TE Lvwg Erkenntnis 2020/8/21 LVwG-2020/20/1500-1

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Veröffentlicht am 21.08.2020
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Entscheidungsdatum

21.08.2020

Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht

Norm

BAO §236

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Stöbich über die Beschwerde der AA GmbH, Z, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt BB, Y, gegen den Bescheid des Stadtmagistrats Z vom 31.03.2020, GZ: ***, betreffend die Festsetzung der Vergnügungssteuer für den Zeitraum 01.03.2020 bis 31.03.2020, aufgrund des Vorlageantrages vom 14.07.2020 gegen die Beschwerdevorentscheidung vom 15.06.2020, Zahl ***, wie folgt:

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Bescheid setzte der Stadtmagistrat Z als Abgabenbehörde gegenüber der Beschwerdeführerin die Vergnügungssteuer für den Zeitraum 01.03.2020 bis 31.03.2020 auf Grund der von der Beschwerdeführerin im angeführten Zeitraum an näher angeführten Orten (in Z) gehaltenen bzw aufgestellten sieben Wettterminals in der Höhe von Euro 1.050,00 fest.

Mit Schreiben vom 25.05.2020 brachte die Beschwerdeführerin (auf Grund von Art 13 des 2. COVID-19-Gesetzes) rechtzeitig Beschwerde gegen diesen Abgabenfestsetzungsbescheid ein. In der Begründung verwies sie im Wesentlichen darauf, dass die Wettterminals aufgrund der „aktuellen Corona-Situation“ außer Betrieb genommen worden seien und „daher die Vergnügungssteuer ab März 2020 bis zur Wiederinbetriebnahme ausgesetzt wird“. Eine Aussetzung sei nicht als Stundung der Vergnügungssteuer auf einen späteren Zeitpunkt zu betrachten, sondern so zu verstehen, dass diese für diesen Zeitraum „zur Gänze entfällt und nicht bezahlt wird“.

Obwohl die Vergnügungssteuer in der „Vergnügungssteuerverordnung“ für jeden angefangenen Kalendermonat vorgesehen sei, werde aufgrund der besonderen Ausnahmesituation im Zusammenhang mit Corona und deren Auswirkungen „um Nachsicht ersucht“.

Die vollständige Bezahlung der Vergnügungssteuer (die Gesamtbelastung der Vergnügungssteuer zB im Monat Februar betrage knapp Euro 40.000,00) sei „gem §§ 236 und 237 der Bundesabgabenordnung“ für das Unternehmen samt 24 Mitarbeiter existenzbedrohend und somit unbillig. Man sei bereit, maximal 50 % der Vergnügungssteuer für den Monat März 2020 zu bezahlen.

Über diese Beschwerde hat der Stadtmagistrat Z mit Beschwerdevorentscheidung vom 15.06.2020, Zahl ***, entschieden und die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die Außerbetriebnahme der Wettterminals nicht über einen „Durchlaufzeitraum“ eines einzigen, vollständigen Kalendermonats erstreckt habe. „Überzeugende Gründe für eine Nachsicht der Abgabenschuld im Sinne der §§ 236, 237 BAO“ lägen aus Sicht der Abgabenbehörde nicht vor.

Mit Schreiben vom 14.07.2020 stellte die Beschwerdeführerin fristgerecht einen Vorlageantrag. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen des § 236 BAO vorlägen. Die Pandemie und der dadurch bedingte Covid-19-Lockdown würden einen außergewöhnlichen Geschehnisablauf darstellen, sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung gekommen sei. Aufgrund von behördlichen Vorschriften hätte man die Terminals tatsächlich gar nicht betreiben können. Die Wettterminals seien nachweislich länger als einen Monat nicht benützt worden, dies aufgrund der staatlichen Sperre von Wettlokalen, Gastronomiebetrieben und gastronomischen Tankstellenbereichen im Zeitraum vom 16.03 bis 15.05.2020. Für die Zeit der Nichtbenützung sei daher keine Steuer vorzuschreiben. Gemessen in vollen Monaten betrage der Zeitraum vom 16.03. bis zum 15.05. genau drei Monate. Aus diesem Grunde sei die Steuer bezüglich des gegenständlichen Bescheides hinsichtlich des Zeitraumes 16.03. bis 31.03. abzuschreiben. Während des Lockdowns hätte die Beschwerdeführerin keine Einnahmen erzielt, da ein Betreiben von Wettterminals nicht möglich gewesen sei. Sie hätte aber hohe Kosten für Personal, Miete und auch die gegenständliche Abgabe zu tragen gehabt.

