Index
24/01 Strafgesetzbuch;Norm
BDG 1979 §43 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß, Dr. Fuchs, Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des Dietmar R in S, vertreten durch Dr. Michael Pallauf, Rechtsanwalt in Salzburg, Petersbrunnstraße 9, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 17. Oktober 1995, Zl. 87/6-DOK/95, betreffend Disziplinarstrafe der Entlassung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stand als Revierinspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
Mit dem Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 28. Juni 1995 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt,
"seine Dienstpflichten hinsichtlich des § 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979 iVm Erlaß des BMI vom 23. 12. 1970, Zl 189 810/B-70 (GES), insofern verletzt zu haben, als er
I.
am 18. April 1989 um 23.30 Uhr bei der Festnahme des H diesen in W, im Bereich der Kreuzung H, bei der Anwendung von Körperkraft im Rahmen des Waffengebrauchsgesetzes 1969 ungerechtfertigterweise und in Mißhandlungsabsicht am Körper verletzt hat, weswegen er vom LG S. als Berufungsgericht mit Urteil vom 1. August 1990, Zl 43 BI 88/90, gemäß § 83 Abs 2 StGB zu einer Geldstrafe in der Höhe von 30 Tagessätzen a S 200,-- verurteilt wurde.
II.
Revinsp (Beschwerdeführer) ist weiters schuldig, am 16. Jänner 1990 um 19.15 Uhr den Sicherheitswachebeamten der BPD S Bezinsp G, der in der Abflughalle des Flughafens S Dienst verrichtete, mit den Worten: "Ich weiß einen guten Psychiater für Dich, der kann Dir die Luft aus dem Kopf lassen", sowie den zur Verstärkung herbeigerufenen Sicherheitswachebeamten GrInsp A durch eine beleidigende Geste - ausgestreckter Mittelfinger - in ihrer Ehre gekränkt zu haben. Weiters habe Revinsp (Beschwerdeführer) den beiden Sicherheitswachebeamten mit den Worten: "In der Stadt seid Ihr ja sicher, aber wenn ihr aufs Land kommt, dann haben wir Euch" Verfolgungshandlungen angedroht. Über Revinsp (Beschwerdeführer) wurde deswegen vom Amt der S. Landesregierung als Berufungsbehörde mit Bescheid vom 15. Juli 1991, Zl 0/92-4312/915-1991, eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- verhängt.
III.
Revinsp (Beschwerdeführer) ist ferner schuldig, am 22.3.1989 im Protokollbuch des GP W die am 15. März 1989 eingegangenen vier Anzeigen GZ P 946 bis 949/89 fälschlich als "am 22. März 1989 erledigt" protokolliert zu haben, weshalb Revinsp (Beschwerdeführer) vom Obersten Gerichtshof wegen des Vergehens der falschen Beurkundung und Beglaubigung im Amt nach § 311 StGB mit Urteil vom 10. November 1994, Zl 12 Os 123/94-9, zu einer Geldstrafe in der Höhe von 100 Tagessätzen a S 200,-- verurteilt wurde.
Der Beschuldigte hat dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979, BGBl Nr 333, begangen.
Über ihn wird gemäß § 126 Abs. 2 BDG 1979, in Verbindung mit § 92 Abs 1 Zif 4 BDG 1979, einstimmig die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt."
Zum im Faktum I angelasteten Sachverhalt wird in der Begründung des Bescheides der Disziplinarkommission ausgeführt, der Beschwerdeführer habe am 18. April 1989 zwecks Personen- und Fahrzeugkontrolle zusammen mit einem weiteren Beamten einen PKW aufgehalten. Wegen Nichtmitführens eines Pannendreiecks habe der Beschwerdeführer eine Organstrafverfügung in Höhe von S 100,-- verhängt. Im Zuge der Suche nach Kleingeld habe der Beifahrer des PKW-Lenkers ein Kaugummipapier durch das geöffnete Fenster der Fahrertür vor die Füße des Beschwerdeführers geworfen. Der Beschwerdeführer habe H. aufgefordert, das Papier aufzuheben (u.a. habe der Beschwerdeführer dabei gesagt, "Mannei, heb das auf, sonst fisch ich Dich raus"). Aufgrund der Art der Anrede habe sich H. geweigert, der Aufforderung nachzukommen. Der Beschwerdeführer habe sich daraufhin zur Beifahrerseite des PKW"s begeben, während der PKW-Lenker das Papier neben der Fahrertür aufgehoben habe. Nach abermaliger Aufforderung durch den Beschwerdeführer sei H. aus dem PKW ausgestiegen und habe nach kurzer Widerrede seinen Führerschein übergeben. Die konkrete Anschrift seines Wohnsitzes habe H. jedoch nicht angeben können, weil er zu diesem Zeitpunkt im Begriff gewesen sei zu übersiedeln und tatsächlich seine genaue Wohnanschrift nicht gekannt habe. Er habe jedoch seinen Arbeitgeber