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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des Mag. F in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 19. August 1996, Zl. UVS-04/G/33/00408/96, betreffend Übertretung der GewO 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 6./7. Bezirk vom 24. April 1996 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe es als gewerberechtlicher Geschäftsführer einer näher bezeichneten Warenhandels AG zu verantworten, daß von dieser Gesellschaft die ihr im rechtskräftigen Bescheid vom 5. November 1981 vorgeschriebenen Auflagen insofern nicht eingehalten worden seien, "als am 20.10.1995 in Wien 7., S.-Gasse 90, entgegen Punkt 28 des oben angeführten Bescheides, wonach die Mindestbreite der Hauptverkehrswege im Verkaufsbereich 1,30 m betragen muß, die Hauptverkehrswege in der vorgeschriebenen Breite nicht verstellt oder eingeengt sein dürfen und die Einhaltung ihrer Breite durch geeignete Maßnahmen (z.B. Bodenmarkierungen) gesichert sein muß, die Mindestbreite der Hauptverkehrswege im Verkaufsbereich nicht 1,30 m betrug, die Hauptverkehrswege in der vorgeschriebenen Breite verstellt und eingeengt waren und die Einhaltung ihrer Breite durch geeignete Maßnahmen nicht gesichert war, da der Hauptverkehrsweg beim Notausgang in das Hauptstiegenhaus durch die Aufstellung eines Flaschenrückgabecontainers und im Ausgangsbereich durch die Plazierung von Kassa und Wandregalen (büroseitig) von 1,30 m auf 1,00 m eingeengt war". Der Beschwerdeführer habe dadurch § 367 Z. 25 GewO 1994 i.V.m. Punkt 2 des Bescheides vom 5. November 1981 verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe von S 2.500,-- (2 Tage 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.
Der vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 19. August 1996 keine Folge gegeben und das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Tatanlastung wie folgt zu lauten habe: "Sie haben es als gewerberechtlicher Geschäftsführer im Sinne des § 370 Abs. 2 GewO 1994 der S.-Warenhandels AG zu verantworten, daß von dieser Gesellschaft im rechtskräftigen Bescheid vom 5.11.1981 ... vorgeschriebene Auflagen insofern nicht eingehalten wurden, als am 7. Februar 1996 in Wien 7, S.-Gasse 90, entgegen Punkt 28 des oben angeführten Bescheides, wonach die Mindestbreite der Hauptverkehrswege im Verkaufsbereich 1,30 m betragen muß, die Hauptverkehrswege in der vorgeschriebenen Breite nicht verstellt und eingeengt sein dürfen, und die Einhaltung ihrer Breite durch geeignete Maßnahmen (z.B. Bodenmarkierung) gesichert sein muß, die Mindestbreite der Hauptverkehrswege im Verkaufsbereich nicht 1,30 m betrug, da der Hauptverkehrsweg beim Notausgang in das Hauptstiegenhaus durch die Aufstellung eines Flaschenrückgabecontainers und im Ausgangsbereich die Plazierung von Kassa und Wandregalen (büroseitig) von 1,30 m auf 1,00 m eingeengt war". Weiters habe es bei der Anführung der verletzten Rechtsvorschrift statt "Punkt 2 des Bescheides" richtig "Punkt 28 des Bescheides" zu lauten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich - seinem gesamten Vorbringen zufolge - durch den angefochtenen Bescheid im Recht verletzt, der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht schuldig erkannt und dafür auch nicht bestraft zu werden.
Die Beschwerde erweist sich schon aus folgendem Grund als berechtigt:
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG - der gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist - ist die Berufungsbehörde zwar berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid - im Verwaltungsstrafverfahren unter Beachtung des Verbotes der reformatio in peius - nach jeder Richtung abzuändern. Allerdings besteht diese Befugnis der Berufungsbehörde nur im Rahmen ihrer Ermächtigung zur Entscheidung "in der Sache", wobei unter Sache jene Angelegenheit zu verstehen ist, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterinstanz gebildet hat. Wechselt die Berufungsbehörde daher die von der Erstbehörde als erwiesen angenommene Tat aus, so nimmt sie eine ihr nicht zustehende Befugnis in Anspruch (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 4. Juli 1983, Slg. Nr. 11.116/A). Im vorliegenden Fall wurden von der Erstbehörde verbotswidrige Einengungen des Hauptverkehrsweges am 20. Oktober 1995 als erwiesen angenommen und solcherart die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat in Ansehung der Tatzeit eindeutig bestimmt. Die Befugnis der belangten Behörde zur Entscheidung in der Sache gemäß § 66 Abs. 4 AVG war auf diese Tat beschränkt. Wenn die belangte Behörde daher demgegenüber dem Beschwerdeführer verbotswidrige Einengungen des Hauptverkehrsweges am 7. Februar 1996 zur Last legte, hat sie ihre Ermächtigung zur Sachentscheidung überschritten.
Schon aus diesem Grund erweist sich der angefochtene Bescheid als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Er war daher - ohne auf das übrige Beschwerdevorbringen einzugehen - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Bindung an den Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996040229.X00Im RIS seit
20.11.2000