Entscheidungsdatum
03.06.2019Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W184 2181941-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Werner PIPAL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.11.2017, Zl. 1093805309/151711749, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10, 57 AsylG 2005, §§ 52, 55 FPG und § 9 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die beschwerdeführende Partei, ein männlicher Staatsangehöriger Afghanistans, brachte nach der illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 06.11.2015 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz ein.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde folgende Entscheidung über diesen Antrag getroffen:
"I. Der Antrag auf internationalen Schutz wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen.
II. Der Antrag auf internationalen Schutz wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen.
III. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt.
IV. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG wird eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen.
V. Es wird gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist.
VI. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung."
Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die Sachverhaltsfeststellungen und die Beweiswürdigung wurden im angefochtenen Bescheid folgendermaßen zusammengefasst (gekürzt und teilweise anonymisiert durch das Bundesverwaltungsgericht):
"A) Verfahrensgang
...
Bei der niederschriftlichen Erstbefragung gaben Sie am 06.11.2015 ... nachstehend Angeführtes zu Protokoll:
...
Warum haben Sie ihr Land verlassen (Fluchtgrund) ...?
In Afghanistan herrscht Krieg. Die Taliban wollten mich mitnehmen, dass ich für sie kämpfe. Wenn ich mich geweigert hätte, hätten sie mich umgebracht. Das sind meine Fluchtgründe.
Was befürchten Sie bei einer Rückkehr in Ihre Heimat?
Dass die Taliban mich umbringen.
...
Der zur Entscheidung über Ihren Asylantrag berufene Organwalter vernahm Sie am 15.11.2017 im Beisein eines beeideten Dolmetschers für die Sprache Dari ein. Die Niederschrift wird mit den entscheidungsrelevanten Auszügen wiedergegeben (LA = Leiter der Amtshandlung, VP = Verfahrenspartei, Rechtschreibfehler wurden korrigiert):
...
LA: Leiden oder litten Sie generell an gesundheitlichen Problemen, benötigen Sie aktuell medizinische Betreuung oder Medikamente?
VP: Nein, keine gesundheitlichen Probleme.
...
LA: Gemeinsam mit der Ladung wurden Sie aufgefordert, Dokumente und Beweismittel vorzulegen (vor allem Identitätsdokumente). Sie haben dem BFA bereits einige Dokumente vorgelegt. Haben Sie noch weitere Dokumente heute hier?
VP: Ja.
Die VP legt vor: Konvolut an Dokumenten ...
...
LA: Haben Sie nichts bezüglich Ihres Ausreisegrundes?
VP: Nein.
LA: Können Sie mir bezüglich des Ausreisegrundes Beweismittel zukommen lassen?
VP: Ich habe weder einen Reisepass noch eine Tazkira. Eine Tazkira bekam ich nicht in Afghanistan.
LA: Machten Sie in Ihrem Verfahren bis jetzt immer der Wahrheit entsprechende Angaben und wurden diese jeweils rückübersetzt und korrekt protokolliert?
VP: Ich habe in der Erstbefragung nur kurz gesprochen. Aber was ich dort gesagt habe, entspricht der Wahrheit.
LA: Es folgt nun nochmals die Aufnahme Ihrer Personendaten. Sie werden auf die Mitwirkungspflicht im Asylverfahren hingewiesen und aufgefordert, wahrheitsgetreue Angaben zu machen. Haben Sie das verstanden?
VP: Ja ... Geburtsdatum, -ort: XXXX, Afghanistan, Baghlan ..., Familienstand: ledig, Religionszugehörigkeit: Moslem (Sunnit), Volksgruppe: Tadschike, ... Schulbildung: zwei bis drei Jahre Schule, Beruf: anfangs Autowäscher und danach Taxifahrer mit dem Auto, (letzte) Wohnanschriften im Herkunftsstaat und in anderen Ländern und Zeitangaben: XXXX , Provinz Baghlan.
LA: Namen Ihrer Eltern und Geschwister, Geburtsdatum, Geburtsort und Wohnort?
VP: ... ca. 47 Jahre (Vater), ... ca. 36-37 Jahre (Mutter), zwei Schwestern (... ca. 14-15 Jahre, ... ca. 8-9 Jahre), drei Brüder (... ca. 16 Jahre, ... ca. 6-7 Jahre, ... ca. 4-5 Jahre) ... Meine Eltern und Geschwister leben in XXXX , Afghanistan.
LA: Haben Sie noch andere Familienangehörige in Ihrem Herkunftsstaat?
VP: Ich habe vier Tanten und sechs Onkel mütterlicherseits im Iran, zwei Onkel väterlicherseits in Afghanistan und zwei Onkel sind im Iran. Diese Familienangehörigen haben auch Kinder, die sind noch sehr klein. Ich kenne sie aber.
LA: Zu wem in Afghanistan haben Sie derzeit Kontakt?
VP: Ich habe regelmäßig mit meinem Vater telefonisch und über das Internet (Facebook) Kontakt. Mit meiner Mutter telefoniere ich ab und zu. Hier ist die Verbindung in mein Dorf nicht sehr gut. Ab und zu habe ich mit meinen Geschwistern Kontakt. Mein kleiner Bruder ... ist in den Iran geflüchtet. Mit ihm habe ich gelegentlich Kontakt. Wir telefonieren über einen Freund.
LA: Welche Schulausbildung besitzen Sie?
VP: Ich bin drei Jahre in die Schule gegangen.
LA: Können Sie lesen und schreiben?
VP: Ich kann Farsi lesen und schreiben, aber nicht so gut.
LA: Gab/Gibt es ein eigenes Haus oder/und Grundstücke?
VP: Wir haben ein Haus in XXXX und dabei ein kleines Grundstück sowie einen Garten.
LA: Was ist jetzt mit dem Haus und Grundstück? Wohnt Ihre Familie noch darin?
VP: Ja, sie leben noch dort.
LA: Mit wem lebten Sie zusammen unter einem Dach?
VP: Mit meiner Familie.
LA: Wer sorgt/e in Ihrem Heimatort für Sicherheit (Regierungstruppen, Polizei, Militärs)?
VP: Untertags waren Polizisten für die Sicherheit in unserem Dorf zuständig. Es waren in der Nacht keine Polizisten mehr da. In der Nacht waren auch die Taliban unterwegs. In unserem Ort hat es auch einen Dorfältesten gegeben. Wenn jemand Probleme hatte, sprach man mit ihm und er regelte das.
LA: Seit wann sind bzw. waren die Taliban bei Ihnen im Heimatort?
VP: Ich wurde in Afghanistan geboren, danach kam ich für zwei Jahre nach Iran und nach fünf Jahren kehrten wir wieder nach Afghanistan in unseren Ort zurück. Da war ich etwa sieben Jahre. Da war alles sicher. Die Taliban sind gekommen, als ich etwa zehn Jahre war. Die Taliban waren nicht gegen die Bürger im Ort, sondern haben nur gegen die Polizei gekämpft.
LA: Besitzen bzw. besaßen Sie oder/und Ihre Familie Firmen oder/und Geschäfte? Welche?
VP: Nein. Meine Mutter war nur im Haushalt. Mein Vater war Bauarbeiter.
LA: Hatten Sie eine eigene Landwirtschaft?
VP: Nein.
LA: Wovon lebten Sie und Ihre Familie? Wovon lebt Ihre Familie jetzt?
VP: Mein Vater sorgt für die Familie. Dazu geht er auch arbeiten. Ich selbst war Autowäscher. Später, als wir ein Auto kauften, war ich Taxifahrer.
LA: Was war das für ein Auto und wo haben Sie diese Taxifahrten angeboten?
