Entscheidungsdatum
29.05.2020Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W122 2226433-1/7E
W122 2226740-1/7E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor ERNSTBRUNNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen Spruchpunkt I des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.11.2019, Zl. 1236946600-190678033, beschlossen:
A) Das Verfahren wird gemäß § 9 AVG eingestellt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Irakischer Staatsangehöriger, stellte am 01.07.2019 den Antrag, ihm internationalen Schutz zu gewähren.
2. Mit dem Bescheid, dessen Spruchpunkt I angefochten ist (in der Folge der Einfachheit halber als angefochtener Bescheid bezeichnet), wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt) den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005, Art. 2 BG BGBl. I 100 (in der Folge: AsylG 2005) ab (Spruchpunkt I), gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 erkannte es dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II), gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 erteilte es ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 06.11.2020 (Spruchpunkt III).
Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 08.11.2019 durch seine Mutter als gesetzliche Vertretung zugestellt.
3. Gegen Spruchpunkt I dieses Bescheides richtet sich die vorliegende, fristgerechte Beschwerde vom 04.12.2019.
4. Am 9.7.2017 teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass der Beschwerdeführer verstorben sei. Sie legte die Abmeldung der Grundversorgung per 03.03.2020 vor, aus der hervorgeht, dass der Beschwerdeführer am 03.03.2020 verstorben ist.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist am 03.03.2020 verstorben.
2. Beweiswürdigung:
Diese Feststellung ergibt sich aus der vorgelegten Abmeldung der Grundversorgung. Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus den Akten des Bundesamtes und des Bundesverwaltungsgerichts.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1.1. Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG 2005 ist das AsylG 2005 am 1.1.2006 in Kraft getreten; es ist gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 auf alle Verfahren anzuwenden, die am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren.
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz (in der Folge: BFA-VG; Art. 2 Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz BGBl. I 87/2012) idF des Art. 2 FNG-Anpassungsgesetz BGBl. I 68/2013 und des BG BGBl. I 144/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.
3.1.2. Das vorliegende Verfahren war am 31.12.2005 nicht anhängig; das Beschwerdeverfahren ist daher nach dem AsylG 2005 zu führen.
3.2. Gemäß § 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, Art. 1 BG BGBl. I 33/2013 (in der Folge: VwGVG), idF BG BGBl. I 122/2013 ist das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens bereits kundgemacht waren, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit im VwGVG nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG - wie die vorliegende - das AVG mit Ausnahme seiner §§ 1 bis 5 und seines IV. Teiles, die Bestimmungen weiterer, hier nicht relevanter Verfahrensgesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, welche die Verwaltungsbehörde in jenem Verfahren angewandt hat oder anzuwenden gehabt hätte, das dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangen ist. Dementsprechend sind im Verfahren über die vorliegende Beschwerde Vorschriften des AsylG 2005 und des BFA-VG anzuwenden.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - und somit auch das Bundesverwaltungsgericht - über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder seine Feststellung durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG ergehen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BGBl. I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine andere als die Zuständigkeit des Einzelrichters ist für die vorliegende Rechtssache nicht vorgesehen, daher ist der Einzelrichter zuständig.
Zu A)
1. Überblickt man Lehre und Rechtsprechung zur Frage, wie im Fall des Todes des Beschwerdeführers vorzugehen ist, so zeigt sich folgendes Bild:
Stirbt die antragstellende Partei und betrifft der Antrag ein höchstpersönliches Recht, so ist das Verfahren einzustellen (Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 [2014] Rz 374; Martschin/Schmid in Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte [2013] K 3 zu § 28 VwGVG). Geht, wie hier, die "Hauptpartei" unter, so ist das allein von ihr initiierte Rechtsmittelverfahren einzustellen (Hengstschläger/Leeb, AVG. Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz2 [Stand 1.1.2014, rdb.at], § 9 Rz 11). Dass der angefochtene "(zB Genehmigungs-)Bescheid" aufzuheben ist, wie es bei Hengstschläger/Leeb (ebd.) heißt, gilt offenbar nur für den Fall, dass dem Antragsteller aus dem erstinstanzlichen Bescheid ein Recht erwachsen ist, dieser Bescheid aber von einem Dritten mit Beschwerde bekämpft wird, dh. diese Rechtsfolge ist auf Fälle beschränkt, in denen die Genehmigung nicht dem Rechtsmittelwerber erteilt worden ist. (Darauf deutet auch, dass sich die Vorauflage [Hengstschläger/Leeb, AVG. Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz1. 1. Teilband: §§ 1 - 36 {2004}, § 9 Rz 11] ausdrücklich auf VwGH 6.3.1990, 90/05/0028, bezieht, in dem es um eine solche Konstellation ging, die Frage freilich eher kursorisch behandelt wird.) Für Bescheide, mit denen - wie hier - der Status des Asylberechtigten versagt wird (nur insoweit ist ja der angefochtene Bescheid Gegenstand des Beschwerdeverfahrens), kommt eine Aufhebung daher genauso wenig in Betracht wie die Aufhebung eines rechtskräftigen Asylbescheides nach dem Tod des Asylberechtigten.
Das Berufungsverfahren (nun: Beschwerdeverfahren) ist einzustellen, wenn jeder Grund für seine Weiterführung und für die Erledigung des Berufungsantrags (nun: Beschwerdeantrags) durch verfahrens- oder materiellrechtlichen Bescheid (nun: Erkenntnis oder Beschluss) weggefallen ist. Das trifft zu, wenn im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides (nun: des Erkenntnisses oder Beschlusses im Beschwerdeverfahren) keine erledigungsfähige Berufung (nun: Beschwerde) (mehr) vorliegt (VwSlg. 3397 A/1954), etwa weil der Berufungswerber (nun: Beschwerdeführer) infolge Untergangs seiner rechtlichen Existenz nachträglich weggefallen und kein Rechtsnachfolger in seine Parteistellung eingetreten ist. Es gibt keine Partei mehr, der gegenüber ein Bescheid (nun: Erkenntnis oder Beschluss) erlassen werden könnte (Hengstschläger/Leeb, AVG. 3. Teilband: §§ 63 - 67h [2007], § 66 Rz 56).
Die Rechts- und damit auch die Parteifähigkeit des Beschwerdeführers im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erlöschen mit seinem Tod. Über eine Beschwerde kann ungeachtet ihrer Zulässigkeit im Zeitpunkt der Einbringung nicht mehr meritorisch entschieden werden, wenn der Beschwerdeführer verstorben und kein Rechtsträger vorhanden ist, der seine Rechtspersönlichkeit in Ansehung jener Rechte fortsetzt, deren Verletzung in der Beschwerde geltend gemacht worden ist und in welche der angefochtene Bescheid eingreift.
In höchstpersönliche Rechte des Verstorbenen findet eine Rechtsnachfolge nicht statt (vgl. zB VwGH 10.9.2009, 2008/20/0152; 16.7.2014, 2012/01/0142).
2. Der Beschwerdeführer behauptete, durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Asylgewährung verletzt zu sein, und machte damit ein höchstpersönliches Recht geltend (VwGH 10.9.2009, 2008/20/0152; 16.12.2009, 2007/01/1232 bis 2007/01/1236; 28.4.2010, 2008/19/1161). Da eine Rechtsnachfolge in die Parteistellung daher nicht in Betracht kommt, ist die Beschwerde gegenstandslos geworden und das Verfahren über sie einzustellen.
3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Beschwerdeführer verstorben Parteifähigkeit VerfahrenseinstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W122.2226433.1.00Im RIS seit
22.09.2020Zuletzt aktualisiert am
22.09.2020