TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/29 L526 2211821-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.07.2019
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Entscheidungsdatum

29.07.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs3

Spruch

L526 2211816-2/2E

L526 2211818-2/2E

L526 2211821-2/2E

L526 2211822-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Richterin Mag. Petra Schrey, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH als Mitglied der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Richterin Mag. Petra Schrey, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH als Mitglied der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Richterin Mag. Petra Schrey, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch XXXX , diese vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH als Mitglied der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

4. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Richterin Mag. Petra Schrey, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch XXXX , diese vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH als Mitglied der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

BESCHLUSS

1. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Schrey, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH als Mitglied der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde werden gem. § 28 Abs. 3 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF die Spruchpunkte II - VII des bekämpften Bescheides behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.

Der Beschwerde wird gem. § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl I Nr. 87/2012 idgF die aufschiebende Wirkung amtswegig zuerkannt.

Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Schrey, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH als Mitglied der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde werden gem. § 28 Abs. 3 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF die Spruchpunkte II - VII des bekämpften Bescheides behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.

Der Beschwerde wird gem. § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl I Nr. 87/2012 idgF die aufschiebende Wirkung amtswegig zuerkannt.

Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Schrey, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch XXXX , diese vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH als Mitglied der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX Zl. XXXX , beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde werden gem. § 28 Abs. 3 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF die Spruchpunkte II - VII des bekämpften Bescheides behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.

Der Beschwerde wird gem. § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl I Nr. 87/2012 idgF die aufschiebende Wirkung amtswegig zuerkannt.

Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

4. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Schrey, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch XXXX , diese vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH als Mitglied der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde werden gem. § 28 Abs. 3 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF die Spruchpunkte II - VII des bekämpften Bescheides behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.

Der Beschwerde wird gem. § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl I Nr. 87/2012 idgF die aufschiebende Wirkung amtswegig zuerkannt.

Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

I.1. Die Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz "BF" oder gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch als "BF1" bis "BF4" bezeichnet) sind Staatsangehörige von Armenien. BF1 und BF2 sind verheiratet. Der männliche BF3 und die weibliche BF4 sind ihre minderjährigen Kinder.

I.2. Betreffend BF1, BF3 und BF4:

BF1, BF3 und BF4 reisten unter Umgehung der Grenzkontrolle in das österreichische Bundesgebiet ein. BF1 stellte für sich und ihre Kinder am 12.1.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Anlässlich ihrer Erstbefragung nach dem Asylgesetz am 13.1.2018 gab BF1 an, sie habe politische Probleme in Armenien, weil sein den - damals amtierenden - armenischen Premierminister kritisiert habe. Dieser habe Spendengelder veruntreut; dieses werde in Spielhäuser und Casinos "gesteckt", statt den eigentlich Begünstigten zugeführt zu werden. BF1 habe zwei Mal eine öffentliche Rede gehalten und sei deshalb von der regierenden Republikanischen Partei ins Hauptbüro mitgenommen worden. Dort habe man sie bedrängt und ihr gesagt, dass sie sich als Frau lieber um Haushalt und Kinder kümmern solle. BF1 habe ihnen gesagt, dass sie sich dafür einsetzen werde, dass keine Spendengelder mehr nach Armenien geschickt werden. Ihre zweite Kundgebung sei unter Abnahme der gebrauchten Lautsprecher verhindert worden. Sie und ihre an dieser Kundgebung ebenfalls beteiligten Freundinnen hätten daraufhin eine Ordnungsstrafe erhalten. Ihr Ehemann habe ihr dann gesagt, sie solle die Kinder nehmen und fliehen, da es auch um deren Leben gehe und zu befürchten gewesen sei, dass die Tochter entführt werde. Da es schon unerträglich geworden sei, sei sie dann mit den Kindern geflüchtet.

Anlässlich ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, der nunmehr belangten Behörde (in weitere Folge auch kurz "bB" genannt) am 16.10.2018 gab BF1 zusammengefasst an, dass im Jahr 2017 Parlamentswahlen in Armenien stattgefunden hätten; in diesem Zusammenhang sei auch Wahlwerbung betrieben worden und hätten auch Demonstrationen stattgefunden. Sie habe eine Rede gegen die eigene Partei gehalten, in welcher sie den Missbrauch einer Spendenaktion - einmal im Jahr würden Auslandsarmenier insbesondere für Infrastrukturprojekte in Armenien und Berg-Karabach spenden - anprangerte. Der Vorsitzende der Republikanischen Partei habe dieses Geld jedoch in Casinos verspielt; das habe auch jeder gewusst. Sie habe von ausländischen Bekannten davon erfahren, welche diesen gesehen hätten, wie er Casinos in Monaco und Baden verlassen und damit geprahlt hätte, dass er das ganze Geld verjubelt habe. "Die" seien ja auch drogenabhängig und so sei ihm dies wahrscheinlich herausgerutscht. BF1 habe alle in einer Rede darüber informieren wollen. Während sie ihre Rede hielt, seien sechs Personen gekommen und hätten sie in ein Auto gezerrt und in Handschellen zum Hauptsitz der Partei gebracht. Dort habe man verächtlich mit ihr geredet, sie an den Haaren gezogen, sie mit Gummiknüppeln geschlagen und ihre Kleider zerrissen. Davon habe sie blaue Flecken davongetragen und ihr Bein sei taub gewesen. Erst am nächsten Tag habe man sie gehen lassen. Im März 2017 habe sie neuerlich etwas gegen den Missbrauch unternehmen wollen, woraufhin sie zusammen mit ihren Freundinnen neuerlich von einer Wahlveranstaltung von der Republikanischen Partei mitgenommen worden sei; sie sei auf eine Polizeistation gebracht worden, wo eine Geldstrafe in der Höhe von 500 US Dollar über sie verhängt worden sei. Am selben Abend seien Leibwächter, welche für die Führungskräfte der Partei tätig gewesen seien, zu ihr nach Hause gekommen; ihr Mann sei zu diesem Zeitpunkt bei der Arbeit gewesen. Die Kinder wären in ein Zimmer gedrängt, eingeschüchtert und gegen die Wand gestoßen worden; die Tochter sei auch begrapscht worden. Sie sei im Wohnzimmer unter Vorhaltung von Vorwürfen bewusstlos geschlagen worden. Sie könne sich noch erinnern, dass gesagt worden sei, die Tochter solle entführt werden. Die Nachbarn hätten helfen wollen, hätten sich jedoch nicht getraut. Als sie am nächsten Morgen aufwachte, sei ihr Mann neben ihr gesessen und dann zur Arbeit gegangen. Sie habe eine Psychologin für die Kinder organisiert und eine Anzeige bei der Polizei gemacht, welche jedoch nicht aufgenommen worden sei - sobald man höre, dass jemand eine Beschwerde gegen diese Partei einbringen wolle, werde die Anzeige nicht aufgenommen. Nach einer Woche hätten dann die Probleme ihres Mannes begonnen, wegen derer er auch flüchten habe müssen. Nach dessen Flucht sei sie nach XXXX in Armenien gezogen. Sie habe sich dort mit den Kindern versteckt gehalten. Ende November habe sie beschlossen, das Land zu verlassen und am 29. Dezember sei sie dann ausgereist. Nach den Problemen ihres Mannes befragt, gab BF1 an, dass dieser in einer "Geldtransportfirma" gearbeitet habe. Anlässlich eines Transportes sei festgestellt worden, dass 300.000 Dollar in einem ihrem Mann versiegelt übergebenen Geldsack gefehlt hätten und er sei aufgefordert worden, das Geld zu bezahlen. Nach der Flucht ihres Mannes sei das dann von ihr verlangt worden. Dies sei wieder durch die Männer der Partei erfolgt. Neuerlich sei sie von diesen geschlagen und auch die Kinder seien attackiert worden. Danach sei sie mit den Kindern nach XXXX gegangen. Als sie dort war, hätten ihr die Nachbarn erzählt, dass die Polizei öfters bei ihr gewesen sei. Das habe sie in Stress versetzt, was im Hinblick auf ihre Krankheit - sie habe Multiple Sklerose - nicht gut sei; sie habe befürchtet, dass sie dadurch in den Rollstuhl käme. Ihr Mann sei immer an ihrer Seite gewesen, jedoch sei es damals notwendig gewesen, dass er alleine flüchtete. Im Falle der Rückkehr befürchte sie, getötet zu werden. In Armenien habe eine Revolution stattgefunden, aber die Mehrheit der Sitze im Parlament habe noch die Republikanische Partei.

