Entscheidungsdatum
25.08.2020Index
32/01 Finanzverfahren allgemeines AbgabenrechtNorm
BAO §250Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Dr.in Gstir, aus Anlass des Vorlageantrages gegen die Beschwerdevorentscheidung vom 30.01.2018, Zahl
***, über die Beschwerde des AA, Adresse 1, Z vom 14.07.2017 gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 11.07.2017,
Zahl ***, mit dem für das Jahr 2015 ein Pflichtbeitrag an den Tourismusverband Y und seine Feriendörfer und an den Tiroler Tourismusförderungsfonds in der Höhe von insgesamt Euro 38,00 festgesetzt und vorgeschrieben wurde,
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Entscheidungswesentlicher Verfahrensgang und Sachverhalt:
Mit dem gegenständlich bekämpften Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 11.07.2017,
Zl ***, wurde gegenüber AA (in der Folge: Beschwerdeführer) für das Jahr 2015 ein Pflichtbeitrag an den Tourismusverband Y und seine Feriendörfer und an den Tiroler Tourismusförderungsfonds in der Höhe von insgesamt Euro 38,00 festgesetzt und ihm vorgeschrieben.
Dagegen brachte der nunmehrige Beschwerdeführer am 14.07.2017 eine Email-Eingabe ein, in der insbesondere Folgendes ausgeführt ist:
„(…) ich habe mit der heutigen Post 3 Vorschreibungen für einen Tourismusbeitrag erhalten, was mich sehr wundert (z.b. sind in 2017 noch überhaupt keine Umsätze angefallen …).
Wie bereits am Telefon besprochen, ist bei meiner Tätigkeit kein Tourismusbezug zu erkennen, die Kunden sind in der Regel Dienstleistungen für andere Ingenieurbüros.
Ich bitte sie daher um Rücknahme der o.g. Bescheide. (…)“
Mit Email vom 03.08.2017 übermittelte die belangte Behörde dem nunmehrigen Beschwerdeführer dazu ihre Rechtsansicht. Eingangs wird in diesem Email Folgendes ausgeführt: „(…) in Erledigung der untenstehenden Eingabe wird mitgeteilt (…)“.
Mit Email vom 22.12.2017 beantragte der Beschwerdeführer mit näheren Ausführungen die Rückerstattung der bereits geleisteten Beiträge und führte zusammengefasst wiederum aus, dass es bei seiner Tätigkeit als Sachverständiger und Prüfer weder unmittelbar noch mittelbar einen Bezug zum Tourismus gebe bzw gegeben habe. Direkte Auftraggeber seien Konstruktions- und Prüfbüros, die Wirkungsstätte seien ausschließlich Industrie- und Gewerbebetriebe sowie private Wohnungsbetreiber.
Weiters brachte der nunmehrige Beschwerdeführer am 09.01.2018 per Email sein Schreiben vom 08.11.2017 ein, in dem insbesondere auch zusammengefasst ausgeführt wurde, dass gegen die drei Bescheide betreffend den Tourismusbeitrag für die Jahre 2015, 2016 und 2017, die ihm am 13.07.2017 zugestellt worden seien, am 14.07.2017 – sohin innerhalb der Einspruchsfrist von einem Monat - um Rücknahme der Bescheide ersucht worden sei und auf dieses E-Mail keine Reaktion erfolgt sei.
Mit E-Mail vom 09.01.2018 teile die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass ihrer Ansicht nach das Email vom 14.07.2017 keine Beschwerde iSd BAO sei, sondern ein Ersuchen um Erläuterung der Vorschreibung, dem mit Email vom 03.08.2017 entsprochen und die Rechtsgrundlage umfassend erläutert worden sei.
Der nunmehr am 09.01.2018 eingebrachte „Einspruch“ sei daher als verspätet zurückzuweisen und wurde Gelegenheit gegeben dazu Stellung zu nehmen.
Dazu teilte der nunmehrige Beschwerdeführer mit E-Mail vom 12.01.2018 insbesondere auch zusammengefasst mit, dass mit seiner Eingabe vom 14.07.2017 alle Formen eines „Einspruchs“ (Einspruch, Form, Adressat sowie Zeitfenster von einem Monat) eingehalten worden seien.
In weiterem erging dann die Beschwerdevorentscheidung der Tiroler Landesregierung vom 30.01.2018, Zl ***, mit der die Beschwerde vom 09.01.2018 als verspätet zurückgewiesen wurde.
