwGH 18.11.2019, Ra 2019/18/0362; 26.09.2019, Ra 2019/19/0390; vgl. 20.05.2019, Ra 2019/20/0071).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0119, RZ 13; 16.11.2016, Ra 2016/18/0233, RZ 12). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256).

Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 30.04.2019, Ra 2018/14/0354, RZ 11; 03.05.2018, Ra 2017/19/0476, RZ 8)

Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. "inländische Fluchtalternative" vor. Der Begriff "inländische Fluchtalternative" trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und Zl. 98/01/0648).

Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße - möglicherweise vorübergehende - Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände iSd. Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH 21.01.1999, Zl. 98/20/0399; 03.05.2000, Zl. 99/01/0359).

Nach § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Antrag auf internationalen Schutz von Asylwerbern, denen in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden kann und denen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann, abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1 AsylG 2005) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.

3.1.4. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhalts ergibt sich, dass die behauptete Furcht des Beschwerdeführers, in seinem Herkunftsstaat Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen landesweit verfolgt zu werden, nicht begründet ist.

Der Beschwerdeführer vermochte eine ihm - im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan - drohende Verfolgungsgefahr nicht glaubhaft zu machen. Der Beschwerdeführer vermochte nicht darzulegen, dass er bei einer Rückkehr nach Afghanistan überhaupt von einer Verfolgungsgefahr - unabhängig von allfälligen Gründen - betroffen wäre.

Die belangte Behörde begründete die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten im Wesentlichen damit, dass der BF keine Verfolgung seiner Person oder eine wohlbegründete Furcht vor einer Verfolgung im Sinne der GFK glaubhaft vorgebracht hat. Es konnte daher in diesem Fall schon aus diesem Grund nicht zur Gewährung internationalen Schutzes kommen. Mit dieser Beurteilung ist die belangte Behörde aus folgenden Gründen im Recht:

3.1.5. Der Beschwerdeführer konnte keine asylrelevante Verfolgungsgefahr durch den ehemaligen Verlobten seiner Lebensgefährtin glaubhaft machen. Wie bereits in der Beweiswürdigung dargelegt wurde, wurde der BF nie persönlich bedroht. Der ehemalige Verlobte kennt den BF nicht; er hat weder mit ihm Kontakt aufgenommen noch haben sich die Männer jemals persönlich kennengelernt. Eine akute und aktuelle Gefahr einer individuellen Verfolgung seiner Person konnte der BF nicht glaubhaft machen. Insbesondere gab es keine fluchtauslösenden Ereignisse, als der Beschwerdeführer ein Monat in Herat gelebt hat.

3.1.6. Der Beschwerdeführer brachte vor, dass er zu einer "sozialen Gruppe" iSd Genfer Flüchtlingskonvention gehöre.

§ 2 Abs. 1 Z 12 AsylG 2005 umschreibt den Begriff des "Verfolgungsgrundes" als einen in Art. 10 der Statusrichtlinie genannten Grund. Gemäß Art. 10 Abs. 1 lit. d der Statusrichtlinie liegt eine bestimmte soziale Gruppe insbesondere vor, wenn

"- die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und

- die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird."

Nach dieser Definition gilt eine Gruppe somit insbesondere als eine "bestimmte soziale Gruppe", wenn zwei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind. Zum einen müssen die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben, oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten. Zum anderen muss diese Gruppe in dem betreffenden Drittland eine deutlich abgegrenzte Identität haben, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird (vgl. das Urteil des EuGH vom 07.11. 2013 in den verbundenen Rechtssachen C-199/12 bis C- 201/12). Bei der sozialen Gruppe handelt es sich um einen Auffangtatbestand. Eine soziale Gruppe kann aber nicht ausschließlich dadurch definiert werden, dass sie Zielscheibe von Verfolgung ist (VwGH vom 22.03.2017, Ra 2016/19/0350, darin angeführt der hg. Beschluss vom 29.06.2015, Ra 2015/01/0067 und das hg. Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479).

Schon nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten die Glaubhaftmachung, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention, demnach aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht.

Für das Vorliegen einer Verfolgung aus dem Konventionsgrund der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe bedarf es daher sowohl Feststellungen zu den Merkmalen bzw. zur abgegrenzten Identität dieser Gruppe als auch zum kausalen Zusammenhang mit der Verfolgung (VwGH 22.03.2017, Ra 2016/19/0350).

Da der BF nicht konkretisierte zu welcher besonders schutzwürdigen "sozialen Gruppe" iSd GFK er gehöre, konnten keine Feststellungen zu bestimmten Merkmalen bzw. zur abgegrenzten Identität dieser Gruppe getroffen werden.

