TE Bvwg Beschluss 2020/7/17 I413 2229575-1

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Veröffentlicht am 17.07.2020
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Entscheidungsdatum

17.07.2020

Norm

AsylG 2005 §24
AsylG 2005 §24 Abs1 Z1
AsylG 2005 §24 Abs2
AsylG 2005 §75 Abs1
AsylG 2005 §75 Abs19
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I413 2229575-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Berufung von XXXX , vertreten durch Dr. Gerhard MORY, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 01.07.2003, Zl. 03 12.145-BAS,

beschlossen:

A)

Gemäß § 24 Abs 2 AsylG iVm §§ 28 Abs 1, 31 Abs 1 VwGVG ist die Fortsetzung des am 09.11.2007 eingestellten Verfahrens nicht mehr zulässig.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text


BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Die Fremde stellte unter den Namen XXXX alias XXXX alias XXXX am 28.04.2003 einen Asylantrag.

Am 12.05.2003 wurde die Fremde durch das Bundesasylamt einvernommen.

Mit Bescheid vom 01.07.2003, Zl 03 12.145, wies das Bundesasylamt den Asylantrag vom 28.04.2003 gemäß § 7 AsylG 1997 ab (Spruchpunkt I.) und erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Fremden nach Nigeria gemäß § 8 AsylG 1997 für zulässig (Spruchpunkt II.).

Gegen diesen Bescheid erhob die nunmehr durch RA Dr. Gerhard MORY rechtsfreundlich vertretene Fremde Berufung wegen Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften, wegen unterlassener Bedachtnahme und Einbeziehung des Ermittlungsverfahrens des XXXX in das gegenständliche Verfahren, wegen zu Unrecht erfolgter Ablehnung des Asylantrages wegen Annahme des Vorliegens einer inländischen Fluchtalternative und den Anträgen auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung, auf nochmalige Einvernahme der Berufungswerberin, auf Einbeziehung und Verlesung des Asylaktes des Freundes der Berufungswerberin sowie auf seine zeugenschaftliche Einvernahme betreffend fluchtkausale Ereignisse, auf Beischaffung einer Ausfertigung des Länderberichts Nigeria von ACCORD Österreich und Verwertung desselben und allenfalls auf Beiziehung eines Sachverständigen über die derzeitigen allgemeinen Verhältnisse in Nigeria.

Mit Verfahrensanordnung vom 09.11.2007 stellte der Unabhängige Bundesasylsenat das Berufungsverfahren gemäß § 24 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 ein, da eine Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts wegen Abwesenheit der Fremden (seit 08.02.2006 nicht mehr polizeilich gemeldet) nicht möglich ist.

Am 20.09.2017 informierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Landespolizeidirektion Vorarlberg über den Verdacht, dass die Fremde nicht rechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist ist bzw sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, sowie dass das Asylverfahren bereits 2009 eingestellt worden sei.

Am 20.09.2017 räumte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Fremden die Möglichkeit ein, zur beabsichtigten Einleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen Stellung zu nehmen und bestimmte angeführte Fragen zu beantworten.

Mit undatierter, am 05.10.2017 eingelangter Eingabe nahm die Fremde zum Schreiben vom 20.09.2017 Stellung.

Mit Ladung vom 26.02.2020 wurde die Fremde zur Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl für 18.03.2020 geladen. Dieser Einvernahmetermin wurde mit Schreiben vom 13.03.2020 abberaumt.

Mit Eingabe vom 13.03.2020 gab das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Bundesverwaltungsgericht bekannt, dass die Fremde am 28.04.2003 einen Antrag auf internationalen Schutz eingebracht habe, der in erster Instanz negativ entschieden worden sei. Die Fremde sei in Beschwerde gegangen und das Verfahren in zweiter Instanz mit 09.11.2007 eingestellt worden, da die Fremde untergetaucht sei. Seit 31.08.2017 sei die Fremde wieder im österreichischen Bundesgebiet gemeldet.

Mit weiterer Eingabe vom 13.03.2020 legte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Meldebestätigung vor.