Dagegen brachte der nunmehrige Beschwerdeführer das E-Mail vom 02.03.2018 ein, das als fristgerechter Vorlageantrag gemäß § 264 BAO zu qualifizieren ist.
II. Beweiswürdigung:
Zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes wurde Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den übermittelten Akt der Abgabenbehörde.
Daraus ergibt sich, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt nach Ansicht des erkennenden Gerichts im gegenständlichen Verfahren aufgrund der Aktenlage feststeht. Die Akten lassen bereits erkennen, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, sodass einem Entfall der mündlichen Verhandlung weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 GRC entgegenstanden.
Es konnte daher von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die im Übrigen auch von keiner der Parteien des Beschwerdeverfahrens beantragt wurde, abgesehen werden.
III. Rechtsgrundlage:
Gegenständlich sind insbesondere folgende Rechtsvorschriften entscheidungsrelevant:
Bundesabgabenordnung – BAO, LGBl:
„§ 250
(1) Die Bescheidbeschwerde hat zu enthalten:
a)
die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;
b)
die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;
c)
die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
d)
eine Begründung.
(…)“
Tiroler Tourismusgesetz 2006, in der hier maßgebliche Fassung
:
(1) Pflichtmitglieder eines Tourismusverbandes sind jene Unternehmer im Sinn des § 2 Abs. 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994, die unmittelbar oder mittelbar einen wirtschaftlichen Nutzen aus dem Tourismus in Tirol erzielen und im Gebiet des Tourismusverbandes ihren Sitz oder eine Betriebsstätte haben. Verfügt ein Unternehmer über keinen Sitz oder keine Betriebsstätte im Gebiet eines Tourismusverbandes, so ist er Pflichtmitglied jenes Tourismusverbandes, von dessen Gebiet aus er seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ausübt.
(…)
§ 30Beitragspflicht(1) Die Pflichtmitglieder haben für jedes Haushaltsjahr des Tourismusverbandes (Vorschreibungszeitraum) an diesen Pflichtbeiträge – im Folgenden kurz Beiträge genannt – nach Maßgabe ihres im Bemessungszeitraum nach Abs. 4 unmittelbar oder mittelbar aus dem Tourismus in Tirol erzielten wirtschaftlichen Nutzens zu entrichten. Für die Beurteilung dieses Nutzens sind die Umsätze nach § 31 oder die sonstigen Bemessungsgrundlagen nach § 32 heranzuziehen.
(…)“
§ 35Beitragshöhe(1) Der Beitrag des einzelnen Pflichtmitgliedes ist für den Vorschreibungszeitraum nach einem Promillesatz der Grundzahl zu berechnen.
(2) Die Grundzahl ist ein Prozentsatz des im Bemessungszeitraum in Tirol erzielten beitragspflichtigen Umsatzes oder der sonstigen Bemessungsgrundlage. Dieser Prozentsatz beträgt für die
a)
Beitragsgruppe I 100 v. H.
b)
Beitragsgruppe II 80 v. H.
c)
Beitragsgruppe III 60 v. H.
d)
Beitragsgruppe IV 40 v. H.
e)
Beitragsgruppe V 20 v. H.
f)
Beitragsgruppe VI 10 v. H.
g)
Beitragsgruppe VII 5 v. H.