genannt, worauf der Beschwerdeführer die Festnahme ausgesprochen habe. H. habe die Festnahme wegen des Kaugummipapiers nicht einsehen wollen und den Beschwerdeführer mehrmals gefragt, warum er nun festgenommen worden sei. Der Beschwerdeführer habe sich dahin geäußert, daß "es genüge, wenn er sage, daß er festgenommen sei". H. habe sich der Festnahme passiv widersetzt, woraufhin der Beschwerdeführer H. mittels Körperkraft in Richtung Streifenwagen transportiert habe. "Während des Transportes" seien beide über die neben der Straße befindliche Böschung gestürzt, hätten sich jedoch sofort wieder auf die Straße zurückbegeben. Nun habe der Beschwerdeführer H. erfaßt, zu ihm gezogen und mit dem Knie zweimal gegen dessen Unterleib gestoßen. Anschließend sei H. vom Beschwerdeführer zum Streifenwagen befördert worden. Im Bereich der Beifahrertür habe der Beschwerdeführer H. mehrmals gegen den Streifenwagen gestoßen, sodaß H. mit dem Kopf einige Male auf dem Autodach aufgeschlagen sei. Schließlich habe der Beschwerdeführer H., der sich gegen die Verbringung in den Dienstwagen "verspreizte", in das Innere des Streifenwagens gestoßen. H. sei im Inneren des Fahrzeuges mit dem Rücken zwischen den Lehnen der Vordersitze und der hinteren Sitzbank auf dem Boden zu liegen gekommen. Der Beschwerdeführer habe H. dadurch niedergehalten, daß er sich mit seinem Körpergewicht auf die Brust des H. gekniet habe. Dabei habe der Beschwerdeführer mehrmals geäußert, "Wehr Dich doch". Während der gesamten Fahrt zum Gendarmerieposten sei der Beschwerdeführer auf H. gekniet. H. habe dadurch eine Prellung des Brustbeins sowie Hautabschürfungen im Bereich des Brustkorbes erlitten. Ohne eine weitere Überprüfung der Personaldaten sei H. schließlich entlassen worden. Er habe sich ins Unfallkrankenhaus begeben, wo die genannten Verletzungen festgestellt worden seien. Das zuständige Landesgericht habe als Berufungsgericht am 1. August 1990 der Berufung des Beschwerdeführers gegen das Urteil des Bezirksgerichtes vom 29. Jänner 1990 wegen § 83 Abs. 1, 313 StGB, 50 Tagessätze zu a S 200,-- insofern teilweise Folge gegeben, als die Tat dem § 83 Abs. 2 StGB ("Mißhandlung am Körper und Verletzung") unterstellt worden, § 313 nunmehr entfallen und die Geldstrafe mit 30 Tagessätzen zu a S 200,-- neu bemessen worden sei.
Zum Sachverhalt des Faktums II wird im Bescheid der Disziplinarkommission festgestellt, am 16. Jänner 1990 hätten Gruppeninspektor A. und Bezirksinspektor G. der zuständigen Bundespolizeidirektion am Flughafen als Überwachungsposten Dienst versehen. Zu diesem Zeitpunkt sei der Beschwerdeführer in der Flughafenhalle erschienen, nachdem G. kurz zuvor zusammen mit dem Vater des Beschwerdeführers eine Amtshandlung durchzuführen gehabt habe. Der Beschwerdeführer sei direkt auf G. zugegangen, habe sich "knapp vor diesem" aufgestellt und gesagt: "Ich weiß einen Psychiater für Dich. Der kann Dir die Luft aus Deinem Kopf lassen." Der von G. herbeigerufene A. habe den Beschwerdeführer aufgefordert, sich zu mäßigen. Der Beschwerdeführer habe jedoch seine verbalen Angriffe fortgesetzt, indem er gesagt habe: "In der Stadt seid Ihr ja sicher, aber wenn Ihr zu uns auf"s Land kommt"s, dann haben wir Euch". A. habe darauf erwidert, "mit den umliegenden Gendarmerieposten ein sehr gutes Verhältnis zu haben, welches man sich vom Beschwerdeführer nicht kaputtmachen lassen wolle". Auf die Aufforderung zu gehen, habe der Beschwerdeführer "grinsend" geantwortet: "Macht schön Eure Überstunden, denn zu was anderem als da zum Auf- und Abhirschen seids Ihr von der Sicherheitswache eh nicht zu gebrauchen". Anschließend habe sich der Beschwerdeführer in Richtung Ankunftshalle entfernt, sich nach einigen Metern nochmals umgedreht und "hämisch grinsend den erhobenen Mittelfinger" gezeigt. Wegen der beleidigenden Äußerungen und der erwähnten Geste habe sich G. in seiner Ehre gekränkt gefühlt, weshalb er den Beschwerdeführer am 20. Jänner 1990 beim Magistrat der Stadtgemeinde wegen Übertretung des § 4 Salzburger Landespolizeistrafgesetz (Ehrenkränkung) zur Anzeige gebracht habe. Von der Berufungsbehörde sei "im Juli 1991 seine Berufung als unbegründet abgewiesen und das Straferkenntnis, lautend auf eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,--," vollinhaltlich bestätigt worden.
