Index
50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1973 §356 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde der G und des F in K, beide vertreten durch Dr. A, Dr. P, Rechtsanwälte in Z, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 2. Mai 1995, Zl. 5/02-997/2-1995, betreffend Verfahren gemäß § 81 GewO 1994 (mitbeteiligte Partei: H in K), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 2. Mai 1995 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß § 81 GewO 1994 die gewerbebehördliche Genehmigung der Änderung der näher bezeichneten (Hotel-)Betriebsanlage durch Erweiterung der bestehenden Tiefgarage für Langzeitabstellplätze unter dem derzeitigen Parkplatz samt Einbau einer Lüftungsanlage sowie Erweiterung am Objekt Kegelbahn und Errichtung eines Ausstellungspavillons - unter Vorschreibung von Auflagen - erteilt.
In der Begründung vertritt die belangte Behörde (zusammenfassend) die Auffassung, eine Änderung der örtlichen Verhältnisse sei weder in bezug auf Lärm- noch in bezug auf Geruchsimmissionen erwartbar. Es seien daher die befürchteten Beeinträchtigungen bzw. Gefährdungen denkunmöglich. Die Beiziehung eines ärztlichen Amtssachverständigen sei daher entbehrlich gewesen.
Weiters heißt es in der Begründung u.a., die in der Berufungsschrift behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens infolge Verletzung des Parteiengehörs sei durch das Berufungsverfahren als saniert anzusehen, weil dem Berufungswerber mit Schreiben vom 12. April 1995 Gelegenheit geboten worden sei, sich zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens gemäß § 45 Abs. 3 AVG zu äußern. Diese Gelegenheit zur Stellungnahme sei jedoch nicht genützt worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf "Hintanhaltung von Immissionen gemäß §§ 77, 81 und 74 Gewerbeordnung durch die genehmigte Betriebsanlage beschwert". In Ausführung dieses Beschwerdepunktes wird u.a. vorgebracht, der gewerbe- und bautechnische Sachverständige habe in der mündlichen Verhandlung vom 2. August 1994 festgestellt, daß der Einschreiter die genauere Verwendung des Ausstellungspavillons noch zu definieren habe, was jedoch im gesamten Verfahren nicht erfolgt sei. Da somit der Verwendungszweck des Ausstellungspavillons nicht eindeutig definiert sei, sei es aufgrund mangelnder Unterlagen nicht möglich, ein ordnungsgemäßes Betriebsanlagengenehmigungsverfahren durchzuführen, insbesondere sei es unmöglich zu überprüfen, ob Beeinträchtigungen im Sinne des § 74 GewO 1994 vom Ausstellungspavillon ausgingen bzw. ob diesbezüglich eine Beeinträchtigung von Parteien gegeben sei.
Schon mit diesem Vorbringen sind die Beschwerdeführer im Recht.
Gemäß § 353 GewO 1994 - in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 63/1997 - sind dem Ansuchen um Genehmigung einer Betriebsanlage (u.a.) in vierfacher Ausfertigung anzuschließen
a)
eine Betriebsbeschreibung einschließlich eines Verzeichnisses der Maschinen und sonstigen Betriebseinrichtungen,
b)
die erforderlichen Pläne und Skizzen,
c)
eine Beschreibung der beim Betrieb der Anlage zu erwartenden Abfälle und der betrieblichen Vorkehrungen zu deren Vermeidung, Verwertung und Entsorgung (Abfallwirtschaftskonzept).
Gemäß § 356 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde (§§ 333, 334, 335), ausgenommen in den Fällen des § 359b auf Grund eines Ansuchens um Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer Betriebsanlage oder um Genehmigung der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage eine Augenscheinsverhandlung anzuberaumen. Gegenstand, Zeit und Ort der Augenscheinsverhandlung sowie die gemäß Abs. 3 bestehenden Voraussetzungen für die Begründung der Parteistellung sind den Nachbarn durch Anschlag in der Gemeinde (§ 41 AVG) und durch Anschlag in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern bekanntzugeben; die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden. ...
