Entscheidungsdatum
13.08.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
L509 2190124-2/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Ewald HUBER-HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Pakistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.07.2019, Zl. 1154039400-190363458, zu Recht erkannt:
A)
1) Die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis VII. wird als unbegründet abgewiesen.
2) Der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt VIII. wird stattgegeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend: BF) stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 25.05.2017 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Im Rahmen der Erstbefragung gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen zu Protokoll, er käme aus einer sehr armen Familie. Er wolle gerne in Österreich arbeiten, um seine Familie zu unterstützen.
3. Bei der asylbehördlichen Einvernahme am 01.02.2018 führte der BF zu seinen Fluchtgründen befragt aus, er habe einen Lastwagen besessen, der in seinem Auftrag von einem Freund zu einem Möbeltransport eingesetzt worden war. Der Freund habe mit diesem Lastwagen einen Verkehrsunfall gehabt und sei verletzt worden. Der Lastwagen sei außerdem beschädigt worden (Schaden 1 500 000 Rupien), so dass der BF zwei oder drei Monate in einer Schuhfabrik arbeiten hätte müssen, um Geld zu verdienen. Ein paar Freunde hätten ihm geraten, ins Ausland zu gehen, um Geld zum Unterhalt seiner Familie zu verdienen. Danach hätte er sich Geld von Verwandten und von einer Bank geborgt und sei er ausgereist.
4. Mit Bescheid vom 15.02.2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Pakistan ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und erklärte die Abschiebung des BF nach Pakistan für zulässig.
5. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Das Bundesverwaltungsgericht behob den Bescheid mit Beschluss vom 27.03.2018, GZ: L508 2190124-1/2E, und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zurück.
6. Am 05.06.2018 erfolgte beim BFA eine neuerliche asylbehördliche Einvernahme. Er beantwortete die Frage, ob seine Ausreisegründe, die er am 01.02.2018 angegeben hat, unverändert seien oder ob er Ergänzungen anführen möchte, mit nein, er wolle keine Ergänzungen anführen. Alles, was er damals gesagt hätte, entspreche der Wahrheit und er bleibe bei dem Gesagten. Zu den ergänzenden Fragen, ob Schiiten in Pakistan verfolgt oder bedroht werden und ob dies in seiner Heimatprovinz stattfinde, beantwortete er damit, dass es einige Gebiet gäbe, wo eine Bedrohung von Schiiten stattfinde und dies auch in seiner Heimatprovinz Punjab teilweise der Fall wäre. Er selbst sei jedoch nie verfolgt oder bedroht worden. Er habe alle Gründe gesagt und habe dem nichts hinzuzufügen. Nach Pakistan möchte er aber nicht zurückkehren.
7. Mit Bescheid des BFA vom 18.06.2018 wurde der Antrag abgewiesen, der Status eines Asylberechtigten und der Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und seine Abschiebung nach Pakistan für zulässig erklärt.
Dieser Bescheid wurde dem BF am 25.06.2018 zu eigenen Handen zugestellt und vom BF persönlich übernommen (OZ 3). Der BF hat die Rechtsmittelfrist verstreichen lassen und kein Rechtsmittel gegen diesen Bescheid eingebracht, so dass die erstinstanzliche Entscheidung ab 24.07.2018 als rechtskräftig anzusehen ist.
8. Am 09.04.2019 stellte der BF neuerlich einen - den gegenständlichen - Antrag auf internationalen Schutz.
9. Bei der Erstbefragung am 09.04.2019 gab der BF an, er suche neuerlich um Asyl an, da sich die Ausgangslage in Pakistan nicht verbessert habe. Er hätte dort keine Arbeit, kein Geld und somit keine wirtschaftlichen Aussichten. Die beste Perspektive für ihn wäre, hier in Österreich zu leben und zu arbeiten.
Es wurde dem BF am 17.05.2019 gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 und 6 AsylG 2005 schriftlich zur Kenntnis gebracht, dass nunmehr beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sacher zurückzuweisen.
10. Am 27.05.2019 wurde der BF zu dem o. a. Folgeantrag asylbehördlich einvernommen, nachdem er eine Rechtsberatung in Anspruch genommen hatte. Auf die Frage, ob sich seit dem am 24.07.2018 rechtkräftig negativ abgeschlossenen Asylverfahren etwas geändert habe, antwortete der BF, seine Gründe seien die gleichen.
11. Mit dem - gegenständlich angefochtenen - Bescheid des BFA vom 19.07.2019 wurde der Folgeantrag vom 09.04.2019 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache sowohl hinsichtlich der Frage der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten als auch eines subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkte I. u. II.) zurückgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV), gemäß § 46 FPG die Abschiebung nach Pakistan für zulässig erklärt (Spruchpunkt V), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI), gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise erteilt (Spruchpunkt VII) und gemäß § 15b Abs. 1 AsylG aufgetragen, vom 09.04.2019 bis 12.04.2019 im Quartier XXXX Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt VIII).
Die Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der BF im Vergleich zum rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren anlässlich seines Folgeantrages auf Zuerkennung internationalen Schutzes keinen neuen Sachverhalt vorgebracht habe. Er habe weder neue Fluchtgründe geltend gemacht noch Ergänzungen zu seinen früheren Angaben ausgeführt. Er habe überhaupt keine konkreten, gegen seine Person gerichteten Verfolgungshandlung durch staatliche Stellen, heimatliche Behörden, Militär oder Privatpersonen behauptet. Er verfüge über familiäre Anknüpfungspunkte in Pakistan, sei gesund, arbeitsfähig und es sei die elementare Grundversorgung in Pakistan gesichert. Der BF sei illegal nach Österreich eingereist, erst seit kurzer Zeit in Österreich, habe hier keine Angehörigen und keine sozialen Kontakte, die ihn an Österreich binden würden. Der BF spreche nicht Deutsch, besuche aber auch keinen Deutschkurs und er sei nicht Mitglied in einem Verein oder einer anderen Organisation. Die Lage im Herkunftsstaat habe sich seit rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahrens nicht geändert.
Das BFA traf im Bescheid umfangreiche und aktuelle Länderfeststellungen zum Herkunftsland Pakistan.
Rechtlich wurde zusammengefasst ausgeführt, dass in der maßgeblichen Sachlage sowohl im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des BF gelegen war, als auch insoweit diese von Amts wegen aufzugreifen war, keine Änderung eingetreten ist. Auch in der Rechtslage sei keine Änderung eingetreten. Einer neuerlichen Entscheidung über den internationalen Schutz stünde daher die Rechtskraft des Bescheides vom 18.06.2018 entgegen.
Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung aus berücksichtigungswürdigen Gründen liegen nicht vor. Die öffentlichen Interessen an einer Beendigung des Aufenthaltes des BF überwiegen dessen private Interessen, so dass eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei. Eine Beeinträchtigung der dem BF gemäß Art. 8 EMRK zustehenden Rechte sei gerechtfertigt und die Abschiebung nach Pakistan zulässig, da bereits bei der Prüfung, ob internationaler Schutz zu gewähren ist, festgestellt wurde, dass der BF keiner Gefährdung ausgesetzt ist. Die Erlassung eines Einreiseverbotes gründe sich einerseits auf den Umstand, dass der BF die Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag und dies sei einer der Gründe in der demonstrativen Aufzählung des § 53 FPG, bei denen durch den Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit angenommen werden könne. Andererseits ginge gemäß Art. 11 der Rückführungsrichtlinie die Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einher, falls keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt wurde. Auch dies sei vorliegend der Fall, zumal die Einräumung einer Frist zur freiwilligen Ausreise bei missbräuchlicher Antragstellung nicht vorgesehen sei (mit Verweise auf Art. 7 Rückführungsrichtlinie, § 55 Abs. 1a FPG, § 18 BFA-VG, § 68 AVG). Es liege unzweifelhaft ein unbegründeter und missbräuchlicher Asylantrag vor. Es sei darüber hinaus festzuhalten, dass der BF seiner Ausreiseverpflichtung, die mit Bescheid im Erstverfahren ausgesprochen wurde, nicht nachgekommen ist. Humanitäre Gründe für die Erteilung eines Aufenthaltsrechtes würden nicht vorliegen. Es könne daher auch nicht im Einzelfall (gemeint: ausnahmsweise) von der Verhängung eines Einreiseverbotes abgesehen werden. Auch die angegebene Dauer sei gerechtfertigt und notwendig, die vom BF ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern und im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK dringend geboten. Die Anordnung der unverzüglichen Ausreise (ohne Erteilung einer Frist für eine freiwillige Ausreise) wurde gesetzlich begründet.
Mit Spruchpunkt VIII. wurde angeordnet, dass der BF zwischen 09.04.2019 und 12.04.2019 (sohin für die Dauer von 3 Tagen) in einem bestimmt bezeichneten Quartier Unterkunft zu nehmen habe. Dies sei dem BF mittels Verfahrensanordnung vom 09.04.2019 nachweislich zur Kenntnis gebracht worden und es werde nun mit verfahrensabschließendem Bescheid über die Anordnung der Unterkunftnahme abgesprochen.
12. Der BF ließ durch seinen bevollmächtigten Vertreter (Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH) rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde einbringen. Die Beschwerde macht inhaltliche Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Zusammengefasst wird zunächst ausgeführt, dass die belangte Behörde das Ermittlungsverfahren nicht ordnungsgemäß geführt hätte. Die Einvernahme des BF zu seiner Verfolgung hätte sich auf wenige Fragen beschränkt, die das Fluchtvorbringen nur oberflächlich und allgemein behandeln. Die belangte Behörde hätte weitere und in die Tiefe gehende Fragen stellen müssen. Wäre sie dieser Verpflichtung nachgekommen, hätte sie festgestellt, dass dem BF nunmehr (sic!) eine asylrelevante Verfolgung im Herkunftsland drohen würde und folglich wesentliche Änderungen des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes eingetreten seien. Die Feststellung, dass es zu keiner Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes gekommen sei, gründe sich auf eine unschlüssige Beweiswürdigung. Die Sicherheitslage in Pakistan sei allgemein als angespannt zu beurteilen. Zu den gemeldeten Gewaltakten gehören Terroranschläge, Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Kämpfern, Vorfälle ethnisch/politisch bedingter Gewalt, religiös bedingte Auseinandersetzungen und Gewalt zwischen Gemeinschaften. Eine Rückkehr des BF in sein Heimatland sei somit keinesfalls zumutbar, da sein Leben dort schon allein aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage in Gefahr wäre. Darüber hinaus käme eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht in Betracht. Es sei daher zu einer entscheidungswesentlichen Änderung der maßgeblichen Sachlage gekommen, weshalb dem BF nunmehr asylrelevante Verfolgung sowie Umstände bzw. Gefahr drohe, die zur Zuerkennung von subsidiärem Schutz führen müsste. Spruchpunkte I. bis III. seien auch inhaltlich rechtswidrig, da dem BF der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen gewesen wäre bzw. seine Abschiebung jedenfalls eine Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK bedeuten würde. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung sei für auf Dauer unzulässig zu erklären und die belangte Behörde hätte eine Aufenthaltsberechtigung (plus) gemäß § 58 Abs. 2 AsylG von Amts wegen zu erteilen. Die Erlassung eines Einreiseverbotes sei im gegenständlichen Fall grundsätzlich unrechtmäßig erfolgt bzw. sei die Dauer von 2 Jahren nicht begründet worden. Die direkte Anwendung der Rückführungsrichtlinie sei ausgeschlossen, da die in Frage kommenden Bestimmungen bereits in das nationale Recht umgesetzt worden seien. Die Anordnung einer Unterkunftnahme widerspreche verfassungs- und europarechtlichen Vorschriften. Schließlich wurde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung beantragt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Das Bundesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die der erstinstanzlichen Entscheidung zugrundeliegenden Verfahrensakte sowie in die Entscheidung aus dem Vorverfahren, mit welcher der Erstantrag rechtskräftig abgewiesen worden war.
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen, ist an dem angegebenen Datum geboren, ist pakistanischer Staatangehöriger, stammt aus dem Punjab, spricht Punjabi als Muttersprache sowie Urdu als weitere Landessprache und bekennt sich zur islamischen Religionsgemeinschaft. Sein Familienstand ist ledig und er hat keine Kinder. Die Identität ist nicht nachgewiesen.
In Pakistan lebte der BF im familieneigenen Haus mit seinen Eltern. Er hat 8 Jahre die Schule besucht und arbeitete als Lastwagenfahrer im Transportunternehmen seines Vaters. Außer den Eltern leben in Pakistan noch ein Bruder und eine Schwester des BF sowie mehrere Onkel und Tanten. Der BF hat fast täglich Kontakt zu seinen Verwandten. In Österreich hat der BF keine Verwandten oder sonstige soziale Kontakte, die eine besondere Bindung zu Österreich darstellen würden. Es liegen auch sonst keine Anhaltspunkte vor, die für eine außergewöhnliche Integration des BF in Österreich sprechen würden.
Der BF ist illegal in das Bundesgebiet eingereist und sein bisheriger Aufenthalt stützt sich im Wesentlichen lediglich auf ein vorläufiges Aufenthaltsrecht aufgrund der Stellung von Asylanträgen nach dem Asylgesetz. Zwischen dem rechtskräftig negativen Abschluss des ersten Asylverfahrens im Juli 2018 und der Stellung des vorliegenden Folgeantrages im April 2019 war der Aufenthalt des BF illegal.
1.2. Im Vorbringen des BF zum gegenständlichen Folgeantrag ist keine Änderung in der Sach- und/oder Rechtslage seit Rechtskraft des im Erstverfahren ergangenen Bescheides erkennbar. Weder in der Frage der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten noch eines subsidiär Schutzberechtigten haben sich Anhaltspunkte für eine Änderung ergeben. Der BF hat exakt den gleichen Grund für die Stellung des Folgeantrages geltend gemacht, den er schon im Erstverfahren eingebracht hatte, nämlich dass er das Herkunftsland aus ökonomischen Motiven verlassen hat, weil er in Pakistan weder Arbeit noch Geld gehabt hätte und seine Perspektiven in Österreich dahingehend besser wären. Die abschiebungsrelevante Lage hat sich in Pakistan seit der letzten Entscheidung im Juni 2018 ebenso wenig relevant verändert wie seine persönlichen/gesundheitlichen Umstände. Der BF befindet sich weder in ärztlicher Behandlung noch nimmt er regelmäßig Medikamente und beantwortete die in der Erstbefragung gestellt Frage, ob er Beschwerden oder Krankheiten hätte, mit nein.
1.3. Zum Herkunftsland Pakistan werden folgende Feststellungen getroffen:
Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen
KI vom 28.5.2019: Nord-Wasiristan: drei Tote bei Zusammenstößen zwischen Militär und PTM (Betrifft Abschnitte 5. Ethnische Minderheiten/Paschtunen; 5. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition; 3.2. Sicherheitslage/Khyber Pakhtunkhwa)
Während einer Demonstration der Pashtun Tahafuz Movement (PTM) kam es bei einem Kontrollpunkt in Boya, im Stammesdistrikt (Tribal District) Nord-Wasiristan (Provinz Khyber Pakhtunkhwa) am 26.5.2019 zu einem Schusswechsel (Standard 28.5.2019; vgl. AI 27.5.2019).
