TE Vfgh Erkenntnis 2020/6/26 V344/2020 ua (V344/2020-15)

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Veröffentlicht am 26.06.2020
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Index

43/01 Wehrrecht allgemein

Norm

B-VG Art139 Abs1 Z1, Art139 Abs3 litc, Art139 Abs4
HeeresdisziplinarG 2014 §16, §18
Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung für das Jahr 2019
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit der Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission für Soldaten für 2019 mangels Zuständigkeit des verordnungserlassenden Organs; Unzuständigkeit des drittgereihten Stellvertreters zur Verordnungserlassung mangels Verhinderung des zweitgereihten Stellvertreters

Spruch

I. Die "Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung (DKS) für das Kalenderjahr 2019 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2019" Verlautbarungsblatt II des Bundesministeriums für Landesverteidigung Nr 20/2019, war gesetzwidrig.

II. Die Bundesministerin für Landesverteidigung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.

III. Der zu V440/2020 protokollierte Antrag wird im Übrigen zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss, Anträge des Bundesverwaltungsgerichtes und Vorverfahren

1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl E3603/2019 eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

1.1. Der Beschwerdeführer steht als Brigadier des Österreichischen Bundesheeres in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und war Vorsitzender der Disziplinarkommission für Soldaten im Bundesministerium für Landesverteidigung. Seine Mitgliedschaft in der Disziplinarkommission wurde auf Grund eines gegen ihn geführten gerichtlichen Strafverfahrens ruhend gestellt. Seither hat ein Stellvertreter des Vorsitzenden seine Aufgaben übernommen. In dieser Funktion erließ der Stellvertreter auch die "Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung (DKS) für das Kalenderjahr 2019 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2019" Verlautbarungsblatt II des Bundesministeriums für Landesverteidigung Nr 20/2019 (im Folgenden: Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2019).

1.2. Mit Einleitungsbeschluss der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung vom 6. März 2019 wurde gegen den Beschwerdeführer ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Sein dagegen erhobenes Rechtsmittel wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom 29. April 2019 abgewiesen. In weiterer Folge stellte der Beschwerdeführer am 10. Mai 2019 einen Vorlageantrag. Ein vom Beschwerdeführer an den Verfassungsgerichtshof gerichteter, auf Art139 Abs1 Z3 B-VG gestützter Verordnungsprüfungsantrag wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Juni 2019, V33/2019, zurückgewiesen.

1.3. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 16. August 2019 unter Berichtigung des Spruches der Beschwerdevorentscheidung die Beschwerde des Beschwerdeführers abgewiesen.

Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht zusammengefasst aus, dass auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens der hinreichende Verdacht einer sehr schwerwiegenden Dienstpflichtverletzung bestehe und auch kein Einstellungsgrund vorliege. Der Spruch sei jedoch zu präzisieren. Die vom Beschwerdeführer geäußerten Bedenken hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Zusammensetzung bzw Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2019 würden aus näher dargelegten Überlegungen nicht geteilt, weswegen von der Anrufung des Verfassungsgerichtshofes abgesehen werde.

1.4. Bei der Behandlung der gegen diese Entscheidung gerichteten Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit folgender Bestimmungen der Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2019 entstanden:

der Wortfolge "mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2019" im Titel der Verordnung;

des Punktes I. im Umfang des Einleitungssatzes "Mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2019 wird verfügt:" sowie der Festlegung der Zuständigkeit und Zusammensetzung des Senates 1 und

des Punktes II. über die Verhinderung des Senatsvorsitzenden zur Gänze.

Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 24. Februar 2020 beschlossen, diese Verordnungsbestimmungen von Amts wegen auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen.

2. Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Verordnungsprüfungsverfahrens bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:

"Nach §18 Abs2 HDG 2014 hat der Vorsitzende der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Landesverteidigung jeweils bis zum Jahresschluss für das folgende Kalenderjahr die Anzahl der Senate festzulegen, die Kommissionsmitglieder den einzelnen Senaten zuzuordnen sowie die Senatsvorsitzenden und deren Stellvertreter zu bestimmen, die Reihenfolge zu bestimmen, in der die einem Senat zugeordneten Kommissionsmitglieder als Senatsmitglieder heranzuziehen sind, den Eintritt von Ersatzmitgliedern für den Fall der Verhinderung von Senatsmitgliedern zu regeln und den Geschäftsbereich der Senate zu bestimmen. Diese Geschäftseinteilung ist jeweils bis zum Jahresende für das folgende Kalenderjahr zu erlassen. Die Geschäftseinteilung ist mit dem Hinweis, dass sie vom Vorsitzenden der Disziplinarkommission erlassen wurde, öffentlich kundzumachen.

Die in Prüfung gezogene Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes als Rechtsverordnung zu qualifizieren (vgl VfSlg 17.771/2006, 18.287/2007, 19.072/2010, 19.230/2010).

Gemäß §18 Abs2 HDG 2014 ist die Geschäftseinteilung der Disziplinar-kommission öffentlich kundzumachen. Eine solche öffentliche Kundmachung, die geeignet ist, alle Normadressaten – nämlich Soldaten, Wehrpflichtige und Berufssoldaten – vom Inhalt der Verordnung in Kenntnis zu setzen, dürfte nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes im vorliegenden Fall auch erfolgt sein.

