TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/8 W192 2213108-1

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Veröffentlicht am 08.06.2020
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Entscheidungsdatum

08.06.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs1 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs3 Z1

Spruch

W192 2213108-1/15E
IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ruso als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Serbien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.11.2018, Zahl: 1201826409-180754794, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 10 Abs. 2, 57 AsylG 2005 i.d.g.F., § 9 BFA-VG i.d.g.F., §§ 46, 52 Abs. 1 Z 1 und 2 und Abs. 9, 53 Abs. 3 Z 1 FPG i.d.g.F. als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger Serbiens, reiste zu einem unbekannten Zeitpunkt in das österreichische Bundesgebiet ein und wurde am 25.07.2018 wegen des dringenden Verdachts der Begehung von Delikten nach dem Suchtmittelgesetz festgenommen.
Nachdem über diesen die Untersuchungshaft verhängt worden war, wurde der Beschwerdeführer mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.08.2018, zugestellt am 17.08.2018, über ein gegen seine Person eingeleitetes Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot in Kenntnis gesetzt. Der ihm eingeräumten Möglichkeit, zur beabsichtigten Vorgehensweise des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie zu relevanten Aspekten seines Privat- und Familienlebens und einer allfälligen Gefährdung in seinem Herkunftsstaat schriftlich Stellung zu beziehen, kam der Beschwerdeführer nicht nach.
Mit Urteil eines österreichischen Landesgerichts vom 20.09.2018 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG, des Vergehens der Vorbereitung des Suchtgifthandels nach § 28 Abs. 1 zweiter Fall SMG sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt, von der ihm ein Teil in der Höhe von 12 Monaten unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde.
2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.11.2018 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gegen den Beschwerdeführer erlassen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt II.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt und es wurde einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf im Rahmen der Entscheidungsbegründung Feststellungen zur aktuellen Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers, stellte dessen Identität und Staatsbürgerschaft fest und erwog weiters, dass der Beschwerdeführer nie eine behördliche Meldung im Bundesgebiet besessen hätte und hier weder über familiäre noch über berufliche Bindungen verfüge.

Bei Serbien handle es sich um einen sicheren Herkunftsstaat, sodass keine gegen eine Rückkehr des Beschwerdeführers sprechenden Gründe zu erkennen seien.

Der Beschwerdeführer sei als Inhaber eines biometrischen serbischen Reisepasses zur visumsfreien Einreise in das Bundesgebiet grundsätzlich berichtigt gewesen, habe jedoch bereits kurze Zeit nach seiner Einreise strafbare Handlungen im Bereich des Suchtgifthandels begangen und habe dadurch gezeigt, nicht gewillt zu sein, sich an die österreichischen Gesetze zu halten. Dessen näher dargestelltes Fehlverhalten stelle eine erhebliche, tatsächliche und gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit dar, welche die Erlassung eines Einreiseverbotes in der ausgesprochenen Dauer unabdingbar mache. Die Einreise des Beschwerdeführers ins Bundesgebiet sei ausschließlich zur Begehung strafbarer Handlungen erfolgt und er verfüge über keine hinreichenden Barmittel zur Finanzierung eines weiteren Aufenthaltes.