Gemäß Angaben des Nachrichtendienstes der pakistanischen Armee (Inter Services Public Relations, ISPR) wurde der Kontrollposten von einer von zwei führenden Mitgliedern der PTM sowie Mitgliedern der Nationalversammlung, Mohsin Dawar und Ali Wazir, angeführten Gruppe angegriffen. Beim darauffolgenden Schusswechsel wurden drei Personen getötet und 15 Personen - darunter fünf Soldaten - verletzt (Dawn 26.5.2019).
PTM-Aktivist Mohsin Dawar bestritt diese Version und beschuldigte die Armee, das Feuer auf die friedliche Kundgebung eröffnet zu haben (VOA 26.5.2019; vgl. Dawn 26.5.2019). Gemäß Angaben der PTM wurden dabei fünf Aktivisten getötet und 45 weitere verletzt (PT 27.5.2019). Der Abgeordnete zur Nationalversammlung Ali Wazir wurde gemeinsam mit einigen anderen Aktivisten der PTM verhaftet. Mohsin Dawar ist hingegen untergetaucht (VOA 26.5.2019; vgl. Dawn 27.5.2019).
Gemäß Angaben von Dawar wollte das Sicherheitspersonal verhindern, dass die Gruppe an einer Demonstration teilnimmt, die gegen mutmaßliche Übergriffe durch das Militär im Zuge einer Suchoperation gerichtet war (VOA 26.5.2019). Besagtem Protest durch die örtliche Bevölkerung, der am 25.5.2019 in Doga Macha Madakhel (Nord Wasiristan) begann, haben sich später Mitglieder der PTM angeschlossen (Dawn 26.5.2019; vgl. PT 27.5.2019). Im Zuge der Suchoperation wurde eine Frau zusammengeschlagen (VOA 26.5.2019; vgl. Dawn 26.5.2019) sowie einige Personen verhaftet (VOA 26.5.2019). Gemäß Angaben der PTM verlief diese Veranstaltung ruhig, bis Dawar und Wazir in der Gegend ankamen, um ebenfalls am Protest teilzunehmen. Nachdem bei dieser Demonstration Unruhen ausgebrochen waren, wurden mindestens 20 Personen verletzt (Dawn 26.5.2019).
In Folge dieser Zwischenfälle wurde in Nord-Wasiristan eine Ausgangssperre verhängt sowie Telefon- und Internetdienste abgeschalten (Dawn 26.5.2019; vgl. VOA 26.5.2019, PT 27.5.2019), weswegen es schwierig ist, Berichte aus dieser Region zu erhalten (VOA 26.5.2019).
Am 26.5.2019 wurde Ali Wazir einem Anti-Terror-Gericht in Bannu vorgeführt. Vom Gericht wurde eine achttägige Untersuchungshaft angeordnet und Wazir muss am 4.6.2019 wieder vor Gericht erscheinen. Er wurde u.A. wegen Terrorismus und Mordes angezeigt (Dawn 27.5.2019)
Die pakistanischen Behörden haben ihr Vorgehen gegen die PTM intensiviert (AI 27.5.2019). Im April 2019 richtete sich Premierminister Imran Khan an das PTM, wobei er die Anliegen der Paschtunen würdigte, jedoch klar machte, dass er Eskalationen nicht gutheiße (Dawn 26.5.2019). Ende April 2019 erhob die Armee Vorwürfe, dass die PTM Finanzierung durch afghanische und indische Geheimdienste erhalte (Dawn 26.5.2019; vgl. VOA 26.5.2019, Dawn 30.4.2019) und warnte die PTM, dass "ihre Zeit vorbei" sei, und dass diese die "roten Linien" nicht überschreiten solle (Dawn 26.5.2019; vgl. Dawn 30.4.2019). Es wurde eine mögliche nicht näher spezifizierte Aktion gegen die PTM angekündigt, wobei der Armeesprecher angab, dass diese Ansage keine "Kriegserklärung" sei und weder illegale Aktionen noch Unannehmlichkeiten für normale Paschtunen geplant seien (Dawn 30.4.2019).
Quellen:
? AI - Amnesty International (27.5.2019): Pakistan: Investigate North Waziristan killings, https://www.amnesty.org/en/latest/news/2019/05/pakistan-investigate-north-waziristan-killings/, Zugriff 28.5.2019
? Dawn (26.5.2019): 3 people killed, 5 soldiers injured in exchange of fire at check post in North Waziristan, https://www.dawn.com/news/1484709, Zugriff 28.5.2019
? Dawn (27.5.2019): MNA Ali Wazir produced before ATC, remanded in CTD custody for 8 days, https://www.dawn.com/news/1484918, Zugriff 28.5.2019
? Dawn (30.4.2019): Foreign spy agencies fund PTM, says army, https://www.dawn.com/news/1479321/foreign-spy-agencies-fund-ptm-says-army, Zugriff 28.5.2019
? PT - Pakistan Today (27.5.2019): 3 killed, 15 injured in 'PTM-Army clash' in North Waziristan, https://www.pakistantoday.com.pk/2019/05/26/3-killed-15-injured-in-ptm-army-clash-in-north-waziristan/, Zugriff 28.5.2019
? Standard, der (28.5.2019): Amnesty fordert Untersuchung des Todes von Demonstranten in Pakistan, http://derstandard.at/2000103942873/Amnesty-fordert-Untersuchung-des-Todes-von-Demonstranten-in-Pakistan, Zugriff 28.5.2019
? VOA - Voice of America (26.5.2019): 3 Killed in Skirmish Between Pakistan Security Forces, Rights Activists, https://www.voanews.com/a/killed-in-skirmish-between-pakistan-security-forces-rights-activists/4933709.html, Zugriff 28.5.2019
Sicherheitslage
Die Bedrohung durch Terrorismus und Extremismus bleibt zentrales Problem für die innere Sicherheit des Landes (AA 1.2.2019a; vgl. USDOS 19.9.2018). Landesweit ist die Zahl der terroristischen Angriffe seit 2009, zurückgegangen (PIPS 7.1.2019; vgl. AA 21.8.2018, USDOS 19.9.2018). Konflikte mit dem Nachbarland Indien werden gelegentlich gewaltsam ausgetragen (EASO 10.2018 S 16).
Die Taliban und andere militante Gruppen verüben Anschläge insbesondere in Belutschistan und in Khyber-Pakhtunkhwa (AA 21.8.2018), aber auch in Großstädten wie Karatschi (AA 1.2.2019a). Über 90 % der terroristischen Anschläge sowie Todesopfer entfielen 2018 auf die zwei Provinzen Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa (PIPS 7.1.2019). Die Anschläge zielen vor allem auf Einrichtungen des Militärs und der Polizei. Opfer sind aber auch politische Gegner der Taliban, Medienvertreter, religiöse Minderheiten, Schiiten, sowie Muslime, die nicht der strikt konservativen Islam-Auslegung der Taliban folgen, wie die Sufis (AA 1.2.2019a).
