Entscheidungsdatum
19.08.2020Index
50/01 GewerbeordnungNorm
GewO 1994 §154Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hohenhorst über die Beschwerde von AA, geb am xx.xx.xxxx, Adresse 1, Z, vom 04.08.2020, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 07.07.202, Zl ***, betreffend eine Übertretung nach der Gewerbeordnung,
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von Euro 60,00 zu leisten.
3. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Im gegenständlichen Straferkenntnis wird AA folgender Sachverhalt angelastet und Strafe über ihn verhängt:
„Sie haben es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der BB mit dem Sitz in X, Adresse 2, zu verantworten, dass, wie Ihrer von der BB AA mit Datum 14.11.2019 im Zuge von Umbauarbeiten der CC, Adresse 3, Y verbundenen Betriebsanlagenverfahren vorgelegten Bestätigung über die erfolgte Generalinspektion für eine Minderabscheideranlage entnommen werden kann, die die entgeltliche, selbstständige und regelmäßige Durchführung der Generalinspektion für eine Mineralabscheideanlage das Gewerbe der Ingenieurbüros gemäß § 94 Ziffer 69 ausgeübt wurde, obwohl Sie nicht im Besitz einer Gewerbeberechtigung waren.
Die BB AA ist lediglich im Besitz eines Handelsgewerbes und sohin nicht berechtigt, derartig4e Generalinspektionen durchzuführen und darüber Bestätigungen auszustellen.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 370 Abs. 1 i.V.m. § 366 Abs. 1 Ziffer 1 i.V.m. § 94 Ziffer 69 Gewerbeordnung 1994
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe (€):
300,00
Gemäß:
§ 366 Abs. 1 Einleitungssatz Gewerbeordnung 1994
Ersatzfreiheitsstrafe:
28 Stunden
Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle die Ersatzfreiheitsstrafe.
Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
€ 30,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, wobei jedoch mindestens € 10,00 zu bemessen sind.
Bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe mit 100 Euro anzusetzen. € 0,00 als Ersatz der Barauslagen für
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher: € 300,00“
Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Beschwerde, in welcher AA ausführt, dass entgegen der Behauptung im Straferkenntnis er eine Prüfung und Überwachung der Dichtheit von Kanälen nicht durchgeführt habe. Ihm sei bekannt, dass dazu einerseits geeichte Messgeräte benötigt werden und andererseits eine eigens vorhandene ÖNORM B2503 anzuwenden ist. Eine solche Dichtheitsüberprüfung habe er nie durchgeführt, weil ihm, abgesehen von den ihm nicht zur Verfügung stehenden technischen Geräten, auch die Befähigung dazu fehle. Dass er eine solche Überprüfung nicht durchgeführt habe, sei ebenfalls seinem Bericht zu entnehmen, aus dem ersichtlich wäre, dass das von der Firma DD übernommen wurde. Jener Bericht der Firma DD liege ihm jedoch nicht vor, sondern sei ihm diese Information vom zuständigen Architekten zugegangen. Er sei der Meinung, dass er den baulichen Zustand, die innere Beschichtung, den Zustand der Einbauteile und elektronischen Einrichtungen und die Tarierung selbständiger Verschlusseinrichtungen als Sachkundiger mit 30-jähriger Berufserfahrung gemäß der Euro-Norm EN858-2 Punkt 6 überprüfen darf. Er beantrage Verfahrenseinstellung.
II. Sachverhalt:
Die BB AA KG mit der Anschrift Z, Adresse 1, ist seit 02.05.2007 berechtigt, das Handelsgewerbe am Standort X, Adresse 2, auszuüben. Gewerberechtlicher Geschäftsführer ist AA, geb am xx.xx.xxxx in W, wohnhaft Z, Adresse 1.
