RS Vfgh 2020/6/26 V344/2020 ua (V344/2020-15)

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Veröffentlicht am 26.06.2020
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Index

43/01 Wehrrecht allgemein

Norm

B-VG Art139 Abs1 Z1, Art139 Abs3 litc, Art139 Abs4
HeeresdisziplinarG 2014 §16, §18
Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung für das Jahr 2019
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit der Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission für Soldaten für 2019 mangels Zuständigkeit des verordnungserlassenden Organs; Unzuständigkeit des drittgereihten Stellvertreters zur Verordnungserlassung mangels Verhinderung des zweitgereihten Stellvertreters

Rechtssatz

Gesetzwidrigkeit der "Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung (DKS) für das Kalenderjahr 2019 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2019" Verlautbarungsblatt II des Bundesministeriums für Landesverteidigung Nr 20/2019 (im Folgenden: Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2019); im Übrigen: Zurückweisung eines Antrags des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG - Gerichtsantrag).

Der als zusätzlicher weiterer Antrag zu wertende Antrag des BVwG bezieht sich ausdrücklich auf die Geschäftseinteilung "in der Fassung Verlautbarungsblatt II des Bundesministeriums für Landesverteidigung Nr 15/2020". In dieser Fassung kommen die angefochtenen Wortfolgen "mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2020" im Titel der Verordnung beziehungsweise "Mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2020 wird verfügt:" im Einleitungssatz nicht vor. Hinsichtlich der gänzlichen Anfechtung des Punktes VII. der "Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung (DKS) für das Kalenderjahr 2020 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2020" Verlautbarungsblatt II des Bundesministeriums für Landesverteidigung 7/2020 idF Verlautbarungsblatt II des Bundesministeriums für Landesverteidigung 15/2020, welcher die Zusammensetzung der Senate für jene Fälle, deren Zuständigkeiten bis zum 31.12.2019 mit den Bezug habenden Geschäftsordnungen verfügt wurden, neuerlich festlegt, wurden vom BVwG keine Bedenken vorgebracht. Insofern erweist sich dieser zweite Teil des als "erster Eventualantrag" bezeichneten (eigenständigen) Antrages als unzulässig.

Die Zuständigkeit des verordnungserlassenden Organs hat ausdrücklich aus der (im jeweils konkreten Fall einschlägigen) Geschäftseinteilung hervorzugehen, weil es sich auch dabei um eine Zuständigkeitsbestimmung handelt. Im konkreten Fall ist daher in der Geschäftseinteilung der DKS - soweit nicht gesetzlich bereits festgelegt - auch die Reihenfolge der Vertretung des Vorsitzenden zu regeln.

Zum Vorbringen, dass allfälligen Vertretungsreihenfolgen in Geschäftseinteilungen für bestimmte Kalenderjahre insofern keine rechtliche Bedeutung zukomme, als sich die Stellvertretung des Vorsitzenden gemäß §16 Abs2 Z1 HDG 2014 idF BGBl I 61/2018 ausschließlich aus der Bestellung durch den Bundesminister für Landesverteidigung ergebe, ist auszuführen, dass sich diese Bestimmung auf die generelle Bestellung der Mitglieder bezieht, die in der Disziplinarkommission tätig werden - also die Zusammensetzung des Organes hinsichtlich seiner Mitglieder an sich - ohne aber deren konkrete Zuständigkeit zu regeln. Durch den Erlass werden der Vorsitzende, seine Stellvertreter, der Disziplinaranwalt, seine Stellvertreter sowie die Hälfte der weiteren Mitglieder für die Disziplinarkommission und Disziplinaroberkommission für eine sechsjährige Funktionsperiode bestellt. Der in Rede stehende Erlass betrifft die "Organkreation"; er enthält lediglich die in Betracht kommenden - innerhalb ihres Dienstgrades in alphabetischer Reihenfolge gelisteten - Mitglieder des Organes. Die zuständigkeitsbegründenden Bestimmungen finden sich jedoch in der - jährlich neu zu erlassenden - jeweiligen Geschäftseinteilung.

Verfügungen bzw der interne Organisationsplan vermögen ebenfalls die Reihenfolge der Vertretung und somit die Zuständigkeit nicht zu begründen, weil es sich dabei um bloß interne Regelungen handelt.

An der in der Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2019 vorgenommenen Reihenfolge der Vertretung des Vorsitzenden vermögen solche internen Regelungen nichts zu ändern, zumal auf personelle Änderungen auch während des laufenden Jahres insofern reagiert werden kann, als eine Änderung der Geschäftseinteilung während des laufenden Kalenderjahres nach §18 Abs3 HDG idF idF BGBl I 61/2018 dann vorgenommen werden darf, wenn dies im Falle einer Bestellung zusätzlicher Kommissionsmitglieder oder zur Beseitigung von Mängeln in der Geschäftseinteilung notwendig ist.

Ein Grund, weshalb auch der an zweiter Stelle gereihte Vertreter des Vorsitzenden Oberst an der Wahrnehmung der Aufgaben des Vorsitzenden der Disziplinarkommission - als in der Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2018 zweitgereihter und somit zum Erlass der Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2019 zuständiger Stellvertreter - verhindert gewesen und damit der drittgereihte Oberst an dessen Stelle gerückt wäre, ist von der verordnungserlassenden Behörde nicht vorgebracht worden.

Wenn aber wie im vorliegenden Fall - entgegen den in der Verordnung vorgesehenen Vertretungsregelungen - die Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2019 vom drittgereihten Stellvertreter Oberst und nicht vom zweitgereihten Oberst erlassen wurde, mangelte es dem verordnungserlassenden Organ an der Zuständigkeit. Die Geschäftseinteilung der DKS für das Kalenderjahr 2019 wurde somit von einem unzuständigen Organ - und damit gesetzwidrig - erlassen.

Die "Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung (DKS) für das Kalenderjahr 2019 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2019" galt als Verordnung im Jahr 2019. Mit der mit "Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung (DKS) für das Kalenderjahr 2020 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2020" überschriebenen Geschäftsverteilung der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Landesverteidigung, Verlautbarungsblatt II des Bundesministeriums für Landesverteidigung Nr 7/2020 wurde der in Prüfung gezogenen Verordnung materiell derogiert. Im Hinblick darauf hat der VfGH den Ausspruch darauf zu beschränken, dass die Verordnung gesetzwidrig war.

(Anlassfall E3603/2019, E v 26.06.2020, Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Dienstrecht, Disziplinarrecht, Heeresdisziplinarrecht, Verordnungserlassung, Behördenzuständigkeit, VfGH / Formerfordernisse, Geltungsbereich (zeitlicher) einer Verordnung, VfGH / Verwerfungsumfang

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:V344.2020

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2020
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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