Dem Vorwurf zum Faktum III liege zugrunde, daß der Beschwerdeführer fälschlich Eintragungen im Protokollbuch über die Erledigung von Anzeigen gemacht habe, diese aber tatsächlich bei den zuständigen Behörden nicht eingelangt seien. Aufgrund der Ermittlungen und des Ergebnisses des Gerichtsverfahrens habe sich zweifelsfrei herausgestellt, daß der Beschwerdeführer es unterlassen habe, die - im Disziplinarerkenntnis näher angeführten - Anzeigen zu erstatten, wobei er durch die fingierten Eintragungen die Erledigungen vorgetäuscht habe. Vom Obersten Gerichtshof sei die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Beschwerdeführers am 10. November 1994 verworfen, bzw. ihr nicht stattgegeben worden. Der Beschwerdeführer sei des Vergehens der falschen Beurkundung und Beglaubigung im Amt nach § 311 StGB für schuldig erkannt und rechtskräftig verurteilt worden, wobei die in erster Instanz ausgesprochene Zusatzgeldstrafe von 100 Tagessätzen a S 30,-- auf einen Tagessatz von a S 200,-- erhöht worden sei.
Wenn ein Gendarmeriebeamter, zu dessen wesentlichen Obliegenheiten die Verhinderung und Aufklärung gerichtlich strafbarer Handlungen zähle, durch unkorrektes Verhalten, namentlich durch Mißhandlung und Körperverletzung sowie durch falsche Beurkundung, selbst gerichtlich strafbare Handlungen begehe, der Staatsanwaltschaft angezeigt werden müsse und vom Gericht rechtskräftig verurteilt werde, so beeinträchtige er in hohem Maße das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben und verliere jene Glaubwürdigkeit, die er zur Ausübung des Dienstes benötige. Als vertrauensschädigend sei auch die als Ehrenkränkung geahndete und von den Verwaltungsbehörden bestrafte Beleidigung der im Dienst auf dem Flughafen befindlichen Sicherheitswachebeamten zu werten. Ein Exekutivbeamter, der in Erfüllung seiner Aufgaben von jedermann die Einhaltung der Rechtsordnung fordere, habe bei der Ausübung der ihm übertragenen Macht, wie bei seinem gesamten dienstlichen Verhalten, der besonderen Verpflichtung zur Korrektheit und Fairneß Rechnung zu tragen. In der mündlichen Verhandlung vom 28. Juni 1995 hätten sich in den wesentlichen Punkten keine bedeutend abweichenden Darstellungen seitens des Beschwerdeführers ergeben. Der Beschwerdeführer habe sich im übrigen bei der mündlichen Disziplinarverhandlung wenig einsichtig gezeigt und seine Dienstpflichtverletzungen nur teilweise eingesehen (so sei der Vorfall nach Anschuldigungspunkt II nach seiner Darstellung "aus emotioneller Überreaktion erfolgt" bzw. gemäß Punkt III auf Verlust eines Handaktes zurückzuführen). Unter dem Blickwinkel der rechtlichen Beurteilung habe der Beschwerdeführer durch seine unkorrekten und gesetzwidrigen "Dienstleistungen" nicht nur das gemäß § 43 Abs. 2 BDG geforderte Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner Aufgaben und auch der Aufgaben des gesamten Berufsstandes schwerstens beeinträchtigt, sondern auch das Vertrauensverhältnis zu den Behörden sowie zwischen dem Beschwerdeführer und seinen Vorgesetzten "irreparabel zerstört". Auch in "emotionell gesetzten Überreaktionen" bewußt ausgeführte Mißhandlungen müßten auf das schärfste abgelehnt und verurteilt werden. Im Fehlverhalten des Beschwerdeführers sei ein schwerer disziplinärer Unrechtsgehalt und ein "eklatanter disziplinärer Überhang" zu erkennen. Der Beschwerdeführer habe gegen die ihm gemäß § 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979 i.V.m. dem Erlaß des BMI vom 23. Dezember 1970, Zl. 189 810/B-70 (GES), "auferlegten Dienstpflichten, wonach der Beamte verpflichtet ist, in und außer Dienst das Standesansehen zu wahren, sich stets im Einklang mit den Anforderungen der Disziplin zu verhalten und alles zu vermeiden, was die Achtung und das Vertrauen, die seine Stellung erfordert, schmälern könnte, schuldhaft verstoßen". Aufgrund der offensichtlich mangelnden Beherrschtheit des Beschwerdeführers beim "Einschreiten", die zu einer Mißhandlung eines Festgenommenen geführt habe, der fortgesetzten Reihe signifikanten schweren Fehlverhaltens und der Schwere der Dienstpflichtverletzungen sowie "ihrer irreparablen Folgen" sei ein weiterer Verbleib des Beschwerdeführers im Dienst "unvereinbar geworden". Der Senat habe daher unter "Abwägung der Milderungs- und Erschwerungsgründe" die Entlassung als schuldangemessen erachtet.