Aufgrund des Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers sei eine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Sicherheit gelegen, weshalb einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung abzuerkennen und keine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen gewesen sei, zumal für die Behörde feststünde, dass dem Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr keine Gefahr einer Menschenrechtsverletzung drohe.
3. Gegen den oben dargestellten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl richtet sich die durch die damals bevollmächtigte Rechtsberatungsorganisation am 07.12.2018 fristgerecht eingebrachte vollumfängliche Beschwerde, in der begründend ausgeführt wurde, die Behörde habe ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren durchgeführt, zumal sie den Beschwerdeführer im Vorfeld der Bescheiderlassung nicht einvernommen und dadurch sein Recht auf Parteiengehör verletzt hätte. Die Behörde habe diesem eine schriftliche Verständigung zukommen lassen, jedoch nicht berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer der deutschen Sprache nicht mächtig sei und aufgrund seiner Inhaftierung keine Möglichkeit zur Konsultierung einer Rechtsberatungsorganisation besessen hätte. Überdies habe die Behörde es unterlassen, Länderfeststellungen in Bezug auf die dem Beschwerdeführer in Serbien drohenden Haftbedingungen zu treffen, zumal eine Verbüßung der restlichen Haftstrafe in diesem Land möglich erscheine. In diesem Zusammenhang hätte die Behörde auszugsweise zitierte Berichte des US-Department of State aus März 2017 sowie aus April 2016 berücksichtigen müssen, welchen sich entnehmen ließe, dass die Haftbedingungen in Serbien nicht den internationalen Standards entsprächen. Zur Begründung des Einreiseverbotes habe sich die belangte Behörde ausschließlich auf die Verurteilung des Beschwerdeführers gestützt, jedoch eine Prüfung, ob ein Privat- und Familienleben in Österreich oder in einem anderen Staat, für den die Rückführungsrichtlinie gelte, tatsächlich bestehe, ebenso unterlassen, wie eine individualisierte Gefährdungsprognose. Ebensowenig habe die Behörde im Rahmen der zu treffenden Prognoseentscheidung die vorliegenden Milderungsgründe sowie den Umstand, dass der Strafrahmen bei weitem nicht voll ausgeschöpft worden sei, berücksichtigt. Schließlich finde sich keine nachvollziehbare Begründung hinsichtlich der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes. Die Durchführung einer Einvernahme hätte ergeben, dass ein Onkel des Beschwerdeführers in Österreich aufhältig sei und der Beschwerdeführer als Techniker, der für Schulungen auch im Schengen-Raum reisen müsse, durch Verhängung eines Einreiseverbotes besonders betroffen sei. Die Erlassung eines Einreiseverbotes für den gesamten Schengen-Raum sei im gegenständlichen Fall keinesfalls verhältnismäßig und die Behörde hätte dieses zumindest auf Österreich beschränken müssen.
Mit Urteil eines österreichischen Landesgerichtes vom 30.11.2018 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 erster und zweiter Fall SMG zu einer Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt.
4. Mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.01.2019 wurde (A.) der gemeinsam mit der Beschwerde gestellte Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, als unzulässig zurückgewiesen, (B.) die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung als unbegründet abgewiesen und ausgesprochen, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuerkannt werde sowie (C.) dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Begründend wurde im Wesentlichen erwogen, angesichts der massiven Suchtgiftdelinquenz des Beschwerdeführers, die nach der Rechtsprechung des VwGH ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstelle, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben sei und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse bestehe (siehe z.B. VwGH 1.3.2018, Ra 2018/19/0014), liege auch bei Berücksichtigung der behaupteten privaten Bindungen (Verwandte in Österreich; Aufenthalte im Schengenraum zur beruflichen Weiterbildung) kein unverhältnismäßiger Eingriff in sein Privat- und Familienleben vor, zumal dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aufgrund der gravierenden Straftaten ein sehr großes Gewicht beizumessen sei (vgl. VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0271) und die Kontakte zwischen dem Beschwerdeführer und seinen Bezugspersonen derzeit ohnedies haftbedingt eingeschränkt wären. Eine Grobprüfung der vorgelegten Akten und der dem BVwG vorliegenden Informationen über die aktuelle Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers hätten keine konkreten Hinweise für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 BFA-VG ergeben, zumal es sich bei Serbien gemäß § 1 Z 6 HStV um einen sicheren Herkunftsstaat handle und nicht konkret zu befürchten sei, dass der Beschwerdeführer dort eine Haftstrafe verbüßen müsse. Im Ergebnis sei die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers nach seiner Entlassung aus der Strafhaft aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich; die vom BFA vorgenommene Interessenabwägung sei nicht zu beanstanden. Es sei dem Beschwerdeführer zumutbar, den Verfahrensausgang nach einer allfälligen Entlassung aus der Strafhaft in seinem Herkunftsstaat abzuwarten.
5. Am 26.03.2019 wurde der Beschwerdeführer auf dem Luftweg aus dem Bundesgebiet nach Serbien abgeschoben.
6. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.04.2020 wurde die gegenständliche Rechtssache der ursprünglich zuständigen Gerichtsabteilung abgenommen und der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung neu zugewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Serbiens und führt die im Spruch angeführten Personalien; seine Identität steht aufgrund der Vorlage eines biometrischen serbischen Reisepasses fest. Der Beschwerdeführer ist zu einem unbekannten Zeitpunkt in das Bundesgebiet eingereist und nahm unangemeldet Unterkunft. Am 28.07.2018 wurde über diesen die Untersuchungshaft wegen des Verdachts der Begehung von Suchtmitteldelikten verhängt, nachdem er am 25.07.2018 im Bundesgebiet festgenommen worden war.
Mit rechtskräftigem Urteil eines österreichischen Landesgerichts vom 20.09.2018 wurde der Beschwerdeführer wegen (A.) des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG, (B.) des Vergehens der Vorbereitung des Suchtgifthandels nach § 28 Abs. 1 zweiter Fall SMG sowie (C.) des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt, von der ihm ein Teil in der Höhe von 12 Monaten unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde.

