TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/5 W165 2228721-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.06.2020
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Entscheidungsdatum

05.06.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z1
AsylG 2005 §4a
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §61

Spruch

W165 2228721-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.02.2020, Zl. 1253645207/191214906, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 4a, § 10 Abs. 1 Z 1, § 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger Afghanistans wurde am 26.11.2019 beim Versuch, illegal in das deutsche Bundesgebiet einzureisen, behördlich aufgegriffen und wurde diesem die Einreise verweigert.

In der Folge wurde der BF an Organe einer österreichischen Polizeiinspektion übergeben, in deren Zuge der BF am 27.11.2019 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Laut EURODAC-Abfrage hatte der BF am 14.10.2019 in Griechenland erstmals einen Asylantrag (EURODAC-Treffermeldung der Kategorie "1" zu Griechenland) gestellt.

Im Zuge der polizeilichen Erstbefragung am 27.11.2019 gab der BF an, dass er in Österreich keine Familienangehörigen habe. Er habe keine Beschwerden oder Krankheiten, die ihn an der Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen würden. Er könne der Einvernahme ohne Probleme folgen. Er habe seinen Herkunftsstaat vor ca. zehn Monaten verlassen und sei über den Iran, die Türkei, Griechenland (ca. zwei Monate Aufenthalt) und Italien nach Österreich gelangt. Er habe sich in Griechenland in einem LKW versteckt, der auf einem Schiff nach Italien übergesetzt und dann weiter nach Österreich gefahren sei. Zum Aufenthalt in den durchreisten EU-Ländern befragt, gab der BF an, dass die Polizei in Griechenland sehr unfreundlich gewesen sei. Er habe sich in Griechenland von September bis Oktober 2019 aufgehalten. Er habe in Griechenland einen Asylantrag gestellt, jedoch dort kein Asyl gewollt. Er habe nach Österreich oder Deutschland gelangen wollen. Er wolle nicht nach Griechenland zurück. Dort sei das Leben sehr schlecht. Dort würde er nicht wie ein Mensch behandelt werden, er habe auf der Straße schlafen müssen. Er wolle hier in Österreich bleiben.

Am 29.11.2019 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) gemäß Art. 34 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden: Dublin III-VO) unter Bezugnahme auf den vorliegenden EURODAC-Treffer ein Informationsersuchen an Griechenland, das zunächst trotz Urgenz unbeantwortet blieb.

Am 29.01.2020 fand eine Einvernahme des BF vor dem BFA statt. Zu seinem Gesundheitszustand befragt, gab der BF an, dass er keine lebensbedrohliche Krankheit, jedoch in letzter Zeit öfter Rückenschmerzen habe, die er beim Arzt behandeln lassen sollte. Die Beschwerden würden seit mehr als einem Jahr bestehen. Im Iran sei er bereits einmal beim Arzt gewesen, dies habe ihm aber nicht geholfen. In Österreich sei er beim Arzt gewesen und habe Unterlagen mitgebracht. Er solle ein Röntgen und eine Physiotherapie machen. Manchmal nehme er wegen Magen- und Kopfschmerzen bei Bedarf Medikamente ein. In der Folge machte der BF Angaben zu seinen Fluchtgründen. Er sei mit seinem Onkel und seiner Tante vor den Taliban geflüchtet und seien diese auf der Flucht getötet worden. Ein ferner Verwandter seines Vaters, den er vor 10 Jahren in Afghanistan gesehen habe und zu dem kein Kontakt bestehe, lebe in Österreich.

Im Zuge der Einvernahme legte der BF einen Terminplan und ein Informationsblatt eines Kurhauses betreffend physikalische Behandlungen, beginnend mit 24.01.2020 und eine Überweisung einer Fachärztin für Orthopädie an ein Röntgeninstitut, Diagnose - Fragestellung: Dorsolumbalgie, BWS + LWS, ap + seitlich Beckenübersicht stehend, vom 27.01.2020 vor.

Am 29.01.2020 langte beim BFA in Beantwortung des Informationsersuchens gemäß Art. 34 Dublin III-VO die Mitteilung des griechischen Ministeriums für Migration und Asyl ein, dass dem BF nach Asylantragstellung vom 14.10.2019 am 31.10.2019 Flüchtlingsstatus zuerkannt worden sei. Der BF habe die Entscheidung über die Einräumung des Flüchtlingsstatus nicht erhalten und in der Folge daher auch die Aufenthaltsberechtigung nicht erhalten.

Das Einvernahmeorgan des BFA erhielt erst nach durchgeführter Einvernahme Kenntnis davon, dass die griechischen Behörden nunmehr das Informationsersuchen des BFA vom 29.11.2019 beantwortet und mitgeteilt hätten, dass dem BF in Griechenland bereits am 31.10.2019 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden sei.

In weiterer Folge wurde ein Verfahren gemäß § 4a AsylG 2005 eröffnet.

Am 03.02.2020 erfolgte eine weitere Einvernahme des BF vor dem BFA, in der dieser darüber in Kenntnis gesetzt wurde, dass aus dem am 29.01.2020 eingelangten Schreiben der griechischen Behörden hervorgehe, dass der BF bereits am 31.10.2019 in Griechenland den Status des Asylberechtigten erhalten habe und nunmehr beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 4 a AsylG 2005 als unzulässig zurückzuweisen und die Außerlandesbringung anzuordnen. Nach gegen eine Rückkehr nach Griechenland sprechenden Gründen befragt, gab der BF an, dass er von den ganzen Schwierigkeiten erzählt habe, auch vom Gefängnisaufenthalt. Auch von den anderen Schwierigkeiten, dass er keine Unterkunft gehabt habe und auf der Straße schlafen habe müssen. Er sei 36 Tage im geschlossenen Camp und davor 7 Tage zusätzlich im Gefängnis gewesen. Da er sich illegal aufgehalten habe, sei er ins Gefängnis gebracht worden. Nach dem Gefängnisaufenthalt sei er in das geschlossene Camp gekommen. Er sei ca. zwei Monate in Griechenland aufhältig gewesen. Nach weiteren ihn konkret betreffenden Vorfällen während seines Griechenlandaufenthaltes befragt, erklärte der BF, dass es noch andere Vorfälle gegeben habe. Er sei ihn Griechenland in Kirchen gegangen und habe Schwierigkeiten mit den anderen Flüchtlingen bekommen. Sie hätten gesagt, dass er ein Ungläubiger geworden sei und hätten ihn belästigt und bedroht. Bei der Polizei habe er diese Drohungen nicht gemeldet, da sich die Polizei dort nicht darum kümmern würde. Er wolle nicht nach Griechenland zurückkehren, er könne dort nicht leben.