VP: Ein Toyota 206. Ich hatte kein Kennzeichen und keinen Führerschein. Deswegen durfte ich damals auch noch nicht so weit umherfahren. Man kann nicht überall fahren, weil wenn man noch jünger aussieht, es sehr gefährlich ist. Mein Auto habe ich vor der Ausreise verkauft. Dabei habe ich zwischen 5.000-6.000 Afghani im Monat verdient.
LA: Mit welchem Alter kann man einen Führerschein in Afghanistan machen?
VP: Der Führerschein ist nicht wichtig in meinem Heimatstaat. Wenn man mit dem Auto fahren kann, ist es egal, wie alt man ist. Wie alt man für den Führerschein sein muss, weiß ich nicht.
LA: Wie lange sind Sie mit dem Taxi gefahren, und haben Sie dieses selbst gekauft?
VP: Circa drei Jahre hatte ich das Taxi. Durch meinen Vater, einen Onkel und mit meinen Ersparnissen haben wir das Auto finanziert.
LA: Wie war Ihre finanzielle Lage im Herkunftsstaat?
VP: Wir konnten unseren Lebensunterhalt besorgen.
LA: Wie viel kostete Ihre Reise nach Österreich und wer hat diese bezahlt?
VP: Die Reise kostete ca. 5.000,- US-Dollar. Dafür habe ich das Auto verkauft.
LA: Haben Sie Angehörige in Österreich oder anderen Ländern?
VP: Nein. Ich habe afghanische Freunde in meinem Camp und in der Schule.
...
LA: Wie oft und wie lange waren Sie schon in Kabul?
VP: Ich war einmal mit meiner Familie in Kabul (bei der Rückkehr vom Iran) und dann wieder bei meiner Ausreise. Da fuhr ich über Kabul.
LA: Wie lange hat Ihre Reise nach Österreich gedauert?
VP: Vielleicht zwei Monate, genau weiß ich das nicht.
LA: Warum zogen Sie nicht einfach in einen anderen Teil Ihres Herkunftsstaates, z. B. Kabul, wo es sicherer ist? Sie hatten doch ausreichend Geld.
VP: Es gibt keine Sicherheit in Afghanistan. Überall ist es gefährlich, besonders bei den Taliban. Junge Menschen werden entführt und vergewaltigt.
LA: Ich befrage Sie jetzt zu Ihrem Ausreisegrund. Warum genau mussten Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen und können nicht zurück? Erzählen Sie frei und lassen Sie sich Zeit.
VP: (Beginn der freien Erzählung) Die Taliban haben von mir verlangt, dass ich mit meinem Auto Waffen für die Taliban transportieren sollte. Die Taliban sagten zu mir, ich muss mit ihnen arbeiten, also Waffen transportieren, überallhin, wo sie wollten. Sie haben mich bedroht. Sie wollten, dass ich in ihre Gruppe komme und für sie arbeite. Einmal sind die Taliban zu mir gekommen und haben gefragt, wo mein Auto ist. Ich habe ihnen gesagt, dass mein Auto beim Mechaniker repariert wird. Das war aber gelogen. Das Auto hatte ich bereits vorher verkauft. Später kam ein Kommandant der Taliban zu mir und sagte, dass ich bei ihm als Fahrer arbeiten könne. Ich habe bemerkt, dass er schlechte Augen zu mir hat, und ich habe bemerkt, dass er eigentlich sexuelle Beziehungen zu mir aufbauen wollte. Diese Situation war sehr gefährlich für mich, und mein Vater hat einen Schlepper für mich gefunden, damit ich nach Europa komme. Dann bin ich nach Europa gekommen (Ende der freien Erzählung).
LA: Erzählen Sie mir bitte genauere Details zum Waffentransport.
VP: Sie wollten mich bezahlen, ich habe aber nicht akzeptiert.
LA: Sie haben nie einen Waffentransport für die Taliban durchgeführt?
VP: Ja, das stimmt. Ich wollte das nicht. Sie haben mir auch Geld dafür geboten. Ich nahm aber nichts an und deswegen habe ich dann auch mein Auto verkauft.
LA: Wie wurden Sie von den Taliban bedroht?
VP: Ich ging immer zwischen 6 und 7 Uhr abends zum Gebet in die Moschee. Am Weg dorthin habe ich die Taliban öfters gesehen und sie haben mich angesprochen. Sie versprachen, mir mehr Geld für den Waffentransport zu bezahlen, viel mehr, als ich als Taxifahrer verdienen würde. Sie würden mich auch unterstützen.
LA: War das alles, was Sie zum Waffentransport und der Bedrohung erzählen möchten?
VP: Ja, das war alles.
LA: Sind Sie damit einverstanden, dass Sie diese Angaben gegenüber einer weiblichen Dolmetscherin machen?
VP: Damit habe ich keine Probleme.
LA: Erzählen Sie bitte genaue Details zu dem Kommandanten der Taliban und Ihren sexuellen Befürchtungen dazu.
VP: Er war kein Taliban-Kommandant, sondern ein Polizist. Dieser hat schon einen höheren Rang gehabt und es haben mit ihm 15 Polizisten gearbeitet. Dieser Mann sagte mir, dass ich bei ihm als Fahrer arbeiten muss. Und wenn er das möchte, dass ich auch mit ihm fahre und in Häusern tanze sollte.
LA: Mussten Sie jemals mit ihm mitfahren und tanzen bzw. haben Sie bei ihm gearbeitet?
VP: Nein. Das musste ich niemals machen. Später hat er mir auch mit den Worten: "Du musst das jetzt machen!" gedroht. Es kam aber niemals dazu.
VP: Wie viele Tage später hat Sie der Mann aufgefordert, bei mir zu arbeiten?
LA: Eine Woche später.
VP: Wie erfolgte die Bedrohung?
LA: Der Kommandant war ein mächtiger Mann und er sagte mir, dass er viele Leute kenne, die mich finden.
VP: Sonst hat er Sie nicht bedroht?
LA: Nein, ich bin dann geflüchtet, also dann nach Europa.
LA: Haben Sie das Ihren Eltern erzählt?
VP: Ich habe alles meinem Vater erzählt, habe erzählt, dass ich Waffentransporte machen sollte und der Kommandant schlechte Augen für mich hat. Mein Vater sagte, er kann mich nicht unterstützen und: "Du musst von hier weg."
LA: Hat Sie der Kommandant jemals angegriffen?
VP: Nein, hat er nicht.
LA: Wann verließen Sie Ihren Herkunftsstaat?
VP: Ich glaube, nach dem iranischen Kalender 1394 und das 6. Monat. Nach dem Datum, das in Österreich verwendet wird, weiß ich es nicht.
LA: Wurden Ihre Familie oder Geschwister bedroht?
VP: Es waren die Taliban und auch der Kommandant bei meinen Eltern und fragten nach mir. Sonst gab es keine Probleme für meine Angehörigen. Sie sagten noch zu meinem Vater, wenn er nicht die Wahrheit sagt, dass er keinen Schutz mehr hat. Mein Vater sagte ihnen, dass er nicht weiß, wo ich bin, und damit waren sie einverstanden. Mein Vater erzählte ihnen weinend, dass ich vielleicht entführt worden bin, und das glaubten sie ihm.
LA: Ist Ihre Familie nun in Sicherheit?
VP: Ja. Sie haben keine Probleme.
LA: Kennen Sie jemanden aus Ihrem Umfeld, der sich den Taliban anschloss?
VP: Nein.
LA: Warum gingen Sie nicht mit den Taliban mit?
VP: Ich wollte nicht mit den Taliban mitarbeiten und nicht im Krieg sterben. Man kann mit den Taliban nicht ruhig leben, es ist so ein hartes Leben. Man konnte sich nicht schön anziehen und einen Ring im Ohr tragen. Das kann man in Österreich machen, weil hier das Leben normal ist.