Mit Schreiben vom 17.03.2020 übermittelte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Bundesverwaltungsgericht den Verwaltungsakt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der in Punkt I. dargestellte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Folgende weitere Feststellungen werden getroffen:

1. Feststellungen:

Die Fremde nennt sich XXXX alias XXXX alias XXXX , ist am XXXX in Edo State, Nigeria geboren, und ist Staatsangehörige Nigeria. Ihre Identität steht nicht fest.

Die Fremde stellte am 28.04.2003 einen Asylantrag, der mit Bescheid des Bundesasylamts vom 01.07.2003 abgewiesen wurde. Zugleich wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Fremden nach Nigeria gemäß § 8 AsylG 1997 für zulässig erklärt. Gegen diesen Bescheid erhob die Fremde Berufung.

Die Fremde war vom 15.05.2003 bis 08.02.2006 an der Adresse 5020 Salzburg, XXXX , polizeilich gemeldet. Die Fremde war zwischen 25.03.2009 bis 13.10.2009 in Bad Ischl mit einem Nebenwohnsitz sowie zwischen 18.03.2009 bis 17.12.2009 in Salzburg mit einem Hauptwohnsitz gemeldet. Seit 31.08.2017 ist die Fremde in Bregenz mit einem Hauptwohnsitz polizeilich gemeldet.

Spätestens ab dem 08.02.2006 verfügte die Fremde bis 18.03.2009 und zwischen 17.12.2009 und 31.08.2017 über keinen Wohnsitz in Österreich mehr und war somit untergetaucht.

Aufgrund der Abwesenheit der Fremden stellte der Unabhängige Bundesasylsenat das zu Zl 239.584/0/2E-XII/05/03 gemäß § 24 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 am 09.11.2007 ein.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt, in den Akt Zl 239584/0-XII/05/03 des Unabhängigen Bundesasylsenats sowie durch Einsicht in den aktuellen eingeholten Auszug aus dem ZMR.

Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin ergeben sich aus ihren Angaben im Rahmen der Erstbefragung sowie der Befragung durch das Bundesasylamt vom 12.05.2003. Im Rahmen der Asylantragstellung gab sie einen anderen Nachnamen an, vorgeblich um ihren Freund zu schützen. Mangels vorgelegte identitätsbezeugender Dokumente steht ihre Identität nicht fest. Es handelt sich um eine Verfahrensidentität.

Die Feststellungen zum Bescheid vom 01.07.2003 sowie zur Berufung gegen diesen Bescheid ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und den dort einliegenden Bescheid und Beschwerde.

Die Feststellungen zu den gemeldeten Wohnsitzen der Fremden ergeben sich aus dem aktuell eingeholten ZMR-Auszug und stehen unzweifelhaft fest. Daraus ist ersichtlich, dass die Fremde vom 08.02.2006 bis 18.03.2009 und vom 17.12.2009 bis 31.08.2017 über keinen Wohnsitz in Österreich verfügte und somit untergetaucht war.

Die Feststellungen zur Verfahrensanordnung des Unabhängigen Bundesasylsenats ergeben sich zweifelsfrei aus der im Akt einliegenden Anordnung, mit der das zu Zl 239.584/0/2E-XII/05/03 gemäß § 24 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 am 09.11.2007 eingestellt worden ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. 

Zu A)

Gemäß § 75 Abs 2 AsylG ist ein nach dem AsylG 1997 eingestelltes Verfahren bis zum 31. Dezember 2007 nach den Bestimmungen des AsylG 1997 fortzusetzen und gilt als anhängiges Verfahren im Sinne des Abs. 1.

Gemäß § 75 Abs 1 AsylG sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 mit der Maßgabe zu Ende zu führen, dass in Verfahren, die nach dem 31. März 2009 beim Bundesasylamt anhängig sind oder werden, § 10 in der Fassung BGBl. I Nr. 29/2009 mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass eine Abweisung des Asylantrages, wenn unter einem festgestellt wurde, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers in seinen Herkunftsstaat zulässig ist, oder eine Zurückweisung des Asylantrages als Entscheidung nach dem Asylgesetz 2005 gilt. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2009 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Bundesasylamt oder der Asylgerichtshof zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs. 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.