Die Operationen der Rangers [siehe dazu Abschnitt 4] in Karatschi (ab 2013), Militäroperationen in Nord-Wasiristan und der Khyber Agency [Stammesbezirke der Provinz Khyber Pakhtunkhwa, Anm.], sowie landesweite Anti-Terror-Operationen als Teil des National Action Plan (NAP) trugen dazu bei, den rückläufigen Trend bei der Zahl der Vorfälle und der Opfer auch 2018 aufrecht zu halten (PIPS 7.1.2019 S 20; vgl. EASO 10.2018 S 18). In den ehemaligen Stammesgebieten (Federally Administered Tribal Areas - FATA) konnte das staatliche Gewaltmonopol überwiegend wiederhergestellt werden (AA 21.8.2018), die Militäraktionen gelten als abgeschlossen (Dawn 29.5.2018). Viele militante Gruppen, insbesondere die pakistanischen Taliban, zogen sich auf die afghanische Seite der Grenze zurück und agitieren von dort gegen den pakistanischen Staat (AA 21.8.2018).
Im aktuellen Konflikt zwischen Indien und Pakistan demonstrierten beide Staaten, die über Nuklearwaffen verfügen, dass sie bereit sind, die Lage weiter eskalieren zu lassen (Dawn 8.4.2019 vgl. BMEIA 27.3.2019). Jedoch wird ein Atomkrieg als äußerst unwahrscheinlich gesehen (DW 28.2.2019).
Im Vorfeld der Parlamentswahlen am 25.7.2018 erlebte Pakistan eine Welle von Gewalt mit größeren Anschlägen in verschiedenen Provinzen, für die militante aufständische Gruppierungen die Verantwortung übernahmen. Der Selbstmordanschlag am 13.7.2018 auf eine politische Versammlung in Mastung, Belutschistan, mit 150 Toten war der Anschlag mit den dritt-meisten Todesopfern, der bis dahin jemals in Pakistan verübt wurde (EASO 10.2018 S 18; vgl. PIPS 7.1.2019 S 43). Am Wahltag waren 370.000 Soldaten und 450.000 Polizisten mit erweiterten Befugnissen im Einsatz, um die Wahllokale zu sichern. Am Wahltag kam es in Belutschistan zu zwei Anschlägen mit Todesopfern auf Wahllokale und es gab regional Zusammenstöße zwischen Anhängern unterschiedlicher Parteien (EUEOM 27.7.2018; vgl. Dawn 26.7.2018) vorwiegend in Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa (Dawn 26.7.2018).
Die verschiedenen militanten, nationalistisch-aufständischen und gewalttätigen religiös-konfessionellen Gruppierungen führten 2018 landesweit 262 terroristische Angriffe durch. Dabei kamen 595 Menschen ums Leben und weitere 1.030 wurden verletzt. Unter den Todesopfern waren 371 Zivilisten, 173 Angehörige der Sicherheitskräfte und 51 Aufständische. 136 (52 %) Angriffe zielten auf staatliche Sicherheitskräfte, jedoch die höchste Zahl an Opfern (218 Tote und 394 Verletzte) gab es bei insgesamt 24 Terrorangriffen auf politische Persönlichkeiten. Zivilisten waren das Ziel von 47 (18 %) Angriffen, acht waren Angriffe auf regierungsfreundliche Stammesälteste bzw. Mitglieder der Friedenskommittees und sieben hatten Mitglieder der schiitischen Gemeinschaft zum Ziel (PIPS 7.1.2019 S 17f). Im Vergleich zu 2017 gab es im Jahr 2018 29 Prozent weniger terroristische Angriffe, bei denen um 27 Prozent weniger Todesopfer und um 40 Prozent weniger Verletzte zu beklagen waren (PIPS 7.1.2019).
Tehreek-e-Taliban Pakistan (TTP) und ihre Splittergruppen, insbesondere Jamaatul Ahrar und Hizbul Ahrar, bzw. Gruppen mit ähnlichen Zielen wie lokale Talibanfraktionen, Lashkar-e-Islam und Islamischer Staat führten 2018 171 terroristische Angriffe mit 449 Toten und 769 Verletzten durch. Nationalistische Gruppierungen, vorwiegend belutschische, führten 80 terroristische Angriffe mit 96 Toten und 216 Verletzten durch. Elf terroristische Angriffe mit 50 Toten und 45 Verletzten waren konfessionell motiviert (PIPS 7.1.2019).
Das Pakistan Institute for Peace Studies (PIPS) registrierte für die Jahre 2017, 2018 bzw. das erste Quartal 2019 (1.1. bis 31.3.) für gesamt Pakistan sowie die unterschiedlichen Provinzen bzw. Gebiete nachfolgende Zahlen an terroristischen Anschlägen und Todesopfern (Quellenangabe siehe Tabelle; Darstellung BFA Staatendokumentation):
Insgesamt gab es im Jahr 2018 in Pakistan, inklusive der oben genannten terroristischen Anschläge, 497 Vorfälle von für die Sicherheitslage relevanter Gewalt (2017: 713; -30 %), darunter 31 operative Schläge der Sicherheitskräfte (2017: 75), 22 Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen (2017: 68), 131 Auseinandersetzungen an den Grenzen mit Indien, Afghanistan und Iran (2017: 171) und 22 Vorfälle von ethnischer oder politischer Gewalt (2017: vier) (PIPS 7.1.2019 S 19f; Zahlen für 2017: PIPS 7.1.2018 S 20). Die Zahl der bei diesen Vorfällen getöteten Personen sank um 46 % auf 869 von 1.611 im Jahr 2017, die Zahl der verletzten Personen sank im selben Zeitraum um 31 % von 2.212 auf 1.516 (PIPS 7.1.2019 S 20).
Im Februar 2019 eskalierten die Spannungen zwischen Indien und Pakistan im lang anhaltenden Kaschmir-Konflikt (Time 28.2.2019; vgl. UKFCO 7.3.2019). Der indische Luftangriff vom 26.2., bei dem laut pakistanischen Angaben keine Menschen zu Schaden kamen (Time 28.2.2019) in Balakot, Provinz Khyber Pakhtunkhwa, war seit 1971 der erste Angriff Indiens auf pakistanisches Gebiet außerhalb Kaschmirs (Spiegel 2.3.2019). Am 27.2. wurde ein indisches Kampfflugzeug in pakistanischem Luftraum abgeschossen (Time 28.2.2019). Es kommt zu wiederholten Grenzverletzungen und Militäraktionen zwischen Pakistan und Indien (BMEIA 27.3.2019). Durch Schusswechsel über die Demarkationslinie hinweg werden auf beiden Seiten immer wieder Soldaten und Zivilisten verletzt oder getötet (Standard 2.4.2019; vgl. Presse 2.3.2019, Reuters 3.3.2019). Siehe dazu auch Abschnitt 4.
Nach dem Angriff auf die Militärschule in Peschawar im Dezember 2014 wurde der National Action Plan (NAP) gegen Terrorismus in Kraft gesetzt. Die 20 Punkte des Plans umfassen Maßnahmen sowohl gegen Terrorismus als auch gegen Extremismus. Gemäß Einschätzung von PIPS wurden in den vier Jahren, die der Plan nun in Kraft ist, zufriedenstellende Fortschritte im Bereich der Terrorismusbekämpfung erzielt. Die Fortschritte im Bereich der Extremismusbekämpfung werden als nicht zufriedenstellend angesehen (PIPS 7.1.2019 S 89ff).
Die Regierung unterhält Deradikalisierungszentren, die "korrigierende religiöse Bildung", Berufsausbildung, Beratung und Therapie anbieten. Weithin gelobt ist das Sabaoon Rehabilitation Center einer NGO im Swat-Tal, das gemeinsam mit dem Militär gegründet wurde und sich an jugendliche ehemalige Extremisten richtet (USDOS 19.9.2018).