LA: Welche Ängste haben Sie in Bezug auf eine mögliche Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat?
VP: In meinem Heimatort und überall ist es gefährlich. Da kommen die Taliban und der Kommandant und sie werden mich finden.
LA: Zeigten Sie oder Ihre Familie die gegen Sie gerichteten Drohungen an? Waren Sie bei der Polizei oder/und beim Dorfältesten?
VP: Niemand kann gegen Taliban sein oder gegen diese kämpfen. Sie sind sehr mächtig.
LA: Haben Sie dem Dorfältesten von Ihrer Geschichte erzählt?
VP: Dieser sagte zu mir, ich bin schon alt genug. Ich kann für dich nichts machen.
LA: Sind bzw. waren Sie jemals politisch tätig, gehör(t)en Sie einer politischen Gruppierung/Partei an? Wurden Sie jemals aufgrund einer politischen Tätigkeit verfolgt oder bedroht?
VP: Nein.
LA: Gab es jemals eine konkrete Verfolgung Ihrer Person aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit?
VP: Nein. Es gab einmal vor vier bis fünf Jahren eine Auseinandersetzung zwischen Hazara und Tadschiken in XXXX . Dabei haben sie sich selbst mit Holzstangen geprügelt. Ich war selbst nicht davon betroffen und war auch nicht daran beteiligt.
LA: Gab es jemals eine Verfolgung Ihrer Person aufgrund Ihrer Religionszugehörigkeit?
VP: Nein.
LA: Wurden Sie jemals aufgrund einer Rassenzugehörigkeit verfolgt oder bedroht?
VP: Nein.
LA: Wurden Sie jemals wegen Ihrer Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe verfolgt oder bedroht?
VP: Nein.
LA: Haben bzw. hatten Sie jemals Probleme mit Behörden/Polizei/Gerichten in Ihrem Herkunftsstaat?
VP: Nein.
LA: Sind Sie vorbestraft im Herkunftsland oder einem anderen Land?
VP: Nein. Ich wollte immer nur ein ruhiges Leben haben.
LA: Bestehen gegen Sie aktuell staatliche Fahndungsmaßnahmen, wie Haftbefehl, Strafanzeigen, etc., in Ihrem Herkunftsstaat?
VP: Nein.
LA: Haben bzw. hatten Sie jemals Probleme mit Privatpersonen, Personengruppen, Banden, kriminellen Organisationen?
VP: Nein.
...
LA: Was machen Sie in Ihrer Freizeit?
VP: Fußball spielen, Hausaufgaben erledigen, täglich zur Schule gehen von 08 Uhr bis ca. 15 oder 16 Uhr.
LA: Beschreiben Sie mir Ihren Tagesablauf in Österreich.
VP: Ich gehe in die Schule und spiele sonst noch Fußball. Arbeiten darf ich nicht. Samstag und Sonntag schlafe ich länger und treffe mich mit Freunden.
LA: Haben Sie viele afghanische Freunde in Österreich? Mit wem treffen Sie sich?
VP: Im Camp bin ich mit vielen Afghanen befreundet.
LA: Welche sozialen Kontakte haben Sie zur österreichischen Gesellschaft?
VP: Österreichische Freunde habe ich in der Schule und beim Fußball. Ein Mann ... hilft uns allen. Mit ihm habe ich auch einen guten Kontakt.
LA: Engagierten Sie sich jemals ehrenamtlich? Haben Sie eine Bestätigung diesbezüglich?
VP: Ich war schon öfters bei der Gemeinde und suchte eine Arbeit. Aufgrund der langen Warteliste ist es nicht leicht. Sonst habe ich keine ehrenamtlichen Tätigkeiten gemacht. Ich konnte nicht so gut Deutsch.
LA: Sind Sie Mitglied in Vereinen oder Organisationen in Österreich?
VP: Nein.
LA: Besuchen Sie regelmäßig eine Moschee?
VP: In ... bin ich schon öfters in die Moschee gegangen. Diese Moschee gehört einem Türken. Da gehe ich immer freitags und während des Ramadan hin.
LA: Besuchen oder besuchten Sie einen Deutschkurs?
VP: Einen Kurs für die Alphabetisierung. Ich begann einen Deutsch A1-Kurs, den habe ich insgesamt zweimal besucht. Diesen habe ich abgebrochen, weil nun die Schule begann. Diese begann am 06.11.2017.
...
B) Beweismittel
Die Behörde zog die folgenden Beweismittel heran:
Von Ihnen vorgelegte Beweismittel: VHS XXXX , Bestätigung - Deutsch für Asylwerbende - Alphabetisierung vom 15.07.2016; Helfer der Gemeinden XXXX - Urkunde - Fußball verbindet vom 21.05.2016; ... Empfehlungsschreiben ... vom 09.06.2017; ... Empfehlungsschreiben ... vom 13.11.2017; ÖIF - Teilnahmebestätigung Werte- und Orientierungskurs vom 20.09.2017; Tourismusschulen XXXX - Schulbesuchsbestätigung vom 14.11.2017.
...
C) Feststellungen
Der Entscheidung liegen folgende Feststellungen zugrunde:
Zu Ihrer Person:
Ihre Identität steht nicht fest. Sie sind volljährig. Sie sind afghanischer Staatsangehöriger. Sie sprechen Dari. Sie gehören der Volksgruppe der Tadschiken und der muslimisch-sunnitischen Glaubensrichtung an. Sie sind ledig und haben keine Kinder.
Ihre Eltern sowie Ihre drei Brüder und zwei Schwestern leben in Afghanistan. Sie verfügen über ein familiäres Netzwerk in Ihrem Heimatstaat. Sie gingen in die Schule und sind alphabetisiert. Sie arbeiteten bereits als Autowäscher. Zusätzlich besaßen Sie ein eigenes Auto, mit dem Sie gewerblich Taxifahrten anboten.
Sie brachten keine ernsthafte Erkrankung vor. Es ergaben sich keine medizinisch belegbaren Tatsachen, welche die Annahme rechtfertigen würden, dass Sie Folteropfer oder durch die Geschehnisse im Zusammenhang mit dem die Ausreise aus Afghanistan auslösenden Ereignis traumatisiert sein könnten.
...
In Österreich haben Sie keine Verwandten oder andere Personen, zu welchen Sie in einem Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnis stehen. Sie reisten entgegen den Bestimmungen des Fremdengesetzes spätestens am Asylantragstellungstag von Afghanistan aus illegal in das Bundesgebiet ein. Sie waren bzw. sind ausschließlich aufgrund asylrechtlicher Bestimmungen zum vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt.
Zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats:
Sie waren in Ihrem Herkunftsstaat nicht politisch oder parteipolitisch tätig und wurden auch nicht wegen Ihrer politischen Gesinnung bzw. Aktivitäten verfolgt. Sie hatten in Ihrem Herkunftsstaat keine asylrelevanten Probleme aufgrund der Religion, Rasse, Volksgruppenzugehörigkeit oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Es kann nicht festgestellt werden, dass Sie in Ihrem Herkunftsstaat einer staatlichen Bedrohung bzw. Verfolgung ausgesetzt waren oder asylrelevante Probleme mit Behörden hatten.
...
Zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:
Feststellungen bezogen auf Ihre Heimatregion:
Sie stammen aus dem Dorf XXXX , das in der Provinz Baghlan liegt. Baghlan zählt zu den volatilen Provinzen, wo regierungsfeindliche aufständische Gruppen in den verschiedensten Distrikten aktiv sind. Aufgrund der dortigen politisch instabilen Situation ist eine Rückkehr in Ihre Heimatprovinz derzeit objektiv nicht zumutbar. Dies gilt für Ihre Heimatprovinz, aber nicht für Afghanistan allgemein. Stattdessen bieten sich in Ihrem Fall die Hauptstadt von Afghanistan Kabul und die Provinz Balkh (Mazar-e Sharif) als eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative an.