Zum Akt wurden Kopien folgender Dokumente genommen:

- ein Ausweis in armenischer Sprache

- verschiedene Dokumente in armenischer Sprache

- mehrere ärztliche Befundberichte bzw. Entlassungsbriefe österreichischer Spitäler und Ärzte

- eine Bestätigung für BF3 und BF4 über die Teilnahme an einem Zeichenkurs

- eine Unterstützungserklärung für die BF

- Bestätigungen über die Teilnahme an einem Deutschkurs für Jugendliche für BF3 und BF4

- Bestätigungen über die Teilnahme an Integrationskursen für BF1

Zum weiteren Verfahrensgang siehe unten unter I.4 ff.

I.3. Betreffend BF2:

BF2 brachte nach illegaler Einreise am 11.10.2018 bei der belangten Behörde einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte er zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen vor, dass das Leben seiner Familie in Armenien in Gefahr wäre. Seine Frau sei Mitglied der Republikanischen Partei in Armenien gewesen und sei, weil sie immer die Wahrheit habe sagen wollen, verfolgt worden. Er selbst sei beschuldigt worden, Geld aus einem Geldtransporter gestohlen zu haben, womit er jedoch nichts zu tun habe; er sei sich sicher, dass die Anschuldigungen mit den Problemen seiner Frau zu tun hätten. Zu dieser Zeit habe auch einmal ein Auto auf der Straße neben ihm angehalten, er habe mitfahren müssen und sei in der Folge dann in einen Kellerraum verbracht und dort misshandelt und bedroht worden. Im Juni 2017 sei er nach Russland geflüchtet, um seine Reise nach Österreich vorzubereiten und seiner Familie hierher nachzureisen.

Vor der bB gab BF2 am 13.11.2018 an, dass ein schwarzer Wagen im April 2017 auf der Straße neben ihm angehalten habe, in welchen er eingestiegen sei. Es sei ihm gesagt worden, dass seine Frau schweigen und keine Reden mehr halten solle. Seine Frau habe aber nicht geschwiegen und einige Tage später habe wieder ein Auto neben ihm angehalten und er sei dann in einen Kellerraum verbracht worden. Dort sei er geschlagen worden und dort habe er auch die Nacht verbracht. Eine Woche später sei er auf die gleiche Art und Weise mitgenommen worden und man habe neuerlich von ihm verlangt, dass er seine Frau zum Schweigen bringen solle. Einige Zeit später habe man ihm dann vorgeworfen, dass Geld aus einem von ihm transportierten Geldsack fehlen würde; 300.000 US Dollar. Zwei Tage später seien wieder dieselben Personen gekommen und hätten gesagt, er solle die Frau zum Schweigen bringen und 300.000 Dollar zurückzahlen. Damit habe er erkannt, dass jene Personen auch hinter der Sache mit dem Geld stecken. An diesem Tag sei er geschlagen worden, habe sie aber davon überzeugen können, dass er das Geld zürückgeben könne. In der Nacht sei er dann nach Russland geflüchtet.

In weiterer Folge wurde BF2 zu Details über den Transport gefragt und gab in weiterer Folge an, der Empfänger des Geldsacks sei auch Mitglied der Republikanischen Partei und er habe am Verhalten der bei der Übergabe Anwesenden erkannt, dass diese ihm eine Falle gestellt hätten. Sein Chef, zu welchem er gegangen sei, sei auch machtlos gewesen und habe ihn nicht beschützen können. Ein paar Tage habe er noch gearbeitet, dann habe er gekündigt.

Zu den Problemen seiner Frau befragt, gab BF2 an, dass diese sich für Gerechtigkeit im Zusammenhang mit missbrauchten Spendengeldern eingesetzt und sich aufgrund des Stresses ihr Gesundheitszustand verschlechtert habe. Es sei sogar jemand zu ihnen nach Hause gekommen und habe sie gestoßen, damit sie schweigt. Das sei Ende April gewesen; zu diesem Zeitpunkt wäre er in der Arbeit gewesen. Sie sei ein paar Mal gestoßen und auch bedroht worden. Seiner Tochter habe man auf die Brüste gegriffen.

Zur Frage, warum er ohne seine Familie geflüchtet sei, gab BF2 an, diese hätten ebenfalls flüchten sollen, er habe sie aus finanziellen Gründen aber nicht mitgenommen. Seine Frau sei zunächst innerhalb des Landes geflüchtet und habe Armenien erst im November verlassen wollen.