In der Berufung vom 2. August 1995 machte der Beschwerdeführer zunächst zum Faktum II geltend, die Behörde erster Instanz habe gegen Verfahrensvorschriften verstoßen, weil sie einen am 20. Juni 1995 gestellten Beweisantrag auf Einvernahme namentlich genannter Zeugen zum Beweis für die Umstände, welche zu der verbalen Auseinandersetzung mit G. und A. geführt hätten, nicht beachtet habe. Wenngleich die Disziplinarbehörde gemäß § 95 Abs. 2 BDG 1979 an den Spruch eines Straferkenntnisses einer Verwaltungsbehörde gebunden sei, seien dennoch zur Beurteilung der ihr obliegenden Frage, ob ein disziplinarrechtlicher Überhang vorliege, die Umstände zu durchleuchten, welche zu dem verwaltungsstrafrechtlich verfolgten Verhalten geführt hätten. Im Beweisantrag vom 20. Juni 1995 habe der Beschwerdeführer dargelegt, welche Umstände zu der verbalen Auseinandersetzung mit G. geführt hätten. Er habe sich zu Recht als Opfer einer Verwechslung gefühlt:
"Mein Vater, welcher als Polizist am Flughafen S. Dienst versehen hatte, rief mich nach seiner Heimkehr vom Dienst zu sich. Er hielt mir vor, daß ich G. ein "A..." genannt habe. Ich war vor den Kopf gestoßen, da ich einerseits G. gar nicht kannte, andererseits gegenüber allen Exekutivbeamten jenen Respekt walten ließ, welchen ich mir gegenüber erwartete. Ich wollte deshalb diesen Vorwurf - dessen Haltlosigkeit nachfolgend ergeben hat - nicht weiter auf mir sitzen lassen und fuhr zum Flughafen. Dort habe ich sehr wohl G. vorgehalten, wie er zu dieser Behauptung gegenüber meinem Vater komme, wenngleich auch die in II. des Spruches inkriminierten Äußerungen mir ist die oben zitierte Bindungswirkung gemäß § 95 Abs. 2 BDG sehr wohl bewußt - nie gefallen sind."
Der Beschwerdeführer habe diese Umstände in der mündlichen Disziplinarverhandlung ausführlich dargelegt, hierauf sei im Disziplinarerkenntnis in keiner Weise Rücksicht genommen worden. Die Umstände, welche zu der verbalen Auseinandersetzung mit G. geführt hätten, seien jedoch festzustellen gewesen, "da andernfalls ein völlig falsches Bild meiner Person und des gegenständlichen Vorfalles entsteht". Schließlich sei für die Frage, "ob und wie mein Verhalten disziplinarrechtlich zu ahnden und wie dies zu bestrafen" sei, das Gesamtverhalten maßgebend. Dies könne aufgrund der fehlenden Sachverhaltsfeststellung nicht überprüft werden, sodaß beantragt werde, die fehlenden Feststellungen nachzuholen.
Die Feststellung im Spruch des Disziplinarerkenntnisses erster Instanz zum Faktum I, der Beschwerdeführer habe H. ungerechtfertigter Weise und in Mißhandlungsabsicht am Körper verletzt, widerspreche dem Urteil des Landesgerichtes vom 1. August 1990. Das Gericht habe nämlich sein Verhalten deshalb unter § 83 Abs. 2 StGB subsumiert, weil nur (bedingter) Mißhandlungsvorsatz angenommen und Fahrlässigkeit bezüglich der Körperverletzung unterstellt worden sei. Die Disziplinarbehörde sei gemäß § 95 Abs. 2 BDG 1979 an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils zugrundegelegte Tatsachenfeststellung gebunden, sohin auch an die Feststellungen der subjektiven Tatseite. Auch die im erstinstanzlichen Bescheid zum Faktum I festgehaltenen verschiedenen Äußerungen des Beschwerdeführers, so die Worte "wehr dich doch" seien - mangels Verlesung des Urteiles des Bezirksgerichtes vom 21. Jänner 1990 (richtig wohl: 29. Jänner 1990) - in der mündlichen Disziplinarverhandlung "nicht hervorgekommen". Die Zitate dieser angeblichen Äußerungen verfolgten offenbar den Zweck, ein negatives Charakterbild des Beschwerdeführers zu zeichnen. Ihre Übernahme werde insbesondere deshalb gerügt, weil diese zur Begründung der verhängten Disziplinarstrafe herangezogen worden seien.
Zum Faktum III sei im Disziplinarerkenntnis nicht festgestellt worden, warum die Anzeigenerstattung nicht mehr möglich gewesen sei. Dies sei nicht erfolgt, um einem Dritten zu schaden oder zu nützen, sondern sei lediglich das Resultat des Verlustes der Anzeigen. Wie im gerichtlichen Verfahren festgestellt worden sei, seien die persönlichen Sachverhaltsaufzeichnungen des Beschwerdeführers schuldlos verloren gegangen. Dies beweise der Umstand, daß es sich lediglich um "vier von Tausenden in meiner Amtszeit bearbeiteten Anzeigen gehandelt hat". Der Beschwerdeführer sei zum damaligen Zeitpunkt unter "immensem Arbeitsdruck" gestanden und habe unter den schlechten Arbeitsbedingungen gelitten. Als "junger Beamter" habe er aufgrund des von ihm am Gendarmerieposten "beobachteten Usus" keinen anderen Ausweg der Aktenerledigung gesehen. Es mache für die Strafbemessung einen "deutlichen Unterschied, ob Anzeigen unterdrückt werden, oder diese in der Arbeitsflut verlorengehen". Der Unrechts- und Schuldgehalt der Tat liege weit hinter "jenen des normierten Tatbildes zurück".
Nach § 95 Abs. 1 BDG 1979 dürfe eine disziplinarrechtliche Verfolgung nur dann stattfinden, wenn ein disziplinärer Überhang bestehe. Die dem Disziplinarerkenntnis zugrundegelegten Handlungen entsprächen den gerichtlich bzw. verwaltungsbehördlich geahndeten Taten. Eine Bestrafung aus spezialpräventiven Überlegungen sei nicht erforderlich, weil einerseits bereits gerichtliche Sanktionen verhängt worden seien und darüber hinaus die gegen den Beschwerdeführer seit über fünf Jahren "verhängte Suspendierung" bereits Strafcharakter angenommen habe. Mit derselben Begründung hätte die Behörde jedenfalls gemäß § 95 Abs. 3 BDG 1979 vorgehen und von der Verhängung einer Strafe Abstand nehmen müssen.