Im Zuge von Umbauarbeiten einer Tankstelle ein Y und dem abgewickelten Betriebsanlagenverfahren wurde nach Fertigstellung der Umbauarbeiten unter anderem ein Bericht bzw eine Bestätigung über die erfolgte Generalinspektion für eine Mineralölabscheideranlage der Firma BB AA KG der Bezirkshauptmannschaft Y vorgelegt. Dazu wurde die Generalinspektion gemäß Euro-Norm EN858-2 Punkt 6 beigeschlossen.
III. Beweiswürdigung:
Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Inhalt des Aktes der Bezirkshauptmannschaft Y.
IV. Rechtslage:
Im gegenständlichen Verfahren ist folgende Bestimmung der Gewerbeordnung maßgeblich:
„§ 154
Handelsgewerbe und Handelsagentengewerbe
(1) Den Gewerbetreibenden, die den Kleinhandel mit Lebensmitteln ausüben, steht das Recht zu, Speisen in einfacher Art zu verabreichen und nichtalkoholische Getränke und Bier auszuschenken, wenn hiebei nicht mehr als acht Verabreichungsplätze (zum Genuss von Speisen und Getränken bestimmte Plätze) bereitgestellt werden. Weiters sind sie berechtigt, vorparierte Stücke Frischfleisch von nicht mehr als zehn Kilogramm zu zerteilen und zu verkaufen.
(2) Gewerbetreibende, die den Handel mit Antiquitäten und Kunstgegenständen ausüben, sowie die zur Ausübung des Altwarenhandels berechtigten Gewerbetreibenden sind verpflichtet
1. über die Auskunftspflicht des § 338 hinaus auch den Sicherheitsbehörden während der Geschäftsstunden die Nachschau in den Geschäftslokalen zu ermöglichen, Beweismittel vorzulegen, Einsicht in die Geschäftsbücher zu gewähren und die für die Überprüfung notwendigen Auskünfte, insbesondere über die Herkunft von Waren, zu erteilen;
2. die ihnen zugekommenen Mitteilungen über verlorene, vergessene, zurückgelassene oder dem rechtmäßigen Besitzer widerrechtlich entzogene Gegenstände geordnet und nachschaubereit aufzubewahren.
(3) Gewerbetreibende, die den Handel mit Schmuck und Juwelen ausüben, sind auch zum Stechen von Ohrläppchen unter Verwendung von sterilen Einweg-Ohrlochknöpfen nach vorheriger Hautdesinfektion sowie zur Anbringung eines künstlichen Zahn- oder Hautschmuckes (Kristall) mittels Klebstoff berechtigt.
(4) Gewerbetreibende, die den Handel mit Parfumeriewaren ausüben, sind auch zu Schminktätigkeiten berechtigt.
(5) Handelsgewerbetreibende, die ihr Gewerbe durch das Beziehen von Märkten ausüben, oder die bei Festen, sportlichen Veranstaltungen oder sonstigen Anlässen, die mit größeren Ansammlungen von Menschen verbunden sind, den Kleinverkauf von Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln und sonstigen Waren, die zu diesen Gelegenheiten üblicherweise angeboten werden, ausüben, sind Marktfahrer.
(6) Inhaber eines Tabakfachgeschäftes sind ohne Begründung einer Gewerbeberechtigung berechtigt, im Sinne des § 23 Abs. 3 des Tabakmonopolgesetzes 1996 tätig zu werden.