Mit Schreiben vom 21.07.2020 legte die Abgabenbehörde den Abgabenakt unter Darstellung des bisherigen Verfahrensganges sowie unter Verweis auf die in der Beschwerdevorentscheidung geäußerte Rechtsansicht dem Landesverwaltungsgericht Tirol vor.

II.      Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin hat im Zeitraum 01.03.2020 bis 31.03.2020 an sechs näher angeführten Aufstellorten in insgesamt sieben Wettterminals gehalten bzw aufgestellt.

Im Zusammenhang mit der Bedrohung durch die Lungenkrankheit Covid-19 kam es in Österreich bekanntermaßen ab dem 16.03.2020 zu einer umfangreichen Schließung von Handels- und Gastronomiebetrieben. Es ist davon auszugehen, dass auch die Beschwerdeführerin in Bezug auf die von ihr gehaltenen bzw aufgestellten Wettterminals im großen Umfang von dieser Schließung betroffen war.

III.     Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig. Seitens der Beschwerdeführerin wird nicht bestritten, dass die angeführten Wettterminals zumindest vom 01.03. bis zum 15.03.2020 an den angeführten Standorten von ihr gehalten bzw aufgestellt waren und auch betrieben wurden. Dass der Betrieb der Wettterminals durch die umfassenden Einschränkungen aufgrund der Covid-19-Maßnahmengesetze und der darauf begründeten Verordnungen nicht mehr möglich war, wie dies die Beschwerdeführerin vorbringt, liegt auf der Hand.

IV.      Rechtsgrundlagen:

Die entscheidungswesentliche Bestimmung der Bundesabgabenordnung (BAO)
lautet auszugsweise wie folgt:

§ 236

(1) Fällige Abgabenschuldigkeiten können auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

(2) Abs. 1 findet auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung.

[…]

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Tiroler Vergnügungssteuergesetzes idgF lauten auszugsweise wie folgt:

§ 2

Steuergegenstand und Höhe

(1) Die Steuer wird für das Aufstellen von Spielautomaten, Glücksspielautomaten und Wettterminals für jeden angefangenen Monat nach festen Sätzen erhoben.

§ 3

Meldepflicht, Steuerschuldner, Entrichtung der Steuer

(3) Die Steuer ist bis zum 15. des Monats für den jeweils vorangegangenen Monat zu entrichten. Wird der Spiel- bzw. Glücksspielautomat oder das Wettterminal nachweislich länger als einen Monat nicht benützt, so wird die Steuer für die Zeit der Nichtbenutzung, gemessen in vollen Kalendermonaten als kleinste Einheit nicht erhoben.

V.       Rechtliche Erwägungen:

Der Unbilligkeitstatbestand des § 236 BAO stellt nicht auf die Festsetzung, sondern auf die Einhebung einer Abgabe ab (vgl VwGH 19.03.2008, 2007/15/0082). Im gegenständlichen Fall wurde seitens der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 25.05.2020 Beschwerde gegen den Abgabenfestsetzungsbescheid betreffend die Vergnügungssteuer für den Monat März 2020 erhoben. Darin wird im Wesentlichen geltend gemacht, dass eine Abgabenfestsetzung für den Monat März 2020 (im vollen Umfang) aufgrund der zur Verhinderung der Verbreitung von Covid-19 getroffenen Maßnahmen („Lockdown“) und der damit verbundenen Außerbetriebnahme der Wettterminals unbillig sei. Damit strebt die Beschwerdeführerin letztlich ein Nachsichtsverfahren an, in welchem es nicht um die Rechtmäßigkeit der Abgabenfestsetzung sondern um die Unbilligkeit der Einhebung der festgesetzten Abgaben geht.