Trotz gesetzlicher Regelungen gegen die Finanzierung von Terrorismus, die internationalen Standards entsprechen, werden Gruppen wie Lashkar-e Tayyiba nicht effektiv daran gehindert, in Pakistan Spenden zu lukrieren oder auf ihre finanziellen Mittel zuzugreifen. Auch gibt es Lücken in der Umsetzung der Sanktionen des UN-Sicherheitsrates gegen Al-Qaeda und den Islamischen Staat (USDOS 19.9.2018).
Quellen:
? AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (1.2.2019a): Pakistan: Staatsaufbau und Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/pakistan-node/pakistan-innenpolitik/205010, Zugriff 25.2.2019
? AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (21.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN (Stand: August 2018), https://www.ecoi.net/en/file/local/1442726/4598_1536328003_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-pakistan-stand-august-2018-21-08-2018.pdf, Zugriff 21.2.2019
? BMEIA - Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres der Republik Österreich (27.3.2019): Reiseinformation Pakistan, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/pakistan/, Zugriff 3.4.2019
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Punjab und Islamabad
Die Bevölkerung der Provinz Punjab beträgt laut Zensus 2017 110 Millionen. In der Provinzhauptstadt Lahore leben 11,1 Millionen Einwohner (PBS 2017d). Islamabad, die Hauptstadt Pakistans, ist verwaltungstechnisch nicht Teil der Provinz Punjab, sondern ein Territorium unter Bundesverwaltung (ICTA o.D.). Die Bevölkerung des Hauptstadtterritoriums beträgt laut Zensus 2017 ca. zwei Millionen Menschen (PBS 2017d).
Die Sicherheitslage in Islamabad ist besser als in anderen Regionen (EASO 10.2018 S 93). Die Sicherheitslage im Punjab gilt als gut (SAV 29.6.2018). Mehrere militante Gruppierungen, die in der Lage sind, Anschläge auszuüben, sind im Punjab aktiv (EASO 10.2018 S 63-64; vgl. SAV 29.6.2018). In großen Städten wie Lahore und Islamabad-Rawalpindi gibt es gelegentlich Anschläge mit einer hohen Zahl von Opfern, durchgeführt von Gruppen wie den Tehreek-i-Taliban Pakistan (TTP), Al Qaeda oder deren Verbündeten (ACLED 7.2.2017); beispielsweise wurden bei einem Bombenanschlag durch die TTP-Splittergruppe Hizbul-Ahrar auf Polizeieinheiten vor einem Sufi-Schrein in Lahore am 8.5.2019 zehn Personen getötet. (Guardian 8.5.2019; vgl. Reuters 8.5.2019). Der Südpunjab gilt als die Region, in der die militanten Netzwerke und Extremisten am stärksten präsent sind (EASO 10.2018 S 63-64).
Für das erste Quartal 2019 (1.1. bis 31.3.) registrierte PIPS für das Hauptstadtterritorium Islamabad keinen und für den Punjab zwei terroristische Angriffe mit zwei Toten (Aggregat aus: PIPS 6.2.2019. PIPS 7.3.2019, PIPS 10.4.2019). Im Jahr 2018 wurde von PIPS im Hauptstadtterritorium kein terroristischer Angriff gemeldet. Im Punjab gab es vier terroristische Anschläge mit 20 Todesopfern. Zwei davon waren Selbstmordsprengangriffe durch die pakistanischen Taliban (PIPS 7.1.2019 S 49). Im Jahr 2017 kamen im Punjab bei 14 Anschlägen 61 Personen ums Leben, davon fanden sechs Vorfälle mit 54 Toten in Lahore statt. Das Hauptstadtterritorium verzeichnete drei Anschläge mit zwei Todesopfern (PIPS 7.1.2018).
Quellen:
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? EASO - European Asylum Support Office (10.2018): EASO Informationsbericht über das Herkunftsland Pakistan - Sicherheitslage, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/Plib/EASO_Pakistan_SecuritySituation_October2018_DE.pdf, Zugriff 12.3.2019
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? PIPS - Pak Institute for Peace Studies (10.4.2019): Pakistan Monthly Security Report: March 2019, https://pakpips.com/app/reports/477, Zugriff 10.4.2019
? PIPS - Pak Institute for Peace Studies (6.2.2019): Pakistan Monthly Security Report: January 2019, https://pakpips.com/app/reports/433, Zugriff 2.4.2019
? PIPS - Pak Institute for Peace Studies (7.1.2019): Pakistan Security Report 2018, https://pakpips.com/app/reports/396, Zugriff 8.1.2019
? PIPS - Pak Institute for Peace Studies (7.3.2019): Pakistan Monthly Security Report: February 2019, https://pakpips.com/app/reports/453, Zugriff 2.4.2019
? Reuters (8.5.2019): Militant bomb near Sufi shrine kills 10 in Pakistan's Lahore, https://www.reuters.com/article/us-pakistan-blast/militant-bomb-near-sufi-shrine-kills-10-in-pakistans-lahore-idUSKCN1SE0C2, Zugriff 15.5.2019
? SAV - South Asian Voices (29.6.2018): What the Case of Punjab Says about Pakistan's Counterterrorism Policy, https://southasianvoices.org/pakistan-counterterrorism-punjab/, Zugriff 23.4.2019
Bewegungsfreiheit
Das Gesetz gewährleistet die Bewegungsfreiheit im Land sowie uneingeschränkte internationale Reisen, Emigration und Repatriierung (USDOS 13.3.2019). Die Regierung schränkt den Zugang zu bestimmten Gebieten der ehemaligen FATA und Belutschistan aufgrund von Sicherheitsbedenken ein (USDOS 13.3.2019; vgl. FH 1.2019, HRCP 3.2019). Es gibt einzelne rechtliche Einschränkungen, Wohnort, Arbeits- oder Ausbildungsplatz zu wechseln (FH 1.2019)
Die Regierung verbietet Reisen nach Israel. Regierungsangestellte und Studenten müssen vor Reisen ins Ausland ein "no objection certificate" einholen, doch von Studenten wird dies selten verlangt. Personen auf der Exit Control List ist es verboten, ins Ausland zu reisen. Diese Liste soll Personen, welche in staatsfeindliche Aktivitäten und Terrorismus involviert sind oder in Verbindung zu einer verbotenen Organisation stehen bzw. jene, gegen die ein Kriminalverfahren vor höheren Gerichten anhängig ist, von Auslandsreisen abhalten (USDOS 13.3.2019). Die NGO HRCP gibt an, dass Personen aus politischen Gründen auf die Exit Control List gesetzt werden und die genauen Voraussetzungen, wann eine Person auf diese Liste kommt, nicht transparent sind (HRCP 3.2019).
Reisebewegungen von bestimmten religiösen und Gender-Minderheiten bleiben gefährlich (HRCP 3.2019). Seit 2009 haben pakistanische Bürger das Recht, sich in Gilgit Baltistan anzusiedeln, jedoch gibt es weiterhin Einschränkungen für eine Ansiedlung in Azad-Jammu und Kaschmir (FH 1.2018). Einschränkungen der Bewegungsfreiheit gibt es für Bewohner der ehemaligen FATA durch Ausgangssperren, Umzäunungen und eine starke Zunahme an Kontrollpunkten (ICG 20.8.2018).