Die Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2019 wurde am 28. Jänner 2019 im Verlautbarungsblatt II Nr 20/2019 veröffentlicht. Aus den dem Verfassungsgerichtshof übermittelten Verordnungsakten geht weiters hervor, dass die Kundmachung der Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2019 mit den dazugehörigen Verlautbarungsblättern an den Amtstafeln "AG ROSSAU" und "AG F.J.K" am 12. Februar 2019 ausgehängt wurde.

Durch den Anschlag der Kundmachung mit den dazugehörigen Verlautbarungs-blättern an den Amtstafeln am 12. Februar 2019 dürfte die Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2019 ordnungsgemäß kundgemacht worden sein (vgl VfGH 7.6.2013, B172/2013). Ferner ist die Geschäftsverteilung im Intra- und Internet abrufbar.

Der Verfassungsgerichtshof hat das Bedenken, dass die Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2019 von einem unzuständigen Organ erlassen wurde:

Gemäß der gesetzlichen Bestimmung des §18 Abs2 HDG 2014 obliegt dem Vorsitzenden der Disziplinarkommission der Erlass der Geschäftseinteilung. Im Falle seiner Verhinderung kommen seine Aufgaben dem in Betracht kommenden Stellvertreter zu (§17 Abs1 iVm §16 Abs2 iVm §18 Abs2 HDG 2014 idF BGBl I 61/2018).

Der Stellvertreter des Vorsitzenden der Disziplinarkommission, der zum Erlass der in Prüfung gezogenen Bestimmungen der Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission 2019 zuständig ist, dürfte sich aus der DKS für das Kalenderjahr 2018 ergeben. Als Stellvertreter des Vorsitzenden sind in der Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2018 in absteigender Reihenfolge "Bgdr ***", "Obst ***" und "Obst ***" angeführt. Demnach würden die Aufgaben des Vorsitzenden im Falle seiner Verhinderung an den erstgenannten Stellvertreter übergehen; ist dieser ebenfalls verhindert, hat der Zweitgenannte die Aufgaben des Vorsitzenden wahrzunehmen; bei Verhinderung des Zweitgenannten käme dem drittgenannten Stellvertreter diese Aufgabe zu. Dieser Ansicht folgend wäre Brigadier *** zur Stellvertretung des Vorsitzenden berufen. Aus den Verordnungsakten geht nun hervor, dass dieser am 31. Juli 2018 in den Ruhestand versetzt wurde und demgemäß – der Reihenfolge der DKS für das Kalenderjahr 2018 entsprechend – Oberst *** zur Stellvertretung des Vorsitzenden berufen wäre. Die Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2019 wurde jedoch von Oberst *** als stellvertretenden Vorsitzenden erlassen. Dass dieser zum Erlass der in Prüfung gezogenen Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2019 zuständig war, ist für den Verfassungsgerichtshof weder aus der Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2018 noch aus dem bezughabenden Verordnungsakt ersichtlich. Der Verfassungsgerichtshof geht daher vorläufig davon aus, dass die in Prüfung gezogene Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2019 mangels Zuständigkeit des verordnungserlassenden Organs gesetzeswidrig ist (vgl VfSlg 14.985/1997).

Bedenken gegen die in Prüfung gezogene Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2019 sind beim Verfassungsgerichtshof auch hinsichtlich des rückwirkenden Inkrafttretens entstanden:

In der Einleitung als auch unter Punkt I. der Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2019 wird das Inkrafttreten mit "Wirksamkeit vom 1. Jänner 2019" angeordnet. Die Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2019 dürfte durch Anschlag an der Amtstafel am 12. Februar 2019 kundgemacht worden sein […]; der Verfassungsgerichtshof geht daher vorläufig davon aus, dass mit den in Prüfung gezogenen Wortfolgen ein rückwirkendes Inkrafttreten angeordnet wurde.

Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist eine Rückwirkung von Verordnungen – von hier nicht in Betracht kommenden Sonderfällen (vgl VfSlg 20.232/2017) abgesehen – nur zulässig, wenn das Gesetz ausdrücklich dazu ermächtigt (vgl zB VfSlg 12.943/1991, 13.370/1993, 15.675/1999, 17.773/2006, 18.037/2006, 20.127/2016, 20.211/2017). Die Anordnung einer Rückwirkung muss sohin von der Ermächtigungsgrundlage umfasst sein.

Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass weder §18 Abs2 HDG 2014 noch eine andere Bestimmung des HDG 2014 eine solche Ermächtigung für die Erlassung der Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission 2019 erteilen. Aus den dargelegten Gründen scheint die Verordnung – zumindest für den Zeitraum von 1. Jänner 2019 bis zum Ablauf des 12. Februar 2019 – auch aus diesem Grund gesetzwidrig zu sein."

3. Die verordnungserlassende Behörde hat die Akten betreffend das Zustandekommen der in Prüfung gezogenen Verordnung vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken entgegengetreten wird.

3.1. Konkret wird hinsichtlich der Bedenken betreffend die Zuständigkeit des verordnungserlassenden Organs bzw der Festlegung der Zuständigkeit und Zusammensetzung des Senates 1 auszugsweise wie folgt ausgeführt (Hervorhebungen nicht übernommen):

"Gemäß §16 Abs1 und 2 Heeresdisziplinargesetz 2014 (HDG 2014) wurden für die Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport für die Funktionsperiode 1. Jänner 2017 bis 31. Dezember 2022 (Erlass vom 29. November 2016, GZ S91534/2-DiszBW/2016, VBI. II Nr 58/2016) bestellt:

       Bgdr Mag. iur. *** zum Vorsitzenden und

       Bgdr ***,

       Obst *** und

       Obst ***; und

für die restliche Funktionsperiode (2019-2022)

       Bgdr Prof. Mag. Dr. *** (GZ S91534/4-DiszBW/2018 (1)) zu

       dessen Stellvertreter.

