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L3706 Kurzparkzonenabgabe, ParkabgabeNorm
B-VG Art139 Abs1 Z3Leitsatz
Unzulässigkeit eines gegen die pauschalierte Entrichtung der Parkometerabgabe gerichteten Individualantrags wegen zu engen AnfechtungsumfangsSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. Antragsvorbringen
1. Der Antragsteller beantragt,
"§2 Abs1 lita der Wiener Pauschalierungsverordnung – Parkom[e]terabgabe als gesetzwidrig aufzuheben."
2. Zur Begründung seiner Antragslegitimation führt der Antragsteller aus, die Verordnung des Wiener Gemeinderates über die pauschale Entrichtung der Parkometerabgabe greife aktuell und unmittelbar in seine Rechtssphäre ein. Es stehe ihm kein zumutbarer Umweg zur Bekämpfung der Verordnung offen.
Der Antragsteller greife gelegentlich auf ein Mietauto (Carsharing) zurück. In Fällen, in denen der Antragsteller einen Stellplatz, beispielsweise für Ladetätigkeit, in der Nähe seines Wohnhauses benötigt, finde er für gewöhnlich keinen freien Stellplatz. Darüber hinaus sei die Errichtung und der Betrieb von privaten Garagen durch das "Preisdumping des Parkpickerls" nicht kostendeckend möglich, sodass sich das Parkpickerl auch negativ auf die Immobilien- und Mietpreise auswirke. Der Sache nach sehe sich der Antragsteller daher im Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie im Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung verletzt.
II. Rechtslage
1. Die Verordnung des Wiener Gemeinderates über die pauschale Entrichtung der Parkometerabgabe (Pauschalierungsverordnung), ABl. 29/2016, lautet auszugsweise wiedergegeben (Die angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben.):
"§2. (1) Die Parkometerabgabe ist bei pauschaler Entrichtung mit folgenden Beträgen vorzuschreiben:
a) Für Inhaber bzw Inhaberinnen von Ausnahmebewilligungen gemäß §45 Abs4 StVO 1960 in dem jeweils gemäß §43 Abs2a Z1 StVO 1960 zur Abstellung von Kraftfahrzeugen verordneten Gebiet für ein Jahr mit 120 Euro, bei einer Geltungsdauer der Kurzparkzone von nicht mehr als zehn Stunden an fünf Tagen pro Woche für ein Jahr mit 90 Euro;
b) für Inhaber bzw Inhaberinnen von Ausnahmebewilligungen gemäß §45 Abs2 StVO 1960
1. für ein Jahr mit 120 Euro, wenn die Gültigkeit der Ausnahmebewilligung auf ein gemäß §43 Abs2a Z1 StVO 1960 zur Abstellung von Kraftfahrzeugen verordnetes Gebiet bescheidmäßig eingeschränkt ist, bei einer Geltungsdauer der Kurzparkzone von nicht mehr als zehn Stunden an fünf Tagen pro Woche für ein Jahr mit 90 Euro;
2. für ein Jahr mit 249 Euro, wenn sich die Gültigkeit der Ausnahmebewilligung auf ein oder mehrere in Wien gemäß §43 Abs2a Z1 StVO 1960 zur Abstellung von Kraftfahrzeugen verordnete Gebiete bezieht, bei einer Geltungsdauer der Kurzparkzone von nicht mehr als zehn Stunden an fünf Tagen pro Woche für ein Jahr mit 186 Euro;
3. für ein Jahr mit 60 Euro, sofern es sich um Beschäftigte handelt, deren Arbeitsbeginn nicht in die Betriebszeit eines öffentlichen Verkehrsmittels fällt, in dem jeweils gemäß §43 Abs2a Z1 StVO 1960 zur Abstellung von Kraftfahrzeugen verordneten Gebiet, wenn die Ausnahmebewilligung für bestimmte Tage und/oder Bruchteile des täglichen Gültigkeitszeitraumes von Kurzparkzonen erteilt wird;