Der Verurteilung lag zugrunde, dass er (A.) im Zeitraum Mitte Juni 2018 bis 25.07.2018 Heroin in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge (insgesamt 345 g mit durchschnittlichem Reinheitsgehalt) an diverse Abnehmer gewinnbringend verkaufte, (B.) am 25.07.2017 Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge mit dem Vorsatz besaß, dass es in Verkehr gesetzt werde, indem er es in Säckchen portioniert bei sich trug und (C.) von Mitte Juni 2018 bis 25.07.2018 in mehreren Angriffen insgesamt 15 g Cannabiskraut zum persönlichen Gebrauch erwarb und besaß.

Bei der Strafzumessung wurden das teils überschießende Geständnis und die Sicherstellung von Suchtgift als mildernd berücksichtigt, die Vorstrafe in Serbien und das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen dagegen als erschwerend.
Der Beschwerdeführer verbüßte den unbedingten Strafteil in einer österreichischen Justizanstalt. Ihm wurde in Österreich nie ein Aufenthaltstitel erteilt; er wies hier – abgesehen von Wohnsitzmeldungen in Justizanstalten – keine Wohnsitzmeldungen auf und war im Bundesgebiet nie legal erwerbstätig. Abgesehen vom Beschwerdevorbringen, wonach sich sein Onkel mit Familie in Österreich aufhält und der Beschwerdeführer berufsbedingt an Schulungen im Schengenraum teilnehmen muss, gibt es keine Anhaltspunkte für familiäre oder private Anknüpfungen in Österreich oder in einem anderen Staat, für den die Rückführungsrichtlinie gilt. Es können auch keine Integrationsbemühungen des Beschwerdeführers festgestellt werden. Er spricht Serbisch; ob er auch der deutschen Sprache mächtig ist, ist nicht bekannt.
Nach der Erlassung des angefochtenen Bescheids wurde der Beschwerdeführer mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil eines österreichischen Landesgerichts vom 30.11.2018 wegen des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel gemäß § 28 Abs. 1 erster und zweiter Fall SMG rechtskräftig zu einer sechsmonatigen Zusatzstrafe verurteilt.

Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer im Juli 2018 Suchtgift (Heroin) in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge mit dem Vorsatz erworben und besessen hat, dass es in Verkehr gesetzt wird, indem er dieses in seiner Wohnung zum späteren Verkauf bis zu seiner Verhaftung aufbewahrte.
Am 26.03.2019 wurde der Beschwerdeführer auf dem Luftweg aus dem Bundesgebiet nach Serbien abgeschoben. Hinweise auf eine seither erfolgte neuerliche Einreise ins Schengen-Gebiet respektive auf einen aktuellen Inlandsaufenthalt liegen nicht vor.
1.2. Die Einreise des Beschwerdeführers erfolgte ausschließlich zum Zweck der Verschaffung eines Einkommens durch Begehung von Suchtgifthandel. Der Beschwerdeführer ist aufgrund der von ihm begangenen Straftaten und seines Persönlichkeitsbildes als schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit anzusehen.
1.3. Der Beschwerdeführer hat nicht vorgebracht, dass ihm in Serbien eine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit droht. Aufgrund seines Alters und Gesundheitszustandes ist er zu einer eigenständigen Bestreitung seines Lebensunterhalts in Serbien in der Lage.
1.4. Zur Lage im Herkunftsstaat

des Beschwerdeführers wird auf die im angefochtenen Bescheid ersichtlichen Länderberichte verwiesen, aus denen sich eine unbedenkliche allgemeine Lage für Rückkehrer ergibt.
1.5.

Mit in Rechtskraft erwachsenem Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.01.2019 wurde der gemeinsam mit der Beschwerde gestellte Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, als unzulässig zurückgewiesen, die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III. Satz 2 des angefochtenen Bescheids) als unbegründet abgewiesen und ausgesprochen, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuerkannt werde.
2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers gründen sich auf den im Veraltungsakt in Kopie einliegenden serbischen Reisepass des Beschwerdeführers.

Die Ausführungen zum Verfahrensverlauf ergeben sich aus dem Inhalt der entsprechenden Verwaltungs- und Gerichtsakten.

Die Feststellung, dass sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides illegal im Bundesgebiet aufgehalten hat, ergibt sich aus dem Umstand, dass er zu diesem Zeitpunkt bereits nachweislich strafrechtswidrig in Erscheinung getreten war (wodurch er Zweck und Bedingungen eines visumsfreien Aufenthalts überschritten hat) und keinerlei Dokumente vorlegte, welche ihn zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigen würden.

2.2. Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus den im Akt befindlichen Urteilsausfertigungen. Die Feststellungen über die Dauer der Anhaltung des Beschwerdeführers in Untersuchungs- und Strafhaft ergeben sich aus den darüber vorgelegten Unterlagen. Seine am 26.03.2019 erfolgte Abschiebung nach Serbien ist im Verwaltungsakt dokumentiert, wobei keine Hinweise auf eine seitherige neuerliche Einreise des Beschwerdeführers ins Gebiet der Mitgliedstaaten respektive auf einen aktuellen Inlandsaufenthalt vorliegen. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer mit Ausnahme seiner Haftzeiten nie einen Wohnsitz im Bundesgebiet besessen hat, ergibt sich aus einer Abfrage des Zentralen Melderegisters.