Feststellungen bezogen auf Kabul (Stadt):
Die afghanische Regierung hat die Kontrolle über Kabul. Stellenweise finden sicherheitsrelevante Vorfälle in Kabul, hauptsächlich auf Regierungsgebäude und/oder ausländische Organisationen, statt.
Feststellungen bezogen auf die Provinz Balkh (Hauptstadt Mazar-e Sharif):
Die Hauptstadt Mazar-e Sharif liegt in der zentral gelegenen Provinz Balkh, ist bekannt für Ihre wirtschaftlichen und politischen Aktivitäten und gilt als eine der friedlichsten und sichersten Orte Afghanistans.
Feststellungen bezogen auf die Provinz Parwan:
Die strategisch bedeutsame Provinz liegt 64 km nördlich von Kabul und grenzt beispielsweise an die Provinzen Baghlan, Bamyan und Panjshir. Rund 70 % der Bevölkerung sind Tadschiken. Die Provinzhauptstadt ist Charika. Wichtige Erzeugnisse aus dieser Provinz sind neben Textilien auch Südfrüchte und Tonwaren. Die Hauptstadt ist für die Herstellung von Silberwaren und Besteck bekannt.
Feststellungen bezogen auf die subjektive Zumutbarkeit der innerstaatlichen Fluchtalternative:
Von Ihnen wurde im Fall Ihrer Rückkehr eine faktische Gefahr vorgebracht. Diese konnte im gesamten Verfahren nicht ermittelt werden. Sie verfügen über eine mindestens 3-jährige Schulbildung und sind alphabetisiert. Sie sind arbeitsfähig, arbeitswillig und haben Berufserfahrung als Autowäscher und als Taxifahrer. Sie haben Kontakt zu Ihren engsten Familienangehörigen, die zufolge Ihrer Angaben in Ihrem Heimatstaat leben. Zusätzlich leben noch zwei Onkel väterlicherseits in Afghanistan. Sie gehören der Volksgruppe der Tadschiken an. Eine Krankheit, die ein Rückkehrhindernis darstellen könnte, ist nicht bekannt. Sie kennen die in Ihrem Herkunftsstaat geltenden sozialen und kulturellen Werte und beherrschen nach wie vor die dort gesprochene Sprache auf Muttersprachenniveau. Das Bundesamt sieht im Falle Ihrer Rückkehr keine Gefahr, dass Sie in eine aussichtslose Lage geraten könnten.
Feststellungen zur Sicherheit der Reiseroute nach Kabul, Balkh oder Parwan:
Die Sicherheit der Reiseroute nach Kabul, in die Provinz Balkh bzw. Parwan gilt als sicher, unproblematisch und zumutbar. Ein internationaler Flughafen befindet sich in Kabul. Sowohl in der Hauptstadt Kabul als auch in Mazar-e Sharif und Charika sind genügend Taxis als auch öffentliche Busverbindungen vorhanden. Somit steht fest, dass kein Rückkehrhindernis besteht.
Zu Ihrem Privat- und Familienleben:
Ihre Eltern und fünf Geschwister leben in Afghanistan. Sie haben mehrere Onkel in Ihrem Heimatstaat. Sie halten zu Ihren engsten Familienmitgliedern Kontakt. Im Bundesgebiet haben Sie keine Familienangehörigen oder nahen Angehörigen und besitzen keine engen Kontakte zu Personen, welche zum dauernden Aufenthalt in Österreich berechtigt sind. Sie leben ausschließlich von Geldern aus öffentlicher Hand. Erste Schritte der Integration setzten Sie bereits und legten dazu Unterlagen vor. Mangels gesetzlicher Voraussetzungen ist Ihnen eine legale Beschäftigungsaufnahme verwehrt. Ihre Einreise erfolgte zum Zweck der Verschaffung einer dauerhaften Niederlassung in Österreich unter Umgehung der Einreise- und Niederlassungsvorschriften und nicht aufgrund einer Verfolgung bzw. Schutzsuche. Der Aufenthalt im Bundesgebiet war nur durch die illegale Einreise und die unbegründete Stellung eines Asylantrages vorübergehend legalisiert. Somit mussten Sie damit rechnen, dass Ihr vorübergehend erlaubter Aufenthalt im Bundesgebiet im Falle der Nichtzuerkennung von Asyl und subsidiärem Schutz endet. Ihr Aufenthalt in Österreich war niemals als sicher anzusehen. Die Ausweisung stellt keinen Eingriff in das Familienleben dar. Ein schützenwertes Privatleben ist in Österreich nicht entstanden. Die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen sind höher als allfällige Privatinteressen zu werten.
Zur Lage in Ihrem Herkunftsstaat:
Kurzinformation vom 25.9.2017: Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2017 ...
Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor höchst volatil; die Regierung und die Taliban wechselten sich während des Berichtszeitraumes bei Kontrolle mehrerer Distriktzentren ab - auf beiden Seiten waren Opfer zu beklagen (UN GASC 21.9.2017). Der Konflikt in Afghanistan ist gekennzeichnet von zermürbenden Guerilla-Angriffen, sporadischen bewaffneten Zusammenstößen und gelegentlichen Versuchen, Ballungszentren zu überrennen. Mehrere Provinzhauptstädte sind nach wie vor in der Hand der Regierung; dies aber auch nur aufgrund der Unterstützung durch US-amerikanische Luftangriffe. Dennoch gelingt es den Regierungskräften, kleine Erfolge zu verbuchen, indem sie mit unkonventionellen Methoden zurückschlagen (The Guardian 3.8.2017).
Der afghanische Präsident Ghani hat mehrere Schritte unternommen, um die herausfordernde Sicherheitssituation in den Griff zu bekommen. So hielt er sein Versprechen, den Sicherheitssektor zu reformieren, indem er korrupte oder inkompetente Minister im Innen- und Verteidigungsministerium feuerte bzw. diese selbst zurücktraten; die afghanische Regierung begann, den strategischen 4-Jahres-Sicherheitsplan für die ANDSF umzusetzen (dabei sollen die Fähigkeiten der ANDSF gesteigert werden, größere Bevölkerungszentren zu halten); im Rahmen des Sicherheitsplanes sollen Anreize geschaffen werden, um die Taliban mit der afghanischen Regierung zu versöhnen; Präsident Ghani bewilligte die Erweiterung bilateraler Beziehungen zu Pakistan, so werden unter anderem gemeinsame Anti-Terror-Operationen durchgeführt werden (SIGAR 31.7.2017).
Zwar endete die Kampfmission der US-Amerikaner gegen die Taliban bereits im Jahr 2014, dennoch werden, laut US-amerikanischem Verteidigungsminister, aufgrund der sich verschlechternden Sicherheitslage 3.000 weitere Soldaten nach Afghanistan geschickt. Nach wie vor sind über 8.000 US-amerikanische Spezialkräfte in Afghanistan, um die afghanischen Truppen zu unterstützen (BBC 18.9.2017).