Gemäß § 75 Abs 7 AsylG sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der Bestimmungen der Z 1 bis 3 leg cit weiterzuführen.

Gemäß § 75 Abs 19 AsylG sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 1. Jänner 2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen.

§ 24 AsylG regelt die Einstellung des (Asyl-)Verfahrens und lautet wie folgt:

„§ 24. (1) Ein Asylwerber entzieht sich dem Asylverfahren, wenn 
         1.       dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht sein Aufenthaltsort wegen Verletzung seiner Mitwirkungspflichten gemäß § 13 Abs. 2 BFA-VG, §§ 15 oder 15a weder bekannt noch sonst durch das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht leicht feststellbar ist oder 
         2.       er das Bundesgebiet freiwillig verlässt, und das Verfahren nicht als gegenstandslos abzulegen ist (§ 25 Abs. 1) oder 
         3.       er trotz Aufforderung zu den ihm vom Bundesamt im Zulassungsverfahren gesetzten Terminen nicht kommt.

(2) Asylverfahren sind einzustellen, wenn sich der Asylwerber dem Verfahren entzogen hat (Abs. 1) und eine Entscheidung ohne eine allenfalls weitere Einvernahme oder Verhandlung nicht erfolgen kann. Ein eingestelltes Verfahren ist von Amts wegen fortzusetzen, sobald die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes möglich ist. Mit Fortsetzung des Verfahrens beginnt die Entscheidungsfrist nach § 73 Abs. 1 AVG zu laufen. Nach Ablauf von zwei Jahren nach Einstellung des Verfahrens ist eine Fortsetzung des Verfahrens nicht mehr zulässig. Ist das Verfahren vor dem Bundesamt einzustellen, ist nach § 34 Abs. 4 BFA-VG vorzugehen.

(2a) Bei freiwilliger Abreise des Fremden in den Herkunftsstaat ist das Asylverfahren mit seiner Ausreise einzustellen, es sei denn der Sachverhalt ist entscheidungsreif. Ein eingestelltes Verfahren ist von Amts wegen fortzusetzen, wenn sich der Fremde nach Einstellung nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder einen Antrag auf internationalen Schutz stellt. Mit Fortsetzung des Verfahrens beginnt die Entscheidungsfrist nach § 73 Abs. 1 AVG oder § 34 Abs. 1 VwGVG zu laufen. Nach Ablauf von zwei Jahren nach Einstellung des Verfahrens ist eine Fortsetzung des Verfahrens nicht mehr zulässig.

(3) Steht der entscheidungsrelevante Sachverhalt fest und hat sich der Asylwerber dem Verfahren entzogen (Abs. 1), steht die Tatsache, dass der Asylwerber vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht bisher nicht einvernommen wurde, einer Entscheidung nicht entgegen.“

Das gegenständliche Verfahren wurde am 09.11.2007 eingestellt.

Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Einstellung rechtswidrig erfolgt wäre. Die Einstellung erfolgte damals aufgrund des nicht feststellbaren aktuellen Aufenthaltsortes der Fremden seitens der Unabhängigen Bundesasylsenates im Einklang mit dem damals wie heute geltenden § 24 AsylG.

Die Fortsetzung des eingestellten Asylverfahrens wäre nur binnen zwei Jahren zulässig gewesen. Diese Frist ist längst verstrichen, sodass das eingestellte Asylverfahren nicht mehr fortgesetzt werden kann.

Damit war spruchgemäß zu entscheiden.

Da der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage hinreichend geklärt ist und der maßgebliche Sachverhalt aufgrund der Aktenlage feststeht, konnte gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG in Verbindung mit § 24 Abs 2 VwGVG eine mündliche Verhandlung entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Asylverfahren Fortsetzung Fortsetzungsantrag Fristablauf Untertauchen unzulässiger Antrag Verfahrenseinstellung Verfahrensentziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I413.2229575.1.00

Im RIS seit

22.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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