Zum Akt wurde ein Konvolut von Kopien verschiedener Dokumente in armenischer Sprache genommen.

I.4. Die Verfahren der BF wurden in der Folge als Verfahren gemäß § 34 AsylG geführt.

I.5. Mit nicht datierten Verfahrensanordungen wurde den BF aufgetragen, dass sie in einem in diesem Schreiben näher bezeichneten Quartier Unterkunft zu nehmen haben.

I.6. Am 19.11.2018 wurde die BF mit nicht unterschriebenem und nicht datiertem Schreiben darüber informiert, dass mit Verfahrensanordnung vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ihre Unterkunftnahme in einem in dieser Verfahrensanordnung näher bezeichneten Quartier angeordnet wurde.

I.7. Mit Bescheiden der bB vom 21.11.2018 wurden die Anträge der BF1 bis BF4 auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF, abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.). Gemäß § 15b Abs. 1 AsylG wurde festgestellt, dass den BF aufgetragen wurde, in einem bestimmten, im Bescheid näher bezeichneten Quartier Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt VIII.)

Beweiswürdigend wurde zu den durch die BF geltend gemachten Ausreisegründen seitens der bB im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vorbringen BF widersprüchlich und nicht plausibel nachvollziehbar sei. Das Vorbringen zum Fluchtgrund sei nicht verifizierbar.

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt I. wurde dargetan, dass sich im Verfahren keine Anhaltspunkte ergeben hätten, die eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen im Herkunftsstaat für maßgeblich wahrscheinlich erscheinen ließen.

Spruchpunkt II. begründete die Behörde zusammengefasst damit, dass das Bestehen einer Gefährdungssituation iSd § 8 AsylG zu verneinen sei.

Zu Spruchpunkt III. hielt das Bundesamt fest, dass die Erteilungsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel nach den §§ 55 und 57 AsylG nicht vorliegen würden.

Zu Spruchpunkt IV. wurde ausgeführt, dass bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise gefunden werden könnten, welche den Schluss zuließen, dass durch die Rückkehrentscheidung auf unzulässige Weise im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK in das Recht des BF auf Schutz des Familien- und Privatlebens eingegriffen werden würde.

Zu Spruchpunkt V. wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Armenien zulässig sei, da keine Rückkehrgefährdung der BF existent sei.

Zu Spruchpunkt IV. wurde die Bestimmung über die Frist für die freiwillige Ausreise zitiert.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde damit begründet, dass es sich bei Armenien um einen sicheren Herkunftsstaat handelt.

Zu Spruchpunkt VIII betreffend die mit Verfahrensanordnung aufgetragene Unterkunftnahme gemäß § 15 b AsylG wurden zwar die dafür vorgesehenen gesetzlichen Voraussetzungen aufgelistet, eine Begründung für die von der bB erfolgte Anordnung ist den Ausführungen jedoch nicht zu entnehmen.

I.8 In der gegen die obzitierten Bescheide rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wird nach Wiedergabe des Verfahrensganges und des Sachverhaltes die Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens sowie der Beweiswürdiung und unrichtige rechtliche Beurteilung gerügt. Im Wesentlichen wird dazu ausgeführt, dass die bB jegliche Ermittlungstätigkeit zur Erkrankung der BF1 und die Verfügbarkeit bzw. Kosten für die benötigten Medikamente unterlassen habe - der BF seien in Österreich bestimmte Medikamente und Therapien verschrieben worden. BF1 erhalte in Armenien nicht die erforderliche Behandlung und sei daher in ihren nach Art. 3 EMRK geschützten Rechten verletzt.

Zudem fehlten Berichte über die Lage und Konsequenzen für Personen, welche aufgrund einer unterstellten feindlichen politischen Gesinnung Verfolgung droht; die von der bB herangezogenen Berichte seien allgemein gehalten und gingen nicht auf das konkrete Fluchtvorbringen ein.

Zudem fehlten jegliche Ermittlungen zur Integration der BF in Österreich und zum Gesundheitszustand der BF3 und BF4.

Die Beweiswürdigung der bB entspreche auch nicht den Erfordernissen einer schlüssigen Beweiswürdiung im Sinne der ständigen Judikatur des VwGH, was unter Anführung einiger Beispiele erläutert wird. Zudem werden ergänzende Erklärungen in Bezug auf die von der bB angenommenen Widersprüche angeführt.

Der Beschwerdeschrift werden verschiedene medizinische Unterlagen sowie die bereits vorgelegten Nachweise zum Thema der Integration angeschlossen. Zudem wird auf eine Anfragebeantwortung verwiesen, aus welcher den BF zufolge hervorgehe, dass das der BF1 verschriebene Medikament oder eine Alternative in Armenien nicht erhältlich sei und auch die Kosten nicht gedeckt würden, weshalb für sie erhebliche Kosten entstehen könnten.

Schließlich wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

I.9. Mit Beschluss vom 26.4.2019 wurden die angefochtenen Bescheide behoben und die Angelegenheiten gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung neuer Bescheide an die bB zurückverwiesen.

I.10. Am 4.6.2019 und 7.6.2019 wurde BF2 von der bB neuerlich einvernommen, wobei Folgendes zu Protokoll genommen wurde:

"Fragen zum Gesundheitszustand:

LA: Wie geht es Ihnen gesundheitlich? Sind Sie in ärztlicher und/oder medikamentöser Behandlung?

VP: In XXXX ging es mir gesundheitlich nicht gut. Mein Bauch fühlte sich an wie betäubt und meine Finger brennten. Auch hatte ich Rückenschmerzen, weshalb ich zum MRT geschickt wurde. Ich habe am 12.06. im LKH beim Dr. XXXX die Befundbesprechung. Ich habe alle Unterlagen mit.

LA: Welche Medikamente nehmen Sie jetzt ein?

VP: 3 x in der Woche spritze ich mir die COPAXONE, 40mg immer um 22 Uhr Abend. Ebenso nehme ich täglich Eisentabletten namens Ferretab und die Sirdalud, 6 mg, diese dienen zur Entspannung der Muskeln und muss ich vor dem Schlafen gehen nehmen.

LA: Können Sie mir heute die medizinischen Befunde vorlegen?

VP: Ja, ich habe alles mit.

Anm.: Die AW legt diverse medizinische österreichische Unterlagen vor. Diese werden kopiert und dem Akt beigelegt.