Sicherheitsrelevante Vorfälle
In den ersten acht Monaten wurden insgesamt 16.290 sicherheitsrelevante Vorfälle von den Vereinten Nationen (UN) registriert; in ihrem Berichtszeitraum (15.6. bis 31.8.2017) für das dritte Quartal wurden 5.532 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert - eine Erhöhung von 3% gegenüber dem Vorjahreswert. Laut UN haben sich bewaffnete Zusammenstöße um 5% erhöht und machen nach wie vor 64% aller registrierten Vorfälle aus. 2017 gab es wieder mehr lange bewaffnete Zusammenstöße zwischen Regierung und regierungsfeindlichen Gruppierungen. Im Gegensatz zum Vergleichszeitraums des Jahres 2016 verzeichnen die UN einen Rückgang von 3% bei Anschlägen mit Sprengfallen [IEDs - improvised explosive device], Selbstmordangriffen, Ermordungen und Entführungen - nichtsdestotrotz waren sie Hauptursache für zivile Opfer. Die östliche Region verzeichnete die höchste Anzahl von Vorfällen, gefolgt von der südlichen Region (UN GASC 21.9.2017).
Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden in Afghanistan von 1.1.-31.8.2017 19.636 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (Stand: 31.8.2017) (INSO o.D.).
Zivilisten
Landesweit war der bewaffnete Konflikt weiterhin Ursache für Verluste in der afghanischen Zivilbevölkerung. Zwischen dem 1.1. und 30.6.2017 registrierte die UNAMA 5.243 zivile Opfer (1.662 Tote und 3.581 Verletzte). Dies bedeutet insgesamt einen Rückgang bei zivilen Opfern von fast einem 1% gegenüber dem Vorjahreswert. Dem bewaffneten Konflikt in Afghanistan fielen zwischen 1.1.2009 und 30.6.2017 insgesamt 26.512 Zivilisten zum Opfer, während in diesem Zeitraum 48.931 verletzt wurden (UNAMA 7.2017).
Im ersten Halbjahr 2017 war ein Rückgang ziviler Opfer bei Bodenoffensiven zu verzeichnen, während sich die Zahl ziviler Opfer aufgrund von IEDs erhöht hat (UNAMA 7.2017).
Die Provinz Kabul verzeichnete die höchste Zahl ziviler Opfer - speziell in der Hauptstadt Kabul: Von den 1.048 registrierten zivilen Opfer (219 Tote und 829 Verletzte) resultierten 94% aus Selbstmordattentaten und Angriffen durch regierungsfeindliche Elemente. Nach der Hauptstadt Kabul verzeichneten die folgenden Provinzen die höchste Zahl ziviler Opfer: Helmand, Kandahar, Nangarhar, Uruzgan, Faryab, Herat, Laghman, Kunduz und Farah. Im ersten Halbjahr 2017 erhöhte sich die Anzahl ziviler Opfer in 15 von Afghanistans 34 Provinzen (UNAMA 7.2017)
High-profile Angriffe
Der US-Sonderbeauftragte für den Aufbau in Afghanistan (SIGAR) verzeichnete in seinem Bericht für das zweite Quartal des Jahres 2017 mehrere high-profile Angriffe; der Großteil dieser fiel in den Zeitraum des Ramadan (Ende Mai bis Ende Juni). Einige extremistische Organisationen, inklusive dem Islamischen Staat, behaupten, dass Kämpfer, die während des Ramadan den Feind töten, bessere Muslime wären (SIGAR 31.7.2017).
Im Berichtszeitraum (15.6. bis 31.8.2017) wurden von den Vereinten Nationen folgende High-profile Angriffe verzeichnet: Ein Angriff auf die schiitische Moschee in der Stadt Herat, bei dem mehr als 90 Personen getötet wurden (UN GASC 21.9.2017; vgl.: BBC 2.8.2017). Zu diesem Attentat bekannte sich der ISIL-KP (BBC 2.8.2017). Taliban und selbsternannte ISIL-KP-Anhänger verübten einen Angriff auf die Mirza Olang Region im Distrikt Sayyad in der Provinz Sar-e Pul; dabei kam es zu Zusammenstößen mit regierungsfreundlichen Milizen. Im Zuge dieser Kämpfe, die von 3.-5.August anhielten, wurden mindestens 36 Menschen getötet (UN GASC 21.9.2017). In Kabul wurde Ende August eine weitere schiitische Moschee angegriffen, dabei wurden mindestens 28 Zivilisten getötet; auch hierzu bekannte sich der ISIL-KP (UN GASC 21.9.2017; vgl.: NYT 25.8.2017).
Manche high-profile Angriffe waren gezielt gegen Mitarbeiter der ANDSF und afghanische Regierungsbeamte gerichtet; Zivilisten in stark bevölkerten Gebieten waren am stärksten von Angriffen dieser Art betroffen (SIGAR 31.7.2017).
"Green Zone" in Kabul
Kabul hatte zwar niemals eine formelle "Green Zone"; dennoch hat sich das Zentrum der afghanischen Hauptstadt, gekennzeichnet von bewaffneten Kontrollpunkten und Sicherheitswänden, immer mehr in eine militärische Zone verwandelt (Reuters 6.8.2017).
Eine Erweiterung der sogenannten Green Zone ist geplant; damit wird es Verbündeten der NATO und der US-Amerikaner ermöglicht, auch weiterhin in der Hauptstadt Kabul zu bleiben, ohne dabei Risiken ausgesetzt zu sein. Kabul City Compound - auch bekannt als das ehemalige Hauptquartier der amerikanischen Spezialkräfte, wird sich ebenso innerhalb der Green Zone befinden. Die Zone soll hinkünftig vom Rest der Stadt getrennt sein, indem ein Netzwerk an Kontrollpunkten durch Polizei, Militär und private Sicherheitsfirmen geschaffen wird. Die Erweiterung ist ein großes öffentliches Projekt, das in den nächsten zwei Jahren das Zentrum der Stadt umgestalten soll; auch sollen fast alle westlichen Botschaften, wichtige Ministerien sowie das Hauptquartier der NATO und des US-amerikanischen Militärs in dieser geschützten Zone sein. Derzeit pendeln tagtäglich tausende Afghanen durch diese Zone zu Schulen und Arbeitsplätzen (NYT 16.9.2017).
Nach einer Reihe von Selbstmordattentaten, die hunderte Opfer gefordert haben, erhöhte die afghanische Regierung die Sicherheit in der zentralen Region der Hauptstadt Kabul - dieser Bereich ist Sitz ausländischer Botschaften und Regierungsgebäude. Die Sicherheit in diesem diplomatischen Bereich ist höchste Priorität, da, laut dem amtierenden Polizeichef von Kabul, das größte Bedrohungsniveau in dieser Gegend verortet ist und eine bessere Sicherheit benötigt wird. Die neuen Maßnahmen sehen 27 neue Kontrollpunkte vor, die an 42 Straßen errichtet werden. Eingesetzt werden mobile Röntgengeräte, Spürhunde und Sicherheitskameras. Außerdem werden 9 weitere Straßen teilweise gesperrt, während die restlichen sechs Straßen für Autos ganz gesperrt werden. 1.200 Polizisten werden in diesem Bereich den Dienst verrichten, inklusive spezieller Patrouillen auf Motorrädern. Diese Maßnahmen sollen in den nächsten sechs Monaten schrittweise umgesetzt werden (Reuters 6.8.2017).
Ein erweiterter Bereich, die sogenannte "Blue Zone", soll ebenso errichtet werden, die den Großteil des Stadtzentrums beinhalten soll - in diesem Bereich werden strenge Bewegungseinschränkungen, speziell für Lastwagen, gelten. Lastwagen werden an einem speziellen externen Kontrollpunkt untersucht. Um in die Zone zu gelangen, müssen sie über die Hauptstraße (die auch zum Flughafen führt) zufahren (BBC 6.8.2017; vgl. Reuters 6.8.2017).
ANDSF - afghanische Sicherheits- und Verteidigungskräfte
Die Stärkung der ANDSF ist ein Hauptziel der Wiederaufbaubemühungen der USA in Afghanistan, damit diese selbst für Sicherheit sorgen können (SIGAR 20.6.2017). Die Stärke der afghanischen Nationalarmee (Afghan National Army - ANA) und der afghanischen Nationalpolizei (Afghan National Police - ANP) sowie die Leistungsbereitschaft der Einheiten ist leicht gestiegen (SIGAR 31.7.2017).