Aus den vorliegenden Ausfertigungen der gegen den Beschwerdeführer ergangenen strafgerichtlichen Verurteilungen ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer durch das zuständige Landesgericht wegen der Begehung insbesondere des Verbrechens des Suchtgifthandels sowie der Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel und des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten sowie zu einer Zusatzstrafe in Höhe von sechs Monaten verurteilt worden ist, deren unbedingten Teil er im Bundesgebiet verbüßt hat. Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer ab Mitte Juni 2018 bis zu seiner Festnahme am 25.07.2018 im Bundesgebiet Heroin in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge an diverse Abnehmer gewinnbringend verkaufte, am 25.07.2017 Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge mit dem Vorsatz besaß, dass es in Verkehr gesetzt werde, indem er es in Säckchen portioniert bei sich trug sowie in seiner Wohnung aufbewahrte und von Mitte Juni 2018 bis 25.07.2018 in mehreren Angriffen insgesamt 15 g Cannabiskraut zum persönlichen Gebrauch erwarb und besaß.

Aus den Urteilsgründen wird ersichtlich, dass der Beschwerdeführer bereits kurz nach seiner zu einem unbekannten Zeitpunkt erfolgten Einreise ins Bundesgebiet seine Delinquenz im Bereich des Handels mit Heroin aufgenommen hat. Da der Beschwerdeführer ansonsten keinerlei Anknüpfungspunkte sozialer oder wirtschaftlicher Natur im Bundesgebiet dargetan hat, steht fest, dass die Einreise und der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ausschließlich den Zweck der Verschaffung einer illegalen Einkommensquelle durch die Begehung von Suchtgifthandel verfolgten. Ausgehend davon führte die belangte Behörde zu Recht an, dass der Beschwerdeführer seinen Unwillen zur Befolgung der geltenden Gesetze klar zum Ausdruck gebracht hat und eine positive Zukunftsprognose unter Berücksichtigung des bisherigen Verhaltens des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nicht getroffen werden kann. Der in der Beschwerde vorgebrachte Aufenthalt eines Onkels des Beschwerdeführers in Österreich sowie dessen (frühere) Arbeit als Techniker, welche zu Schulungszwecken Reisen in den Schengen-Raum erforderlich gemacht hätte, vermögen das vom Beschwerdeführer im Bundesgebiet unbestritten gesetzte strafrechtswidrige Verhalten keinesfalls zu relativieren, sodass sich auch unter Zugrundelegung jenes Vorbringens keine andere Einschätzung hinsichtlich des Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers treffen ließe. Durch die bewusste Begehung von schwerwiegenden Delikten im Bereich des Suchtgifthandels hat der Beschwerdeführer im Übrigen die Verunmöglichung allfälliger künftiger Besuche seines Onkels im Bundesgebiet sowie den Besuch der erwähnten Fortbildungsveranstaltungen im Ausland bereits in Anbetracht der für solche Straftaten drohenden mehrjährigen Haftstrafen bewusst in Kauf genommen.

Insofern ist die Annahme gerechtfertigt, dass der Beschwerdeführer bei einem weiteren Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Das Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers ist durch eine Gleichgültigkeit gegenüber der Rechtsordnung geprägt.

2.3. Die Feststellungen über die privaten und familiären Verhältnisse des Beschwerdeführers in Österreich beruhen auf der unbeantwortet gebliebenen Aufforderung zur Stellungnahme im Verfahren vor dem Bundesamt sowie den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zum Nichtbestehen relevanter Bindungen in Österreich, denen in der Beschwerde inhaltlich nicht entgegengetreten wurde. Der Beschwerdeführer hat in der Beschwerde unbelegt vorgebracht, einen Onkel im Bundesgebiet zu haben, jedoch keine näheren Ausführungen über dessen Identität, Aufenthaltsstatus sowie die Intensität der Beziehung zu diesem getroffen. Die Führung eines gemeinsamen Familienlebens mit diesem respektive das Vorliegen eines besonderen Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnisses zu jenem Onkel war daher nicht festzustellen. Ebensowenig hat der Beschwerdeführer durch sein unbelegtes Vorbringen, als Techniker zu arbeiten und zwecks Schulungen ins Gebiet der Schengenstaaten reisen zu müssen, eine gewichtige Bindung respektive Integration in einem der an die Rückführungsrichtlinie gebundenen Staaten aufgezeigt.