(…)
(8) Pflichtmitglieder, die Kleinunternehmer im Sinn des § 6 Abs. 1 Z 27 des Umsatzsteuergesetzes 1994 sind, haben folgende Beiträge (einschließlich des Beitrages an den Tiroler Tourismusförderungsfonds) zu leisten:
(…)
b) in der Ortsklasse B und im Gebiet des Tourismusverbandes Y und seine Feriendörfer in den Beitragsgruppen
1. I bis III 46,– Euro und
2. IV bis VII 38,– Euro,
(…)“
Beitragsgruppenverordnung 1991, LGBl Nr 134/1993 in der hier maßgeblichen Fassung
LGBl Nr:
(1) Die einzelnen Berufsgruppen der Pflichtmitglieder der Tourismusverbände werden
a)
in den Tourismusverbänden der Ortsklasse A,
b)
in den Tourismusverbänden der Ortsklasse B,
c)
in den Tourismusverbänden der Ortsklasse C und
d)
im Tourismusverband Y und seine Feriendörfer in die Beitragsgruppen wie folgt eingereiht:
Berufsgruppe Beitragsgruppen in den
Ortsklassen
A B C Y und seine
Feriendörfer
(…)
528 Sachverständige und Gutachter………………………………. V V V V
(…)“
IV. Erwägungen:
1. Soweit vom Beschwerdeführer geltend gemacht wird, dass seine Email-Eingabe vom 14.07.2017 als Beschwerde ua auch gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 11.07.2017, Zl ***, mit dem für das Jahr 2015 ein Pflichtbeitrag an den Tourismusverband Y und seine Feriendörfer und an den Tiroler Tourismusförderungsfonds in der Höhe von insgesamt Euro 38,00 festgesetzt und ihm vorgeschrieben wurde, zu qualifizieren sei und die belangte Behörde dazu in der Beschwerdevorentscheidung ausführt, dass es sich dabei nur um ein Ersuchen um Erläuterung der Vorschreibung handle, ist dazu zunächst Folgendes grundsätzlich auszuführen:
Jedes Anbringen bedarf zunächst schon insofern der Auslegung, als die Behörde festzustellen hat, ob damit eine Verpflichtung zum Tätigwerden geltend gemacht werden soll oder nicht, ob es sich also um einen Antrag (bzw Rechtsmittel) oder um ein sonstiges Anbringen handelt.
2. Wie der VwGH in ständiger Rechtsprechung ausführt kommt es bei der Ermittlung von Rechtsqualität und Inhalt eines Anbringens nicht auf die Bezeichnung durch den Einschreiter bzw auf „zufällige Verbalformen“, sondern auf den Inhalt der Eingabe an, also auf das daraus erkenn- und erschließbare Ziel des Einschreiters.
3. Dabei sind Parteierklärungen nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen und kommt es somit darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszwecks und der vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss (vgl VwGH 23.01.2018, Ra 2017/05/0234; VwGH 31.01.2018, Ra 2016/10/0121; VwGH 13.09.2016, Ro 2016/03/0016; ua).
Wie der VwGH in ständiger Judikatur ausführt, ist besondere Vorsicht bei der Auslegung einer Parteienerklärung dahingehend geboten, dass die Partei nicht um ihren Rechtsschutz gebracht.
4. Weist ein Anbringen einen undeutlichen Inhalt auf, so hat die Behörde durch Herbeiführung einer entsprechenden Erklärung den wahren Willen des Einschreiters festzustellen, diesen also zu einer Präzisierung und im weiteren allenfalls zu einer Verbesserung seiner Eingabe aufzufordern.
Der Behörde ist es nicht gestattet, einem unklaren Antrag von vornherein einen für den Antragsteller ungünstigen Inhalt zu unterstellen.
Im Zweifel ist der Erklärung einer Partei nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt (vgl VwGH 20.03.2018, Ko 2018/03/0001;
5. Im gegenständliche Fall war daher zunächst zu klären, ob - wie vom Beschwerdeführer vorgebracht - seine Email-Eingabe vom 14.07.2017 als Beschwerde, oder als sonstiges Anbringen zu qualifizieren ist.
Da es – wie vorstehend ausgeführt - nicht auf die Bezeichnung durch den Einschreiter, sondern auf den Inhalt der Eingabe ankommt, schadet es bei Prüfung der rechtlichen Qualifikation dieser Eingabe nicht, dass sich in der Email-Eingabe vom 14.07.2017 nicht die Bezeichnung als „Beschwerde“ findet.
Auch einer unrichtigen Bezeichnung (zB als Einspruch) würde in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zukommen (vgl Ritz, Bao6, § 250 Rz 4, und die dort angeführte höchstgerichtliche Rechtsprechung)
6. Gemäß § 250 Abs 1 lit a BAO hat eine Bescheidbeschwerde die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet, zu enthalten.
Wie der VwGH in ständiger Rechtsprechung ausführt, wird dieser Anforderung aber bereits dann entsprochen, wenn im jeweils konkreten Fall aus dem gesamten Inhalt der Eingabe deutlich hervorgeht wogegen sich diese richtet (vgl Ritz, BAO6, § 250, Rz 5 und die dort angeführte höchstgerichtliche Rechtsprechung).
In der gegenständlich zu beurteilenden Email-Eingabe vom 14.07.2017 wird vom nunmehrigen Beschwerdeführer ua eingangs ausgeführt, dass er „mit der heutigen Post 3 Vorschreibungen für einen Tourismusbeitrag erhalten“ hat.