Quellen:
? FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Pakistani Kashmir, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/pakistani-kashmir, Zugriff 26.2.2019
? FH - Freedom House (1.2019): Freedom in the World 2019 - Pakistan, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/pakistan, Zugriff 12.3.2019
? HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (3.2019): State of Human Rights in 2018, http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/uploads/2019/04/State-of-Human-Rights-in-2018-English-1.pdf, Zugriff 23.4.2019
? ICG - International Crisis Group (20.8.2018): Shaping a New Peace in Pakistan's Tribal Areas, https://www.ecoi.net/en/file/local/1442284/5351_1535998887_b150-shaping-a-new-peace-in-pakistans-tribal-areas.pdf, Zugriff 19.3.2019
? USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices for 2018 - Pakistan https://www.state.gov/documents/organization/289500.pdf, Zugriff 14.3.2019
Meldewesen
Pakistan verfügt über eine der weltweit umfangreichsten Bürger-Registrierungssysteme. Die zuständige Behörde ist die National Database & Registration Authority (NADRA) (PI 1.2019). Um als Wähler in einem Wahlkreis registriert zu werden, muss man mittels Digitaler Nationaler Identitätskarte (CNIC) nachweisen, Bewohner dieses Wahlkreises zu sein (ECP o.D.). Auf der CNIC ist neben der permanenten Adresse auch die derzeitige Wohnadresse der Person angeführt (VB 4.11.2018).
IRBC gibt an, dass die Provinzen Belutschistan, Khyber Pakhtunkhwa, Punjab und Sindh sowie das Hauptstadtterritorium Islamabad ein System für die Registrierung der Bewohner haben. IRBC konnte keine Quellen zu solchen Systemen in Azad-Jammu und Kaschmir, Gilgit-Baltistan und die ehem. FATA finden. Die Meldung der Bewohner ist verpflichtend. Die Gesetze werden nur lückenhaft umgesetzt, aber Vergehen werden in allen Provinzen streng geahndet. Die zuständige Behörde zur Erhebung der Meldedaten ist die Polizei. Die Distriktleiter der Polizei sind für die lückenlose Erfassung der Bewohner in ihren Distrikten verantwortlich (IRBC 23.1.2018).
Bei gemieteten Wohnungen und Häusern ist der Bewohner, Vermieter oder Wohnungsvermittler verantwortlich, der Polizei den Mietvertrag sowie Kopien der CNIC aller Bewohner zu übermitteln. Wenn einer der drei zuerst genannten dies erledigt, müssen das die anderen nicht mehr machen. In den Provinzen Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa müssen zusätzlich noch zwei Referenzpersonen genannt werden, die den Bewohner identifizieren können. Hotels sind verpflichtet, Informationen über ihre Gäste zu übermitteln sowie diese Informationen zu archivieren und für die Polizei jederzeit einsehbar zu halten (IRBC 23.1.2018).
Quellen:
? PI - Privacy International (1.2019): State of Privacy Pakistan, https://privacyinternational.org/state-privacy/1008/state-privacy-pakistan, Zugriff 21.2.2019
? ECP - Election Commission of Pakistan (o.D): How To Register, https://www.ecp.gov.pk/frmGenericPage.aspx?PageID=4, Zugriff 18.3.2019
? IRBC - Immigration and Refugee Board of Canada (23.1.2018): Pakistan: Tenant registration systems, including implementation; whether authorities share information on tenant registration (2015-December 2017), https://www.refworld.org/docid/5aa8d84a7.html, Zugriff 9.4.2019
? VB - Büro des Verbindungsbeamten des BM.I in Islamabad (4.11.2018): Auskunft einer pakistanischen Anwaltskanzlei, per E-Mail.
Grundversorgung
Pakistan ist mit ca. 207 Millionen Einwohnern (PBS 2017a) der sechst-bevölkerungsreichste Staat der Erde. Über die Hälfte der Bevölkerung ist unter 25 Jahre alt, der Abhängigenquotient [Bevölkerung bis 14 und ab 65 Jahre / Bevölkerung 15-64 Jahre] liegt bei 65 % (CIA 5.2.2019).
Pakistans Wirtschaft hat wegen einer günstigen geographischen Lage, Ressourcenreichtum, niedrigen Lohnkosten, einer jungen Bevölkerung und einer wachsenden Mittelschicht Wachstumspotenzial. Dieses Potenzial ist jedoch aufgrund jahrzehntelanger Vernachlässigung der sozialen und wirtschaftlichen Infrastruktur, periodisch wiederkehrender makroökonomischer sowie politischer Instabilität und schwacher institutioneller Kapazitäten nicht ausgeschöpft. Als größte Wachstumshemmnisse gelten Korruption, ineffiziente Bürokratie, ein unsicheres regulatorisches Umfeld, eine trotz Verbesserungen in den letzten Jahren relativ teure bzw. unzureichende Energieversorgung und eine - trotz erheblicher Verbesserung seit 2014 - teils fragile Sicherheitslage (AA 5.3.2019).
Der wichtigste Wirtschaftssektor in Pakistan ist der Dienstleistungssektor (Beitrag zum BIP 59 %; der Sektor umfasst u. a. auch den überproportional großen öffentlichen Verwaltungsapparat). Auch der Industriesektor ist von Bedeutung (Beitrag zum BIP 21 %). Der bei weitem wichtigste Exportsektor ist die Textilbranche. Einen dem Industriesektor vergleichbaren Beitrag zum BIP (20 %) leistet die Landwirtschaft, in der jedoch 42 % der arbeitenden Bevölkerung tätig ist. Etwa 60 % der ländlichen Bevölkerung hängen direkt oder indirekt vom landwirtschaftlichen Sektor ab. Die Provinz Punjab gehört unter anderem bei Getreideanbau und Viehzucht zu den weltweit größten Produzenten (AA 5.3.2019; vgl. GIZ 2.2019a).
Die pakistanische Wirtschaft wächst bereits seit Jahren mit mehr als vier Prozent. Für 2018 gibt der Internationale Währungsfonds (IWF) sogar ein Plus von 5,6 Prozent an. Das Staatsbudget hat sich stabilisiert und die Börse in Karatschi hat in den vergangenen Jahren einen Aufschwung erlebt. Erreicht wurde dies durch einschneidende Reformen, teilweise unterstützt durch den IWF. In der Vergangenheit konnte Pakistan über die Jahrzehnte hinweg jedoch weder ein solides Wachstum halten noch die Wirtschaft entsprechend diversifizieren. Dies kombiniert mit anderen sozioökonomischen und politischen Faktoren führte dazu, dass immer noch etwa ein Drittel der pakistanischen Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebt (GIZ 2.2019a).
Die Arbeitslosigkeit in Pakistan liegt Stand 2017 offiziell etwa bei 6 % (CIA 5.2.2019). CIA hält fest, dass die offiziellen Arbeitslosenzahlen die Situation nicht vollständig beschreiben können, da ein großer Teil der Wirtschaft informell und die Unterbeschäftigung hoch ist (CIA 5.2.2019a; vgl. GIZ 2.2019). Kritisch ist vor allem die Situation von jungen erwerbslosen/arbeitslosen Männern zwischen 15 und 30 Jahren. Als Folge dieser hohen Arbeitslosigkeit gepaart mit einer Verknappung natürlicher Ressourcen, vor allem auf dem Land, kommt es zu einer verstärkten Arbeitsmigration nicht nur in die großen Städte, sondern traditionell auch in die Golfstaaten. Rücküberweisungen von Arbeitsmigranten und Gastarbeitern nach Pakistan belaufen sich gegenwärtig auf ca. 5% des BIP (GIZ 2.2019a). Für das Finanzjahr 2019 (Juli 2018 bis Juni 2019) werden Rücküberweisungen von 22 Milliarden US-Dollar erwartet (KT 30.10.2018).