Die Beschwerde hat bemängelt, dass der Beschwerdeführer im Vorfeld der Bescheiderlassung nicht persönlich einvernommen worden sei, sondern lediglich im Wege eines schriftlichen Parteiengehörs die Gelegenheit erhalten hätte, sich in der gegenständlichen Rechtssache zu äußern; eine potentielle Relevanz eines allfälligen Verfahrensmangels (s. dazu etwa VwGH 20.11.2019, Ra 2019/15/0118) hat die Beschwerde jedoch nicht dargetan, zumal die schwerwiegende strafrechtliche Delinquenz des Beschwerdeführers unbestritten blieb und auch die Beschwerde kein konkretes Vorbringen hinsichtlich allenfalls im Bundesgebiet oder einem anderen Staat bestehender enger privater oder familiärer Bindungen oder eines sonst zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Sachverhaltes erstattet hat. Die Durchführung einer Einvernahme hätte demnach zu keinem anderen Verfahrensergebnis geführt und es bestand folglich auch im Beschwerdeverfahren kein Bedarf an einer zusätzlichen Erörterung verfahrensrelevanter Tatsachen.

2.4. Der Beschwerdeführer hat im Verfahren keine konkreten Rückkehrbefürchtungen bezogen auf Serbien, einen sicheren Herkunftsstaat im Sinne der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), geäußert. Soweit die Beschwerde auf die teils nicht internationalen Standards entsprechenden Haftbedingungen in Serbien verwiesen hat, so wurde hierdurch kein konkretes Vorbringen einer dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat allenfalls drohenden Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK garantierten Rechte aufgezeigt. Der Beschwerdeführer hat weder einen Anhaltspunkt für eine ihm im Falle einer Rückkehr nach Serbien tatsächlich drohende Inhaftierung aufgezeigt, noch legte er Berichte vor, welchen sich entnehmen ließe, dass Inhaftierte in serbischen Haftanstalten generell Art. 3 EMRK verletzenden Haftbedingungen ausgesetzt seien. Da es sich beim Beschwerdeführer überdies um einen volljährigen Mann handelt, welcher an keinen Erkrankungen leidet, den prägenden Teil seines Lebens in Serbien verbracht hat und muttersprachlich Serbisch spricht, können keine exzeptionellen Umstände erkannt werden, vor deren Hintergrund anzunehmen wäre, dass er zur eigenständigen Erwirtschaftung seines Lebensunterhaltes in Serbien nicht in der Lage sein und konkret gefährdet sein würde, in eine existenzbedrohende Notlage zu geraten. Da der Beschwerdeführer, wie angesprochen, aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt und auch aufgrund seiner persönlichen Umstände als Mann im arbeitsfähigen Alter, der an keinen schwerwiegenden Erkrankungen leidet, nicht erkannt werden kann, dass dieser im Herkunftsstaat potentiell einer maßgeblichen Gefährdungslage ausgesetzt sein würde, konnte auch von Amts wegen kein Hinweis auf das mögliche Vorliegen einer im Fall einer Abschiebung drohenden Verletzung der körperlichen Unversehrtheit des Beschwerdeführers erkannt werden.

2.5. Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die im angefochtenen Bescheid zitierten Quellen, welche in der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen wurden. Der Beschwerdeführer ist den Feststellungen, demzufolge in Serbien eine weitgehend unbedenkliche Sicherheitslage sowie eine – auch in medizinischer Hinsicht – ausreichende Grundversorgung besteht, nicht entgegengetreten. Insofern die herangezogenen Länderberichte Quellen älteren Datums enthalten, ist festzuhalten, dass sich die entscheidungsrelevante Lage zufolge laufender Medienbeobachtung im Wesentlichen als unverändert darstellt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei Serbien um einen Staat handelt, der weder von bürgerkriegsähnlichen Zuständen noch Kampfhandlungen betroffen ist, und auch sonst nicht – etwa im Vergleich zu Krisenregionen wie Afghanistan, Irak, Somalia, Syrien, u.a. – als Staat mit sich rasch ändernder Sicherheitslage auffällig wurde (vgl. dazu etwa VfGH 21.9.2017, Zl. E 1323/2017-24, VwGH 13.12.2016, Zl. 2016/20/0098). Letztlich ist abermals darauf hinzuweisen, dass Serbien aufgrund der Ermächtigung nach § 19 Abs. 5 Z 2 BFA-VG laut § 1 Z 6 der Verordnung der Bundesregierung, mit der Staaten als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung - HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, als sicherer Herkunftsstaat gilt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBl I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.2. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung stellen sich die maßgeblichen Rechtsgrundlagen wie folgt dar:

3.2.1.1. Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

Das AsylG 2005 regelt in seinem 7. Hauptstück die Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen sowie das Verfahren zur Erteilung derselben. Die darin enthaltenen Bestimmungen lauten auszugsweise:

„Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK

§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ‚Aufenthaltsberechtigung plus‘ zu erteilen, wenn

1.       dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2.       der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG) erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine ‚Aufenthaltsberechtigung‘ zu erteilen.