Das Faktum II sei zweifellos außerhalb des Dienstes gesetzt worden. Die verbale Konfrontation habe lediglich mit G. und A. stattgefunden und dritte Personen hätten die inkriminierten Äußerungen nicht wahrgenommen. Das Verhalten des Beschwerdeführers sei damit nach außen nicht in Erscheinung getreten, weshalb er aufgrund der "erklärlichen Erregung", in welcher er sich ob des falschen Vorwurfes befunden habe, "in keiner Weise disziplinär" sein könne. Eine Gefährdung des Vertrauens der Allgemeinheit in eine ordnungsgemäße Verwaltung habe "hierdurch niemals eintreten" können. Hinsichtlich dieses Faktums hätte die Behörde daher mit Einstellung bzw. Freispruch vorgehen müssen.
Zum Vorfall im Zuge des Streifendienstes am 18. April 1989 (Faktum I) seien die Gerichte "bedauerlicherweise" seiner Verantwortung nicht in allen Punkten gefolgt. Er habe aufgrund der Provokationen des H. während der Amtshandlung seine Verhaftung aussprechen müssen. Als Beamter habe er das Recht auf Respekt, und als H. der Aufforderung, in das Fahrzeug einzusteigen, nicht Folge habe leisten wollen, habe er versucht, diesen mit "maßvoller Gewalt in das Dienstfahrzeug zu befördern". Dabei sei der Beschwerdeführer zu Sturz gekommen und auf H. gefallen. Die bei H. später festgestellten Prellungen könnten somit lediglich dadurch entstanden sein, daß der Beschwerdeführer "auf ihn gefallen" sei. Der im Disziplinarerkenntnis enthaltene Vorwurf, menschenverachtend vorgegangen zu sein, widerspreche jeder Grundlage und verkenne die schwierigen Umstände und Arbeitsbedingungen im Streifendienst.
Die Behörde erster Instanz habe zutreffend festgestellt, daß Erschwerungsgründe nicht vorlägen und als mildernde Umstände die damalige hohe Arbeitsbelastung, mehrere Belobungsdekrete, das Teilgeständnis und der Umstand gewertet würden, daß der Beschwerdeführer zuvor "nicht nachteilig in Erscheinung getreten" sei. Weiters wäre aber zu berücksichtigen gewesen, daß die Taten schon lange Zeit zurückliegen, er "unbesonnen vorgegangen" sei und ihm hinsichtlich des Faktums II eine allgemein begreifliche heftige Gemütsbewegung zuzugestehen sei. Die dem Beschwerdeführer angelasteten Disziplinarvergehen seien in Summe gesehen in "keiner Weise so schwer, daß eine Belassung im Dienst für den Dienstgeber unzumutbar wäre".
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung (nach der Aktenlage in nichtöffentlicher Sitzung am 17. Oktober 1995 und nicht - wie im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführt - nach durchgeführter "mündlicher Verhandlung") insofern Folge, "als die im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides unter Punkt I. vorgeworfene Dienstpflichtverletzung nicht in absichtlicher, sondern in einer als Mißhandlungsvorsatz fahrlässig herbeigeführten Körperverletzung besteht". Den Berufungsausführungen sei darin zu folgen, daß im Sinne der Legaldefinition des § 83 Abs. 2 StGB tatsächlich nur von einem Mißhandlungsvorsatz und nicht von einer Mißhandlungsabsicht auszugehen sei. Nicht gefolgt werden könne dem Beschwerdeführer aber darin, daß das Berufungsgericht keine Mißhandlungsabsicht, sondern lediglich bedingten Vorsatz zur Mißhandlung angenommen habe. Dies stehe im Widerspruch mit den Ausführungen auf der Seite 7 des Urteils vom 1. August 1990, auf der dem Beschwerdeführer subjektiv Vorsatz hinsichtlich der Mißhandlung und Fahrlässigkeit bezüglich der Körperverletzung unterstellt werde. Das Rechtsmittelgericht verweise in weiterer Folge noch auf die Ausführungen des Erstgerichts, insbesondere darauf, daß der Beschwerdeführer sein allenfalls bestehendes Recht auf Anwendung von Körperkraft im gegenständlichen Fall mißbraucht habe. Wenn der Beschwerdeführer rüge, unter anderem hätten die Worte "Wehr Dich doch" nicht in das Disziplinarerkenntnis aufgenommen werden dürfen, sei darauf hinzuweisen, daß der Beschwerdeführer und sein Verteidiger laut Verhandlungsschrift der Behörde erster Instanz nach der Verlesung des Berufungsurteiles des Landesgerichtes "auf Verlesung des weiteren Textes" verzichtet hätten. Es sei nach Ansicht der belangten Behörde auch nicht entscheidend, ob diese Worte gefallen seien; entscheidend sei vielmehr, daß eine Verurteilung wegen dieses Deliktes erfolgt sei. Da dem Beschwerdeführer zum Vorwurf der Falschprotokollierung eine Schädigungs- oder Begünstigungsabsicht ohnedies auch in der Disziplinaranzeige nicht vorgeworfen worden sei, sei die Behörde erster Instanz auch nicht gehalten gewesen, auf dieses - nach Meinung des Beschwerdeführers - entlastende Vorbringen einzugehen. Zum Vorbringen betreffend Nichtberücksichtigung eines Beweisantrages vom 20. Juni 1995 