c) für Inhaber bzw Inhaberinnen von Ausnahmebewilligungen gemäß §45 Abs4a StVO 1960
1. für ein Jahr mit 60 Euro für ein Fahrzeug in dem jeweils gemäß §43 Abs2a Z1 StVO 1960 zur Abstellung von Kraftfahrzeugen verordneten Gebiet, wenn der Antragsteller bzw die Antragstellerin die im ArtII der Personenkreisverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr 20/2007, beschriebenen Erfordernisse erfüllt;
2. für ein Jahr mit 138 Euro für jedes weitere Fahrzeug in dem gemäß §43 Abs2a Z1 StVO 1960 zur Abstellung von Kraftfahrzeugen verordneten Gebiet, wenn der Antragsteller bzw die Antragstellerin die im ArtII der Personenkreisverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr 20/2007, beschriebenen Erfordernisse erfüllt;
3. für ein Jahr mit 60 Euro in dem jeweils gemäß §43 Abs2a Z1 StVO 1960 zur Abstellung von Kraftfahrzeugen verordneten Gebiet, wenn der Antragsteller bzw die Antragstellerin die im ArtIII der Personenkreisverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr 20/2007, beschriebenen Erfordernisse erfüllt;
d) für Inhaber bzw Inhaberinnen von Ausnahmebewilligungen gemäß §45 Abs2 StVO 1960 für einen Tag mit 4,10 Euro bei Gültigkeit in allen Kurzparkzonen in Wien, ausgenommen der auf der Ausnahmebewilligung angeführten Straßen oder Bezirke;
e) für Inhaber bzw Inhaberinnen von Ausnahmebewilligungen gemäß §45 Abs2 StVO 1960 für einen Tag mit 4,10 Euro, wenn die Gültigkeit der Ausnahmebewilligung auf ein gemäß §43 Abs2a StVO 1960 zur Abstellung von Kraftfahrzeugen verordnetes Gebiet bescheidmäßig eingeschränkt ist;
f) in allen übrigen Fällen für ein Jahr mit 2 544 Euro.
(2) - (3) […]"
2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO. 1960), BGBl 159/1960, idF BGBl I 24/2020, lauten auszugsweise wiedergegeben:
"§45. Ausnahmen in Einzelfällen.
(1) - (3) […]
(4) Eine Bewilligung kann für die in der Verordnung gemäß §43 Abs2a Z1 angegebenen Kurzparkzonen auf die Dauer von höchstens zwei Jahren erteilt werden, wenn der Antragsteller in dem gemäß dieser Verordnung umschriebenen Gebiet wohnt und dort auch den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hat und ein persönliches Interesse nachweist, in der Nähe dieses Wohnsitzes zu parken und
1. Zulassungsbesitzer oder Leasingnehmer eines Kraftfahrzeugs ist, oder
2. nachweist, dass ihm ein arbeitgebereigenes oder von seinem Arbeitgeber geleastes Kraftfahrzeug auch zur Privatnutzung überlassen wird.
(4a) Eine Bewilligung kann für die in der Verordnung gemäß §43 Abs2a Z1 angegebenen Kurzparkzonen auf die Dauer von höchstens zwei Jahren im notwendigen zeitlichen Ausmaß erteilt werden, wenn der Antragsteller zu dem in der Verordnung gemäß §43 Abs2a Z2 umschriebenen Personenkreis gehört und
1. Zulassungsbesitzer oder Leasingnehmer eines Kraftfahrzeugs ist, oder nachweislich ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug beruflich benützt, und
2. entweder die Tätigkeit des Antragstellers ohne Bewilligung erheblich erschwert oder unmöglich wäre, oder die Erteilung der Bewilligung im Interesse der Nahversorgung liegt.