3.1.7. Eine konkrete individuelle Verfolgung des Beschwerdeführers in Afghanistan auf Grund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara konnte der Beschwerdeführer ebenfalls nicht glaubhaft machen. Die in Afghanistan immer wieder bestehende Diskriminierung der Hazara und die beobachtete Zunahme von Übergriffen gegen Hazara erreichen gegenwärtig nicht ein Ausmaß, das die Annahme rechtfertigen würde, dass in Afghanistan lebende Hazara wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine asylrelevante Verfolgung zu befürchten hätten, zumal die Gefährdung dieser Minderheit angesichts der in den Länderberichten dokumentierten allgemeinen Gefährdungslage in Afghanistan, die in vielen Regionen für alle Bevölkerungsgruppen ein erhebliches Gefahrenpotential mit sich bringt, (derzeit) nicht jenes zusätzliche Ausmaß erreicht, welches notwendig wäre, um eine spezifische Gruppenverfolgung der Hazara anzunehmen. Eine Gruppenverfolgung ist auch nicht daraus ableitbar, dass Hazara allenfalls Opfer krimineller Aktivitäten werden oder schwierigen Lebensbedingungen ausgesetzt sind. Eine Verfolgung der Volksgruppe der Hazara in Afghanistan liegt nicht vor (VwGH 29.01.2020, Ra 2019/18/0258, 03.04.2019, Ra 2019/18/0032; VwGH 28.03.2019, Ra 2018/14/0428 oder VwGH 28.03.2019, Ra 2018/14/0067).

Im jüngsten Erkenntnis des VwGH vom 07.02.2020, Ra 2019/18/0400, wird diese Rechtsansicht erneut bestätigt und die Revision, soweit sie sich gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten richtet, zurückgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner ständigen Rechtsprechung rechtliche Leitlinien aufgestellt, nach denen die Asylrelevanz dieser Art der Verfolgung zu prüfen ist. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende Gruppenverfolgung, hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten. Diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (vgl. VwGH 28.03.2019, Ra 2018/14/0428, mwN). Nach ausführlicher Auseinandersetzung mit der Situation der Hazara in Afghanistan und der Frage einer drohenden Verfolgung des Revisionswerbers aufgrund seiner Zugehörigkeit zu dieser Volksgruppe kam der VwGH, in Bestätigung der Ansicht des angefochtenen Erkenntnisses des BVwG, ebenfalls zur Ansicht, dass von keiner Gruppenverfolgung von Angehörigen der Hazara bzw. Schiiten in Afghanistan ausgegangen werden kann.

Aus den obigen Länderfeststellungen ergeben sich keine Hinweise auf eine Gruppenverfolgung der Hazara, vielmehr hat sich deren Situation in Afghanistan seit dem Ende der Talibanherrschaft nachhaltig und wesentlich verbessert.

Auch der EGMR sprach in seiner Entscheidung vom 05.07.2016, 29094/09, A.M./Niederlande, aus, dass weder die Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara noch die allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan als solche zu einem derart hohen Risiko führen würde, dass bei einer Rückkehr automatisch die Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK bestehe (vgl. dort insb. Seiten 26/27, Punkt 86., wonach die Angehörigeneigenschaft zur Minderheit Hazara nicht dazu führt, dass im Fall einer Rückkehr eine unmenschliche Behandlung drohen würde, unbeschadet der schlechten Situation dieser Minderheit:

"86. Although this argument has only been raised in the domestic proceedings but not in the present application, the Court has examined the question whether the applicant runs a risk of being subjected to ill-treatment on account of his Hazara origin. On this point, the materials before the Court contain no elements indicating that the applicant's personal position would be any worse than most other persons of Hazara origin who are currently living in Afghanistan. Although the Court accepts that the general situation in Afghanistan for this minority may be far from ideal, it cannot find that it must be regarded as being so harrowing that there would already be a real risk of treatment prohibited by Article 3 in the event that a person of Hazara origin were to be removed to Afghanistan."

Aus diesen Gründen ist das Vorliegen auch einer Gruppenverfolgung im Hinblick auf die Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara in Afghanistan im Ergebnis zu verneinen.

3.1.8. Auch aus der allgemeinen Lage in Afghanistan lässt sich für den Beschwerdeführer eine Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nicht herleiten: Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation sowie der vorherrschende Bürgerkrieg stellen nach ständiger Judikatur des VwGH keinen hinreichenden Grund für eine Asylgewährung dar (vgl. etwa VwGH vom 17.06.1993, 92/01/1081; 14.03.1995, 94/20/0798). Wirtschaftliche Benachteiligungen können nur dann asylrelevant sein, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen (vgl. etwa VwGH 09.05.1996, 95/20/0161; 30.04.1997, 95/01/0529; 08.09.1999, 98/01/0614). Aber selbst für den Fall des Entzugs der Existenzgrundlage ist eine Asylrelevanz nur dann anzunehmen, wenn dieser Entzug mit einem in der GFK genannten Anknüpfungspunkt - nämlich der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung - zusammenhängt, was im vorliegenden Fall zu verneinen ist (dies gilt gleichermaßen für die vom Beschwerdeführer angedeuteten Gefahren, die sich aus der allgemeinen Sicherheitslage in Afghanistan ergeben).

Die Beschwerde hinsichtlich der Nichtdurchführung eines Familienverfahrens gemäß § 34 AsylG sowie gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 war somit als unbegründet abzuweisen.

Da der Beschwerdeführer die Spruchpunkte II. bis IV. nicht angefochten hat, waren diese auch nicht zu behandeln.

Zu Spruchteil B)

Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Angehörigeneigenschaft Familienverfahren Glaubhaftmachung Gruppenverfolgung individuelle Verfolgungsgefahr Lebensgemeinschaft mangelnde Asylrelevanz private Verfolgung Religion Volksgruppenzugehörigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W114.2211563.1.00

Im RIS seit

22.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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