stelle sich die Frage, ob dem genannten Beweisantrag Relevanz zukomme, zumal die Disziplinarbehörde (nach § 95 Abs. 2 BDG 1979) jedenfalls an die dem Spruch eines rechtskräftigen Straferkenntnisses zugrundegelegte Tatsachenfeststellungen gebunden sei. Im übrigen habe auch das Amt der Landesregierung in seiner Berufungsentscheidung (Seite 4 ff) die Gründe ausgeführt, weswegen sie die vom Beschwerdeführer auch in diesem Verfahren beantragte Zeugeneinvernahme als nicht relevant abgelehnt habe. Hinsichtlich des disziplinären Überhanges und der Strafbemessung werde den Ausführungen der Behörde erster Instanz gefolgt. Die belangte Behörde sei sich bewußt, daß die Entlassung als schwerste Disziplinarstrafe nur dann verhängt werden solle, wenn keine andere Strafart der Schwere der als erwiesen angenommenen Dienstpflichtverletzungen entspreche. Naturgemäß komme dieser Strafe, zum Unterschied von anderen Strafmitteln, keine "Erziehungsfunktion in bezug auf den Beschuldigten zu", sie sei vielmehr als Instrument des sogenannten "Untragbarkeitsgrundsatzes" zu sehen. Die belangte Behörde sei der Ansicht, daß die Verfehlungen des Beschwerdeführers in ihrer Vielzahl und ihrer Art einen derart "eklatanten und schweren Vertrauensbruch darstellen, daß eine Weiterverwendung im öffentlichen Dienst sowohl für den Dienstgeber als auch für die Allgemeinheit unzumutbar ist".
In der Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird geltend gemacht, § 125a BDG 1979 bestimme, daß von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der Disziplinaroberkommission Abstand genommen werden könne, wenn der Sachverhalt nach der Aktenlage hinreichend geklärt sei und die Parteien nicht ausdrücklich in der Berufung die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hätten. Der Beschwerdeführer habe zwar in der Berufung die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung nicht beantragt, dennoch habe die belangte Behörde das Disziplinarerkenntnis in mündlicher Verhandlung gefällt. Werde nun eine mündliche Verhandlung anberaumt, so sei zur Wahrung des rechtlichen Gehörs auch eine Ladung der Parteien durchzuführen. In diesem Recht sei der Beschwerdeführer verletzt worden.
Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde nach der Aktenlage (Beratungsprotokoll vom 17. Oktober 1995) über die Berufung in nichtöffentlicher Sitzung entschied. Darauf weist die belangte Behörde in der Gegenschrift (unwidersprochen) hin und bezeichnet die demgegenüber abweichende Angabe im Spruch des angefochtenen Bescheides als "bedauerlichen Irrtum". Durch diese versehentliche Spruchformulierung allein konnte aber der Beschwerdeführer nicht in dem behaupteten Recht auf Wahrung des Parteiengehörs verletzt sein.
Ein Beamter, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist gemäß § 91 BDG 1979 nach diesem Abschnitt (das ist der 9. Abschnitt des BDG 1979) zur Verantwortung zu ziehen. Als Disziplinarstrafe sieht § 92 Abs. 1 BDG 1979 (u.a.) in der Z. 4 die Entlassung vor.
Wurde der Beamte wegen einer gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt und erschöpft sich die Dienstpflichtverletzung in der Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes, so ist gemäß § 95 Abs. 1 BDG 1979 von der Verfolgung abzusehen, wenn anzunehmen ist, daß die Verhängung einer Disziplinarstrafe nicht erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Nach § 95 Abs. 2 BDG 1979 (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 16/1994 - vgl. § 243 Abs. 3 BDG 1979 leg. cit., Paragraphenbezeichnung i.d.F. des Art. I Z. 42 BGBl. Nr. 550/1994, betreffend vor dem 1. Jänner 1994 eingeleitete Disziplinarverfahren) ist die Disziplinarbehörde an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils zugrundegelegte Tatsachenfeststellung eines Strafgerichtes (Straferkenntnis einer Verwaltungsbehörde) gebunden. Sie darf auch nicht eine Tatsache als erwiesen annehmen, die das Gericht (die Verwaltungsbehörde) als nicht erweisbar angenommen hat. Wird von der Verfolgung nicht abgesehen, dann ist, wenn sich eine strafgerichtliche oder verwaltungsbehördliche Verurteilung auf denselben Sachverhalt bezieht, eine Strafe nur auszusprechen, wenn und soweit dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten (§ 95 Abs. 3 leg. cit.).
Der Beschwerdeführer vertritt zur Bestrafung unter Anwendung des § 95 Abs. 3 BDG 1979 die Ansicht, in dieser Bestimmung werde ausdrücklich das Erfordernis der Spezialprävention genannt, sodaß dieses "wohl neben den Voraussetzungen für die Entlassung eines Beamten - dessen Untragbarkeit - gegeben sein muß", um zulässigerweise die Disziplinarstrafe der Entlassung aussprechen zu können.