LA: Sie wurden bereits in Armenien bezüglich MS behandelt? Seit wann?

VP: Neun Jahre lang wurde ich behandelt.

LA: Mit welchen Medikamenten wurden Sie in Armenien behandelt?

VP: Mit Vitamin B, Prednisolon (Hormone), Dexamethason (Injektion)

LA: Können Sie mir heute die medizinischen Unterlagen von Armenien vorlegen?

VP: Die habe ich nicht mit. Ich weiß nicht, wo sie sich befinden. In Österreich habe ich keine Befunde mit aus Armenien. Nachgefragt gebe ich an, dass ich bei der Flucht nicht daran gedacht habe diese mitzunehmen.

LA: Sie sind schon eine Zeitlang in Österreich, warum haben Sie sich diese nicht nachschicken lassen?

VP: Auch daran habe ich nicht gedacht.

LA: Wo in Armenien wurden Sie behandelt?

VP: Im XXXX Krankenhaus. Im XXXX Krankenhaus war ich auch, aber nicht so oft.

LA: Wie haben Sie sich die Behandlung finanziert?

VP: Mit dem eigenen Geld. Mein Gatte hat das Geld meiner Mutter gegeben, diese hat dann die Medikamente gekauft. Ich kann nicht sagen, was diese gekostet haben. Nachgefragt gebe ich an, dass wir trotz der Behandlungskosten gut für unsere Familie sorgen konnten. Damals hat auch mein Vater gelebt und hat uns finanziell unterstützt.

LA: Haben Sie eine staatliche Unterstützung erhalten?

VP: Nein.

LA: Sie waren laut Ihrem Gatten krankenversichert. Haben Sie da keinen Zuschuss für die Behandlung erhalten?

VP: In Armenien gibt es keine Krankenversicherung

LA: Ihr Gatte gab an, dass Sie krankenversichert waren und in seiner Firma dies gerade eingeführt wurde, als er das Land verließ.

VP: Ja es gibt eine Krankenversicherung. Diese hat schon Kosten für Unfall, Ultraschall, Mammographien usw. übernommen aber nicht für MS, auch nicht für Zahnbehandlungen oder Gynäkologischen Untersuchungen.

LA: Wie lange werden Sie benötigen, um die Unterlagen aus Armenien zu besorgen?

VP: Das weiß ich nicht. Ich kann das nicht angeben.

LA: Wen könnten Sie fragen in Armenien?

VP: Vl. eine Freundin

LA: Hätten Sie die Möglichkeit die medizinischen Befunde direkt vom Krankenhaus anzufordern?

VP: Ich werde es versuchen.

Anm.: Es wird mit der AW vereinbart, dass dieser zwei Wochen zur Verfügung gestellt werden, damit diese die Möglichkeit hat, die medizinischen Befunde aus Armenien zu besorgen.

Fragen zu den Kindern:

LA: Wie geht es Ihren Kindern gesundheitlich? Befinden sich Ihre Kinder in ärztlicher und/oder medikamentöser Behandlung?

VP: Meine Kinder sind gesund, nicht in ärztlicher Behandlung und nehmen auch keine Medikamente. Momentan besuchen meine Kinder keine Schule, da wir erst nach XXXX gezogen sind. Morgen kommt jemand von der Caritas und wird sich darum kümmern, dass die Kinder in die Schule XXXX gehen können. Ich habe auch Bestätigungen meine Kinder betreffend hierfür, die ich nun vorlege.

Anm.: Die vorgelegten Unterlagen werden kopiert und dem Akt beigelegt.

Fragen zur Situation im Herkunftsstaat:

LA: Welche Familienangehörigen oder Verwandten von Ihnen leben derzeit in Armenien? Haben Sie noch Kontakt zu denen? Wie ist das Verhältnis?

VP: Meine Schwiegermutter lebt im Dorf XXXX beim Onkel meines Mannes. Sie ist auf der Flucht.

LA: Ihr Mann hat mit keinem Wort erwähnt, dass seine Mutter auf der Flucht wäre, erklären Sie mir dies bitte genauer

VP: Ich meinte damit, dass sie nicht mehr in XXXX leben konnte, aufgrund unserer Probleme.

LA: Wie alt ist Ihre Schwiegermutter?

VP: Sie ist ca. 70 Jahre.

LA: Warum sollte man eine 70jährige verfolgen?

VP: Man will Rache an ihr nehmen.

LA: Wieso sollte man Rache an einer 70jährigen nehmen?

VP: Es ist alles möglich.

LA: Bei Ihrer Schwiegermutter handelt es sich um die Mutter ihres Mannes. Dieser hat mit keinem Wort erwähnt, dass seine Mutter verfolgt oder bedroht werden würde. Sie dagegen schon. Erklären Sie mir das bitte

VP: Sie ist eingeschüchtert, das heißt sie ist auf der Flucht. Sie fährt nicht mehr nach XXXX .

LA: Ihr Mann sagte dass es seiner Mutter gut gehe und er Kontakt habe. sie erzählen mir etwas ganz anderes.

VP: Ja vielleicht geht es ihr jetzt gut wo sie in XXXX lebt.

Anm.: 11:00 Uhr - Aufgrund eines wichtigen Termins der Dolmetscherin wird die Einvernahme unterbrochen und am 07.06.2019 um 10:30 Uhr fortgeführt. Der Termin wird der AW zur Kenntnis gebracht.

07.06.2019, 10:30 Uhr: Fortführung der Einvernahme

LA: Wie geht es Ihnen heute gesundheitlich? Können Sie der Einvernahme heute folgen bzw. die Fragen beantworten?

VP: Ich bin in der Lage auf alle Fragen zu antworten.

LA: Können Sie sich noch an Ihre getätigten Angaben vom 04.06.2019 erinnern?

VP: Ja ich kann mich erinnern und ich habe auch die Wahrheit gesagt.

Fragen zur Integration in Österreich:

LA: Welche Kurse haben Sie bereits in Österreich besucht?

VP: Ich möchte hierzu folgendes vorlegen:

TN Bestätigung am Werte- und Orientierungskurs am 21.08.2018 vom ÖIF

Bestätigung des 16stündigen Erste-Hilfe-Grundkurses v. ÖRK v. 17.11.2018 bis 18.11.2018

Einstufung STARTPUNKT DEUTSCH am 28.08.2018, Niveau B2.2

Zeugnis zur Integrationsprüfung v. ÖIF am 26.04.2019

VP: Weiters lege ich eine Unterstützungserklärung d. R.-k. Pfarramt Graz-Süd v. 01.10.2018 sowie Integrationsunterlagen für meine Kinder vor.