In gebotener Zusammenschau sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch aufgrund des Akteninhalt ist daher dieser Email-Eingabe vom 14.07.2017 auch zweifelsfrei zu entnehmen worauf sich diese bezieht, nämlich auf die drei Bescheide der Tiroler Landesregierung jeweils vom 11.07.2017 mit denen dem Beschwerdeführer für die Jahre 2015, 2016 und 2017 jeweils ein Pflichtbeitrag an den Tourismusverband Y und seine Feriendörfer und an den Tiroler Tourismusförderungsfonds vorgeschrieben wurde.
7. Weiters hat eine Bescheidbeschwerde gemäß § 250 Abs 1 lit b bis d BAO die Erklärung in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird und welche Änderungen beantragt werden sowie eine Begründung dafür zu enthalten:
In der Email-Eingabe vom 14.07.2017 wird diesbezüglich insbesondere ausgeführt, dass um Rücknahme der Bescheide gebeten wird und dies damit begründet wird, dass im 2017 noch überhaupt keine Umsätze angefallen seien bzw bei der Tätigkeit kein Tourismusbezug zu erkennen sei, da die Kunden in der Regel Dienstleistungen für andere Ingenieurbüros seien.
Daraus ergibt sich sohin, dass die drei Bescheide der Tiroler Landesregierung jeweils vom 11.07.2017 betreffend die Vorschreibungen für die Jahre 2015, 2016 und 2017 vollinhaltlich angefochten werden und deren Aufhebung (arg: „Rücknahme der Bescheide“) beantragt wurde und dies damit begründet wird, dass hinsichtlich des Jahres 2017 noch gar kein Abgabenanspruch entstanden und bezüglich der Jahre 2015 und 2016 nach Ansicht des Beschwerdeführers die Voraussetzungen für eine Vorschreibung nicht gegeben seien, da kein unmittelbar oder mittelbar aus dem Tourismus in Tirol erzielter wirtschaftlicher Nutzen gegeben sei.
Zusammengefasst ergibt sich daher, dass die Email-Eingabe vom 14.07.2017 aufgrund ihres Inhaltes nicht bloß als reines Ersuchen um Erläuterung der Vorschreibung qualifiziert werden kann – wie von der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung ausgeführt – und auch nicht als Antrag auf Bescheidbegründung zu werten ist.
Im Übrigen würde durch einen Antrag auf Mitteilung der einem Bescheid ganz oder teilweise fehlenden Begründung gemäß § 245 Abs 2 BAO der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt (vgl Ritz, BAO6, § 245, Rz 29ff).
8. Zusammengefasst ergibt sich daher, da Parteierklärungen im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen sind und im Zweifel der Erklärung einer Partei nicht ein solcher Inhalt beizumessen ist, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt, die gegenständliche Email-Eingabe des unvertretenen Beschwerdeführers vom 14.07.2017 als Beschwerde gemäß § 250 BAO ua auch gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 11.07.2017, Zl ***, zu qualifizieren ist, mit dem für das Jahr 2015 ein Pflichtbeitrag an den Tourismusverband Y und seine Feriendörfer und an den Tiroler Tourismusförderungsfonds in der Höhe von insgesamt
Euro 38,00 festgesetzt und ihm vorgeschrieben wurde.
Diese Beschwerde vom 14.07.2017 erweist sich auch als rechtzeitig gemäß § 245 Abs 1 BAO.
9. Soweit vom Beschwerdeführer gegen die bekämpfte Festsetzung und Vorschreibung inhaltlich geltend gemacht wird, dass es bei seiner Tätigkeit als Sachverständiger und Prüfer weder unmittelbar noch mittelbar einen Bezug zum Tourismus gebe, da die direkten Auftraggeber Konstruktions- und Prüfbüros seien und die Wirkungsstätte ausschließlich Industrie- und Gewerbebetriebe sowie private Wohnungsbetreiber seien, ist dazu Folgendes weiter auszuführen:
Gemäß § 2 Abs 1 Tiroler Tourismusgesetz 2006 sind Pflichtmitglieder eines Tourismusverbandes jene Unternehmer im Sinn des § 2 Abs 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994, die unmittelbar oder mittelbar einen wirtschaftlichen Nutzen aus dem Tourismus in Tirol erzielen und im Gebiet des Tourismusverbandes ihren Sitz oder eine Betriebsstätte haben.