(7) Der Tätigkeitsbereich der Handelsagenten umfasst das Vermitteln oder das Abschließen von Warenhandelsgeschäften in fremdem Namen und für fremde Rechnung zwischen selbständig Erwerbstätigen und Personen, die Waren der angebotenen Art zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit benötigen, ohne Rücksicht darauf, ob das Vermitteln oder Abschließen im Rahmen einer selbständigen Betrauung oder auf Grund einzelner Aufträge ausgeübt wird.“
V. Erwägungen:
Nach Punkt 6. der EN 858-2 müssen alle Teile, die regelmäßig zu warten sind, jederzeit zugänglich sein. Eine Wartung der Anlage ist mindestens alle 6 Monate durch Sachkundige durchzuführen. Die Wartung ist entsprechend den Anweisungen des Herstellers auszuführen und muss mindestens die folgenden Punkte umfassen:
a) Schlammfang
? Ermittlung des Schlammvolumens;
b) Abscheider
? Messen der Leichtflüssigkeitsschichtdichte
? Überprüfen der Funktion der selbsttägigen Verschlusseinrichtung,
? Überprüfen des Koaleszenzeinsatzes auf Durchlässigkeit, wenn die Wasserstände vor und hinter dem Koaleszenzeinsatz deutliche Abweichungen aufweisen,
? Überprüfen der Funktion der Warneinrichtung;
c) Probenahmeschacht
? Reinigen der Ablaufrinne.
Der Beschwerdeführer ist der Meinung, dass er als Sachkundiger mit 30-jähriger Berufserfahrung den baulichen Zustand, die innere Beschichtung, den Zustand der Einbauteile, den Zustand der elektronischen Einrichtungen und die Tarierung selbständiger Verschlusseinrichtungen überprüfen darf.
Auch wenn im Punkt 6. der EN 858-2 unter Betrieb, Kontrolle und Wartung geregelt ist, dass eine Wartung der Anlage mindestens alle 6 Monate durch Sachkundige entsprechend den Anweisungen des Herstellers durchzuführen ist und mindestens die dort angeführten Punkte zu umfassen hat, bedeutet dies, dass diese Person nach Einschulung die Wartung durchführen darf. Das stellt jedoch eine völlig andere Tätigkeit dar, als die gewerbsmäßige Ausstellung einer Betätigung der Generalinspektion. Diese Tätigkeit hat nichts mit dem Handelsgewerbe gemeinsam; unter „Handel“ (Handelstätigkeit) wird die auf den Warenaustausch zwischen einzelnen Wirtschaftsmitgliedern gerichtete Tätigkeit verstanden. Die BB führte deshalb eine Tätigkeit aus, ohne ihm Besitz einer diese Tätigkeit umfassenden Gewerbeberechtigung zu sein. Dafür bedarf es keinerlei Hinweises in der ÖNORM, weil die dort die technischen Belange und nicht die gewerberechtlichen Voraussetzungen geregelt sind.
Die Ansicht der belangten Behörde ist zutreffend, dass die Überprüfung des baulichen Zustandes, der inneren Beschichtung, des Zustandes der Einbauteile und elektronischen Einrichtungen und die Tarierung selbständiger Verschlusseinrichtungen keinesfalls Gegenstand des Handelsgewerbes sein kann, sondern des reglementierten Gewerbes der einschlägigen Ingenieurbüros oder allenfalls auch andere reglementierte Gewerbe wie Baumeister oder Gas- und Sanitärtechniker.
Der spruchgemäß angelastete Tatvorwurf besteht deshalb zu Recht, weshalb die dagegen erhobene Beschwerde zu keinem Erfolg führen konnte.
Hinsichtlich Verschulden und Beeinträchtigungsintensität ist die Erstbehörde zutreffend von Fahrlässigkeit ausgegangen bzw hat ausgeführt, dass die einschlägigen Bestimmungen der Gewerbeordnung dazu dienen, dass Gewerbe nur von befugten Unternehmern ausgeführt werden.
Im Hinblick auf die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers kann die Ausschöpfung des gesetzlichen Strafrahmens zu 8,33 % keinesfalls als unangemessen oder überhöht angesehen werden, um einen spezial- und generalpräventiven Effekt nicht zu verfehlen.
Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat, der mit 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit € 10,00 zu bemessen ist. Daraus ergibt sich die Kostenvorschreibung in Spruchpunkt zweitens.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Hinweis:
Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Hohenhorst
(Richter)
Schlagworte
HandelsgewerbeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.25.1641.1Zuletzt aktualisiert am
21.09.2020