Anm.: Diese werden kopiert und dem Akt beigelegt.

LA: Besuchen Sie auch andere Kurse?

VP: Nein, ich besuche jetzt keinen Kurs. Als ich in XXXX war, hatte ich keine Möglichkeit einen Kurs zu besuchen. Ich bin erst seit einer Woche in XXXX . Ich kann zB mein Diplom anerkennen lassen und dann studieren. Ich war auch schon bei der UNI Graz und habe einen Antrag gestellt. Man hat mir gesagt, dass ich bereits mit dem Masterstudium beginnen könnte, da ich bereits ein Studium in Armenien gemacht habe.

LA: Gehen Sie in Österreich ehrenamtliche Tätigkeiten nach?

VP: Ich habe mal 2 oder 3 Tage beim ÖRK im "Kids Corner" gearbeitet. In XXXX konnte ich nichts machen und momentan mache ich auch nichts. Zurzeit habe ich auch viele Arzttermine.

LA: Sind Sie Mitglied in einem Verein oder Organisation in Österreich tätig?

VP: Nein.

LA: Sind Sie arbeitsfähig und arbeitswillig?

VP: Ich bin arbeitsfähig und auch arbeitswillig. Ich kann nur keine körperlich schweren Arbeiten durchführen.

Fragen zum bereits vorgebrachten Fluchtgrund am 13.11.2018:

LA: Können Sie sich noch an Ihre Angaben zum Fluchtgrund erinnern?

VP: Ja, ich kann mich daran noch erinnern.

LA: Können Sie mir Ihre Fluchtgeschichte nochmals zusammengefasst erzählen?

VP: Ich habe am 24.03.2017 am Republikplatz eine Rede gehalten und wurde danach hin und her gezerrt. Man hat mich dann in das Büro der republikanischen Partei gezerrt. Dort wurde ich geschlagen und mir wurde gesagt, ich solle daheim bleiben und auf die Kinder schauen. Eine Nacht habe ich dort verbracht, am nächsten Tag hat man mich frei gelassen. Drei Tage später habe ich mit Freundinnen während der Wahlwerbung mit Lautsprechern verkündet, dass die Leute nicht für die republikanische Partei abstimmen soll, da das Geld nicht für den Zweck, der versprochen wird, ausgegeben wird. Dann wurde ich mich mit meinen Freundinnen auf die Polizeistation verbracht, wo wir alle eine Geldstrafe in der Höhe von 500 US-Dollar erhielten. Danach ging ich nachhause. In der Nacht kamen sechs Personen, alle schwarz gekleidet, zu mir nachhause. Die Kinder wurden in ein anderes Zimmer verbracht, ins Wohnzimmer. Ich wurde dermaßen geschlagen, dass ich mein Bewusstsein verloren habe. Man sagte mir, ich werde sterben und ich solle nachdenken....daran kann ich mich erinnern.

LA: Möchten Sie zu Ihren Angaben noch etwas hinzufügen oder ergänzen?

VP: Bei meiner Rede wollte ich folgende Frage stellen: "Warum wird mit dem Geld, welches verschwendet wird, nicht für die Einführung der Medikamente zur Behandlung von MS verwendet?". Ich meine damit die COPAXONE, die es in Armenien nicht gibt, die aber helfen. Das war eigentlich der Grund, warum ich diese Rede gehalten habe. Hormone sind keine Behandlung. Diese helfen vielleicht für ein oder zwei Tage, aber die sind nicht gut für die Knochen, sie führen zum Kalziumschwund im Körper. Das ist der Hauptgrund. Wir haben sonst normal gelebt, bis zu diesem Problem.

LA: Sie waren doch Parteimitglied. Haben Sie nie versucht, diese Problematik in Ihrer Partei anzusprechen, damit diese sich hierfür einsetzt?

VP: Die Partei hatte ein wunderbares Programm aber nur auf dem Papier. Wenn ich etwas sagen wollte, wurde mir der Mund verboten. Man sagte mir, dass sich nichts ändern wird.

LA: Und Sie sind Parteimitglied geblieben, obwohl Sie wussten, dass die Partei korrupt ist?

VP: Nein, ich bin dann ausgetreten aus der Partei.

LA: Wann war das?

VP: Ich war fünf Jahre lang Parteimitglied und bin dann so im März 2017 ausgetreten. Nachgefragt gebe ich an, dass ich nicht offiziell ausgetreten, sondern einfach nicht mehr hingegangen bin, weil es mich nicht mehr interessiert hat.

LA. Können Sie heute Ihren Mitgliedsausweis vorlegen?

VP: Nein, ich muss diesen verlegt haben. Ich habe ihn schon gesucht, kann ihn aber nicht finden, sowie meinen Dienstausweis vom ÖRK. Wenn ich beides finde, werde ich Ihnen diese vorlegen.

Anm.: Der Mitgliedsausweis wird aus dem IFA gedruckt und der Dolmetscherin nochmals zum Übersetzen vorgelegt, da dies beim BVwG Erkenntnis bemängelt wurde. Diese gibt an, dass keine weiteren Daten zur Übersetzung ersichtlich sind, welche nicht schon in der Einvernahme am 13.11.2018 übersetzt wurden. Lediglich der Name der AW wurde nicht protokolliert ( XXXX )

Auszug aus der EV vom 13.11.2018:

VP: AW legt einen Original Ausweis vor

Rep. Partei Armenien Nr. 01-10-5827, Vorsitzende der Partei: S. Sargsyan, im Sprengel: XXXX

LA: Oppositionsführer Nikol Pashinyan wurde im Mai 2018 vom Parlament zum Premierminister gewählt, nachdem er wochenlange Massenproteste gegen die Regierungspartei angeführt und damit die politische Landschaft des Landes verändert hatte. Er hatte Druck auf die regierende Republikanische Partei durch eine beispiellose Kampagne des zivilen Ungehorsams ausgeübt, was zum schockartigen Rücktritt Serzh Sargsyans führte, der kurz zuvor das verfassungsmäßig gestärkte Amt des Premierministers übernommen hatte, nachdem er zehn Jahre lang als Präsident gedient hatte (BBC 20.12.2018).