Auch bei Vorliegen strafgerichtlicher oder verwaltungsbehördlicher Verurteilungen wegen desselben Sachverhaltes ist zunächst eine Strafbemessung nach § 93 BDG 1979 fiktiv vorzunehmen. Die Bestimmung des § 95 Abs. 3 BDG 1979 beeinflußt nicht die Strafbemessung nach § 93 BDG 1979, sondern verbietet unter bestimmten Voraussetzungen die Verhängung einer zusätzlichen Disziplinarstrafe. Würde man einen gegenteiligen, vom Beschwerdeführer offenbar angestrebten Standpunkt einnehmen und - zur Verhängung einer Strafe nach § 95 Abs. 3 BDG 1979 - nur auf Belange der Spezialprävention Rücksicht nehmen, so würde ein vom Strafgericht oder der Verwaltungsbehörde rechtskräftig verurteilter Beamter disziplinär unter Umständen günstiger behandelt als ein Beamter, bei dem das nicht der Fall ist. Dies wäre mit einer dem Gleichheitsgrundsatz entsprechenden, verfassungskonformen Auslegung nicht vereinbar. Erkennbare Absicht des Gesetzgebers war es nur, sogenannte Doppelbestrafungen soweit wie möglich einzuschränken, und somit zusätzliche Disziplinarstrafen, die sich von ihrer Zielsetzung her neben einer bereits verhängten Strafe nicht besonders begründen lassen, auszuschließen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Jänner 1980, 2.073/79 = Slg. Nr. 10.008/A, zur der dem § 95 BDG 1979 vergleichbaren Vorgängerbestimmung des § 55 BDG, BGBl. Nr. 329/1977).
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, wird der für die disziplinäre Verfolgung wesentliche Gesichtspunkt, das Funktionieren der Verwaltung zu gewährleisten, bei der Verhängung von Verwaltungsstrafen oder einer gerichtlichen Strafe in keiner Weise berücksichtigt, da das Verhalten in diesen Verfahren nur an jenen Maßstäben zu messen ist, die für alle Normunterworfenen zu gelten haben. Daraus folgt aber, daß die verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Verurteilung in jenen Fällen, in denen das strafbare Verhalten zugleich eine Verletzung des im § 43 Abs. 2 BDG 1979 geregelten Tatbestandsmerkmales des "Vertrauens der Allgemeinheit" beeinhaltet, den mit der Disziplinarstrafe verfolgten Zweck, den Beamten an die ihm aufgrund seines Beamtenstatus obliegenden besonderen Pflichten zu mahnen, um das ordnungsgemäße Funktionieren der Verwaltung zu gewährleisten, nicht miterfüllen und daher objektiv auch nicht die mit der Disziplinarstrafe beabsichtigte Wirkung auf den betreffenden Beamten entfalten kann (vgl. die bei Schwabl/Chilf, Disziplinarrecht2, auf S. 126 referierte hg. Judikatur, sowie Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten2, S. 45).
Die Disziplinarstrafe der Entlassung hat nicht vorrangig das Ziel, den Beamten zu bestrafen. Der primäre Zweck besteht vielmehr darin, das Dienstverhältnis von Beamten aufzulösen, deren Vertrauenswürdigkeit zerstört ist, um damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu sichern. Wenn unter Bedachtnahme auf die Schwere der Pflichtverletzung und die daraus entstandenen Nachteile die "Untragbarkeit" des Beamten folgt, kann anderen Strafzumessungsgründen, wie dem Grad des Verschuldens und dem bisherigen Verhalten, keine für die Frage der Strafbemessung ausschlaggebende Bedeutung mehr zukommen (vgl. dazu z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. März 1994, 93/09/0391, vom 24. Februar 1995, 93/09/0418 und vom 8. Februar 1996, 95/09/0032). Es trifft nicht zu, wie dies in der Beschwerde darzustellen versucht wird, daß die Disziplinarstrafe der Entlassung nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Bereicherungsabsicht des handelnden Beamten voraussetzt (vgl. etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Mai 1990, 86/09/0200, betreffend Körperverletzung und unbefugte Verwendung einer Faustfeuerwaffe durch einen Polizeibeamten, vom 25. Juni 1996, 93/09/0463, 0495, betreffend Widerstand gegen die Staatsgewalt durch eine Bezirksinspektor des Kriminaldienstes, sowie die bei Kucsko-Stadlmayer, auf S. 88 ff angeführte Judikatur). Gerade bei einem Exekutivorgan ist ein entscheidender Gesichtspunkt der, daß sich der Dienstgeber auf die Vertrauenswürdigkeit bei der Dienstausübung verlassen können muß (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Dezember 1996, 95/09/0153, m. w.N.).