[…]

Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ zu erteilen:

1.       wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2.       zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3.       wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) – (4) […]

Antragstellung und amtswegiges Verfahren

§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1.       der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2.       der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3.       einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

4.       einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

5.       ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 ist von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. (3) – (13) […]“

Die maßgeblichen Bestimmungen des 7. und 8. Hauptstücks des FPG lauten:

„Abschiebung

§ 46. (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

1.       die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2.       sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3.       auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4.       sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

(2) – (6) [...]

[...]

Verbot der Abschiebung

§ 50. (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

[...]

Rückkehrentscheidung

§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1.       nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2.       nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) – (7) [...]

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Liegt ein Fall des § 55a vor, so wird die Rückkehrentscheidung mit dem Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise durchsetzbar. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) – (11) […]

[...]

Frist für die freiwillige Ausreise

§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

(5) […]“

§ 9 BFA-VG lautet wie folgt:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) – (6) [...]“

3.2.1.2. Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten Fremde sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf, (1.) wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben; (2.) wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind; (3.) wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind bis zu drei Monaten (Artikel 21 SDÜ gilt), sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen; (4.) solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG 2005 zukommt; (5.) bis zur Entscheidung über einen Verlängerungsantrag (§ 2 Abs. 4 Z 17a), solange der Aufenthalt als Saisonier in den vergangenen zwölf Monaten insgesamt die Dauer von neun Monaten nicht überschreitet; (Anm.: Z 6 aufgehoben durch Art. 2 Z 47, BGBl. I Nr. 145/2017) (7.) soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

Gemäß Art. 20 Schengener Durchführungsübereinkommen können sich sichtvermerksfreie Drittausländer in dem Hoheitsgebiet der Vertragsparteien frei bewegen, höchstens jedoch drei Monate innerhalb einer Frist von sechs Monaten von dem Datum der ersten Einreise an und soweit sie die in Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a, c, d und e aufgeführten Einreisevoraussetzungen erfüllen.

Gemäß Art. 5 Abs. 1 Schengener Durchführungsübereinkommen kann einem Drittausländer für einen Aufenthalt von bis zu drei Monaten die Einreise in das Hoheitsgebiet der Vertragsparteien gestattet werden, wenn er die nachstehenden Voraussetzungen erfüllt:

a)       Er muß im Besitz eines oder mehrerer gültiger Grenzübertrittspapiere sein, die von dem Exekutivausschuß bestimmt werden.

b)       Er muß, soweit erforderlich, im Besitz eines gültigen Sichtvermerks sein.

c)       Er muß gegebenenfalls die Dokumente vorzeigen, die seinen Aufenthaltszweck und die Umstände seines Aufenthalts belegen, und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel auf legale Weise zu erwerben.

d)       Er darf nicht zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein.

e)       Er darf keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die nationale Sicherheit oder die internationalen Beziehungen einer der Vertragsparteien darstellen.

Einem Drittausländer, der nicht alle diese Voraussetzungen erfüllt, muß die Einreise in das Hoheitsgebiet der Vertragsparteien gemäß Art. 5 Abs. 2 Schengener Durchführungsübereinkommen verweigert werden, es sei denn, eine Vertragspartei hält es aus humanitären Gründen oder Gründen des nationalen Interesses oder auf Grund internationaler Verpflichtungen für erforderlich, von diesem Grundsatz abzuweichen. In diesen Fällen wird die Zulassung auf das Hoheitsgebiet der betreffenden Vertragspartei beschränkt, die die übrigen Vertragsparteien darüber unterrichten muß. Die besonderen Bestimmungen des Asylrechts und des Artikels 18 bleiben unberührt.

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers war jedenfalls infolge seiner Straffälligkeit, mit welcher Zweck und Bedingungen seines visumsfreien Aufenthaltes überschritten wurden, zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Entscheidung nicht mehr rechtmäßig.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat die Rückkehrentscheidung demnach zu Recht auf Grundlage des § 52 Abs. 1 Z 1 FPG geprüft.