Am 9.12.2018 fanden vorgezogene Parlamentswahlen statt, welche unter Achtung der Grundfreiheiten ein breites öffentliches Vertrauen genossen. Die offene politische Debatte, auch in den Medien, trug zu einem lebhaften Wahlkampf bei. Das generelle Fehlen von Verstößen gegen die Wahlordnung, einschließlich des Kaufs von Stimmen und des Drucks auf die Wähler, ermöglichte einen unverfälschten Wettbewerb (OSCE/ODIHR 10.12.2018). Die Allianz des amtierenden Premierministers Nikol Pashinyan unter dem Namen "Mein Schritt" erzielte einen Erdrutschsieg und erreichte 70,4% der Stimmen. Die ehemalige mit absoluter Mehrheit regierende Republikanische Partei (HHK) erreichte nur 4,7% und verpasste die 5-Prozent-Marke, um in die 101-Sitze umfassende Nationalversammlung einzuziehen. Die Partei "Blühendes Armenien" (BHK) des Geschäftsmannes Gagik Tsarukyan gewann 8,3%. An dritter Stelle lag die liberale, pro-westliche Partei "Leuchtendes Armenien" unter Führung Edmon Maruyian, des einstigen Verbündeten von Pashinyan, mit 6,4% (RFE/RL 10.12.2018; vgl. ARMENPRESS 10.12.2018).

Zu den primären Zielen der Regierung unter Premierminister Pashinyan gehören die Bekämpfung der Korruption und Wirtschaftsreformen (RFL/RL 14.1.2019) sowie die Schaffung einer unabhängigen Justiz (168hours 20.7.2018).

Anm.: Der AW werden die Quellen vorgelesen, aus denen die Information hervorgehen.

Nehmen Sie bitte dazu Stellung!

VP: Ich habe dort viele Probleme. Es ist dort die politische Mafia. Ich habe keine Garantie, dass meine Kinder dort leben können und nicht entführt werden. XXXX wurde nach meiner Rede festgenommen. Wenn ich jetzt zurückkehre, werden seine Gefolgsleute mich umbringen. Das weiß ich aus zuversichtlichen Quellen. Ich habe Angst.

LA: Wer ist XXXX ?

VP: Das ist der Geschäftsführer von dem Fonds, der die Spendenaktionen organisiert.

LA: Warum soll dieser Sie umbringen wollen?

VP: Weil er festgenommen wurde, nachdem ich meine Rede gehalten habe.... vielleicht ein paar Monate später. Ich glaube, es hängt mit meiner Rede zusammen, so wurde es mir jedenfalls erzählt. Außerdem kann ich nicht zurück wegen meiner Krankheit und weil es das Medikament COPAXONE dort nicht gibt. Ich bin von diesem Medikament abhängig und wenn ich zurückkehre, werde ich sterben.

LA: Wer hat Ihnen dies erzählt?

VP: Bekannte

LA: Sind das die zuversichtlichen Quellen, von denen Sie vorhin sprachen?

VP: Ja.

LA: Wer sind diese Bekannten konkret?

VP: Kollegen und Freunde

LA: Woher haben Ihre Kollegen und Freunde diese Information?

VP: Sie sind dort sie wissen es. Man hat zwei meiner Kollegen und Freunde gefragt wo ich sei und das man mich töten würde.

LA: Wann war das?

VP: Vor ca. drei Monaten

Anmerkung: Ihnen wird nun die Möglichkeit eingeräumt, in die in die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Beurteilung Ihres Falles herangezogenen allgemeinen Länderfeststellungen des BFA zu Ihrem Heimatland samt den darin enthaltenen Quellen Einsicht und gegebenenfalls schriftlich Stellung zu nehmen. Diese Quellen berufen sich vorwiegend unter anderem auf Berichte von EU-Behörden von Behörde von EU-Ländern aber auch Behörden anderer Länder, aber auch Quellen aus Ihrer Heimat wie auch zahlreichen NGOs und auch Botschaftsberichten, die im Einzelnen auch eingesehen werden können.

Der AW verzichtet auf eine vollständige Übersetzung. Mit dem Dolmetscher werden daher die Feststellungen (s. Bescheid) auszugweise mit der AW erörtert. Ebenso wird der AW die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 12.04.2019 bzgl. COPAXONE vorgehalten. Dazu gibt sie an:

VP: Ich weiß es nicht. Ich habe das Gefühl, wenn ich nach Armenien zurückkehre, werde ich dort sterben. Ich weiß dass es das Medikament nicht gibt. Das bedeutet das Ende meines Lebens.

Anm.: Das armenische Schreiben vom 13.07.2018 vom Gesundheitsministerium in Armenien, welches die AW vorgelegt hat, wird der Dolmetscherin zur Übersetzung überlassen.

VP: Ist es wirklich so, dass es den Wirkstoff v. COPAXONE in Armenien gibt bzw. dieser bestellt werden kann?

LA: Ja, so steht es in der Anfragebeantwortung

VP: Ich kann trotzdem nicht zurück, weil ich Angst habe. Es würde mein Tod bedeuten. Ich habe Angst wegen meiner Probleme und meiner Krankheit.

LA: Haben Sie heute alles vorgebracht, was für Sie relevant ist? Gibt es noch etwas das Sie vorbringen wollen, was vielleicht auch noch nicht gefragt wurde?

VP: Ich möchte hier bleiben, damit ich das Medikament bekommen kann. Ich möchte nicht im Rollstuhl landen. Sie sind auch Mutter, ich habe auch Kinder. Ich möchte nicht sterben, ich bin erst 37 Jahre alt. Wenn ich dieses Medikament nicht bekomme, dann würde es für mich mein Ende bedeuten. Ich möchte eine Chance haben, damit ich dieses Medikament bekommen und länger leben kann. Ich flehe sie an.

LA: Konnten Sie zwischenzeitlich etwas in Erfahrung darüber bringen, ob Sie die medizinischen Unterlagen aus Armenien bekommen könnten?

VP: Ich habe mit einer Freundin telefoniert. Sie meinte, sie wisse es nicht, ob es ohne mich so einfach gehe, aber sie würde es versuchen.

LA: Möchten Sie noch weitere Angaben machen? Konnten Sie zum Verfahren alles umfassend vorbringen und gibt es zur Einvernahme irgendwelche Einwände?

VP: Nein. Ich hatte genug Zeit alles vorzubringen und habe alles gesagt und ich habe auch keine Einwände.

LA: Wie haben sie die Dolmetscherin verstanden? Gab es Verständigungsschwierigkeiten? Haben Sie alle Fragen verstanden?