Im Zuge der Einvernahme legte der BF ein undatiertes und nicht unterschriebenes Katechumenprotokoll der Erzdiözese Salzburg vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich der BF nach Griechenland zurückzubegeben hätte (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt II.) sowie gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Griechenland gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.).

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Griechenland wurden im angefochtenen Bescheid wie folgt zusammengefasst (unkorrigiert):

1. Schutzberechtigte

Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte erhalten zunächst eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre. Humanitär Schutzberechtigte erhalten eine Aufenthaltserlaubnis für zwei Jahre. Die Aufenthaltserlaubnis wird in der Regel ein bis zwei Monate nach der Entscheidung ausgestellt. In der Zwischenzeit gilt die Asylwerberkarte mit dem Stempel "Pending Residence Permit". Nach fünf Jahren Aufenthalt kommt ein Flüchtling für eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung infrage, wenn er bestimmte Voraussetzungen erfüllt (AIDA 3.2019). Subsidiär Schutzberechtigte haben keinen Anspruch auf Familienzusammenführung. Sie erhalten außerdem nur dann international gültige Reisedokumente, wenn sie keine Reisedokumente ihres Heimatstaats erlangen können. Darüber hinaus bestehen keine rechtlichen und tatsächlichen Unterschiede bei der Behandlung der genannten Personengruppen (AA 26.9.2018a; vgl. AIDA 3.2019).

NGOs bezeichnen die Lebensbedingungen für Menschen mit internationalem Schutzstatus in Griechenland als alarmierend. Schutzberechtigte sehen sich nicht nur mit fehlenden Möglichkeiten zur Integration in die griechische Gesellschaft konfrontiert, sondern auch oft mit unzulänglichen Lebensumständen und humanitären Standards, einer äußerst prekären sozioökonomischen Situation und kämpfen oft um ihr bloßes Überleben. Es bestehen weiterhin flächendeckende Defizite bezogen auf die Aufnahme, Versorgung und Integration von Schutzberechtigten. In der Praxis besteht für Flüchtlinge immer noch kein gesicherter Zugang zu Unterbringung, Lebensmittelversorgung, medizinischer und psychologischer Behandlung oder zum Arbeitsmarkt. Auf dem Festland sind Fälle bekannt, in denen anerkannte Flüchtlinge inoffiziell für einige Monate weiter in den Unterbringungszentren bleiben durften und Bargeld erhielten wie Asylbewerber. Jedoch wurden für sie keine weiteren Integrationsmaßnahmen ergriffen. Sie erhielten keinen Zugang zu entsprechenden Informationen oder Unterstützung bei der Integration (Pro Asyl/RSA 8.2018).

Besondere staatliche Hilfsangebote für anerkannte Schutzberechtigte neben dem allgemeinen staatlichen Sozialsystem bestehen nicht. Konzepte für eine speziell zugeschnittene Information durch öffentliche Behörden sowie Zugangserleichterungen zu staatlichen Leistungen für anerkannte Schutzberechtigte befinden sich im Aufbau (AA 26.9.2018a; vgl. Pro Asyl/RSA 8.2018).

Integrationsplan

Die sogenannte Nationale Strategie zur Integration von Drittstaatsangehörigen ist nur teilweise umgesetzt. Maßnahmen und Projekte des Ministeriums für Arbeit und Sozialfürsorge sind zwar für diejenigen, die unter der Armutsgrenze leben, vorgesehen, aber nicht für Personen, die kein Griechisch sprechen oder verstehen (Pro Asyl/RSA 8.2018).

In der Praxis werden konkrete Integrationsprogramme (z.B. Soforthilfe für Integration und Unterbringung (ESTIA)) weitgehend von einer EU-Finanzierung abhängig sein, da weder auf nationaler noch auf kommunaler Ebene nennenswerte Ressourcen zur Verfügung stehen. Positiver gestaltet sich die Integration der etwa 12.000 schulpflichtigen Flüchtlingskinder in Griechenland, von denen im Schuljahr 2017/2018 ca. 8.000 eingeschult waren (AA 6.12.2018).

Sozialleistungen

Gemäß Gesetz haben Flüchtlinge in Griechenland dieselben sozialen Rechte wie griechische Staatsbürger, aber bürokratische Hürden, staatliche Handlungsdefizite, mangelnde Umsetzung des Gesetzes und die Auswirkungen der Wirtschaftskrise können den Genuss dieser Rechte schmälern (AIDA 3.2019; vgl. Pro Asyl/RSA 30.8.2018; UNHCR 4.2019). Das neue System der sozialen Grundsicherung vom Februar 2017 befindet sich noch im Aufbau und wird schrittweise eingeführt. Es sieht Geldleistungen (erste Säule) sowie Sachleistungen (zweite Säule) und Arbeitsvermittlung (dritte Säule) vor. Eine etablierte Verwaltungspraxis besteht bislang nicht. Allerdings wurde der Zugang im Rahmen einer Gesetzesänderung im Juni 2018 für jene Personen eingeschränkt, die in EU-finanzierten Aufnahmelagern und Apartments wohnen. Die überwiegende Mehrheit der anerkannten Schutzberechtigten bezieht bisher keine soziale Grundsicherung (AA 6.12.2018). Voraussetzung für den Leistungsbezug allgemeiner Sozialhilfe ist das Einreichen verschiedener Dokumente (Aufenthaltserlaubnis, Sozialversicherungsnummer, Bankverbindung, Steuererklärung über das Online-Portal Taxis-Net), wobei der Nachweis des dauerhaften einjährigen Mindestaufenthalts im Inland durch die inländische Steuererklärung des Vorjahres nachzuweisen ist. Dabei sind Unterlagen grundsätzlich online und in griechischer Sprache einzureichen, staatlicherseits werden keine Dolmetscher gestellt (AA 7.2.2018). Bei der Beschaffung der genannten Dokumente stoßen jedoch die Betroffenen in der Praxis auf zahlreiche Schwierigkeiten (Pro Asyl/RSA 30.8.2018; vgl. UNHCR 4.2019). Einige NGOs bieten punktuell Programme zur Unterstützung bei der Beantragung von Sozialleistungen an. Erster Anlaufpunkt ist die HELP-Webseite des UNHCR. Es beraten z. B. der Arbeiter- Samariter-Bund, die Diakonie und der Greek Refugee Council (AA 6.12.2018; vgl. UNHCR 4.2019). Im Juli 2019 gab es 72.290 Bezieher der EU-finanzierten Geldleistungen im Rahmen sogenannter Cash-Card Programm des UNHCR, darunter 13.800 anerkannte Schutzberechtigte (UNHCR 7.2019). Es besteht kein Anspruch auf Teilnahme an dem Cash-Card-Programm, es handelt sich nicht um einen Sozialhilfeanspruch, sondern um humanitäre Hilfe. Der Bezugszeitraum endet grundsätzlich nach Anerkennung bzw. nach einer Übergangsfrist von 6 bis 12 Monaten. In der Praxis wurden bisher keine Asylwerber nach ihrem Statuswechsel von dem Bezug ausgeschlossen. Für bereits anerkannte Schutzberechtigte ist ein Neueintritt in das Cash-Card-Programm allerdings nicht möglich (AA 6.12.2018). Der Auszahlungsbetrag beträgt zwischen 90 ? für eine Einzelperson mit Unterkunft und Verpflegung und bis zu 550 ? für eine Familie mit sieben oder mehr Personen (AIDA 3.2019; vgl. UNHCR 7.2019).