Bereits mit dem den Beschwerdeführer zum Faktum I angelasteten Vorwurf (Mißhandlungen mit Verletzungsfolgen im Zuge einer Fahrzeugkontrolle) hat dieser eine Verhaltensweise zu verantworten, die eine derart schwerwiegende Beeinträchtigung des Dienstbetriebes und des korrekten Verhaltens gegenüber der Bevölkerung zum Ausdruck brachte, daß die Fortsetzung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses unzumutbar erscheinen mußte. Bei der damit aus dem Vertrauensbruch resultierenden Untragbarkeit des Beschwerdeführers konnte es nicht mehr von entscheidender Bedeutung sein, ob der Beschwerdeführer hinsichtlich dieses Vorfalles gerichtlich vom Vorwurf einer "Ausnützung der Amtsstellung" freigesprochen wurde oder nach dem Beschwerdevorbringen der Schuld- als auch Unrechtsgehalt (laut Beschwerde sei lediglich eine Geldstrafe von "30 Tagen" verhängt worden) "wesentlich gegenüber dem üblicherweise strafrechtlich geahndeten Verhalten" zurücktrat (im übrigen ist auch im Berufungsurteil des Landesgerichtes vom 1. August 1990 auf S. 8 davon die Rede, daß bei der "hier vorliegenden Mißhandlung im Hinblick auf deren lange Dauer, das Knien auf der Brust von H. während der Autofahrt, im Zusammenhang mit der vorher erfolgten Mißhandlung nicht von "geringer" Schuld des Angeklagten gesprochen werden" kann). Schon der Schuldspruch im Punkt I, den die belangte Behörde im Einklang mit der Behörde erster Instanz zutreffend auch als Pflichtenverstoß nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 wertete, rechtfertigte die über den Beschwerdeführer ausgesprochene Disziplinarstrafe der Entlassung.
Die Annahme eines disziplinären Überhanges nach § 95 Abs. 1 BDG 1979 ist auch bezüglich der Punkte II (Äußerungen gegenüber Polizeibeamten) und III (Falschbeurkundung) gerechtfertigt. Die Worte "in seinem gesamten Verhalten" im § 43 Abs. 2 BDG 1979 lassen den Schluß zu, daß dabei nicht nur das Verhalten im Dienst gemeint ist, sondern auch außerdienstliches Verhalten, wenn Rückwirkungen auf den Dienst entstehen. Dieser Dienstbezug ist dann gegeben, wenn das Verhalten des Beamten bei objektiver Betrachtung geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben zu beeinträchtigen. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn der Beamte gerade jene Rechtsgüter verletzt, deren Schutz zu seinen Aufgaben zählt (vgl. Schwabl/Chilf, a.a.O., S. 7 f). Der Begriff "Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben" meint dabei allgemein die Wertschätzung, die das Beamtentum in der Öffentlichkeit genießt (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Oktober 1993, 92/09/0318 und 93/09/0077). Ob das außerdienstliche Verhalten an die Öffentlichkeit gedrungen ist oder nicht, spielt bei der Beurteilung des Dienstbezuges entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung keine rechtserhebliche Rolle (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Februar 1995, 93/09/0418, m. w.N.).
Die dem Beschwerdeführer im Faktum II zum Vorwurf gemachten verbalen Äußerungen und Gesten gegenüber im Exekutivdienst tätigen Kollegen waren geeignet, die Achtung und das Vertrauen in die Person und die Amtsstellung des Beschwerdeführers als Exekutivbeamter sowie auch das Vertrauen in die Integrität der österreichischen Beamtenschaft zu beeinträchtigen. Wenn in der Beschwerde neuerlich der Vorwurf erhoben wird, die belangte Behörde habe zum Faktum II vom Beschwerdeführer gestellte Beweisanträge nicht beachtet, ist nicht erkennbar, inwiefern das dazu im Beweisantrag vom 20. Juni 1995 angesprochene Beweisthema (die zur verbalen Auseinandersetzung führenden Umstände einer Verwechslung) geeignet wäre, die vom Beschwerdeführer in massiver Form gesetzten (in der Beschwerde auch unbestritten gebliebenen) Ehrenkränkungen und verbalen Angriffe unter dem Aspekt einer Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 zu entschuldigen. Es war daher schon deshalb der im Zusammenhang mit dem vorgeworfenen Verfahrensmangel in der Beschwerde enthaltenen Anregung nicht zu folgen, § 95 Abs. 2 BDG 1979 einer "verfassungsrechtlichen Überprüfung" zu unterziehen.
Das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben (§ 43 Abs. 2 BDG 1979) wird aber auch dadurch untergraben, wenn ein Exekutivbeamter im Zuge der Erledigung von Anzeigen falsche Beurkundungen und Beglaubigungen durchführt. Ungeachtet davon, ob es sich - wie neuerlich in der Beschwerde betont wird - um den "verzweifelten Versuch eines jungen Beamten" handelte, das Eingangsbuch für eine nachträgliche Überprüfung in Ordnung zu bringen, liegt in dieser Vorgangsweise ein Verhalten, das die Verbindung des Beschwerdeführers zu rechtlich geschützten Werten mit Grund in Zweifel ziehen ließ.
Die Prüfung der Frage, ob bzw. in welchem Ausmaß im Beschwerdefall die Schuldvorwürfe zu den Fakten II und III für sich (oder im Zusammenhang) die Verhängung einer zusätzlichen Strafe im Sinne des § 95 Abs. 3 BDG 1979 gerechtfertigt hätten, kann schließlich dahingestellt bleiben, weil die zur Disziplinarstrafe der Entlassung führende Untragbarkeit bereits im Schuldspruch zum Faktum I ihre Grundlage hatte.
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995090348.X00Im RIS seit
20.11.2000