VP: Sehr gut. Es gab keine Verständigungsschwierigkeiten und ich habe auch alle Fragen einwandfrei verstanden.

LA: Fühlten Sie sich während dieser Einvernahme auch wohl?

VP: Ja, danke

LA: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst, wurde alles richtig und vollständig protokolliert?

VP: Nein, es wurde alles richtig und vollständig übersetzt und protokolliert."

Am 4.6.2019 wurde BF2 von der bB ergänzend einvernommen, wobei er angab, gesund zu sein. Zu Besitztümern in Armenien befragt gab er an, dass er dort keine habe. Zur Frage, ob er noch Familienangehörige in Armenien habe, gab er an, dass dort seine Mutter und die Onkel mütterlicherseits und väterlicherseits lebten. Die Mutter lebe im Dorf XXXX in der Region XXXX bei einem Onkel, der sich um sie kümmere. BF2 habe Kontakt zur Mutter und zum Onkel; diesen ginge es gut. Die anderen Onkel lebten in XXXX und in der Russischen Föderation; zu diesen habe er wenig Kontakt. Von seinen Verwandten habe er bislang keine finanzielle Unterstützung erhalten. Seine Frau sei im XXXX Krankenhaus, das etwa 40 Autominuten von ihrem Wohnort gelegen wäre, viele Jahre behandelt worden. Die Medikamente habe die Familie selbst bezahlen müssen. Man könne diese stückweise kaufen, wenn man nicht so viel Geld hat. Es seien Ersatzmedikamente gewesen und seine Frau habe stark zugenommen, ansonsten hätten sie ihr schon etwas geholfen. Wenn seine Frau im Krankenhaus stationär aufgenommen wurde, habe sie Infusionen erhalten. Sie könne zwar wieder behandelt werden, jedoch nur mit Ersatz Medikamenten. Als Schullehrerin sei seine Frau krankenversichert gewesen, er selbst aber nicht.

In Bezug auf seinen Fluchtgrund gab BF2 an, dass er seine Angaben aufrechterhalten möchte. Zu den ausreisekausalen Geschehnissen, nämlich der Ohnmacht seiner Frau wegen vorangehender gewaltsamer Übergriffe auf diese, und der Frage, wieso er seine Frau nicht ins Krankenhaus gebracht habe, wo er doch wusste, dass diese gesundheitlich angeschlagen war, gab BF2 an: "Meine Nachbarin ist Krankenschwester und sie hat Erste-Hilfe geleistet. Hätte ich sie ins Krankenhaus gebracht, wäre die Polizei gekommen und die Personen, die meine Frau schubsten, wären noch mehr verärgert gewesen. Meine Frau hat dann ihre Medikamente genommen und es ging ihr danach besser." und auf die Frage, warum die Polizei diesmal gekommen wäre, da ja die Frau laufend in ärztlicher Behandlung stand antwortete er: "Weil man meine Frau herum schubste." Näher nach der Art und Weise der Ersten Hilfe und Verletzungen seiner Frau befragt, gab BF2 an: "Meine Frau lag am Boden, ich war nicht zu Hause. Die Nachbarin hat ihr aufgeholfen, sie ins Bett gebracht und ihr die Medikamente verabreicht. Nachgefragt gebe ich an, dass die Nachbarin durch den Lärm aufmerksam gemacht wurde und zu meiner Frau kam. Nachgefragt gebe ich an, dass meine Tochter auch zu Hause war, diese die Nachbarin aber nicht verständigte. Als ich nach Hause kam, lag meine Frau im Bett und schlief. Nachgefragt gebe ich an, dass ich am Abend zuvor in einem Keller eingesperrt war. Als ich in der Früh nach Hause kam, sah ich, dass mit meiner Familie alles ok war und meiner Frau schlief, weshalb ich dann zur Arbeit fuhr. Nachgefragt gebe ich an, dass beide Kinder zu Hause waren." Gefragt, ob BF2 jemals bei der Polizei war und die Vorfälle zur Anzeige gebracht habe, gab dieser an, dass seine Frau bei der Polizei gewesen sei, nachdem sie eine Rede gehalten habe. Er habe deren Mitnahme nicht zur Anzeige gebracht, da man ihm nicht geglaubt hätte. Außerdem sei er von seinen Entführern bedroht worden; er habe darüber nichts erzählen dürfen. Konkret habe man ihm gedroht, seinen Kindern etwas anzutun.

Ferner wurde BF2 zu seiner Integration befragt und gab in diesem Zusammenhang im Wesentlichen an, dass er einen A1 Kurs besucht habe, wegen einer Umquartierung habe er aber keinen weiteren Kurs besuchen können. Er gehe keinen ehrenamtlichen Tätigkeiten nach und sei nicht in einem Verein oder einer Organisation tätig. Er sei arbeitsfähig und -willig.

1.10. Im Akt erliegt ein Konvolut von Unterstützungserklärungen und medizinischen Unterlagen sowie mehrere Schreiben in armenischer Sprache und eine Übersetzung für eines der Dokumente.

1.11. Mit den im Spruch näher genannten Bescheiden vom XXXX wurden die Anträge der BF1 bis BF4 auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF, abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.).

1.12. Mit Verfahrensanordnung vom 19.6.2019 wurde den BF ein Rechtsberater amtswegig zur Verfügung gestellt.

1.13. Mit fristgerecht eingebrachter Beschwerde wurden die Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens sowie die Mangelhaftigkeit der Beweiswürdigung gerügt. Im Wesentlichen wurde dazu ausgeführt, dass die BF nicht alle Vorgaben des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.4.2019 umgesetzt habe und zudem veraltete und unvollständige Länderberichte herangezogen wurden. Ferner wurde dargelegt, dass die bB ihre Bescheide binnen offener Frist, die sie BF1 für die Vorlage medizinischer Unterlagen gesetzt habe, erlassen habe.

Der Beschwerdeschrift wurden mehrere medizinische Unterlagen sowie weitere Unterlagen in armenischer Sprache vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

II.1.1. Die beschwerdeführenden Parteien

Bei den beschwerdeführenden Parteien (BF1 bis BF4) handelt es sich um im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörige Armenier, welche aus einem überwiegend von Armeniern bewohnten Gebiet stammen und sich zum Mehrheitsglauben des Christentums bekennen.

Die BF verließen Armenien ausschließlich, damit BF1 sich in Österreich einer medizinischen Behandlung unterziehen kann.

Die Identität der BF steht nicht fest.