[…]

Da die Mitgliedschaft des Bgdr Mag. iur. *** (Vorsitzender) zur Disziplinarkommission für Soldaten gem. §17 Abs1 HDG 2014 aufgrund des Strafantrages der StA WIEN (Anordnung der Hauptverhandlung) mit Wirksamkeit vom 02.11.2018 vom Herrn Bundesminister ruhend gestellt wurde, musste der 1. Stellvertreter dieser Disziplinarkommission (Obst ***) kurzfristig diese Agenden übernehmen.

Nach der Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung (DKS) für das Kalenderjahr 2018 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2018, Verfügung des Vorsitzenden der DKS gemäß §18 Abs2 Heeresdisziplinargesetz 2014, BGBl I Nr 2 (HDG 2014) vom 29. Dezember 2017, GZ I/2-DKS/17 Erlass vom 4. Jänner 2018, GZ S91534/1-DiszBW/2018; kundgemacht am 16. Jänner 2018 im Intranet durch Verlautbarungsblatt II Nr 5/2018 und im Internet […], jeweils unter Abbildung der gesamten Geschäftseinteilung.

Mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2018 wird verfügt:

Vorsitzender: Bgdr Mag. ***

Stellvertreter des Vorsitzenden:

Bgdr ***

Obst ***

Obst ***

Die Disziplinarkommission entscheidet in 3 Senaten.

Am 02.11.2018 (Ruhendstellung der Mitgliedschaft des Vorsitzenden) waren somit Bgdr ***, Obst *** und Obst *** vom Herrn Bundesminister als Stellvertreter gem. §16 Abs2 Z1 HDG bestellt.

In der Geschäftseinteilung wird die Stellvertretung der Senatsvorsitzenden dezidiert geregelt, aber eben nicht die Stellvertreterregelung des Vorsitzenden. Diese ergibt sich im Konkreten aus folgenden Verfügungen des Herrn Bundesministers (Arbeitsplatzbesetzung der DKS).

Gemäß Weisung des Herrn Bundesminister vom 26.09.2018 (GZ S92615/120-Org/2018; Organisationsplan ZE5, Version 9, in Krafttretung mit 01.10.2018, DiszBW-Abt/BMLV) war weiters verfügt:

Bgdr Mag. *** war auf der PosNr 023 – VorsDKS seit 01.10.2014 (OrgPlan ZE5, Version 6) bzw seit 01. 10. 2018 (OrgPlan ZE5, Version 9) als Vorsitzender diensteingeteilt (GZ P412677/63-PersB/2014(1)).

Obst *** war seit 01.10.2014 auf der PosNr 025 – 2.stvVorsDKS eingeteilt, aber aufgrund der dienstlichen Abwesenheit von Bgdr *** (war im Kabinett des Herrn Bundesminister tätig) wurde er mit gleichem Datum 01.10.2014 in Vertretung auf PosNr 024 – 1. stvVorsDKS als 1. Stellvertreter diensteingeteilt und mit der Funktion betraut (GZ P407780/28-PersB/2014).

Obst *** war seit 01.12.2002 auf der PosNr 970-temporäre Verwendung eingeteilt, aber aufgrund der Vertretung Bgdr *** durch Obst *** wurde er mit 01.10.2014 in Vertretung auf PosNr 025 – 2. stvVorsDKS als 2. Stellvertreter diensteingeteilt und mit der Funktion betraut (GZ P410162/46-PersB/2014).

Im Organisationsplan – Ausdruck vom 03.02.2017 – waren eingeteilt:

Positionsnummer

MTC Verwendung

API seit

Name

Besetzungsart

023

VorsDKS

01.10.2014

***

Einteilung

024

1.stvVorsDKS

01.10.2014

***

Einteilung

024

1.stvVorsDKS

01.10.2014

***

Vertretung

025

2.stvVorsDKS

01.10.2014

***

Vertretung

025

2.stvVorsDKS

01.10.2014

***

Einteilung

970

Temporäre Verwendung

01.12.2002

***

Einteilung

Mit Ablauf 31.07.2018 trat Bgdr *** in den Ruhestand.

Konkret waren am 02.11.2018 gem. Organisationsplan – Ausdruck vom 19.10.2018 – eingeteilt:

Positionsnummer

MTC Verwendung

API seit

Name

Besetzungsart

023

VorsDKS

01.08.2017

***

Einteilung

024

1.stvVorsDKS

01.08.2017

***

Vertretung

025

2.stvVorsDKS

01.08.2017

***

Einteilung

025

2.stvVorsDKS

01.08.2017

***

Vertretung

970

Temporäre Verwendung

01.08.2017

***

Einteilung

Aus den Auszügen des Organisationsplans lässt sich eindeutig ableiten, dass innerhalb der Disziplinarkommission Obst *** immer als 1. Stellvertreter (oder als Vertreter des 1. Stellvertreters) in dieser Funktionsperiode eingeteilt war.