Nach dieser Rechtslage setzt der Abspruch über die Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage wie auch ein Abspruch über die Genehmigung der Änderung einer solchen Anlage ein Ansuchen voraus (antragsbedürftiger Verwaltungsakt). Ein einer gewerblichen Kundmachung nach § 356 Abs. 1 GewO 1994 zugrundeliegendes Ansuchen erfordert im Hinblick auf die den Nachbarn gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1994 eingeräumte Berechtigung zur Erhebung von Einwendungen einen (verbalen) Inhalt, der als solcher - unabhängig von den weiteren einem derartigen Ansuchen anzuschließenden und dieses detaillierenden Unterlagen und Plänen - Art und Umfang der beantragten Genehmigung eindeutig erkennen läßt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 1992, Zl. 92/04/0025, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Im Falle einer Antragstellung nach § 353 GewO 1994 muß im Hinblick auf die sich aus § 356 Abs. 3 leg. cit. ergebende Regelung ein die erforderliche Klarheit aufweisender Antrag schon der behördlichen Anberaumung der mündlichen Augenscheinsverhandlung zugrundeliegen (vgl. auch hiezu das vorzitierte hg. Erkenntnis vom 15. September 1992).
Weiters ist darauf zu verweisen, daß der im § 353 Z. 1 lit. a GewO 1994 genannten Betriebsbeschreibung insofern wesentliche Bedeutung zukommt, als sie die Grundlage der Beurteilung bildet, welche von der Betriebsanlage ausgehende und auf Nachbarliegenschaften einwirkende Emissionen zu erwarten sind. Auch bestimmt sie die normative Tragweite des Genehmigungsbescheides. Die Betriebsbeschreibung muß daher, um den genannten Erfordernissen zu entsprechen, insbesondere präzise Angaben zu allen jenen Faktoren enthalten, die für die Beurteilung der auf den Nachbarliegenschaften zu erwartenden Immissionen von Bedeutung sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. August 1997, Zl. 97/04/0073).
Die Eingabe der mitbeteiligten Partei vom 10. Juni 1994 beschränkt sich nun darauf, daß "um gewerbebehördliche Verhandlung bzw. Genehmigung für die Errichtung eines Ausstellungspavillons auf der Decke der derzeitigen Tiefgarage im Grünbereich" angesucht wurde, ohne daß diesbezüglich Gegenstand und Umfang (auch) dieser Änderung, etwa hinsichtlich der Betriebsweise, näher umschrieben worden wäre. So wird auch in der Verhandlung vom 2. August 1994 vom gewerbetechnischen und bautechnischen Amtssachverständigen ausgeführt, daß "die genauere Verwendung des Ausstellungspavillons ... seitens des Einschreiters noch zu definieren sein" werde.
Die erforderliche Klarstellung dieser Frage vor Ausschreibung der im § 356 GewO 1994 vorgesehenen Augenscheinsverhandlung war unterblieben. Nur der Vollständigkeit halber ist in diesem Zusammenhang anzumerken, daß in Ansehung dieses Umstandes schon vom Ansatz her eine Schlüssigkeitsprüfung der behördlichen Annahme, es sei eine Änderung der örtlichen Verhältnisse weder in bezug auf Lärmnoch in bezug auf Geruchsemissionen erwartbar, weshalb die befürchteten Beeinträchtigungen bzw. Gefährdungen "denkunmöglich" seien, nicht möglich ist.
Ist der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, so kann die Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 2 AVG den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verweisen.
Ausgehend vom oben Gesagten hätte daher - ausgehend von der im Zeitpunkt der Bescheiderlassung geltenden Rechtslage nach entsprechender Ergänzung des Ansuchens - der mit Berufung bekämpfte Bescheid im Grunde des § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur Durchführung einer Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verwiesen werden müssen (vgl. auch dazu das vorzitierte hg. Erkenntnis vom 15. September 1992).
Schon aus dem oben dargestellten Grund war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß es eines Eingehens auf das weitere Beschwerdevorbringen bedurfte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995040125.X00Im RIS seit
20.11.2000