Im gegenständlichen Fall ist der Beschwerdeführer – wie sich auch dem Unternehmensregister ergibt – seit dem 06.09.2012 Einzelunternehmer mit Sitz in Z, Adresse 1 (Kennziffer des Unternehmensregister: ***).
10. Gemäß § 30 Abs 1 Tiroler Tourismusgesetz 2006 haben Pflichtmitglieder grundsätzlich für jedes Haushaltsjahr des Tourismusverbandes (Vorschreibungszeitraum) an diesen Pflichtbeiträge – im Folgenden kurz Beiträge genannt – nach Maßgabe ihres im Bemessungszeitraum nach Abs 4 unmittelbar oder mittelbar aus dem Tourismus in Tirol erzielten wirtschaftlichen Nutzens zu entrichten.
Für die Beurteilung dieses Nutzens sind die Umsätze nach § 31 oder die sonstigen Bemessungsgrundlagen nach § 32 heranzuziehen.
Die Verpflichtung nach § 30 Abs 1 Tiroler Tourismusgesetz 2006 entsteht grundsätzlich mit dem Beginn des Vorschreibungszeitraumes, für den Beiträge (Mindestbeiträge) erhoben werden (vgl § 30 Abs 3 lit a Tiroler Tourismusgesetz 2006).
Gemäß § 31 Abs 1 Tiroler Tourismusgesetz 2006, ist beitragspflichtiger Umsatz, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, die Summe der steuerbaren Umsätze im Sinn des
§ 1 Abs 1 Z 1 des Umsatzsteuergesetzes 1994.
Die Höhe eines Beitrages vom Ausmaß des unmittelbaren oder mittelbaren Nutzens aus dem Tourismus abhängig zu machen und diesen Nutzen aus dem Umsatz des Beitragspflichtigen abzuleiten, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sachlich gerechtfertigt (vgl VwGH 30.08.1999, Zl 99/17/0244; VwGH 28.02.2000, Zl 96/17/0252).
Auch der Verfassungsgerichtshof hat gegen Beiträge nach dem Tourismusgesetz weder an sich noch gegen den Umstand Bedenken gehegt, dass der aus dem Tourismus mittelbar oder unmittelbar erzielte Erfolg unter Zugrundelegung des Umsatzes eines Pflichtmitgliedes errechnet wird (vgl VfGH 30.11.2004, G 83/04; VfGH 06.03.2006, B 158/05; ua).
11. Gemäß § 35 Abs 8 lit b Z 2 Tiroler Tourismusgesetz 2006 haben Pflichtmitglieder, die Kleinunternehmer im Sinne des § 6 Abs 1 Z 27 des Umsatzsteuergesetzes 1994 sind, in der Ortsklasse B und im Gebiet des Tourismusverbandes Y und seine Feriendörfer in den Beitragsgruppen IV bis VII einen Tourismusbeitrag einschließlich eines Beitrages an den Tiroler Tourismusförderungsfonds in der Höhe von Euro 38,00 zu leisten.
Kleinunternehmer ist gemäß § 6 Abs 1 Z 27 UStG BGBl Nr 663/1994 idF BGBl I Nr 40/2014, ein Unternehmer, der im Inland sein Unternehmen betreibt und dessen Umsätze nach
§ 1 Abs 1 Z 1 und 2 UStG im Veranlagungszeitraum 30 000 Euro nicht übersteigen.
12. Eine Konkretisierung des Kreises der erfassten Pflichtmitglieder ergibt sich aus der Beitragsgruppenverordnung nach § 33 Tiroler Tourismusgesetz 2006.
Gemäß § 33 Abs 2 Tiroler Tourismusgesetz 2006 werden zur Berechnung der Beiträge die Berufsgruppen der Pflichtmitglieder durch Verordnung der Landesregierung in die Beitragsgruppen I bis VII eingereiht.
Die Verordnung, die die Pflichtmitglieder in Beitragsgruppen einzureihen hat, zeigt, welche Berufsgruppen grundsätzlich nach Auffassung der verordnungserlassenden Landesregierung die Kriterien des § 33 Abs 2 Tiroler Tourismusgesetz 2006 erfüllen (VwGH 25.04.2005, 2001/17/0185; ua).