[…]

Mit Wirksamkeit vom 9. Jänner 2019 (GZ S91534/4-DiszBW/2018(1)) wurde gem. §16 Abs1 und 2 HDG 2014 Bgdr Prof. Mag. Dr. *** vom Herrn Bundesminister als zusätzlicher Stellvertreter für den Rest der Funktionsperiode bestellt. Der diesbezügliche Akt wurde am 20. Dezember 2018 seitens 1.stv VorsDKS Obst *** mit Wirksamkeit 30. 12. 2018 angelegt, die Unterfertigung seitens Herrn Bundesminister erfolgte aber erst am 09. 01. 2019.

Aus der o.a. Darstellung ist ersichtlich, dass der Verfüger der Geschäftseinteilung für das Jahr 2019 (Obst ***) bereits am 20.12.2018 die Intension hatte, einen weiteren stv Vorsitzenden mit Wirksamkeit 30.12.2018 einzuteilen, um hinsichtlich der Verfügung rechtskonform zu agieren.[…]

Gem. §18 Abs2 HDG ist die Geschäftseinteilung jeweils bis zum Jahresende für das folgende Kalenderjahr vom Vorsitzenden zu erlassen und öffentlich kundzumachen.

Da am 02. 11. 2018 (Ruhendstellung der Mitgliedschaft des Vorsitzenden) Obst *** als 1. stv Vorsitzender DKS (PosNr 024) in Vertretung diensteingeteilt war, verfügte er als 1. Stellvertreter am 09. Jänner 2019 die Geschäftseinteilung für das Kalenderjahr 2019.

[…]

Da sich gem. Abschnitt II der Geschäftseinteilung für das Kalenderjahr 2019 die Senatsvorsitzenden gegenseitig vertreten bzw gem. Punkt II der drittgenannte Stellvertreter des Vorsitzenden (nimmt diese Tätigkeit als Nebentätigkeit zu seinen originären Aufgaben als Rechtsberater wahr und scheint deshalb im OrgPlan DKS nicht namentlich auf) bei Verhinderung der in den Punkten 1 bis 4 genannten Vertretern in den jeweiligen Senat eintritt, hatte Bgdr Prof. Mag. Dr. *** die Vertretung des Senatsvorsitzenden des Senates 1 (aufgrund der Ablehnung des Senatsvorsitzenden des Senates 6 Obst *** durch den Beschuldigten am 18. 03. 2019 und aufgrund der Befangenheitserklärung des Senatsvorsitzenden des Senates 4 Obst *** am 18. 02. 2019) zu übernehmen. […]

Aus diesen Gründen ist nach Ansicht der Disziplinarkommission für Soldaten

- die Verfügung der Geschäftseinteilung für das Kalenderjahr 2019 durch den 1. stv Vors Obst *** und auch

- die stv Senatsführung des Senates 1 (Kommissionsverfahren; Bescheid vom 06. 03. 2019) bis zur Ablehnung gem. §72 Abs4 HDG durch den Beschuldigten am 18. 03. 2019 durch Obst *** und

- danach aufgrund der Befangenheitserklärung des 2. stv Vors Obst *** die stv Senatsführung des Senates 1 durch Bgdr Prof. Mag. Dr. *** gem. Vertretungsregel rechtmäßig."

3.2. Zum Bedenken eines rückwirkenden Inkrafttretens der Verordnung äußert sich die verordnungserlassende Behörde wiederum auszugsweise wie folgt (Hervorhebungen nicht übernommen):

"Die Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung (DKS) für das Kalenderjahr 2019 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2019; Verfügung des stv Vorsitzenden der DKS gemäß §18 Abs2 Heeresdisziplinargesetz 2014, BGBl I Nr 2 (HDG 2014) vom 9. Jänner 2019, GZ I/1-DKS/19 Erlass vom 16. Jänner 2019, GZ S91534/1-DiszBW/2019, kundgemacht am 28. Jänner 2019 im Intranet durch Verlautbarungsblatt II Nr 20/2019 und am 31. Jänner 2019 im lnternet […], jeweils unter Abbildung der gesamten Geschäftseinteilung, zusätzlich ausgehängt an der Amtstafel des BMLV am 12. Feber 2019.

Die Verfügung erfolgte erst am 9. Jänner 2019 deshalb, weil mit der Verfügung der Geschäftseinteilung für das Kalenderjahr 2019 auf die Bestellung eines weiteren Stellvertreters durch den Herrn Bundesminister zugewartet wurde. Denn mit Wirksamkeit vom 9. Jänner 2019 (GZ S91534/4-DiszBW/2018(1)) wurde gem. §16 Abs1 HDG Bgdr Prof. Mag. Dr. *** vom Herrn Bundesminister als zusätzlicher Stellvertreter für den Rest der Funktionsperiode bestellt.

Die Geschäftseinteilung wurde vom stv Vorsitzenden der Disziplinarkommission im Wege der Aktenvorschreibung am 09. 01. 2019 genehmigt. Die administrativen Belange der Disziplinarkommission für Soldaten werden laut der Geschäftsverteilung des Bundesministeriums für Landesverteidigung von der Sektion I /DiszBW – Abteilung wahrgenommen. Dies erklärt die Geschäftszahl und das Genehmigungsverfahren.