Medizinische Versorgung

Anerkannte Schutzberechtigte haben durch Gesetz vom 20. Februar 2016, umgesetzt seit Ende 2016, einen gesetzlichen Anspruch auf unentgeltliche medizinische Behandlung (auch in Krankenhäusern) und sind in die staatliche Krankenversicherung mit einbezogen. Das Gesundheitssystem erfüllt diesen Anspruch auch in der Praxis, insbesondere im Rahmen der Notfallversorgung (AA 7.2.2018). Trotz des günstigen Rechtsrahmens wird der tatsächliche Zugang zu medizinischer Versorgung in der Praxis durch einen erheblichen Ressourcen- und Kapazitätsmangel sowohl für Fremde als auch für die einheimische Bevölkerung erschwert. Der von verschiedenen Sparmaßnahmen stark betroffene öffentliche Gesundheitssektor steht unter enormem Druck und ist nicht in der Lage, den gesamten Bedarf an Gesundheitsleistungen weder für die einheimische Bevölkerung noch für Migranten zu decken. Ein weiteres Problem stellt die Ausstellung der Sozialversicherungsnummer (AMKA) dar (AIDA 3.2019). Kosten fallen bei Medikamenten im ambulanten Bereich an, da der staatlich festgesetzte erstattete Preis in Apotheken teilweise unterhalb des realen Verkaufspreises gilt. Mit Blick auf die allgemein begrenzten Haushaltsmittel sind Schutzberechtigte wie die griechische Bevölkerung auch hierbei Budgetierungen und restriktiver Medikamentenausgabe insbesondere bei teuren Krebsmedikamenten unterworfen. Seit Anfang 2017 werden Medikamente für Bedürftige nicht mehr kostenlos in Krankenhausapotheken abgegeben, sondern sind über Apotheken zu beziehen. Dabei wird ein staatlich festgesetzter Preis erstattet, der z. T. unterhalb des üblichen Abgabepreises in Apotheken liegt. Der Differenzbetrag ist privat zu tragen. An einigen Orten unterstützen private Sozialkliniken Bedürftige mit kostenloser Medikamentenabgabe. Fälle von Behandlungsverweigerung sind seltene Ausnahmen (AA 6.12.2018; vgl. AA 7.2.2018).

Wohnmöglichkeiten

Anerkannte Schutzberechtigte haben seit 2013 Zugang zu Unterbringung unter den gleichen Bedingungen wie Drittstaatsangehörige, die sich legal in Griechenland aufhalten. Eine staatliche Sozialleistung zur Wohnungsunterstützung besteht derzeit auch für die griechische Bevölkerung noch nicht (AA 26.9.2018a; vgl. AIDA 3.2019). In der Praxis wird Schutzberechtigten, die als Asylwerber in einem Flüchtlingslager oder in einer Wohnung des UNHCR-Unterbringungsprogramms (ESTIA) untergebracht waren, gestattet, nach ihrer Anerkennung für weitere 6 Monate in der gleichen Unterkunft zu bleiben (Pro Asyl/RSA 8.2018). Wohnraum wäre grundsätzlich auf dem freien Wohnungsmarkt zu beschaffen (AA 6.12.2018). Das private Anmieten von Wohnraum für bzw. durch anerkannte Schutzberechtigte wird durch das traditionell bevorzugte Vermieten an Familienmitglieder, Bekannte und Studenten, sowie gelegentlich durch Vorurteile erschwert (AA 26.9.2018a). Personen, die keine Unterkunft haben und nicht das Geld besitzen, eine zu mieten, leben oft in überfüllten Wohnungen, verlassenen Häusern ohne Zugang zu Strom oder Wasser oder werden obdachlos (AIDA 3.2019; Pro Asyl/RSA 8.2018). Schutzberechtigte haben Zugang zu Unterbringungseinrichtungen für Obdachlose, die jedoch nur begrenzt vorhanden sind. Eigene Unterbringungsplätze für anerkannte Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte existieren nicht. Es gibt auch keine eigene Unterstützung für ihre Lebenshaltungskosten. In Athen etwa gibt es vier Asyle für Obdachlose (zugänglich für griechische Staatsbürger und legal aufhältige Drittstaatsangehörige). Aber es ist äußerst schwierig, dort zugelassen zu werden, da sie chronisch überfüllt sind und Wartelisten führen (AIDA 3.2019; vgl. Pro Asyl/RSA).

Die Aufnahme ins ESTIA-Programm ist nur für diejenigen anerkannten Schutzberechtigten möglich, welche die Kriterien der Vulnerabilität erfüllen und bereits als Asylwerber an dem Programm teilgenommen haben. Im Rahmen des Programms werden hauptsächlich Familien untergebracht (AIDA 3.2019). Prioritäre Kriterien sind das Vorliegen einer medizinischen Indikation, bevorstehende Geburt oder Neugeborene, alleinerziehende Mütter sowie Unterbringung der vulnerablen Personen von den Erstaufnahmeeinrichtungen auf den ostägäischen Inseln (AA 6.12.2018). Im Rahmen des ESTIA-Programms waren im März 2019 6.790 anerkannte Schutzberechtigte untergebracht (UNHCR 4.2019). Die Auslastungsquote lag Ende August 2019 mit 21.622 Einwohnern (Asylwerber und anerkannte Schutzberechtigte) bei 98,2% der Kapazitäten (ESTIA 28.8.2019). Anerkannte Schutzberechtigte sind dazu aufgerufen, die Wohnungen innerhalb einer Übergangsphase von 6 bzw. 12 Monaten nach ihrer Anerkennung zu verlassen. In der Praxis ist es bisher aber nicht zu erzwungenen Räumungen gekommen (AA 6.12.2018). Personen, die nach Zuerkennung ihres Schutzstatus in Griechenland ESTIA verlassen und einen Zweitantrag in einem anderen EU-Staat stellen, verzichten in eigener Verantwortung auf diesen sozialen Vorteil (AA 6.12.2018).