Die ANDSF wehrten Angriffe der Taliban auf Schlüsseldistrikte und große Bevölkerungszentren ab. Luftangriffe der Koalitionskräfte trugen wesentlich zum Erfolg der ANDSF bei. Im Berichtszeitraum von SIGAR verdoppelte sich die Zahl der Luftangriffe gegenüber dem Vergleichswert für 2016 (SIGAR 31.7.2017).
Die Polizei wird oftmals von abgelegen Kontrollpunkten abgezogen und in andere Einsatzgebiete entsendet, wodurch die afghanische Polizei militarisiert wird und seltener für tatsächliche Polizeiarbeit eingesetzt wird. Dies erschwert es, die Loyalität der Bevölkerung zu gewinnen. Die internationalen Truppen sind stark auf die Hilfe der einheimischen Polizei und Truppen angewiesen (The Guardian 3.8.2017).
Regierungsfeindliche Gruppierungen
Taliban
Die Taliban waren landesweit handlungsfähig und zwangen damit die Regierung, erhebliche Ressourcen einzusetzen, um den Status Quo zu erhalten. Seit Beginn ihrer Frühjahrsoffensive im April haben die Taliban - im Gegensatz zum Jahr 2016 - keine größeren Versuche unternommen, Provinzhauptstädte einzunehmen. Nichtsdestotrotz gelang es den Taliban zumindest temporär, einige Distriktzentren zu überrennen und zu halten; dazu zählen der Distrikt Taywara in der westlichen Provinz Ghor, die Distrikte Kohistan und Ghormach in der nördlichen Provinz Faryab und der Distrikt Jani Khel in der östlichen Provinz Paktia. Im Nordosten übten die Taliban intensiven Druck auf mehrere Distrikte entlang des Autobahnabschnittes Maimana-Andkhoy in der Provinz Faryab aus; die betroffenen Distrikte waren: Qaramol, Dawlat Abad, Shirin Tagab und Khwajah Sabz Posh. Im Süden verstärkten die Taliban ihre Angriffe auf Distrikte, die an die Provinzhauptstädte von Kandahar und Helmand angrenzten (UN GASC 21.9.2017).
IS/ISIS/ISKP/ISIL-KP/Daesh
Die Operationen des ISIL-KP in Afghanistan sind weiterhin auf die östliche Region Afghanistans beschränkt - nichtsdestotrotz bekannte sich die Gruppierung landesweit zu acht nennenswerten Vorfällen, die im Berichtszeitraum von den UN registriert wurden. ISIL-KP verdichtete ihre Präsenz in der Provinz Kunar und setze ihre Operationen in Gegenden der Provinz Nangarhar fort, die von den ANDSF bereits geräumt worden waren. Angeblich wurden Aktivitäten des ISIL-KP in den nördlichen Provinzen Jawzjan und Sar-e Pul und den westlichen Provinzen Herat und Ghor berichtet (UN GASC 21.9.2017).
Im sich zuspitzenden Kampf gegen den ISIL-KP können sowohl die ANDSF als auch die Koalitionskräfte auf mehrere wichtige Erfolge im zweiten Quartal verweisen (SIGAR 31.7.2017): Im Juli wurde im Rahmen eines Luftangriffes in der Provinz Kunar der ISIL-KP-Emir, Abu Sayed, getötet. Im August wurden ein weiterer Emir des ISIL-KP und drei hochrangige ISIL-KP-Führer durch einen Luftangriff getötet. Seit Juli 2016 wurden bereits drei Emire des ISIL-KP getötet (Reuters 13.8.2017); im April wurde Sheikh Abdul Hasib gemeinsam mit 35 weiteren Kämpfern und anderen hochrangigen Führern in einer militärischen Operation in der Provinz Nangarhar getötet (WT 8.5.2017; vgl. SIGAR 31.7.2017). Ebenso in Nangarhar wurde im Juni der ISIL-KP-Verantwortliche für mediale Produktionen, Jawad Khan, durch einen Luftangriff getötet (SIGAR 31.7.2017; vgl.: Tolonews 17.6.2017).
Politische Entwicklungen
Die Vereinten Nationen registrierten eine Stärkung der Nationalen Einheitsregierung. Präsident Ghani und CEO Abdullah einigten sich auf die Ernennung hochrangiger Posten - dies war in der Vergangenheit Grund für Streitigkeiten zwischen den beiden Führern gewesen (UN GASC 21.9.2017).
Die parlamentarische Bestätigung einiger war nach wie vor ausständig; derzeit üben daher einige Minister ihr Amt kommissarisch aus. Die unabhängige afghanische Wahlkommission (IEC) verlautbarte, dass die Parlaments- und Distriktratswahlen am 7. Juli 2018 abgehalten werden (UN GASC 21.9.2017).
Quellen:
BBC (18.9.2017): US sends 3,000 more troops to Afghanistan ...;
BBC (2.8.2017): Herat mosque blast: IS says it was behind Afghanistan attack ...;
INSO - International NGO Safety Organisation (o.D.): Afghanistan - Total incidents per month for the current year to date ...;
INSO - The International NGO Safety Organisation (2017): Afghanistan - Gross Incident Rate ...;
NYT - The New York Times (16.9.2017): U.S. Expands Kabul Security Zone, Digging In for Next Decade ...;
NYT - The New York Times (25.8.2017): ISIS Claims Deadly Attack on Shiite Mosque in Afghanistan ...;
Reuters (13.8.2017): Senior Islamic State commanders killed in Afghanistan air strike: U.S. military ...;
Reuters (6.8.2017): Kabul 'Green Zone' tightened after attacks in Afghan capital ...;
SIGAR - Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (30.7.2017): QUARTERLY REPORT TO THE UNITED STATES CONGRESS ...;
SIGAR - Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (20.6.2017): Afghan national army: dod may have spent up to $28 million more than needed to procure camouflage uniforms that may be inappropriate for the Afghan environment ...;
The Guardian (3.8.2017): The war America can't win: how the Taliban are regaining control in Afghanistan ...;
Tolonews (17.6.2017): Daesh Media Leader Killed In Nangarhar Air Strike ...;
UNAMA - UN Assistance Mission in Afghanistan: Afghanistan (7.2017): Protection of Civilians in Armed Conflict; Midyear Report 2017 ...;
UN GASC - General Assembly Security Council (21.9.2017): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, as of September 15th 2017 ...;
WT - The Washington Times (8.5.2017): Pentagon confirms Abdul Hasib, head of ISIS in Afghanistan, killed by U.S., Afghan special forces ...
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Kabul
Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden und (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham-Autobahn verbunden. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten (Pajhwok o.D.z). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.523.718 geschätzt (CSO 2016)
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Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden im Distrikt Kabul 151 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).
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Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren (USDOD 12.2015). Aufständischengruppen planen oft Angriffe auf Gebäude und Individuen mit afghanischem und amerikanischem Hintergrund: afghanische und US-amerikanische Regierungseinrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungsorganisationen, Restaurants, Hotels und Gästehäuser, Flughäfen und Bildungszentren (Khaama Press 13.1.2017). Nach einem Zeitraum länger andauernder relativer Ruhe in der Hauptstadt explodierte im Jänner 2017 in der Nähe des afghanischen Parlaments eine Bombe; bei diesem Angriff starben mehr als 30 Menschen (DW 10.1.2017). Die Taliban bekannten sich zu diesem Vorfall und gaben an, hochrangige Beamte des Geheimdienstes wären ihr Ziel gewesen (BBC News 10.1.2017).