Mit BGBl I Nr 181/2013 (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz - Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport – VwGAnpG-BMLVS […]) wurde ab 01. 01. 2014 im §18 Abs2 HDG 2002 unter anderen folgender Satz angefügt:

'Die Geschäftseinteilung ist mit dem Hinweis, dass sie vom Vorsitzenden der Disziplinarkommission erlassen wurde, öffentlich kundzumachen.'

Diese Adaptierungen und Formalanpassungen im Heeresdisziplinargesetz 2002 betreffen insbesondere nach den Erläuterungen die zur Straffung von Disziplinarverfahren notwendigen Anpassungen, die durch weitgehende Angleichungen an die mit der Dienstrechts-Novelle 2011, BGBl I Nr 140, im Disziplinarrecht der Bundesbeamten bereits vorgenommenen Regelungen erfolgen sollen.

Im Gegensatz zu §101 Abs5 BDG […] wurde aber vom Gesetzgeber hinsichtlich der Publizierung der Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission für Soldaten nicht die BDG Bestimmung übernommen, sondern nur die öffentliche Kundmachung gem. §18 Abs2 HDG 2014 vorgeschrieben, nicht aber den verpflichtenden Anschlag an der Amtstafel am Sitz der Disziplinarkommission.

Daher ist die Kundmachung der Geschäftseinteilung im Intranet und im Internet unter Abbildung der gesamten Geschäftseinteilung wohl als gesetzeskonform anzusehen.

[…]

Die Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung (DKS) für das Kalenderjahr 2020 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2020 wurde am 15. 01. 2020 im Intranet (VBI. II Nr 7/2020) bzw im Internet […] unter Abbildung der gesamten Geschäftseinteilung verlautbart, wobei unter Punkt VII festgehalten wurde, dass 'die bis zum 31. Dezember 2019 mit den Bezug habenden Geschäftsordnungen verfügten Zuständigkeiten der Senate bis zum Abschluss der jeweiligen Kommissionsverfahren bestehen bleiben'.

[…]

Die Verfügung dieser Geschäftseinteilung 2019 basiert auf §16 HDG 2014 (vor 2. DR – Novelle), wurde vom damaligen zuständigen stv Vorsitzenden (Obst ***) wohl erst am 09. 01. 2019 verfügt […] und im Intranet und Internet unter Abbildung der gesamten Rechtsverordnung am 28. 01. 2019 bzw 31. 01. 2019 öffentlich kundgemacht. Dies wohl unter Missachtung des Verbotes eines rückwirkenden lnkrafttretens (mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2019).

[…]

Mangels Vorliegen der 3 Punkte des Art139 Abs3 B-VG ist nach Ansicht der Disziplinarkommission für Soldaten nur die rückwirkende Inkraftsetzung der bereits außer Kraft getretenen Verordnung ('mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2019') als problematisch anzusehen, dies hat aber auf das gegenständliche Verfahren keine Auswirkungen."

4. Die Bundesministerin für Landesverteidigung hat eine Äußerung erstattet, in der sie den Darlegungen der Disziplinarkommission vollinhaltlich beitritt. Zum Themenkreis der Stellvertretungsregelungen bezüglich des Kommissionsvorsitzenden führt sie ergänzend aus, dass sich die Zuständigkeit für die Erlassung der Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2019 nicht aus der Geschäftseinteilung der DKS ergebe, weil nach der Bestimmung des §18 Abs2 HDG 2014 idF BGBl I 61/2018 die Stellvertretung des Kommissionsvorsitzenden nicht in einer Geschäftseinteilung zu regeln sei; diese ergebe sich gemäß §16 Abs2 Z1 HDG 2014 idF BGBl I 61/2018 ausschließlich aus der Bestellung (des Vorsitzenden und) der Stellvertreter. Die Bestellung des Vorsitzenden und der Stellvertreter sowie weiterer Mitglieder für die Funktionsperiode 2017 bis 2022 sei mit Erlass vom 29. November 2016, kundgemacht im Verlautbarungsblatt II, Nr 58/2016, durch den Bundesminister für Landesverteidigung festgelegt worden und sehe in absteigender Vertretungsreihenfolge Brigadier ***, Oberst *** und Oberst *** als Stellvertreter des Vorsitzenden der Disziplinarkommission vor. Allfälligen anderslautenden Reihenfolgen in Geschäftseinteilungen für bestimmte Kalenderjahre könne daher in diesem Zusammenhang keine rechtliche Bedeutung zukommen.

5. Die beteiligte Partei hat ebenfalls Äußerungen erstattet, in denen sie den Ausführungen der verordnungserlassenden Behörde und der Bundesministerin für Landesverteidigung entgegentritt und darlegt, dass sie die im Prüfungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Februar 2020, E3606/2019, geäußerten Bedenken im Hinblick auf die Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2019 teilt.

6. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu V424/2020, V430/2020 und V440/2020 drei Gerichtsanträge des Bundesverwaltungsgerichtes eingelangt:

6.1. Mit den zu V424/2020 und V430/2020 protokollierten Anträgen begehrt das Bundesverwaltungsgericht,

"folgende Bestimmungen der 'Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung (DKS) für das Kalenderjahr 2019 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2019', Verlautbarungsblatt II des Bundesministeriums für Landesverteidigung Nr 20/2019 als gesetzwidrig aufzuheben:

1. die Wortfolge 'mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2019' im Titel der Verordnung

2. Punkt I. im Umfang des Einleitungssatzes 'Mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2019 wird verfügt:' sowie der Festlegung der Zuständigkeit und Zusammensetzung des Senates 7 [V424/2020] [bzw] 2 [V430/2020]

3. Punkt II. über die Verhinderung des Senatsvorsitzenden zur Gänze".

6.2. Mit dem zu V440/2020 protokollierten Antrag begehrt das Bundesverwaltungsgericht, der Verfassungsgerichtshof wolle,

"(Hauptantrag) folgende Bestimmungen der 'Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung (DKS) für das Kalenderjahr 2019 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2019', Verlautbarungsblatt II des Bundesministeriums für Landesverteidigung Nr 20/2019, als gesetzwidrig aufheben:

1. die Wortfolge 'mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2019' im Titel der Verordnung;

2. Punkt I. im Umfang des Einleitungssatzes 'Mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2019 wird verfügt:' sowie der Festlegung der Zuständigkeit und Zusammensetzung des Senates 1

sowie

3. Punkt II. über die Verhinderung des Senatsvorsitzenden zur Gänze.

(erster Eventualantrag) in eventu:

I. folgende Bestimmungen der 'Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung (DKS) für das Kalenderjahr 2019 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2019', Verlautbarungsblatt II des Bundesministeriums für Landesverteidigung Nr 20/2019, als gesetzwidrig aufheben:

1. die Wortfolge 'mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2019' im Titel der Verordnung;

2. Punkt I. im Umfang des Einleitungssatzes 'Mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2019 wird verfügt:' sowie der Festlegung der Zuständigkeit und Zusammensetzung des Senates 1 und

3. Punkt II. über die Verhinderung des Senatsvorsitzenden zur Gänze.

sowie

II. folgende Bestimmungen der 'Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung (DKS) für das Kalenderjahr 2020 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2020', Verlautbarungsblatt II des Bundesministeriums für Landesverteidigung Nr 7/2020 in der Fassung Verlautbarungsblatt II des Bundesministeriums für Landesverteidigung Nr 15/2020, als gesetzwidrig aufheben:

1. die Wortfolge 'mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2020' im Titel der Verordnung;

2. Punkt I. im Umfang des Einleitungssatzes 'Mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2020 wird verfügt:' und

3. Punkt VII. über die bisherigen Zuständigkeiten bis 31. Dezember 2019 zur Gänze.

(zweiter Eventualantrag) in eventu

I. folgende Bestimmungen der 'Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung (DKS) für das Kalenderjahr 2019 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2019', Verlautbarungsblatt II des Bundesministeriums für Landesverteidigung Nr 20/2019, als gesetzwidrig aufheben:

1. die Wortfolge 'mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2019' im Titel der Verordnung;

2. Punkt I. im Umfang des Einleitungssatzes 'Mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2019 wird verfügt:' sowie der Festlegung der Zuständigkeit und Zusammensetzung des Senates 1 und

3. Punkt II. über die Verhinderung des Senatsvorsitzenden zur Gänze.

sowie

II. folgende Bestimmungen der 'Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung (DKS) für das Kalenderjahr 2020 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2020', Verlautbarungsblatt II des Bundesministeriums für Landesverteidigung Nr 7/2020 in der Fassung Verlautbarungsblatt II des Bundesministeriums für Landesverteidigung Nr 15/2020, als gesetzwidrig aufheben:

1. die Wortfolge 'mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2020' im Titel der Verordnung und

2. Punkt I. im Umfang des Einleitungssatzes 'Mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2020 wird verfügt:'."

6.3. Den Beschwerden, anlässlich deren Behandlung das Bundesverwaltungsgericht diese Anträge stellt, liegen folgende Sachverhalte zugrunde:

6.3.1. Beim Beschwerdeführer vor dem Bundesverwaltungsgericht in dem zu V424/2020 protokollierten Verfahren handelt es sich um einen Beamten der Verwendungsgruppe M ZUO, der den Dienstgrad Wachtmeister führt. Über diesen wurde mit Erkenntnis der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung, Senat 7, vom 15. November 2019 die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt. In der dagegen erhobenen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wurde ua eine Verletzung im Recht auf den gesetzlichen Richter vorgebracht, da die bekämpfte Entscheidung auf einer gesetzwidrigen Verordnung fuße.

6.3.2. Der Beschwerdeführer vor dem Bundesverwaltungsgericht in dem zu V430/2020 protokollierten Verfahren ist Beamter der Verwendungsgruppe MBO2, der den Dienstgrad Oberstleutnant führt. Er wurde mit Bescheid des Disziplinarvorgesetzten am 8. August 2019 gemäß §40 Abs1 HDG vorläufig vom Dienst enthoben. Der Bescheid wurde am 9. August 2019 der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung zur Entscheidung vorgelegt. Die Zuweisung des Geschäftsfalles durch den Vorsitzenden der Disziplinarkommission an den Vorsitzenden des Senats 2 erfolgte am 20. August 2019 auf der Grundlage der "Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung für das Kalenderjahr 2019 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2019". Mit Beschluss der Disziplinarkommission, Senat 2, vom 24. Jänner 2020, wurde der Beschwerdeführer vom Dienst enthoben. Dagegen richtet sich dessen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

6.3.3. Das zu V440/2020 protokollierte Verfahren betrifft wiederum jenen Beschwerdeführer, dessen Beschwerde betreffend die Entscheidung über den Einleitungsbeschluss derzeit im Verfahren zu E3603/2019 (Anlassfall) anhängig ist, weshalb im Hinblick auf die Sachverhaltsdarstellung im Wesentlichen auf die Ausführungen unter Punkt I.1. verwiesen werden kann. Ergänzend ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer in diesem Verfahren nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Disziplinarerkenntnis vom 13. Februar 2020 wegen dort näher umschriebener Dienstpflichtverletzungen schuldig gesprochen und mit einer Geldbuße bestraft wurde. Dagegen richten sich die nunmehr vom Bundesverwaltungsgericht zu entscheidenden Beschwerden des Disziplinaranwaltes beim Bundesministerium für Landesverteidigung und des Beschwerdeführers.