Für die Einreihung ist das Verhältnis des von der einzelnen Berufsgruppe nach allgemeinen wirtschaftlichen Erfahrungen aus dem Tourismus unmittelbar oder mittelbar erzielten Nutzens zum entsprechenden Gesamtnutzen aller Berufsgruppen maßgebend, wobei Pflichtmitglieder, die aus dem Tourismus den größten Nutzen erzielen, in die Beitragsgruppe I und Pflichtmitglieder mit dem geringsten Nutzen in die Beitragsgruppe VII einzureihen sind.
Die Einreihung ist gesondert für die Tourismusverbände der Ortsklassen A, B und C und für den Tourismusverband Y und seine Feriendörfer vorzunehmen.
In der höchstgerichtlichen Rechtsprechung wurde die Verfassungskonformität von Vorschriften über die Entrichtung von Pflichtbeiträgen nach Berufsgruppen differenziert dann bejaht, wenn die Einordnung einer Berufsgruppe in eine bestimmte Beitragsgruppe bei typisierender Betrachtungsweise (auch im Verhältnis zu anderen Berufsgruppen betrachtet) dem aus dem Tourismus gezogenen Nutzen entspricht (vgl VwGH 10.06.2002, Zl 98/17/0332; ua).
Der Umstand allein, dass das Verhältnis des Umsatzes zum Fremdenverkehrsnutzen und jenes des Fremdenverkehrsnutzens der in den einzelnen Gruppen zusammengefassten Unternehmenstypen zum Nutzen der jeweils einer anderen Gruppe zugeordneten Unternehmenstypen auch als Durchschnittsgrößen nicht exakt zu bestimmen sind, macht eine Festlegung dieser Verhältnisse durch den Gesetzgeber noch nicht unsachlich oder willkürlich. Unsachlichkeit oder Willkür und damit ein Widerspruch zu Art 7 B-VG läge nur dann vor, wenn diese Feststellung mit den tatsächlichen Verhältnissen offenkundig gar nicht übereinstimmen könnte oder wollte (vgl VfSlg 7082/1973; VfGH 01.10.1984, B 666/80, B 667/80; VwGH 12.08.2002, Zl 99/17/0258).
Die Berufsgruppe Nr 528 „Sachverständige und Gutachter“ wurde im Verhältnis zu anderen Berufsgruppen, deren unmittelbarer oder mittelbarer aus dem Tourismus erzielten Nutzen nach den allgemeinen wirtschaftlichen Erfahrungen höher ist, durch den Verordnungsgeber auch entsprechend berücksichtigt, da die Berufsgruppe Nr 528 „Sachverständige und Gutachter“ in sämtlichen Ortsklassen nur in die Beitragsgruppe V von 7 möglichen Beitragsgruppen eingeordnet wurde, wobei – wie vorstehend bereits ausgeführt – die der Beitragsgruppe I zugeordneten Berufsgruppen den größten unmittelbaren oder mittelbaren aus dem Tourismus Nutzen erzielen und diese daher auch höhere Beiträge zu leisten haben.
Gegen die generelle Zuordnung der Berufsgruppe Nr 528 „Sachverständige und Gutachter“ in die Beitragsgruppe V wurde vom Beschwerdeführer im Übrigen auch keine Einwände vorgebracht.
13. Die Einordnung in eine konkrete Beitragsgruppe begründet allerdings nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zwingend die Pflichtmitgliedschaft, sondern ist im Einzelfall zu beurteilen, ob im konkreten Fall tatsächlich ein Nutzen aus dem Fremdenverkehr gezogen wird (vgl VwGH 25.02.1994, 92/17/0130; ua).
Die Subsumtion unter eine der in der Verordnung enthaltenen Berufsgruppen hat daher im Einzelfall aus Anlass der Beitragsvorschreibung zu erfolgen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können bereits dann mittelbar wirtschaftliche Vorteile aus dem Tourismus gezogen werden, wenn durch den Tourismus in einem Bereich eine Hebung der wirtschaftlichen Lage eintritt, die wieder auf andere Geschäftszweige belebend wirkt (vgl VwGH 25.02.1994, 92/17/0130).
Entscheidend ist daher, ob und in welcher Weise die erzielten Umsätze vom Fremdenverkehr beeinflusst sind (vgl VwGH 07.10.2005, 2001/17/0153).
Es ist daher zu prüfen, inwieweit der Tourismus in Tirol den Umsatz der beschwerdeführenden Partei beeinflusst, was für den Verfassungsgerichtshof - dem sich der Verwaltungsgerichtshof anschließt - regelmäßig ausreichend für die Annahme eines Nutzens ist (vgl VwGH 28.06.2016, 2013/17/0836; ua).