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat

Den BF ist darin Recht zu geben, dass die bB unvollständige und nicht aktuelle Länderberichte heranzieht, was in den Ausführungen zu Spruchpunkt II bis VII noch thematisiert wird. In Bezug auf die für den hier gegenständlichen Spruchpunkt I relevante Lage können die Berichte jedoch als ausreichend betrachtet werden, da BF1 die für sie wesentlichen Berichte über die aktuelle politische Lage, nämlich die Wahl Nikol Pashinyans zum Premierminister im Mai 2018 und die vorgezogenen Parlamentswahlen am 9.12.2018 in den Feststellungen enthalten sind und BF1 diese anlässlich ihrer Einvernahme auch vorgelesen und ihr die Gelegenheit gegeben wurde, dazu Stellung zu beziehen. In der aktuellen Ausgabe des von der bB herangezogenen Länderinformationsblattes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sind nur zwei Berichte zur politischen Lage jüngeren Datums enthalten, welche jedoch lediglich allgemeine Informationen beinhalten.

In Bezug auf die Versammlungsfreiheit ist anzumerken, dass sich die Lage den aktuellsten Informationen zufolge nicht zum Nachteil der BF gewendet hat, als daraus im Wesentlichen hervorgeht, dass das Versammlungsgesetz EU- und anderen internationalen Standards entspreche und die Versammlungsfreiheit durch die Polizei respektiert werde; die Versammlungsfreiheit werde unter der Regierung Pashinyan nicht mehr durch Anwendung des Gesetzes über administrative Haft und des Versammlungsgesetzes eingeschränkt und der Schutz und die Zugänglichkeit des Rechts auf Versammlungsfreiheit hätten sich durch die politischen Veränderungen der im April 2018 abgehaltenen Versammlungen erheblich verbessert (HCA 1.2019).

II.1.3. Behauptete Ausreisegründe aus dem bzw. Rückkehrhindernisse in den Herkunftsstaat

Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF im Falle einer Rückkehr nach Armenien Repressalien ausgesetzt wären.

2. Beweiswürdigung

II.2.1. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

II.2.2. Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich der BF ergeben sich aus ihren in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie ihren Sprach- und Ortskenntnissen; die Identität kann jedoch mangels der Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments nicht festgestellt werden. Zwar finden sich in den Verfahrensakten Ablichtungen eines Dokumentes mit dem Lichtbild der BF1, jedoch ist die Echtheit des Dokumentes für das Bundesverwaltungsgericht nicht überprüfbar - das Original erliegt nicht im Akt - und ist ein Ausweis, der von einem Parteiorgan ausgestellt wird, auch nicht als amtliches Dokument zu sehen.

II.2.3 Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist zunächst auf die unter II.2.1. getätigten Ausführungen zu verweisen. Zu den der BF vorgehaltenen Berichten ist anzumerken, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine Auswahl an zuverlässigen Quellen handelt und diese - soweit sie sich auf die im Rahmen des Spruchpunktes I relevanten Fragen beziehen - ein möglichst umfassendes Bild von der aktuellen politischen Lage im Herkunftsstaat geben.

Die BF trat diesen Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen.

In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass die Republik Österreich die Republik Armenien als sicheren Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG betrachtet.

II.2.4. In Bezug auf den weiteren festgestellten Sachverhalt ist anzuführen, dass der objektive Aussagekern der von der belangten Behörde vorgenommenen freien Beweiswürdigung (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305) in dem in Bezug auf Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze im Wesentlichen in sich schlüssig und stimmig ist. Die Ausführungen der bB sind - soweit sie sich auf Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides beziehen - für sich als tragfähig anzusehen und stellen die nachfolgenden Erwägungen des ho. Gerichts lediglich Konkretisierungen und Abrundungen hierzu dar.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begriff der Glaubhaftmachung im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften im Sinn der Zivilprozessordnung zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der Beschwerdeführer die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der hierzu geeigneten Beweismittel, insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers, voraus (vgl. VwGH 23.09.2014, Ra 2014/01/0058 mwN). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt ebenso wie die Beweisführung den Regeln der freien Beweiswürdigung (VwGH 27.05.1998, Zl. 97/13/0051). Bloßes Leugnen oder eine allgemeine Behauptung reicht für eine Glaubhaftmachung nicht aus (VwGH 24.2.1993, Zl. 92/03/0011; 1.10.1997, Zl. 96/09/0007).

Im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit von Angaben eines Asylwerbers hat der Verwaltungsgerichtshof als Leitlinien entwickelt, dass es erforderlich ist, dass der Asylwerber die für die ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert (VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294) und dass diese Gründe objektivierbar sind (VwGH 05.04.1995, Zl. 93/18/0289). Das Vorbringen des Asylwerbers muss, um eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit und nicht nur eine entfernte Möglichkeit einer Verfolgung glaubhaft zu machen, eine entsprechende Konkretisierung aufweisen. Die allgemeine Behauptung von Verfolgungssituationen, wie sie in allgemein zugänglichen Quellen auffindbar sind, genügt zur Dartuung von selbst Erlebtem grundsätzlich nicht. Der Asylwerber hat im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage und allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert wahrheitsgemäß darzulegen (VwGH 15.03.2016, Ra 2015/01/0069; 30.11.2000, Zl. 2000/01/0356). Die Mitwirkungspflicht des Asylwerbers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zl. 93/18/0214).

Es entspricht ferner der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wenn Gründe, die zum Verlassen des Heimatlandes beziehungsweise Herkunftsstaates geführt haben, im Allgemeinen als nicht glaubwürdig angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens bzw. der niederschriftlichen Einvernahmen unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen oder mit tatsächlichen Verhältnissen bzw. Ereignissen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 06.03.1996, Zl. 95/20/0650). Die Unkenntnis in wesentlichen Belangen indiziert ebenso mangelnde Glaubwürdigkeit (VwGH 19.03.1997, Zl. 95/01/0466).

Unter Berücksichtigung der vorstehend angeführten Rechtsprechung ist es den BF nicht gelungen, ein asylrelevantes Vorbringen glaubhaft darzulegen; im Einzelnen:

BF1 brachte im ersten Verfahrensgang zusammengefasst vor, sie habe Probleme bekommen, da sie als Mitglied der Republikanischen Partei Reden hielt, worin sie aufzeigte, dass namhafte Parteimitglieder und prominente Personen Spendengelder veruntreut hätten; aufgrund dessen sei sie angegriffen und bedroht worden. BF2 brachte zusammengef

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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