6.4. Zur Zulässigkeit der zu V424/2020 und V430/2020 protokollierten Anträge führt das Bundesverwaltungsgericht zusammengefasst jeweils aus, dass sich aus den angefochtenen Bestimmungen der Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2019 die Zuständigkeit (jeweils des Senates) der Behörde ergebe, die die bekämpften Bescheide erlassen habe (wobei auch die einmal durch Verteilung der einlangenden Geschäftsfälle an den jeweiligen Senatsvorsitzenden durch den Vorsitzenden der Disziplinarkommission begründete Zuständigkeit bis zum Abschluss der jeweiligen Kommissionsverfahren bestehen bleibe), weshalb diese Bestimmungen für die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes präjudiziell seien.

Zur Zulässigkeit des zu V440/2020 protokollierten Antrages führt das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Zuweisung des der Beschwerde zugrundeliegenden Geschäftsfalles nach der Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2019 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2019 erfolgt sei, womit deren Titel (und somit die im Hauptantrag unter 1. und in den Eventualanträgen unter I.1. jeweils angefochtenen Teile des Titels) sowie der Einleitungssatz (und somit die im Hauptantrag unter 2. und in den Eventualanträgen unter I.2. jeweils angefochtenen Teile des Einleitungssatzes) jedenfalls anwendbar seien. Der Geschäftsfall des betroffenen Beschwerdeführers sei vom Senat 1 der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung entschieden worden, sodass die Festlegung der Zuständigkeit und Zusammensetzung des Senates 1 jedenfalls anwendbar sei. Beim betroffenen Beschwerdeführer handle es sich nach der Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2019 um den Vorsitzenden des Senates 1. Dieser hätte somit nicht gegen sich selbst behördlich tätig werden dürfen, weswegen auch die Bestimmungen in Punkt II. der angefochtenen Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2019 über die Verhinderung des Senatsvorsitzenden zur Gänze anwendbar seien. Die Rechtssache sei nicht mit Abschluss des 31. Dezember 2019 erledigt gewesen, weshalb die Bestimmung über die Perpetuierung der Zuständigkeiten sowie Titel und Einleitungssatz der "Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung (DKS) für das Kalenderjahr 2020 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2020" (im Folgenden: Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2020) im vorliegenden Fall ebenfalls zur Anwendung gelange.

6.5. Zur inhaltlichen Begründung der zu V424/2020 und V430/2020 protokollierten Anträge verweist das Bundesverwaltungsgericht jeweils auf den Prüfungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Februar 2020, E3606/2019, und die darin geäußerten und von ihm geteilten Bedenken, die auch im Hinblick auf die in den jeweiligen Verfahren entscheidenden Senate 7 bzw 2 bestehen würden.

In dem zu V440/2020 protokollierten Antrag schließt sich das Bundesverwaltungsgericht – soweit dies die Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2019 betrifft – ebenfalls den vom Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss vom 24. Februar 2020, E3606/2019, geäußerten Bedenken an.

Im Hinblick auf die Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2020 führt das Bundesverwaltungsgericht aus, dass Bedenken wegen ihres rückwirkenden Inkrafttretens entstanden seien. Sowohl in der Einleitung als auch unter Punkt I. der Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2020 werde das Inkrafttreten mit "Wirksamkeit vom 1. Jänner 2020" angeordnet. Die Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2020 dürfte laut dem Verlautbarungsblatt II des Bundesministeriums für Landesverteidigung Nr 7/2020 am 15. Jänner 2020 kundgemacht worden sein, weshalb davon auszugehen sei, dass mit den in Prüfung gezogenen Wortfolgen ein rückwirkendes Inkrafttreten angeordnet worden sei, wofür das HDG 2014 jedoch keine Ermächtigung erteile.

6.6. Der Verfassungsgerichtshof führte zu den zu V424/2020 und V430/2020 protokollierten Anträgen des Bundesverwaltungsgerichtes (im Hinblick auf §19 Abs3 Z4 VfGG) kein weiteres Verfahren durch.

6.7. Der Verfassungsgerichtshof hat betreffend den zu V440/2020 protokollierten Antrag ein Vorverfahren durchgeführt. Die verordnungserlassende Behörde und das Bundesministerium für Landesverteidigung verweisen in ihren jeweiligen Äußerungen auf das bereits zu V344/2020 Ausgeführte. Die beteiligte Partei hat ebenfalls eine Äußerung erstattet.