In der Provinz Kabul finden regelmäßig militärische Operationen statt (Afghanistan Times 8.2.2017; Khaama Press 10.1.2017; Tolonews 4.1.2017a; Bakhtar News 29.6.2016). Taliban-Kommandanten der Provinz Kabul wurden getötet (Afghan Spirit 18.7.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 4.1.2017a).
Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig religiöse Orte, wie z. B. Moscheen, an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen gezielt gegen schiitische Muslime in Hauptstädten, wie Kabul und Herat, stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017; vgl. auch: UNAMA 6.2.2017).
Quellen:
Afghanistan Spirit (18.7.2016): 45 Taliban Commanders Killed In Four Months: MoI ...;
Bakhtar News (29.6.2017): Clearing Operation Begins In Several Districts of Kabul ...;
BBC News (10.1.2017): Afghanistan bombings: Dozens killed across the country ...;
CSO - Central Statistics Organization (CSO) Afghanistan (2016): Afghanistan - Estimated Population 2016/2017 ...;
DW - Deutsche Welle (10.1.2017): Multiple casualties reported after explosions in Afghanistan ...;
EASO - European Asylum Support Office (11.2016): EASO Country of Origin Information Report Afghanistan Security Situation ...;
IBT - International Business Times (1.7.2016): Taliban Outguns Afghan, US Troops in Strategic, Opium-Rich Helmand Province ...;
Kabul Tribune (8.2.2017): Taliban leader killed with his fighters in Kabul operation ...;
Khaama Press (13.1.2017): Serious threats exist in Kabul, US Embassy warn citizens ...;
Khaama Press (10.1.2017): 43 militants killed in 17 provinces in past 24 hours, MoI claims ...;
Khaama Press (2.1.2017): Explosion near a mosque in Herat city leaves 6 wounded ...;
Pajhwok (o.D.z): Kabul province background profile ...;
Tolonews (4.1.2017a): Afghan Forces Battle Insurgents On Multiple Fronts: MoD ...;
UNAMA - United Nations Mission in Afghanistan (6.2.2017): Afghanistan Annual Report on Protection of Civilians in Armed Conflict: 2016 ...;
UN OCHA - United Nation Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (26.8.2015): Afghanistan: Population Estimate for 2015 ...;
VOA - Voice of America (5.1.2017): Afghan Forces Vow No Break in Fighting During Winter ...
Baghlan
Baghlan liegt in Nordostafghanistan und wird als eine der industriellen Provinzen Afghanistans gesehen. Sie ist von strategischer Bedeutung, da sie an sieben weitere Provinzen, inklusive Kabul, grenzt. Baghlan hat folgende administrative Bezirke, inklusive der Provinzhauptstadt Puli Khumri: Kinjan, Dushi, Banu, Dih Salah, Puli Hisar, Jilgah, Khost, Talawa Barfak, Farang, Guzargah-a-Noor, Nahrin, Burkah und Dahana-i-Ghori. Im Nordosten grenzt sie an die Provinzen Panjsher, Takhar und Kunduz, im Westen an Samangan und Bamyan, im Süden grenzt sie an die Provinz Parwan (Pajhwok o.D.h). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 926.969 geschätzt (CSO 2016).
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Im Zeitraum 1.1. - 31.8.2015 wurden in der Provinz Baghlan 354 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 21.1.2016).
Baghlan zählt zu den relativ volatilen Provinzen Nordafghanistans; die Taliban sind in einer Anzahl von abgelegenen Bezirken aktiv (Khaama Press 5.9.2016). In den letzten Monaten war die einst relativ friedliche Region - die Provinzen Baghlan, Kunduz und Takhar - von heftigen Zusammenstößen zwischen Taliban und Regierungskräften betroffen (Khaama Press 24.1.2017; Khaama Press 15.5.2016; Global Times China 15.1.2017; vgl. auch: News Ghana 30.1.2017).
In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 10.1.2017; Pajhwok 9.1.2017; Khaama Press 8.1.2017; Khaama Press 5.1.2016; Bakhtar News 22.8.2016). Bei diesen Militäroperationen hatten Aufständische Verluste zu verzeichnen (Pajhwok 9.1.2017; Bakhtar News 22.8.2016). In manchen Fällen wurden Talibankommandanten getötet (Tolonews 23.12.2016; Pajhwok 23.12.2016; Khaama Press 5.1.2016; Independent 27.2.2016).
Quellen:
Bakhtar News (22.8.2016): 59 Taliban Killed, 35 Wounded During Military Operations Across The Country ...;
CSO - Central Statistics Organization (CSO) Afghanistan (2016): Afghanistan - Estimated Population 2016/2017 ...;
EASO - European Asylum Support Office (11.2016): EASO Country of Origin Information Report Afghanistan Security Situation ...;
Global Times China (15.1.2017): Four militants, one policeman killed in N. Afghan checkpoint attack ...;
Independent (27.2.2016): Afghan Taliban commander shot dead by woman 'for invading her privacy' ...;
Khaama Press (24.1.2017): Kidnapped Afghan policemen kill 5 Taliban militants in Baghlan ...;
Khaama Press (18.1.2017): MoD confirms ISIS militants among 34 killed in latest operations ...;
Khaama Press (10.1.2017): 43 militants killed in 17 provinces in past 24 hours, MoI claims ...;
Khaama Press (5.10.2016): Top Taliban leader in charge of Baghlan war killed by Afghan forces ...;
Khaama Press (5.9.2016): Taliban attack on military base repulsed in Baghlan after 4 hours of clash ...;
Khaama Press (16.8.2016): Afghan forces prepare to retake lost district in Baghlan province ...;
Khaama Press (15.5.2016): Heavy clash erupts in Baghlan as police claims 28 insurgents killed or wounded ...;
News Ghana (30.1.2017): Afghan air force kills 3 militants in N. province ...;
Pajhwok (9.1.2017): 6 rebels dead in Badakhshan; Taliban purged of 17 Baghlan villages ...;
Pajhwok (23.12.2016): 18 insurgents eliminated in security operations: MoD ...;
Pajhwok (oD.h): Background profile of Baghlan province ...;
Tolonews (8.1.2017): 77 Insurgents Killed, Wounded In Operations in 16 Provinces ...;
Tolonews (23.12.2016): Taliban Commander Killed In Baghlan Clash ...;
UN OCHA - United Nation Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (26.8.2015): Afghanistan: Population Estimate for 2015 ...
Balkh
Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Die Hauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.: Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.: Provinzhauptstadt Baghlan]. Sie hat folgende administrative Einheiten: Hairatan Port, Nahra-i-Shahi, Dihdadi, Balkh, Daulatabad, Chamtal, Sholgar, Chaharbolak, Kashanda, Zari, Charkont, Shortipa, Kaldar, Marmal und Khalm. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz Samangan liegt sowohl östlich als auch südlich. Die Provinz Kunduz lieg im Osten, Jawzjan im Westen und Sar-e Pul im Süden (Pajhwok o.D.y). Balkh grenzt an drei zentralasiatische Staaten an: Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan (RFE/RL 9.2015). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.353.626 geschätzt (CSO 2016).
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Im Zeitraum 1.1. - 31.8.2015 wurden in der Provinz Balkh 226 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 21.1.2016).