Einige NGOs bieten punktuell Wohnraum an. Hierzu gehören z.B. Caritas Hellas, Orange House und PRAKSIS. Insbesondere Caritas Hellas unterhält einen sogenannten "Social Spot" in Athen. Hier werden täglich Hilfestellungen zu verschiedenen Themen angeboten. Zudem verfügt Caritas Hellas über Wohnräumlichkeiten sowie Kooperationen mit der armenischen Kirchengemeinde, welche u. a. auch für kurzfristige Unterbringungen zur Verfügung stehen. Weitere gemischte Wohnprojekte der Caritas Hellas im Stadtteil Neos Kosmos werden von den römisch-katholischen Bischöfen in Griechenland unterstützt. Die Zahl der Unterkünfte in Athen ist insgesamt nicht ausreichend. Die vorbezeichneten Stellen arbeiten mit Bedürftigen direkt und unmittelbar zusammen. Bedürftige können sich nach Ankunft in Griechenland unmittelbar an die vorgenannten Organisationen wenden (AA 6.12.2018).

Arbeitsmarkt

Ein Zugang zum Arbeitsmarkt steht rechtlich dauerhaft und legal im Land lebenden Personen zu, damit grundsätzlich auch Schutzberechtigten. Geldleistungen der Arbeitslosenversicherung erhalten nur Personen mit entsprechenden Vorversicherungszeiten für eine Dauer von maximal einem Jahr. Die griechische Arbeitsagentur ODEA stellt nunmehr seit Juni 2018 für alle Schutzberechtigten eine Arbeitslosenkarte aus. Eine Registrierung bei der Arbeitsagentur, welche Voraussetzung für weitere Sozialleistungen ist, war zuvor in der Praxis für Schutzberechtigte kaum möglich, da als Voraussetzung ein Wohnungsnachweis auf den Namen der Person vorgelegt werden musste. Nachdem diese Hürde weggefallen ist, wurden innerhalb weniger Monate über 4.000 Personen aus dem EU-finanzierten Unterkunftsprogramm ESTIA registriert. Die Arbeitslosenkarte berechtigt zu folgenden Leistungen: kostenlose Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs; kostenloser Eintritt in Museen; Ermäßigungen für Gas-, Wasser-, und Stromrechnungen, Rabatte in einigen Fast-Food-Restaurants, Mobilfunkangebote und ermäßigte berufliche Fortbildungsmaßnahmen. Einige NGOs bieten punktuell Programme zur Fortbildung und Unterstützung bei der Arbeitssuche an. Hierzu gehören z. B. Arbeiter- Samariter-Bund, Diakonie und Greek Refugee Council (AA 6.12.2018). Die Chancen zur Vermittlung eines Arbeitsplatzes sind gering. Die staatliche Arbeitsagentur OAED hat bereits für Griechen kaum Ressourcen für die aktive Arbeitsvermittlung (Betreuungsschlüssel: 1 Mitarbeiter für über 1.000 Arbeitslose) und noch kein Programm zur Arbeitsintegration von Flüchtlingen aufgelegt. Migration in den griechischen Arbeitsmarkt hat in der Vergangenheit vor allem in den Branchen Landwirtschaft, Bauwesen, haushaltsnahe und sonstige Dienstleistungen stattgefunden. Allerdings haben sich die Arbeitschancen durch die anhaltende Finanz- und Wirtschaftskrise allgemein deutlich verschlechtert. Möglichkeiten zur Arbeitsaufnahme bestehen z. T. bei NGOs etwa als Dolmetscher oder Team-Mitarbeiter (AA 26.9.2018a).

Bildung

Ein Zugang zum Bildungssystem wird faktisch durch Sprachbarrieren und die stark akademisch ausgerichtete Bildungslandschaft in Griechenland erschwert. Es bestehen einzelne Projekte einer dualen Berufsausbildung etwa im Bereich der Landwirtschaft. Das griechische Bildungsministerium konzentriert sich in seinen Bemühungen bisher auf die Beschulung der 5 bis 17-jährigen schulpflichtigen Flüchtlingskinder, von denen im Schuljahr 2017/2018 ca. 62% eingeschult waren. Zahlreiche NGOs bieten Sprachkurse für Griechisch und Englisch an (AA 26.9.2018b).

Unterstützung durch NGOs

NGOs spielen bei der Integration Schutzberechtigter eine wichtige Rolle. Es gibt sowohl in Griechenland aktive internationale wie auch lokale NGOs. Die Angebote sind vielfältig, allerdings mit Schwerpunkt in den Ballungsräumen Athen und Thessaloniki, wo sich auch die meisten Schutzberechtigten befinden. Die NGOs sind Umsetzungspartner der internationalen Hilfsprojekte, finanziert von der EU und in weiten Teilen koordiniert vom UNHCR. Die Programme werden genutzt (AA 26.9.2018a). Bekannte Organisationen sind unter anderem: Society for the care of minors (sma-athens.org), Apostoli, eine Organisation der griechisch-orthodoxen Kirche (mkoapostoli.com), Arsis (arsis.gr), National Centre for Solidarity (ekka.org.gr) Hellenic Red Cross (redcross.gr), Positive Voice - Greek Association of HIV Positive Persons (positivevoice.gr), Klimaka (klimaka.org.gr), Nostos (nostos.org.gr), Doctors of the World (mdmgreece.gr), Medical Intervention (medin.gr), Praksis (praksis.gr) sowie Faros (faros.org.gr) usw. (AA 6.12.2018; vgl. UNHCR 4.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (6.12.2018): Auskunft des AA an das Verwaltungsgericht Stade, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/683300/684459/684461/684543/18914234/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_06%2E12%2E2018%2C_508%2D516.80_51293.pdf?nodeid=19635053&vernum=-2, Zugriff 26.9.2019

- AA - Auswärtiges Amt (26.9.2018a): Auskunft des AA an das Verwaltungsgericht Schwerin, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/683300/684459/684461/684543/18914234/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_26%2E09%2E2018%2C_508%2D516.80_50799.pdf?nodeid=19309208&vernum=-2, Zugriff 26.9.2019

- AA - Auswärtiges Amt (26.9.2018b): Auskunft des AA an das Verwaltungsgericht Greifswald, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/693991/696617/696619/696431/18970518/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_26%2E09%2E2018%2C_508%2D516.80_51035.pdf?nodeid=19373612&vernum=-2, Zugriff 26.9.2019

- AA - Auswärtiges Amt (7.2.2018): Auskunft des AA an das Verwaltungsgericht Köln, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/683300/683529/683531/683613/18932792/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_07%2E02%2E2018%2C_508%2D516.80_49957.pdf?nodeid=18971400&vernum=-2, Zugriff 26.9.2019