Gemäß dem Global Education Monitoring Report 2017/18 der UNESCO stellen sich die Bildungserfolge Pakistans relativ schwach dar. Die Einschulungs- und Alphabetisierungsrate Pakistans zählt zu den niedrigsten der Welt, Lediglich rund 60 Prozent der Bevölkerung (Frauen: 46%) können lesen und schreiben. Nur etwas über zwei Prozent des Bruttosozialprodukts werden in Bildung investiert. Weiterhin bleiben große Diskrepanzen in der Alphabetisierungs- und Bildungspolitik zwischen Provinzen sowie zwischen ländlichen und städtischen Gebieten bestehen. Das pakistanische Bildungssystem spiegelt die anhaltende soziale Ungleichheit in der Gesellschaft wider (GIZ 2.2019b).
Zwar hat die aktuelle Regierung die staatlichen Ausgaben für Gesundheit deutlich gesteigert, doch sind sie weiterhin zu niedrig, um eine flächendeckende Versorgung zu gewährleisten. Die öffentlichen Gesundheitsausgaben betragen 0,92 % des Bruttoinlandsprodukts (GIZ 2.2019b).
Das Programm Tameer-e-Pakistan soll Personen bei der Arbeitssuche unterstützen (IOM 2018). Das Kamyab Jawan Programme, eine Kooperation des Jugendprogrammes des Premierministers und der Small and Medium Enterprises Development Authority (SMEDA), soll durch Bildungsprogramme für junge Menschen im Alter zwischen 15 und 29 die Anstellungsmöglichkeiten verbessern (Dawn 11.2.2019).
Etwa 7,1 Millionen Arbeitskräfte in Pakistan hatten 2016 Zugang zum Sozialversicherungssystem (HRCP 5.2017). Etwa drei Millionen Personen leben in sklavenähnlichen Beschäftigungsverhältnissen (HRCP 3.2019).
Es gibt einen Mangel von zehn Millionen Wohnungen landesweit, was zu Obdachlosigkeit, illegalen Siedlungen und überhöhten Mieten führt (BTN 12.2.2019). Im Oktober 2018 kündigte Premierminister Imran Khan den Bau von fünf Millionen Wohneinheiten für Niedrigverdiener in den kommenden fünf Jahren an. Unter dem staatlichen Programm Naya Pakistan Housing Scheme (Dawn 10.10.2018; vgl. NPHS 13.10.2018) soll ein Haus 1,65 bis 2,1 Millionen Rupien kosten (BTN 12.2.2019). Die Teilnehmer am Programm bezahlen 20 Prozent des Kaufpreises im Voraus und den restlichen Betrag über 20 Jahre (NPHS 6.11.2018; vgl. BTN 12.2.2019) in monatlichen Raten zu ca. 18.500 Rupien, was ungefähr einer monatlichen Miete entspricht. Das Haus geht nach 18 Monaten ins Eigentum des Bewohners über (BTN 12.2.2019). Personen, die bereits ein Haus besitzen, können nicht am Naya Pakistan Housing Scheme teilnehmen (NPHS 13.10.2018). Der Baubeginn für die ersten 135.000 Wohneinheiten wurde für den 17.4.2019 in Islamabad und Belutschistan angekündigt (Dawn 9.4.2019).
Quellen:
? AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (5.3.2019): Pakistan: Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/pakistan-node/wirtschaft/204976, Zugriff 21.3.2019
? BTN Marketing Consultants (12.2.2019): The "Naya Pakistan Housing Scheme" and All There Is To Know About It, https://btnconsultants.com.pk/naya-pakistan-housing-scheme-know/, Zugriff 9.4.2019
? CIA - Central Intelligence Agency (5.2.2019): World Factbook - Pakistan, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/pk.html, Zugriff 21.2.2019
? Dawn (10.10.2018): 'I will steer you out of this difficult time': PM Khan addresses economic uncertainty, https://www.dawn.com/news/1438116, Zugriff 9.4.2019
? Dawn (11.2.2019): Govt aims to create 'a million jobs' for youth under Kamyab Jawan Programme, https://www.dawn.com/news/1463174, Zugriff 15.5.2019
? Dawn (9.4.2019): 135,000 apartments to be built in first phase of Naya Pakistan Housing project: Fawad Chaudhry, https://www.dawn.com/news/1474958, Zugriff 9.4.2019
? GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (2.2019a): Pakistan - Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/pakistan/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 21.3.2019
? GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (2.2019b): Pakistan - Gesellschaft, https://www.liportal.de/pakistan/gesellschaft/, Zugriff 21.3.2019
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? HRCP - Human Rights Commision of Pakistan (5.2017): State of Human Rights in 2016, http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/uploads/2017/05/State-of-Human-Rights-in-2016.pdf, Zugriff 21.3.2019
? IOM - International Organization for Migration (2018): Länderinformationsblatt Pakistan 2018, http://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2018_Pakistan_DE.pdf, Zugriff 21.3.2019
? KT - Khaleej Times (30.10.2018): Pakistan remittances may hit $22 billion in 2018-19, https://www.khaleejtimes.com/business/economy/Pakistan-remittances-may-hit-$22-billion-in-2018-19-, Zugriff 9.4.2019
? NPHS - Naya Pakistan Housing Scheme (13.10.2018): Who is eligible to apply for Naya Pakistan Housing Scheme?, http://nphp.pk/who-is-eligible-to-apply-for-naya-pakistan-housing-scheme/, Zugriff 9.4.2019
? NPHS - Naya Pakistan Housing Scheme (6.11.2018): Buyers must pay 20pc upfront to join PM housing scheme, http://nphp.pk/buyers-must-pay-20pc-upfront-to-join-pm-housing-scheme/, Zugriff 9.4.2019
? PBS - Pakistan Bureau of Statistics (2017a): Press Release on Provisional Results of 6th Population and Housing Census - 2017, http://www.statistics.gov.pk/assets/publications/Population_Results.pdf, Zugriff 1.4.2019
Sozialbeihilfen
Die Provinzen sind für die Einhebung und Verteilung von Zakat und Ushr zuständig. Die Mittel sind für die Unterstützung bedürftiger Muslime vorgesehen und sollen die extreme Armut in Übereinstimmung mit den Regeln des Islam reduzieren. Ein Teil des Wertes von elf verschiedenen Vermögensarten wird durch Banken, Firmen und anderen Finanzinstitutionen verpflichtend eingehoben. Die Vergabe der Geldmittel erfolgt an die Zakat-Kommitees gemäß Bevölkerungszahl der Distrikte und die Auszahlung des Zakat wird auf lokaler Ebene entschieden (Gov PJ o.D.).
Mit einer Verfassungsänderung im Jahr 2010 wurde die Gesetzgebung im Arbeits- und Sozialbereich vom Bund an die Provinzen übertragen. Einige Provinzen haben bereits Gesetze dazu erlassen, dabei jedoch wichtige Bereiche vom ehemaligen Bundesgesetz übernommen. Das frühere Bundesgesetz bleibt in Provinzen gültig, die noch keine entsprechende gesetzliche Grundlage geschaffen haben (ILO 2017).
Pensionsberechtigt sind Männer ab 60 und Frauen ab 55 Jahren mit mindestens 15 Beitragsjahren. Im Pensionssystem sind Angestellte von Unternehmen mit mehr als fünf Personen erfasst (USSSA 3.2017). Die Pensionsberechtigung ist auf den formellen Sektor beschränkt (HRCP 3.2019). In Pakistan kommen 2,3 % der Bevölkerung im Pensionsalter in den Genuss von Alterspension (ILO 2017). Es gibt Berichte, dass im formellen Sektor die Pensionsauszahlung verspätet erfolgt (HRCP 3.2019).