II. Rechtslage

1. Die im vorliegenden Fall einschlägigen Bestimmungen des Heeresdisziplinargesetzes 2014 – HDG 2014, BGBl I 2/2014, idF BGBl I 61/2018 lauten auszugsweise:

"Allgemeine Bestimmungen

Anwendungsbereich

§1. (1) Dieses Bundesgesetz ist, soweit darin nicht anderes bestimmt ist, anzuwenden auf

1. Soldaten,

2. Wehrpflichtige des Miliz- und Reservestandes, die einen höheren Dienstgrad als Rekrut führen, und

3. Berufssoldaten des Ruhestandes.

Für Berufssoldaten des Ruhestandes gelten ausschließlich die für diese Personen vorgesehenen Bestimmungen, auch wenn diese Personen zugleich Wehrpflichtige des Miliz- und Reservestandes sind.

(2) Berufssoldaten des Ruhestandes nach diesem Bundesgesetz sind Beamte des Ruhestandes, die bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Dienststand dem Bundesheer auf Grund eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses angehört haben.

[§§2-15…]

Bestellung der Kommissionsmitglieder

§16. (1) Die Mitglieder der Disziplinarkommission sind mit Wirkung vom 1. Jänner eines Kalenderjahres für die Dauer von sechs Jahren zu bestellen. Im Bedarfsfall ist jedoch die Disziplinarkommission auch während dieser sechs Jahre durch die Bestellung zusätzlicher Mitglieder zu ergänzen.

(2) Der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport hat aus dem Kreis der Soldaten, die dem Bundesheer auf Grund eines Dienstverhältnisses angehören, zu bestellen

1. den Vorsitzenden der Disziplinarkommission und dessen Stellvertreter und

2. die Hälfte der weiteren Mitglieder der Disziplinarkommission.

Zum Vorsitzenden oder Stellvertreter dürfen nur Offiziere in einem unbefristeten öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis bestellt werden. Diese müssen über ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen im militärischen Disziplinarwesen verfügen. Der Vorsitzende der Disziplinarkommission muss rechtskundig sein.

(3) Die zweite Hälfte der weiteren Mitglieder der Disziplinarkommission ist vom Zentralausschuss beim Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport aus dem gleichen Personenkreis wie die übrigen weiteren Mitglieder zu bestellen. Bestellt der Zentralausschuss innerhalb eines Monates nach Aufforderung durch den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport keine oder zu wenige Mitglieder für die Disziplinarkommission, so hat der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport die erforderlichen Mitglieder selbst zu bestellen.

(4) Zum Mitglied der Disziplinarkommission darf kein Soldat bestellt werden,

1. der außer Dienst gestellt ist oder

2. der, wenn auch nur vorläufig, vom Dienst enthoben ist oder

3. gegen den ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde, bis zu dessen Einstellung oder rechtskräftigem Abschluss, oder

4. der wegen einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit Vorsatz begangenen gerichtlich strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt wurde, bis zu dem Zeitpunkt, ab dem über die Verurteilung keine oder nur beschränkte Auskunft aus dem Strafregister erteilt werden darf, oder

5. gegen den ein Strafverfahren nach der Strafprozessordnung 1975 anhängig ist betreffend eine von Amts wegen zu verfolgende, mit Vorsatz begangene gerichtlich strafbare Handlung oder

6. für den ein Führungsblatt angelegt ist.

Ruhen und Enden der Mitgliedschaft zur Disziplinarkommission

§17. (1) Die Mitgliedschaft zur Disziplinarkommission ruht

1. während eines Strafverfahrens nach der Strafprozessordnung 1975 betreffend eine von Amts wegen zu verfolgende, mit Vorsatz begangene gerichtlich strafbare Handlung ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft einer Anklageerhebung oder

2. vom Zeitpunkt der Einleitung eines Disziplinarverfahrens bis zu dessen Einstellung oder rechtskräftigem Abschluss oder

3. während einer, wenn auch nur vorläufigen, Dienstenthebung oder

4. während einer Außerdienststellung oder

5. während einer gerechtfertigten Abwesenheit von mehr als drei Monaten oder

6. während einer Dienstleistung im Ausland.

(2) Die Mitgliedschaft zur Disziplinarkommission endet mit

1. dem Ablauf der Bestellungsdauer oder

2. der Abberufung durch den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport, wenn das Mitglied

a) auf Grund seiner gesundheitlichen Verfassung die mit seiner Funktion verbundenen Aufgaben dauernd nicht mehr erfüllen kann oder

b) die mit seiner Funktion verbundenen Pflichten grob verletzt oder dauernd vernachlässigt hat, oder

3. der Abberufung durch den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport mit schriftlicher Zustimmung des Betroffenen, sofern dieser in keinem anhängigen Disziplinarverfahren als Senatsmitglied herangezogen ist, oder

4. dem Ausscheiden aus dem Präsenzstand oder

5. der rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilung wegen einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit Vorsatz begangenen gerichtlich strafbaren Handlung oder

6. der rechtskräftigen Verhängung einer Disziplinarstrafe oder eines Schuldspruches ohne Strafe.

Disziplinarsenate

§18. (1) Die Senate der Disziplinarkommission (Disziplinarsenate) haben zu bestehen aus

1. dem Vorsitzenden der Disziplinarkommission oder einem seiner Stellvertreter als Senatsvorsitzendem und

2. zwei weiteren Mitgliedern.

Jedes Kommissionsmitglied darf mehreren Senaten angehören. Eines der weiteren Mitglieder muss der vom Zentralausschuss oder vom Bundes

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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