- AIDA - Asylum Information Database (3.2019): Country Report: Greece, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_gr_2018update.pdf, Zugriff 26.9.2019

- ESTIA - Emergency Support to Integration & Accomodation (28.8.2019): ESTAI Accomodation Capacity - Weekly Update, http://estia.unhcr.gr/en/estia-accommodation-capacity-weekly-update-27-august-2019/, Zugriff 26.9.2019

- Pro Asyl/RSA - Refugee Support Aegean (8.2018): Update - Stellungnahme - Lebensbedingungen international Schutzberechtigter in Griechenland, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/684671/701739/1999815/1999817/20085633/PRO_ASYL%2C_Lebensbedingungen_international_Schutzberechtigter_in_Griechenland%2C_30%2E08.2018.pdf?nodeid=20085316&vernum=-2, Zugriff 26.9.2019

- UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (7.2019): Cash Assistance Update, http://estia.unhcr.gr/en/greece-cash-assistance-july-2019/, Zugriff 26.9.2019

- UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (4.2019): Fact Sheet; Greece; 1-31 March 2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2006858/69017.pdf, Zugriff 26.9.2019

Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass der BF an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen leiden würde und selbst angeführt habe, dass solche nicht vorliegen würden. Er habe lediglich seit einem Jahr Rückenschmerzen und wäre diesbezüglich auch schon in seinem Herkunftsstaat behandelt worden. Aus den vorliegenden ärztlichen Unterlagen (Physiotherapieplan, Röntgenzuweisung) würden sich keine Hinweise auf eine lebensgefährliche Erkrankung ergeben. Anknüpfungspunkte zu in Österreich aufenthaltsberechtigten Personen hätten nicht festgestellt werden können. Dem BF sei in Griechenland der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden und gehe aus dessen Vorbringen nicht hervor, dass dieser in Griechenland durch den Staat geduldeten Misshandlungen, Verfolgung oder einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt gewesen wäre. In Verbindung mit den aktuellen Länderfeststellungen sei daher festzustellen, dass in Griechenland mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK nicht eintreten werde.

Am 17.02.2020 wurde der BF laut Mitteilung des BMI vom 17.02.2020 infolge Abwesenheit von der Betreuungsstelle aus der Grundversorgung abgemeldet.

Gegen den Bescheid wurde am 17.02.2020 fristgerecht Beschwerde eingebracht, in der zusammengefasst ausgeführt wurde, dass der Bescheid mangels Berücksichtigung der tatsächlichen Situation in Griechenland rechtswidrig sei. Eine Abschiebung des BF nach Griechenland bringe diesen in eine mit Art. 3 EMRK unvereinbare Situation. Der BF sei bereits in Griechenland obdachlos gewesen und würde als erst kürzlich anerkannter Asylberechtigter im Falle einer Rückkehr nach Griechenland abermals mit hoher Wahrscheinlichkeit von Obdachlosigkeit bedroht sein. Es gebe in Griechenland für anerkannte Asylberechtigte praktisch keine staatliche Unterstützung, keine Unterkunftsmöglichkeiten und praktisch keine Möglichkeit, einer legalen Arbeit nachzugehen sowie keine angemessene medizinische Versorgung. Der BF sei aufgrund des Umstandes, dass er in Griechenland bereits obdachlos gewesen sowie der aufgrund seiner Konversion zum Christentum in Griechenland erfolgten Anfeindungen als besonders schutzbedürftig anzusehen. Da eine Abschiebung nach Griechenland mit Art. 3 EMRK nicht vereinbar sei, wäre das Asylverfahren in Österreich zuzulassen gewesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte erstmals am 14.10.2019 in Griechenland einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde diesem am 31.10.2019 dort der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.

Der BF wurde am 26.11.2019 anlässlich des Versuches des illegalen Grenzübertrittes nach Deutschland behördlich aufgegriffen und den Organen einer österreichischen Polizeiinspektion übergeben, wo dieser am 27.11.2019 abermals einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich stellte.

Zur Lage im Mitgliedstaat Griechenland schließt sich das Bundesverwaltungsgericht den Feststellungen des angefochtenen Bescheides an. Der BF hat in Griechenland den Länderfeststellungen zufolge Anspruch auf sozialstaatliche Leistungen wie griechische Staatsangehörige.

Konkrete, in der Person des BF gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im Zielstaat sprechen würden, liegen nicht vor.

Der BF leidet an keinen akut lebensbedrohlichen Erkrankungen, die einer Überstellung nach Griechenland entgegenstehen könnten. Der BF leidet an bereits im Herkunftsstaat bestehenden und behandelten Rückenschmerzen und erfolgten diesbezüglich eine Überweisung an ein Röntgeninstitut und die Verordnung physiotherapeutischer Behandlungen. Weiters gibt der BF an, gelegentlich (bei Bedarf) Medikamente gegen Kopf- und Magenschmerzen einzunehmen.

Die aktuelle Situation hinsichtlich der Covid-19-Pandemie begründet keine Unmöglichkeit einer Rückkehr des BF nach Griechenland.

Bei Covid-19 handelt es sich um eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf. Mit Stichtag 04.06.2020 hat es in Österreich 16771 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen gegeben, 384 aktive Fälle, 15717 genesene Fälle und 670 Todesfälle. In Griechenland sind zum selben Stichtag 2937 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen, 1384 aktive Fälle, 1374 genesene Fälle und 179 Todesfälle zu verzeichnen gewesen.

Der BF ist keiner Covid-19-Risikogruppe zuzurechnen.

In Österreich bestehen keine (relevanten) familiären Anknüpfungspunkte des BF. Laut zweiter Einvernahme vor dem BFA soll ein entfernter Verwandter des Vaters, den der BF vor 10 Jahren in Afghanistan gesehen hat und zu dem kein Kontakt besteht, in Österreich aufhältig sein.

Sonstige private, familiäre wie berufliche Bindungen im Bundesgebiet sind nicht vorhanden.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen sind nicht hervorgekommen.

Am 17.02.2020 wurde der BF laut Mitteilung des BMI vom 17.02.2020 in Folge Abwesenheit von der Betreuungsstelle aus der Grundversorgung abgemeldet. Seit diesem Zeitpunkt scheint im ZMR keine aufrechte Meldung des BF im Bundesgebiet auf.

2. Beweiswürdigung:

Die Asylantragstellung des BF in Griechenland am 14.10.2019 ergibt sich aus der diesbezüglichen EURODAC-Treffermeldung im Zusammenhalt mit dem Vorbringen des BF und den mit Griechenland geführten Konsultationen, welche aktenkundig sind.