14. Im gegenständlichen Fall ist jedenfalls davon auszugehen, dass die vom Beschwerdeführer selbst vorgebrachten Tätigkeiten als Sachverständiger und Prüfer im Auftrag von Konstruktions- und Prüfbüros mit der Wirkungsstätte Industrie- und Gewerbebetriebe sowie privaten Wohnungsbetreibern - bei einer Hebung der allgemeinen wirtschaftlichen
Lage in Tirol durch den Tourismus (vgl der Anteil des Tourismus am BIP in Tirol beträgt
ca 17,5 %) - häufiger in Anspruch genommen werden und insofern der Umsatz steigt bzw durch die infolge des Fremdenverkehrs gesteigerte Nachfrage nach weiteren Leistungen sich bessere Marktchancen ergeben, als wenn der Tourismus in Tirol nicht existieren würde (vgl dazu zB auch LVwG Tirol 17.07.2020, LVwG-2019/12/1185-8; ua).
Im Lichte der höchstgerichtlich gebotenen Betrachtungsweise kann sohin auch angenommen werden, dass der Beschwerdeführer durch die Hebung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage in Tirol durch den Tourismus sohin hinsichtlich der Zuordnung zur Berufsgruppe Nr 528 „Sachverständige und Gutachter“ aus dem Tourismus in Tirol auch einen mittelbaren wirtschaftlichen Nutzen zieht und für den Beschwerdeführer daher gemäß § 30 Tiroler Tourismusgesetz 2006 auch eine Beitragspflicht gegeben ist
15. Aus der im Akt einliegenden Mitteilung des Finanzamtes (Umsatzsteuerbescheid) ergibt sich ein Gesamtumsatz des Beschwerdeführers für das Jahr 2015 von Euro 2.936,32 und beträgt dieser sohin weniger als Euro 30.000,00.
Der Beschwerdeführer ist daher diesbezüglich als Kleinunternehmer gemäß § 6 Abs 1 Z 27 UStG zu qualifizieren.
Daraus ergibt sich im Weiteren, dass vom Beschwerdeführer gemäß § 35 Abs 8 lit b Z 2 Tiroler Tourismusgesetz 2006 für das Jahr 2015 einen Tourismusbeitrag einschließlich eines Beitrages an den Tiroler Tourismusförderungsfonds in der Höhe von insgesamt Euro 38,00 zu leisten war – wie dies auch in der bekämpften Entscheidung festgesetzt und vorgeschrieben wurde.
16. Zusammengefasst ergibt sich daher im gegenständlichen Fall, dass die als Beschwerde zu qualifizierende Eingabe vom 14.07.2017 gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 11.07.2017, Zl ***, mit dem dem Beschwerdeführer für das Jahr 2015 ein Pflichtbeitrag an den Tourismusverband Y und seine Feriendörfer und an den Tiroler Tourismusförderungsfonds in der Höhe von insgesamt Euro 38,00 festgesetzt und vorgeschrieben wurde, zwar entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde als fristgerechte Beschwerde zu qualifizieren war, dieser jedoch inhaltlich keine Berechtigung zugekommen ist und daher als unbegründet abzuweisen war.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Belehrung und Hinweise
Den Parteien des Beschwerdeverfahrens steht das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung, wenn das Landesverwaltungsgericht Tirol dies in seinem Spruch zugelassen hat, eine ordentliche, ansonsten eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Die Revision ist schriftlich innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung der Entscheidung beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Sie ist - abgesehen von den gesetzlichen Ausnahmen - durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt, von einer Steuerberaterin bzw. einem Steuerberater oder einer Wirtschaftsprüferin bzw. einem Wirtschaftsprüfer abzufassen und einzubringen.
Beschwerdeführenden Parteien und den im Beschwerdeverfahren Beigetretenen steht weiters das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (Freyung 8, 1010 Wien) zu erheben. Die Beschwerde ist direkt beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlichen Ausnahmen - durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.
Die für eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder eine Revision zu entrichtende Eingabegebühr beträgt Euro 240,00.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Zur Vorgangsweise für die elektronische Einbringung und zu weiteren Informationen wird auf die Website des Verfassungsgerichtshofes verwiesen.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr.in Gstir
(Richterin)
Schlagworte
Pfichtmitglied;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2018.36.0601.1Zuletzt aktualisiert am
21.09.2020