Die zentral gelegene Provinz Balkh - mit ihrer friedlichen Umgebung, historischen Denkmälern und wunderschönen Landschaft - wird als einer der friedlichsten und sichersten Orte Afghanistans geschätzt (Xinhua 12.12.2016; DW 4.8.2016). Obwohl Balkh zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan zählt, versuchen dennoch bewaffnete Aufständische, die Provinz zu destabilisieren. In den letzten Monaten kam es zu Vorfällen in Schlüsselbezirken der Provinz (Khaama Press 17.1.2017; vgl. auch: Khaama Press 14.12.2016; Xinhua 11.11.2016; Xinhua 1.10.2016). Laut dem Gouverneur Noor würden Aufständische versuchen, in abgelegenen Gegenden Stützpunkte zu errichten (Khaama Press 30.3.2016). Zusammenstöße zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Khaama Press 30.3.2016; vgl. auch: Tolonews 26.5.2016; Tolonews 18.4.2016). In der Provinz wurden militärische Operationen durchgeführt (Kabul Tribune 5.1.2017). Dabei hatten die Taliban Verluste zu verzeichnen (Khaama Press 14.12.2016; Tolonews 26.5.2016). Auf Veranlassung des Provinzgouverneurs Atta Noor wurden auch in abgelegenen Gegenden großangelegte militärische Operationen durchgeführt (Khaama Press 17.1.2017; vgl. auch: Khaama Press 14.12.2016; Khaama Press 7.3.2016).
Die Stadt Mazar-e Sharif ist eine Art "Vorzeigeprojekt" Afghanistans für wichtige ausländische Gäste (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014). Balkh ist in Bezug auf Angriffe der Taliban, zentralasiatischer Aufständischer oder von IS-Kämpfern die sicherste Provinz in Nordafghanistan. Grund dafür ist das Machtmonopol, das der tadschikisch-stämmige Gouverneur und ehemalige Warlord Atta Mohammed Noor bis in die abgelegensten Winkel der Provinz ausübt. Nichtsdestotrotz ist die Stabilität stark abhängig von den Beziehungen des Gouverneurs zum ehemaligen Warlord und nunmehrigen ersten Vizepräsidenten Abdul Rashid Dostum. Im Juni 2015 haben sich die beiden Rivalen darauf geeinigt, miteinander zu arbeiten, um die Sicherheit in Nordafghanistan wiederherzustellen. Die Stabilität der Provinz Balkh war ein Hauptfokus der NATO-Kräfte (RFE/RL 8.7.2015). Im Distrikt Balkh wird die Reduzierung von Rebellenaktivitäten der Leistungsfähigkeit der ANSF und des neuen Distriktpolizeichefs zugeschrieben (APPRO 1.2015)
High-profile Angriff:
Bei einem Angriff auf das deutsche Konsulat in Mazar-e Sharif waren am 10.11.2016 sechs Menschen getötet und fast 130 weitere verletzt worden (Die Zeit 20.11.2016). Nach Polizeiangaben attackierte am späten Abend ein Selbstmordattentäter mit seinem Auto das Gelände des deutschen Generalkonsulats in Mazar-e Sharif. Die Autobombe sei gegen 23:10 Uhr Ortszeit am Tor der diplomatischen Einrichtung explodiert, sagte der Sicherheitschef der Provinz Balkh. Bei den Toten soll es sich um Afghanen handeln. Alle deutschen Mitarbeiter des Generalkonsulats seien bei dem Angriff unversehrt geblieben (Die Zeit 10.11.2016). Das Gebäude selbst wurde in Teilen zerstört. Der überlebende Attentäter wurde dem Bericht zufolge wenige Stunden später von afghanischen Sicherheitskräften festgenommen (Die Zeit 20.11.2016).
Außerhalb von Mazar-e Sharif, in der Provinz Balkh, existiert ein Flüchtlingscamp - auch für Afghanen - die Schutz in der Provinz Balkh suchen. Mehr als 300 Familien haben dieses Camp zu ihrem temporären Heim gemacht (RFE/RL 8.7.2015).
Quellen:
CSO - Central Statistics Organization (CSO) Afghanistan (2016): Afghanistan - Estimated Population 2016/2017 ...;
EASO - European Asylum Support Office (11.2016): EASO Country of Origin Information Report Afghanistan Security Situation ...;
Die Zeit (20.11.2016): Anschlag auf Deutsches Konsulat vor Monaten in Pakistan geplant ...;
Die Zeit (10.11.2016): Taliban greifen deutsches Konsulat in Afghanistan an ...;
Kabul Tribune (5.1.2017): Clearing Operation Begins In Balkh ...;
Khaama Press (17.1.2017): Taliban's explosives factory discovered in Balkh province ...;
Khaama Press (14.12.2016): Taliban suffer heavy casualties in an airstrike in Balkh province of Afghanistan ...;
Khaama Press (30.3.2016): Policemen and Taliban militants suffer casualties in Balkh clash ...;
Khaama Press (7.3.2016): Operations led by Ata Mohammad Noor launched in Balkh ahead of Nowruz celebrations ...;
Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA (14.11.2014): Sicherheitslage, per Mail;
Lobe Log Foreign Policy (14.9.2016): There Is No Military Path to Victory in Afghanistan ...;
Pajhwok (o.D.y): Background Profile of Balkh ...;
RFE/RL - Radio Free Europe/ Radio Free Liberty (9.2015): Afghanistan's New Northern Flash Points ...;
Tolonews (18.4.2016): 12 Taliban Insurgents Killed in Balkh Clashes ...;
Tolonews (26.5.2016): 45 Insurgents Killed in Balkh Clashes: Officials ...;
UN OCHA - United Nation Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (26.8.2015): Afghanistan: Population Estimate for 2015 ...;
Xinhua (11.11.2016): 4 Afghans killed, 33 others injured in attack on German consulate: Afghan police ...;
Xinhua (1.10.2016): News Analysis: China's investment in Afghanistan helps stabilize peace, revive economy: Afghan economist ...
Parwan
Die strategisch bedeutsame Provinz Parwan liegt 64 km nördlich von Kabul. Die Provinz Parwan grenzt an die Provinzen (Maidan) Wardak, Bamyan, Baghlan, Panjshir und Kapisa. Charikar ist die Provinzhauptstadt, während Jabal Saraj, Salang, Sayed Khel, Shinwar, Syiah Gird, Shikh Ali, Ghorband und Shurk Parsa zu den restlichen Distrikten zählen (Pajhwok o.D.ae). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 675.795 geschätzt (CSO 2016), und die der Provinzhauptstadt Charikar auf 57.746 (UN OCHA 26.8.2015). Rund 70% der Bevölkerung sind ethnische Tadschiken, 18% Pashtunen und 11% Hazara - Turkmenen kommen auf 1% (Vertrauliche Quelle 15.9.2015).
Ein Abschnitt der Autobahn Kabul-Parwan Highway verbindet die Provinz mit Kabul und weiter mit anderen Provinzen (Khaama Press 2.11.2015; vgl. auch: Kabul Tribune 26.6.2016; Bakhtar News).
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Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden in der Provinz Parwan 140 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).
Das Bagram Airfield liegt in der Provinz Parwan (VoA 1.2.2017; vgl. auch: LWJ 12.11.2016). Als eine der sichersten Einrichtungen in Afghanistan ist dieser Flughafen Ziel von high-profile Angriffen durch Taliban und andere Aufständische (LWJ 12.11.2016; vgl. auch: Pajhwok 26.10.2016). Aktiv sind die Taliban unter anderem in dem abgelegenen Dorf Dara Saidan in der Provinz (Tolonews 10.12.2016).
Militärische Operationen werden in der Provinz durchgeführt (Khaama Press 12.12.2016; Khaama Press 24.4.2016). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Taliban finden statt (Tolonews 3.1.2017; Pajhwok 29.10.2016).
Die Polizei hat in der Vergangenheit große Drogenmengen auf der Route der nördlichen Regionen beschlagnahmt. Etwa 100 Personen wurden in Zusammenhang mit Drogenschmuggel im Norden verhaftet (Pajhwok 6.10.2016).
Quellen:
Bakhtar News (29.8.2016): Six Wounded In A Traffic Accident on Kabul-Parwan High