Die Feststellung des Bestehens des Flüchtlingsstatus in Griechenland stützt sich auf die diesbezügliche Mitteilung des griechischen Ministeriums für Migration und Asyl vom 29.01.2020.

Die Gesamtsituation Schutzberechtigter in Griechenland resultiert aus den umfangreichen und durch ausreichend aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen der angefochtenen Bescheide, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Bei diesen vom BFA herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild zur Situation von Asylberechtigten in Griechenland ergeben. Insbesondere werden auch die Rechte und Versorgungsleistungen, die Schutzberechtigten in Griechenland zukommen - erneuerbare dreijährige Aufenthaltserlaubnis, Zugang zum Arbeitsmarkt und zu medizinischer Versorgung - umfassend dargelegt. Allerdings wird durchaus auch auf Schwierigkeiten, die auf anerkannte Flüchtlinge in Griechenland unter Umständen zukommen können, verwiesen, sodass gesagt werden kann, dass die Länderfeststellungen in den angefochtenen Bescheiden ein durchaus differenziertes Bild der Situation Schutzberechtigter in Griechenland zeichnen. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF und zu seinen privaten und familiären Verhältnissen ergeben sich aus seinen Angaben im Verfahren sowie der Aktenlage.

Die Feststellung, dass die aktuelle Covid-19-Pandemie kein Rücküberstellungshindernis des BF nach Griechenland darstellt, gründet sich auf die zu Griechenland vorliegenden aktuellen Infektionszahlen inkl. der Gesamtzahl der bisherigen Todesfälle mit Stand 04.06.2020 (siehe etwa www.bing.com/covid/local/griechenland) und den zu dieser neuartigen Erkrankung bislang vorhandenen medizinischen Erkenntnissen im Zusammenhalt mit dem insofern unbedenklichen Gesundheitszustand und dem Alter des BF (siehe hiezu bereits oben).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) lauten:

§ 4a Ein Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, in welchen Staat sich der Fremde zurück zu begeben hat.

...

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

...

§ 57 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

...

§ 58 (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

...

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. (2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:

§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. ...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht. (3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben. (4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen, wonach dem BF in Griechenland aufgrund einer dort erfolgten Asylantragsstellung bereits der Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde und somit in Griechenland Schutz vor Verfolgung gefunden haben, ging das BFA zutreffend davon aus, dass sich sein nunmehr in Österreich gestellter Antrag auf internationalen Schutz im Lichte des § 3 AsylG 2005 wegen Unzuständigkeit Österreichs als unzulässig erweist.

Die Wahrnehmung dieser Unzuständigkeit Österreichs wäre lediglich dann als unzulässig anzusehen, wenn der BF dadurch in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt würde. Dies trifft allerdings aufgrund der vorzunehmenden Interessensabwägung, wie im Folgenden dargelegt wird, im vorliegenden Fall nicht zu:

Mögliche Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK:

Gemäß Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Nach ständiger Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK haben die Vertragsstaaten der EMRK aufgrund eines allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsatzes - vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen einschließlich der EMRK - das Recht, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu regeln. Die Ausweisung eines Fremden durch einen Vertragsstaat kann jedoch ein Problem nach Art. 3 EMRK aufwerfen und damit die Verantwortlichkeit dieses Staates nach der EMRK auslösen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass die betreffende Person im Fall ihrer Abschiebung mit einer realen Gefahr, im Zielstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden, rechnen muss. Unter diesen Umständen beinhaltet Art. 3 EMRK die Verpflichtung, die betreffende Person nicht in diesen Staat abzuschieben.

Es entspricht ebenfalls ständiger Judikatur des EGMR, dass die verbotene Behandlung ein Mindestmaß an Schwere erreichen muss, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu fallen. Die Festsetzung dieses Mindestmaßes ist naturgemäß relativ. Es hängt von allen Umständen des Einzelfalles ab, wie etwa der Dauer der verbotenen Behandlung, ihren physischen oder psychischen Auswirkungen und in manchen Fällen vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers. Das Leid, das sich aus einer natürlich auftretenden Krankheit ergibt, kann von Art. 3 EMRK erfasst sein, wenn es durch eine Behandlung - seien es Haftbedingungen, eine Ausweisung oder sonstige Maßnahmen - verschlimmert wird, wofür die Behörden verantwortlich gemacht werden können (EGMR 27.05.2008 (GK), 26565/05, N./Vereinigtes Königreich Rz 29; 28.02.2008 (GK), 37201/06, Saadi/Italien Rz 134).

Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO (nunmehr Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO) auszuüben ist, hat sich der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10, N.S./Vereinigtes Königreich, (zu vergleichbaren Bestimmungen der Dublin II-VO) befasst und, ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in der Entscheidung vom 02.12.2008, 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011, 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland, ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufenthaltsstaat gebieten (Rn. 86).

Von systemischen Mängeln ist dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylwerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylwerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (EuGH 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10, N.S./Vereinigtes Königreich). Es sind zwar auch die Lebensumstände in Betracht zu ziehen, die einen nach Abschluss des Asylverfahrens als international Schutzberechtigter erwarten würden. Einer Überstellung würde aber nur entgegenstehen, wenn für einen Betroffenen das Risiko gegeben wäre, sich nach der Überstellung aufgrund seiner besonderen Verletzbarkeit unabhängig von seinem Willen und seinen persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not zu befinden (EuGH 19.03.2019, C-298/17 ua, Ibrahim).

Wie im angefochtenen Bescheid ausführlich und unter Heranziehung zahlreicher aktueller Berichte dargelegt wurde, gewährleistet Griechenland grundsätzlich ausreichend Schutz für Flüchtlinge. Anerkannte Flüchtlinge erhalten eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre. Nach fünf Jahren Aufenthalt ist für einen anerkannten Flüchtling die Erteilung einer dauerhaften Aufenthaltsgenehmigung möglich. Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte haben Anspruch auf die gleichen sozialstaatlichen Möglichkeiten wie griechische Staatsangehörige. Sie erhalten eine erneuerbare Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre und haben Zugang zum Arbeitsmarkt, zu medizinischer Behandlung und deren Kinder können die Schule besuchen. Zwar ist der gleichberechtigte Zugang zu sozialen Rechten wie für griechische Staatsangehörige in der Praxis durch verschiedene Faktoren erschwert, doch ergibt sich aus den Länderberichten auch, dass Schutzberechtigte in Bezug auf ihre Unterbringung und Versorgung etwa auch auf Hilfsangebote von NGOs zurückgreifen können.