3.2.1.3. Zur Relevanz eines Inlandsaufenthaltes hat der Verwaltungsgerichtshof im Kontext jener Bestimmung in der Entscheidung vom 21.12.2017, Ra 2017/21/0234, Folgendes erwogen:

„Die Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 1 FPG ist die Reaktion auf den unrechtmäßigen Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen. Dazu sei angemerkt, dass sie nach Neufassung dieser Bestimmung durch das FNG nicht mehr zwingend an einen aktuellen inländischen Aufenthalt des betreffenden Drittstaatsangehörigen anknüpft. Eine Rückkehrentscheidung ist nämlich gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG seither auch dann anzuordnen, wenn sich der Drittstaatsangehörige bereits außerhalb des Bundesgebietes befindet, sofern er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde. Die in § 52 Abs. 8 erster Satz FPG umschriebene normative Wirkung einer Rückkehrentscheidung (Verpflichtung des Drittstaatsangehörigen zur (unverzüglichen) Ausreise) steht dazu nur scheinbar in einem Spannungsverhältnis. Gemäß § 12a Abs. 6 AsylG 2005 bleiben - u.a. - Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG nämlich 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht (zum Verständnis dieser Anordnung im Detail siehe VwGH 30.7.2015, Ra 2014/22/0131, Punkt 5.5. der Entscheidungsgründe), sodass die angesprochene Wirkung auch bei bereits erfolgter Ausreise - im Falle einer neuerlichen Einreise des Fremden nach Österreich - nicht von vornherein ins Leere geht.

Ausweislich der Materialien (ErläutRV 1803 BlgNR 24. GP 64) wurde der Rückkehrentscheidungstatbestand nach § 52 Abs. 1 Z 2 FPG zu dem Zweck geschaffen, dass sich ein Drittstaatsangehöriger nicht durch eine Ausreise der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entziehen können soll. Das betrifft neben der schon erwähnten zeitlichen Komponente einer Rückkehrentscheidung nach § 12a Abs. 6 AsylG 2005 (siehe auch § 11 Abs. 1 Z 3 NAG idF des FrÄG 2015) in erster Linie ein an die Verhängung einer Rückkehrentscheidung anknüpfendes Einreiseverbot, da ein solches ohne Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden darf (VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0151, Rn. 15).

Schon im Hinblick auf die ausdrückliche Zielsetzung des Gesetzgebers kann es nicht zweifelhaft sein, dass auch eine erst nach Erlassung einer Rückkehrentscheidung durch das BFA (mit oder ohne Einreiseverbot) während des Verfahrens über eine dagegen erhobene Beschwerde erfolgte Ausreise grundsätzlich unerheblich sein muss. Das zur Entscheidung über die Beschwerde berufene BVwG darf - und muss - den Fall dann seinerseits erstmals unter dem Blickwinkel des § 52 Abs. 1 Z 2 FPG beurteilen und allenfalls die Beschwerde mit Bezugnahme auf diese Bestimmung abweisen. Das stellt angesichts der einheitlichen Wirkungen einer Rückkehrentscheidung keine Überschreitung der Sache des Beschwerdeverfahrens dar (vgl. ähnlich den vom Verwaltungsgerichtshof bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht beanstandeten "Umstieg" von § 52 Abs. 1 Z 1 FPG auf § 52 Abs. 4 Z 4 FPG in VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289, Rn. 7, oder von § 52 Abs. 4 Z 4 FPG auf § 52 Abs. 5 FPG in VwGH 31.8.2017, Ra 2017/21/0120, Rn. 8 (iVm Rn. 3)).

Es entspricht allgemeinen Grundsätzen, dass das BVwG im Beschwerdeverfahren bei Erlassung seines Erkenntnisses von der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszugehen hat (siehe nur VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076, VwSlg. 18.953A, Punkt IV. B. 5.1. der Entscheidungsgründe; siehe aus jüngerer Zeit, auf das genannte Erkenntnis verweisend, auch VwGH 19.9.2017, Ra 2016/18/0381, Rn. 9). § 52 Abs. 8 zweiter Satz FPG sieht das ausdrücklich "auch" für den Fall einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vor, wenn sich der Drittstaatsangehörige zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält; auch dann sei nämlich § 28 Abs. 2 VwGVG anzuwenden, was hier nur in dem eben erwähnten Sinn (Maßgeblichkeit der Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt) verstanden werden kann.

Die Sinnhaftigkeit dieser auf den ersten Blick ohnehin nur Selbstverständliches anordnenden Regelung erschließt sich mit Blick auf § 21 Abs. 5 BFA-VG. Darin wird angeordnet:

‚(5) Wird gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erhoben und hält sich der Fremde zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet auf, so hat das Bundesverwaltungsgericht festzustellen, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme zum Zeitpunkt der Erlassung rechtmäßig war. War die aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht rechtmäßig, ist die Wiedereinreise unter einem zu gestatten.‘

Damit wird für Fälle, in denen sich der Fremde zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält, eine verfahrensrechtliche Ausnahme konstituiert. Nicht die Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt des BVwG soll maßgeblich sein, sondern jene, die bei Bescheiderlassung seitens des BFA vorlag; die Prüfungskompetenz des BVwG wird also auf eine vergangenheitsbezogene Rechtmäßigkeitskontrolle beschränkt.