(5) […]"
3. Die maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes über die Regelung der Benützung von Straßen durch abgestellte mehrspurige Kraftfahrzeuge (Wr. Parkometergesetz 2006), LGBl 9/2006, idF LGBl 71/2018, lauten auszugsweise:
"§6. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und der Vereinheitlichung kann die Gemeinde durch Verordnung Pauschalierungsrichtlinien festlegen, die die Höhe und die Form der Abgabenentrichtung regeln und auf das unterschiedliche Abstellverhalten der Wohnbevölkerung in Gebieten, die gemäß §43 Abs2a StVO 1960, BGBl Nr 159/1960, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 99/2005, verordnet sind, des Wirtschaftsverkehrs und des sonstigen Verkehrs Bedacht nehmen."
III. Zur Zulässigkeit
1. Gemäß Art139 Abs1 Z3 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.
Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die bekämpfte Verordnung für den Antragsteller nicht bloß behaupteterweise, sondern tatsächlich ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist (VfSlg 8058/1977 unter Hinweis auf VfSlg 8009/1977). Zu untersuchen ist vom Verfassungsgerichtshof hiebei lediglich, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Rechtswirkungen vorliegen (VfSlg 8060/1977, 10.593/1985, 11.453/1987, 15.943/2000; VfGH 19.11.2015, V135/2015).
Nicht jedem Normadressaten kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist nämlich erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 13.944/1994, 15.234/1998, 15.947/2000).
2. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Gesetzmäßigkeit hin zu prüfenden Verordnungsbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Prüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Verordnungsteil nicht einen völlig veränderten Inhalt erhält und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Verordnungsstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden. Dieser Grundposition folgend hat der Gerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Verordnungsprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl zB VfSlg 15.964/2000). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Gesetzwidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Gesetzwidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.933/2014).
3. Diesen Erfordernissen wird der vorliegenden Antrag nicht gerecht:
3.1. Wie der Antragsteller ausführt, greife er gelegentlich auf ein Mietauto (Carsharing) zurück. Für ein Mietauto betrage die Pauschale mit einem Betrag von € 2.544,– mehr als das 20-fache als die in der angefochtenen Bestimmung des §2 Abs1 lita Pauschalierungsverordnung für den Inhaber einer Ausnahmebewilligung iSd §45 Abs4 StVO 1960 vorgesehene Pauschale.
3.2. Mit diesem Vorbringen richtet der Antragsteller seine Bedenken nicht bloß gegen die Bestimmung des §2 Abs1 lita Pauschalierungsverordnung, deren Normadressat er ausweislich des Wortlautes (arg. "Inhaber bzw Inhaberinnen von Ausnahmebewilligungen gemäß §45 Abs4 StVO 1960") im Übrigen nicht ist, sondern allgemein gegen die in §2 Pauschalierungsverordnung vorgenommene Festsetzung pauschaler Beträge für die Entrichtung der Parkometerabgabe. §2 Pauschalierungsverordnung legt nämlich nicht nur für Inhaber einer Ausnahmebewilligung gemäß §45 Abs4 StVO 1960 sondern auch für weitere Verkehrsteilnehmer eine pauschale Entrichtung der Parkometerabgabe fest.
4. Da der Verfassungsgerichtshof bei der Beurteilung des Vorliegens der vom Antragsteller ins Treffen geführten Rechtswirkungen von dessen Vorbringen auszugehen hat und sich das Vorbringen des Antragstellers – der Sache nach –gegen die in §2 Pauschalierungsverordnung vorgenommene Festsetzung pauschaler Beträge richtet, erweist sich der Antrag als zu eng gefasst.
IV. Ergebnis
1. Der Antrag ist wegen zu eng gefassten Anfechtungsumfanges als unzulässig zurückzuweisen, ohne dass zu prüfen ist, ob seiner meritorischen Erledigung noch weitere Prozesshindernisse entgegenstehen.
2. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, VfGH / Prüfungsumfang, Kurzparkzone, ParkometerabgabeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2020:V421.2020Zuletzt aktualisiert am
21.03.2022