Dass in Griechenland möglicherweise weniger Integrationsangebote bestehen könnten als in anderen europäischen Ländern verletzt den BF nicht in seinen Grundrechten. Insbesondere besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass der BF in diesem Staat keinerlei Existenzgrundlage vorfände und sich in einer Situation extremer materieller Not befinden würde. So ist zu bedenken, dass grundsätzlich anerkannte Flüchtlinge beziehungsweise Personen mit einem Aufenthaltsrecht nach einer Übergangsphase der Unterstützung gehalten sind, ihre Existenz - so wie auch alle anderen Staatsbürger eines Landes - selbst zu erwirtschaften haben.

Die Unterbringungs- und Versorgungslage in Griechenland ist sohin nicht dergestalt beschaffen, um eine Rückkehr eines jungen, an keinen schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidenden Mannes dorthin als unzulässig erscheinen zu lassen. So kann nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass ein Drittstaatsangehöriger im Fall einer Überstellung nach Griechenland konkret Gefahr liefe, dort einer gegen das Folterverbot des Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung unterworfen zu werden. Es ist dem BF zuzumuten, nach einer Rücküberstellung die in den Länderberichten angesprochenen Schwierigkeiten beim Zugang zu staatlichen Versorgungsleistungen zu überwinden bzw. erforderlichenfalls auch auf die nach den Feststellungen bestehenden Hilfsangebote von NGOs zurückzugreifen. Im Falle einer Überstellung hat der BF Behördenkontakt, sodass ihm, entsprechend den Feststellungen, Unterkunft und Verpflegung zustehen.

In der Erstbefragung hat der BF lediglich pauschal davon gesprochen, dass das Leben in Griechenland sehr schlecht sei und er auf der Straße schlafen habe müssen. Laut seiner zweiten Einvernahme vor dem BFA soll sich der BF 36 Tage in einem geschlossenen Camp befunden haben und war demnach insofern offenbar nicht obdachlos. Wenn der BF in seiner zweiten Einvernahme in Steigerung seines Vorbringens darüber hinaus zu Protokoll gegeben hat, dass er zusätzlich 7 Tage im Gefängnis gewesen sei und hievon - dem Akteninhalt widersprechend - auch bereits erzählt haben will, ist anzumerken, dass der BF seinen angeblichen Gefängnisaufenthalt selbst mit seinem illegalen Aufenthalt in Griechenland begründet und damit relativiert hat. Wie sich aus der Mitteilung der griechischen Behörden an das BFA über die Zuerkennung von Flüchtlingsstatus an den BF mit 30.10.2019 ergibt, hat der BF die Entscheidung über die Zuerkennung vom Flüchtlingsstatus und in weiterer Folge auch die Entscheidung über die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nicht erhalten. Daraus ist abzuleiten, dass der BF offenbar bereits 14 Tage nach seiner Asylantragstellung für die griechischen Behörden nicht mehr greifbar gewesen sein dürfte. Damit hat sich der BF auch der Möglichkeit der Anwendung der Praxis begeben, wonach es laut Länderberichten Schutzberechtigten, die als Asylwerber ua in einem Flüchtlingslager untergebracht waren, gestattet werde, nach ihrer Anerkennung für weitere 6 Monate in der gleichen Unterkunft zu bleiben. Im Übrigen besteht auch für die griechische Bevölkerung derzeit noch keine staatliche Sozialleistung zur Wohnungsunterstützung. Nicht unerwähnt bleiben soll in diesem Zusammenhang, dass der BF aufgrund von Abgängigkeit aus dem österreichischen Grundversorgungssystem abgemeldet wurde und demnach seinen Verbleib samt Unterkunft durchaus selbst zu organisieren in der Lage sein dürfte. Nicht zuletzt sind die Schilderungen des BF auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass er von vornherein nicht nach Griechenland, sondern nach Österreich oder Deutschland gelangen und daher nicht in Griechenland bleiben habe wollen.

Wenn der BF schließlich ins Treffen führt, dass er in Griechenland aufgrund seines Interesses für das Christentum der Bedrohung durch andere Flüchtlinge ausgesetzt gewesen sei, so ist darauf hinzuweisen, dass diesbezüglich die Möglichkeit besteht, den Schutz der Behörden in Anspruch zu nehmen. In Ermangelung konkreter Anhaltspunkte kann nicht davon ausgegangen werden, dass die griechischen Behörden allenfalls strafrechtlich relevanten Taten gleichgültig gegenüberstehen oder diese sanktionslos dulden würden. Dass die griechischen Behörden schutzunfähig oder schutzunwillig wären, kann den Länderberichten nicht entnommen werden. Der BF hat derartige Vorfälle jedoch nicht einmal zur behördlichen Anzeige gebracht. Im Übrigen könnten Drohungen von Landsleuten im Zusammenhang mit einem Abfall vom Islam und einer Zuwendung zum Christentum auch in anderen Staaten - so auch in Österreich - nicht ausgeschlossen bzw. gänzlich hintangehalten werden.

Was die aktuelle Covid-19-Pandemie betrifft, so ergibt sich auch daraus kein abweichendes Bild und führt diese ebenso nicht zu einer Unmöglichkeit einer Rückführung des BF nach Griechenland. Wie vorstehend dargestellt, sind die Infektionszahlen einschließlich der Zahl an Todesfällen in Griechenland sehr gering, zumal bereits Österreich vergleichsweise geringe Zahlen aufweist. Zudem handelt es sich beim BF um einen an keinen schweren Erkrankungen leidenden jungen Mann, der somit nicht der Covid-19-Risikogruppe (Personen über 65 Jahre, Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen), bei der mitunter schwere Verläufe der Erkrankung zu verzeichnen sind, zuzurechnen ist.

Medizinische Krankheitszustände, Behandlung in Griechenland:

Wie festgestellt, können keine schwerwiegenden überstellungshinderlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen des BF erkannt werden.

Von bereits im Herkunftsstaat bestehenden und behandelten Rückenbeschwerden abgesehen, gegen die in Österreich eine physiotherapeutische Behandlung verordnet und eine Röntgenzuweisung veranlasst wurden und gelegentlichen Kopf- und Magenschmerzen abgesehen, wurden keine gesundheitlichen Beschwerden vorgetragen und sind solche auch nicht aktenkundig.

Im Falle, dass der BF in Griechenland eine ärztliche Behandlung benötigen sollten, ist der Zugang zu einer solchen nach den Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides im zuständigen Mitgliedstaat wie für Inländer gewährleistet.

Im Übrigen hat im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Vgl. VfGH vom 06.03.2008, Zl. B 2400/07-9 und die darin behandelte relevante Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Art. 3 EMRK, EGMR im Fall D./Vereinigtes Königreich vom 02.05.1997 zu 30240/96).

Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass die Fremdenpolizeibehörde bei der Durchführung einer Abschiebung im Falle von bekannten Erkrankungen des Fremden durch geeignete Maßnahmen dem jeweiligen Gesundheitszustand Rechnung zu tragen hat. Insbesondere erhalten kranke Personen eine entsprechende Menge der benötigten verordneten Medikamente. Anlässlich einer Abschiebung werden von der Fremdenpolizeibehörde auch der aktuelle Gesundheitszustand und insbesondere die Transportfähigkeit beurteilt sowie gegebenenfalls bei gesundheitlichen Problemen entsprechende Maßnahmen gesetzt. Bei Vorliegen schwerer psychischer Erkrankungen und insbesondere bei Selbstmorddrohungen werden geeignete Vorkehrungen zur Verhinderung einer Gesundheitsschädigung getroffen.

Mögliche Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK:

Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Eine familiäre Beziehung unter Erwachsenen fällt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und des Verfassungsgerichtshofes nur dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (EGMR 12.01.2010, 47486/06, A. W. Khan, RN 32; VfGH 09.06.2006, B 1277/04; VwGH 25.04.2008, 2007/20/0720 bis 0723).

Im gegenständlichen Fall befinden sich laut Angabe des BF in der Erstbefragung keine Verwandten im Bundesgebiet. In seiner zweiten Einvernahme vor dem BFA hat der BF zwar erwähnt, dass ein entfernter Verwandter seines Vaters in Österreich sein solle, hat diesen jedoch nicht einmal namentlich genannt und räumt selbst ein, dass er diesen lediglich vor 10 Jahren in Afghanistan gesehen habe und kein Kontakt bestehe. Ein im Sinne des Art. 8 EMRK schützenswertes Familienleben des BF in Österreich liegt somit nicht vor.

Die privaten und familiären Interessen der BF an einem Verbleib im Bundesgebiet treten fallbezogen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des VwGH ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund.

Festzuhalten ist, dass der BF zu keinem Zeitpunkt über einen regulären Aufenthaltstitel in Österreich verfügten und seinen Aufenthalt vielmehr nur auf den zeitweiligen faktischen Abschiebeschutz aufgrund der gegenständlichen unzulässigen Anträge auf internationalen Schutz stützten. Dem BF musste der unsichere Aufenthaltsstatus in Österreich von vornherein bewusst sein und konnte dieser zu keinem Zeitpunkt davon ausgehen, dass sein Aufenthalt in Österreich dauerhaft sein würde, zumal ihm die beabsichtigte Abschiebung nach Griechenland nachweislich zur Kenntnis gebracht worden ist.

Weiters war der vom BF in Österreich zugebrachte Zeitraum von wenigen Monaten gemessen an der Judikatur des EGMR und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes als kein ausreichend langer Zeitraum zu qualifizieren. Aus der Rechtsprechung des VwGH ergibt sich, dass etwa ab einem zehnjährigen Aufenthalt im Regelfall die privaten Interessen am Verbleib im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen überwiegen können (09.05.2003, 2002/18/0293). Gleiches gilt für einen siebenjährigen Aufenthalt, wenn eine berufliche und soziale Verfestigung vorliegt (05.07.2005, 2004/21/0124).

Schwer ins Gewicht fällt zudem die Missachtung der österreichischen Einreise- und Einwanderungsvorschriften durch den BF. Gemäß Art. 3 Abs. 1 letzter Satz Dublin III-VO wird jeder Antrag auf internationalen Schutz von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Wenn aber ein Drittstaatsangehöriger bereits in einem Mitgliedstaat internationalen Schutz, also entweder Asyl oder subsidiären Schutz, erhalten hat, kann ein neuerlicher Asylantrag dieser Person in einem anderen Mitgliedstaat gemäß Art. 33 Abs. 2 lit. a Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU als unzulässig zurückgewiesen werden. Daher stellt die rechtswidrige Weiterreise der BF innerhalb der Union - der BF wurde zunächst an der illegalen Einreise nach Deutschland gehindert und von den deutschen Behörden den österreichischen Behörden übergeben - zwecks Einbringung eines weiteren Asylantrages gerade jenes Verhalten dar, das durch die Rechtsvorschriften des gemeinsamen europäischen Asylsystems hintangehalten werden soll, um eine zügige Bearbeitung der zahlreichen jährlich gestellten Asylanträge in den Mitgliedstaaten der Union zu ermöglichen.

Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, die einen Aufenthaltstitel erlangen wollen. Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. Hingegen kann nach der maßgeblichen Rechtsprechung ein allein durch Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu verhaltenden Drittstaatsangehörigen führen (EGMR 08.04.2008, 21878/06, Nnyanzi; VfGH 12.06.2010, U 613/10).

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt daher insgesamt zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall bei Wahrnehmung der Unzuständigkeit Österreichs keine Verletzung von Bestimmungen der GRC oder der EMRK zu befürchten ist. Daher hat das BFA auch im Hinblick darauf, dass dem BF bereits in Griechenland der Flüchtlingsstatus zuerkannt worden ist und dieser - vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen zur aktuellen Lage für Schutzberechtigte in diesem Staat und unter Berücksichtigung der individuellen konkreten Situation - sohin in Griechenland Schutz vor Verfolgung gefunden habe, den nunmehr in Österreich gestellten weiteren Antrag auf internationalen Schutz zu Recht gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass sich der BF nach Griechenland zurück zu begeben haben.

Der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet im Ausmaß von einigen Monaten ist nicht geduldet. Der BF ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei Gegenteiliges weder im Verwaltungs- noch im Beschwerdeverfahren behauptet wurde.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG iVm § 61 Abs. 1 FPG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 4a zurückgewiesen wird. Die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 61 Abs. 2 FPG ist gegeben, da oben festgestellt wurde, dass dadurch keine Verletzung von Art. 3 EMRK bewirkt wird, und auch sonst keinerlei Hinweise auf eine Bedrohungssituation im Sinne des § 50 FPG vorliegen.

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die gegenwärtige Covid-19-Pandemie allenfalls temporär bestehende faktische Hindernisse betreffend die Überstellung des BF nach Griechenland in der gegenständlichen Entscheidung außer Betracht zu bleiben haben. Die Durchführung der Überstellung obliegt der Fremdenpolizeibehörde.

Nach § 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben (siehe auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.05.2014, Zlen. Ra 2014/20/0017 und 0018, wobei die dort genannten Kriterien für die Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG gegenständlich erfüllt sind). Es ergab sich sohin auch kein Hinweis auf die Notwendigkeit, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem BF zu erörtern (vgl. VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533, VwGH 01.04.2004, 2001/20/0291).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Fall ist d

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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