Telos dieser dem Wortlaut nach alle aufenthaltsbeendenden Maßnahmen erfassenden Anordnung ist es, dem Fremden die Möglichkeit zu nehmen, diese Maßnahmen (bzw. die daran anknüpfenden Wirkungen) letztlich dadurch zu konterkarieren, dass er durch ein bloßes Verlassen des Bundesgebietes die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen ihrer Erlassung beseitigt (in diesem Sinn ausdrücklich die ErläutRV zur ersten Vorgängerregelung, nämlich zu § 57 FPG in der Stammfassung, 952 BlgNR 22. GP 99; siehe zu nachfolgenden Vorgängerregelungen auch zusammenfassend VwGH 28.2.2013, 2012/21/0127, Punkte 4.2.3. und 4.3.2. der Entscheidungsgründe). Im hier maßgeblichen Zusammenhang bedarf es einer dieses Ergebnis sicherstellenden verfahrensrechtlichen Sonderregelung aber nicht. Es wird nämlich ohnehin durch den Rückkehrentscheidungstatbestand nach § 52 Abs. 1 Z 2 FPG erreicht, dessen Schaffung auch ausdrücklich diesem Zweck diente (siehe oben Rn. 11). Von daher verbietet sich schon aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art. 136 Abs. 2 B-VG) eine Erstreckung der Anordnung des § 21 Abs. 5 BFA-VG auf Entscheidungen über Beschwerden gegen eine Rückkehrentscheidung (jedenfalls nach § 52 Abs. 1 FPG). Die genannte Vorschrift ist daher trotz ihres demnach überschießenden Wortlauts, indem sie alle aufenthaltsbeendenden Maßnahmen erfasst, eingeschränkt zu verstehen, was dann auch durch die Anordnung des § 52 Abs. 8 zweiter Satz FPG zum Ausdruck gebracht wird. In diesem Sinne bleibt es also trotz § 21 Abs. 5 BFA-VG in einem Fall wie dem vorliegenden dabei, dass das BVwG entsprechend allgemeinen Grundsätzen "in der Sache selbst", auf Grundlage der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Sach- und Rechtslage, über die gegen die Rückkehrentscheidung erhobene Beschwerde zu erkennen hat.“

3.2.1.4. Mit dem gegenständlichen Bescheid vom 09.11.2018 wurde gegen den Beschwerdeführer u.a. eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG ausgesprochen und einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Der Beschwerdeführer ist am 26.03.2019 nach Einleitung des Beschwerdeverfahrens aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien abgeschoben worden.

Da ein aktueller Inlandsaufenthalt nicht vorliegt, das Rückkehrentscheidungsverfahren jedoch bereits vor der Ausreise eingeleitet war, sind zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung die Voraussetzungen nach § 52 Abs. 1 Z 2 FPG gegeben.

Wie sogleich aufzuzeigen sein wird, haben im Falle des Beschwerdeführers zu keinem Zeitpunkt Umstände vorgelegen, die zu einer Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung führen würden.

3.2.2. Gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt. Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 von Amts wegen zu prüfen, wenn die Rückkehrentscheidung aufgrund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

3.2.3. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 lagen zu keinem Zeitpunkt vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig war noch der Beschwerdeführer ein Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs. 1 Z 3 FPG wurde. Weder hat der Beschwerdeführer das Vorliegen eines der Gründe des § 57 AsylG behauptet noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhalts im Ermittlungsverfahren hervor. Die Behörde hat daher zu Recht ausgesprochen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Zeitpunkt der Erlassung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme nicht vorgelegen haben.

3.2.4. Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK geboten ist. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung kommt ein Abspruch über einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 überhaupt in Betracht (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

3.2.4.1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung – nunmehr Rückkehrentscheidung – nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

3.2.4.2. Der Beschwerdeführer verfügt im Bundesgebiet über keine familiären Bindungen. Soweit in der Beschwerde auf den Aufenthalt eines Onkels des Beschwerdeführers und dessen Familie in Österreich verwiesen wurde, so wurden keinerlei nähere Angaben zu dessen Person respektive dem zu diesem vorliegenden Verhältnis erstattet, sodass die Führung eines gemeinsamen Familienlebens zwischen dem nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigten volljährigen Beschwerdeführer und dem erwähnten Onkel respektive das Vorliegen eines besonderen Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnisses nicht einmal behauptet worden ist. Die ausgesprochene Rückkehrentscheidung ist demnach nicht geeignet, einen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht des Beschwerdeführers auf Achtung des Familienlebens zu begründen.

3.2.4.3.1 Unter dem „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen eines Menschen zu verstehen (vgl. EGMR 15.1.2007, Sisojeva ua. gegen Lettland, Appl. 60654/00). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007, 852 ff). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, als – abseits familiärer Umstände – eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Auf

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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