Insoweit erweist sich die Erhebung einer Beschwerde gegen den Abgabenfestsetzungsbescheid als nicht zielführend. Ausgehend vom Anliegen der Beschwerdeführerin, in welchem sie sich ausdrücklich auch auf § 236 BAO bezieht und somit (jedenfalls auch) ein Nachsichtsansuchen darstellt, wird in einem eigenen Ausgangsbescheid über diesen Antrag auf Nachsicht (bezüglich der mit Bescheid vom 31.03.2020 festgesetzten Abgabe) zu entscheiden sein.

Lediglich ergänzend sei in diesem Zusammenhang angeführt, dass der Abgabenanspruch für das Aufstellen von Spielautomaten, Glücksspielautomaten und Wettterminals gem § 2 Abs 1 des Tiroler Vergnügungssteuergesetzes für jeden angefangenen Monat entsteht. Demnach ist keine Aliquotierung des festen Steuersatzes vorzunehmen, wenn die abgabenpflichtigen Geräte nicht das gesamte Monat, sondern während eines Monats nur einige wenige Tage aufgestellt sind. Erst dann, wenn die Geräte länger als einen Monat nicht benützt werden, wird die Steuer für die Zeit der Nichtbenutzung, gemessen in vollen Kalendermonaten als kleinste Einheit nicht erhoben. Auch aus dieser Formulierung (vgl § 3 Tiroler Vergnügungssteuergesetzes ergibt sich eindeutig, dass eine Aliquotierung während eines Kalendermonats nicht vorgesehen ist.

Zusammengefasst ergibt daher, dass das von der Beschwerdeführerin gestellte Begehren nicht geeignet ist, die Rechtswidrigkeit der Abgabenfestsetzung aufzuzeigen. Vielmehr hat die Abgabenbehörde über das Begehren der Beschwerdeführerin, welches sich formal als Beschwerde gegen die Abgabenfestsetzung darstellt, jedoch in erster Linie als Nachsichtsansuchen im Sinne des § 236 BAO zu werten ist, mit gesondertem Bescheid zu entscheiden.

VI.      Zur Nichtdurchführung einer Verhandlung:

Im Hinblick darauf, dass es im gegenständlichen Fall lediglich um die Klärung einer Rechtsfrage ging und sich das von der Beschwerdeführerin gestellte Begehren nicht gegen die Abgabenfestsetzung sondern eine rechtskräftige Abgabenfestsetzung voraussetzt, weil es die Einhebung von Abgaben betrifft, war die Durchführung einer Verhandlung nicht erforderlich.

VII.     Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Belehrung und Hinweise

Den Parteien des Beschwerdeverfahrens steht das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung, wenn das Landesverwaltungsgericht Tirol dies in seinem Spruch zugelassen hat, eine ordentliche, ansonsten eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Die Revision ist schriftlich innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung der Entscheidung beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Sie ist - abgesehen von den gesetzlichen Ausnahmen - durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt, von einer Steuerberaterin bzw. einem Steuerberater oder einer Wirtschaftsprüferin bzw. einem Wirtschaftsprüfer abzufassen und einzubringen.

Beschwerdeführenden Parteien und den im Beschwerdeverfahren Beigetretenen steht weiters das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (Freyung 8, 1010 Wien) zu erheben. Die Beschwerde ist direkt beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlichen Ausnahmen - durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Wird die Verfahrenshilfe bewilligt, entfällt die Eingabengebühr und es wird eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt bestellt, die oder der den Schriftsatz verfasst.

Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Zur Vorgangsweise für die elektronische Einbringung und zu weiteren Informationen wird auf die Website des Verfassungsgerichtshofes verwiesen.

Die für eine allfällige Beschwerde oder Revision zu entrichtenden Eingabengebühr beträgt gemäß § 17a Verfassungsgerichtshofgesetz und § 24a Verwaltungsgerichtshofgesetz
Euro 240,00.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Stöbich

(Richter)

Schlagworte

Nachsicht;
Unbilligkeit;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.20.1500.1

Zuletzt aktualisiert am

21.09.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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