Bei Mutterschaft wird 12 Wochen lang durch den Arbeitgeber das volle Gehalt bezahlt (ILO 2017; vgl. USSSA 3.2017).
Es gibt keine Arbeitslosenunterstützung (ILO 2017). Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern bezahlen den Gehalt der letzten 30 Tage des Dienstverhältnisses multipliziert mit der Dauer des Dienstverhältnisses in Jahren als Abfindung (USSSA 3.2017; vgl. ILO 2017).
Der staatliche Wohlfahrtsverband überprüft an Hand spezifischer Kriterien, ob eine Person für den Eintritt in das Sozialversicherungssystem geeignet ist. Die Sozialversicherung ist mit einer Beschäftigung im privaten oder öffentlichen Sektor verknüpft (IOM 2018). Das Benazir Income Support Program und das Pakistan Bait-ul-Mal vergeben ebenfalls Unterstützungsleistungen (USSSA 3.2017).
Pakistan Bait-ul-Mal ist eine autonome Behörde, die Finanzierungsunterstützung an Notleidende, Witwen, Waisen, Invalide, Kranke und andere Bedürftige vergibt. Eine Fokussierung liegt auf Rehabilitation, Bildungsunterstützung, Unterkunft und Verpflegung für Bedürftige, medizinische Versorgung für mittellose kranke Menschen, der Aufbau kostenloser medizinischer Einrichtungen, Berufsweiterbildung sowie die finanzielle Unterstützung für den Aufbau von selbständigen Unternehmen (PBM o.D).
Das Benazir Income Support Programme zielt auf verarmte Haushalte insbesondere in abgelegenen Regionen ab. Durch Vergabe von zinsfreien Krediten an Frauen zur Unternehmensgründung, freie Berufsausbildung, Versicherungen zur Kompensation des Verdienstausfalles bei Tod oder Krankheit des Haupternährers und Kinderunterstützungsgeld sollen insbesondere Frauen sozial und ökonomisch ermächtigt werden (ILO 2017).
Die Edhi Foundation ist die größte Wohlfahrtstiftung Pakistans. Sie gewährt u.a. Unterkunft für Waisen und Behinderte, eine kostenlose Versorgung in Krankenhäusern und Apotheken, sowie Rehabilitation von Drogenabhängigen, kostenlose Heilbehelfe, Dienstleistungen für Behinderte sowie Hilfsmaßnahmen für die Opfer von Naturkatastrophen (Edih o.D.).
Die pakistanische Entwicklungshilfeorganisation National Rural Support Programme (NRSP) bietet Mikrofinanzierungen und andere soziale Leistungen zur Entwicklung der ländlichen Gebiete an. Sie ist in 70 Distrikten der vier Provinzen - inklusive Azad Jammu und Kaschmir - aktiv. NRSP arbeitet mit mehr als 3,4 Millionen armen Haushalten zusammen, welche ein Netzwerk von ca. 217.000 kommunalen Gemeinschaften bilden (NRSP o.D).
Quellen:
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? Gov PJ - Government of the Punjab (o.D., letztes Referenzdatum 2018): Zakat & Ushr Department - Overview & Functions, https://zakat.punjab.gov.pk/overview, Zugriff 26.3.2019
? HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (3.2019): State of Human Rights in 2018, http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/uploads/2019/04/State-of-Human-Rights-in-2018-English-1.pdf, Zugriff 23.4.2019
? ILO - International Labour Organization (2017): World Social Protection Report 2017-19 - Universal social protection to achieve the Sustainable Development Goals, https://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/---dgreports/---dcomm/---publ/documents/publication/wcms_604882.pdf, Zugriff 26.3.2019
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? NRSP - National Rural Support Programme (o.D.b): About NRSP, http://www.nrsp.org.pk/about.html, Zugriff 26.3.2019
? PBM - Pakistan Bait-ul-Mal (o.D.): Pakistan Bait-ul-Mal, http://www.pbm.gov.pk/pbm.html, Zugriff 26.3.2018
? USSSA - US Social Security Administration (3.2017): Social Security Programs Throughout the World: Asia and the Pacific, 2016, S 187ff, https://www.ssa.gov/policy/docs/progdesc/ssptw/2016-2017/asia/ssptw16asia.pdf, Zugriff 22.2.2019
Rückkehr
Unter gewissen Voraussetzungen verstoßen Pakistani mit ihrer Ausreise gegen die Emigration Ordinance (1979) oder gegen den Passport Act, 1974. Laut Auskunft der International Organization for Migration (IOM) werden Rückkehrende aber selbst bei Verstößen gegen die genannten Rechtsvorschriften im Regelfall nicht strafrechtlich verfolgt. Es sind vereinzelte Fälle an den Flughäfen Islamabad, Karatschi und Lahore bekannt, bei denen von den Betroffenen bei der Wiedereinreise Schmiergelder in geringer Höhe verlangt wurden. Rückkehrende, die nicht über genügend finanzielle Mittel verfügen um Schmiergelder zu zahlen, werden oft inhaftiert (ÖB 10.2018).
Zurückgeführte Personen haben bei ihrer Rückkehr nach Pakistan allein wegen der Stellung eines Asylantrags nicht mit staatlichen Repressalien zu rechnen. Eine über eine Befragung hinausgehende besondere Behandlung Zurückgeführter ist nicht festzustellen. Die Rückführung von pakistanischen Staatsangehörigen ist nur mit gültigem pakistanischem Reisepass oder mit einem von einer pakistanischen Auslandsvertretung ausgestellten nationalen Ersatzdokument möglich, nicht aber mit europäischen Passersatzdokumenten (AA 21.8.2018).
[Ungeachtet anderer Bedrohungslagen; vgl. andere relevante Abschnitte des LIB; Anm.] hält die Österreichische Botschaft Islamabad fest, dass es bei oppositioneller Betätigung im Ausland bislang zu keinen ha. bekannten Problemen bei der Rückkehr gekommen ist. Dasselbe gilt für im Ausland tätige Journalist/innen und Menschenrechtsaktivist/innen. Auch der im Rückkehrbereich langjährig tätigen International Organization for Migration (IOM) liegen keine diesbezüglichen Fälle vor (ÖB 10.2018).
Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen, auch für zurückkehrende, alleinstehende Frauen und unbegleitete Minderjährige, sind in Pakistan nicht vorhanden. Rückkehrer erhalten keinerlei staatliche Wiedereingliederungshilfen oder sonstige Sozialleistungen. EU-Projekte, wie z. B. das European Reintegraton Network (ERIN), sollen hier Unterstützung leisten (AA 21.8.2018).
Das Rückkehrprogramm ERIN wird von der pakistanischen NGO WELDO mit Finanzierung von AMIF und zahlreichen EU-Staaten durchgeführt (WELDO o.D.b). In 113 Bezirken werden Leistungen zur Reintegration und Unterstützung bereitgestellt. Die Programme sollen Rückkehrer wieder in den Arbeitsmarkt integrieren. Das Ausbildungsprogramm wird dem Bedarf am Arbeitsmarkt und der jeweilige Person angepasst. Gegenwärtig liegt der Fokus der Organisation in der nachhaltigen Integration von pakistanischen Staatsangehörigen nach ihrer Rückkehr (freiwillig oder unfreiwillig) aus den Partnerländern. Beratung und Unterstützung in der Zielregion wird in verschiedenen Sprachen geboten. Es gibt verschiedene Programme für verschiedene vulnerable Personengruppen (WELDO o.D.a).
Die der Österreichischen Botschaft in der Vergangenheit seitens der im Rückkehrbe