TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/14 L504 2216991-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.08.2019
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Entscheidungsdatum

14.08.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

L504 2216991-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , XXXX geb., StA. Türkei, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.03.2019, Zl. 1159444405 - 170811847, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 57, 10 AsylG 2005, § 9 BFA-VG, §§ 52 Abs 2 Z 2 u. Abs 9, 46, 55 FPG idgF, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

Die beschwerdeführende Partei [bP] stellte am 11.07.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Es handelt sich dabei um einen Mann, welcher seinen Angaben nach Staatsangehöriger der Türkei mit muslimischen Glaubensbekenntnis ist, der Volksgruppe der Kurden angehört und aus XXXX stammt.

Aus dem unbestritten gebliebenen Verfahrensgang des angefochtenen Bescheides ergibt sich Folgendes:

"[...]

- Sie sind spätesten am 11.07.2017 illegal in das Bundesgebiet eingereist.

- Am 11.07.2017 stellten Sie bei der Landespolizeidirektion XXXX Ihren gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

- Anlässlich der niederschriftlichen Befragung vor der Landespolizeidirektion XXXX am 11.07.2017 gaben Sie befragt zu Ihren Fluchtgründen folgendes an:

[...]

Mir wurde Propaganda gegen die türkische Regierung vorgeworfen. Man hat mir vorgeworfen, dass ich ein Bodyguard des HDP (Partei) Präsidenten gewesen sei. Es gab eine Sitzung der HDP, wo ich auch vor Ort war. Man hat mich dann mit denen in Verbindung gebracht und als Terrorist bezeichnet. - Ich habe auch ein Schreiben vom Gericht, was mir vorgeworfen wird.

[...]

- Sie haben spätestens am 31.08.2018 das Bundesgebiet illegal verlassen und sind in die Slowakei ausgereist.

- Sie wurden im Rahmen des Dublin IN-Verfahrens am 12.11.2018 aus der Slowakei in das Bundesgebiet rücküberstellt.

- Nach Zulassung Ihres Verfahrens wurden Sie am 14.02.2019 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Außenstelle Wien von dem zur Entscheidung berufenen Organwalter niederschriftlich einvernommen.

[...]

Die anwesenden Personen werden der Verfahrenspartei (VP) vorgestellt und deren Funktion/Aufgabe im Verfahren erklärt. Die Verfahrenspartei wird darauf hingewiesen, dass Sie im Fall von Verständigungsschwierigkeiten jederzeit rückfragen könne. Der Verhandlungsgegenstand wird der Verfahrenspartei erläutert.

Der Dolmetscher wird aufgefordert, bei Mehrfachbedeutungen eines Wortes nicht eigenmächtig eine Bedeutung zu wählen, sondern beide bzw. alle anzugeben oder zumindest auf diesen Umstand hinzuweisen und bei Unklarheiten nachzufragen, zumal sonst die Glaubwürdigkeit des Asylwerbers beeinträchtigt werden könnte.

Es wird Ihnen zur Kenntnis gebracht, dass Ihre Angaben die Grundlage für die Entscheidung im Asylverfahren sind. Sie sind verpflichtet, am Asylverfahren mitzuwirken, sämtliche Termine einzuhalten und Ladungen Folge zu leisten, da sonst Nachteile für Sie entstehen können. Es ist unumgänglich, dass Sie die Wahrheit sagen, nichts verschweigen und alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte selbständig und über Nachfrage wahrheitsgemäß darlegen. Ihre Angaben im Asylverfahren werden vertraulich behandelt und nicht an die Behörden Ihres Heimatlandes weitergegeben. Des Weiteren wird die Verfahrenspartei darauf hingewiesen, dass ihren Angaben eine besondere Glaubwürdigkeit zukommt sowie auch darüber, dass die Vorlage falscher Beweismittel sowie falsche Angaben zur Identität oder Herkunft strafrechtliche Folgen und eine für Sie nachteilig verlaufende Glaubwürdigkeitsprüfung nach sich ziehen. Im Fall von Urkundendelikten, oder etwa einer Täuschung in Bereicherungsabsicht ist auch mit strafrechtlicher Ahndung zu rechnen. Täuschungen über die Identität, die Nationalität oder über die Echtheit von Dokumenten können zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer rechtzeitig eingebrachten Beschwerde führen. Es ist wichtig, dass Sie nichts verschweigen. Denn sollte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Ihrem Ersuchen um Asylgewährung nicht nachkommen und Sie gegen diese Entscheidung ein Rechtsmittel einbringen, können Sie bei der Berufungsbehörde im Allgemeinen keine neuen Tatsachen und Beweismittel mehr vorbringen.

Sollten Sie etwas vergessen haben oder nicht in der Lage sein eine der an Sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten, geben Sie dies bitte unverzüglich an. Sollten Sie den Inhalt einer Frage oder den Wortlaut nicht verstanden haben, teilen Sie dies ebenfalls unverzüglich mit.

Anm.: Die Belehrung wurde Satz für Satz vorgelesen und durch die/den Dolmetscherin/Dolmetscher übersetzt.

Anm.: Bei Bedarf steht am Nebentisch Wasser zur freien Verfügung

LA: Haben Sie die Belehrung verstanden?

VP: Ja, ich habe die Belehrung verstanden.

LA: Verstehen Sie den Dolmetscher?

VP: Ja

LA: Liegen Befangenheitsgründe oder sonstigen Einwände gegen die anwesenden Personen vor?

VP: Nein.

LA: Werden Sie im Verfahren von jemanden vertreten oder besteht für jemand eine Zustellvollmacht?

VP: Derzeit gibt es nicht

LA: Waren Sie je im gegenständlichen Asylverfahren anwaltlich vertreten?

VP: Anfänglich hatte ich einen Anwalt gehabt, der RA hat die Vollmacht aufgelöst.

LA: Warum hat der RA die Vollmacht aufgelöst?

VP: Er hat viel Geld verlangt, das konnte ich nicht leisten

LA: Wann hat Ihr Anwalt die Vollmacht aufgelöst?

VP: Vor ca. 6 oder 7 Monate, das vermute ich, das weiß ich nicht mal genau

LA: Wie hieß Ihr Anwalt?

Anm.: VP schaut im Handy nach.

VP: ich vermute, Nikolaus

LA: Sie waren bis 23.01.2019 durch RA Mag. Nikolaus Rast (Verteidiger in Strafsachen) vertreten, Sie hätten am 23.01.2019 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Einvernahme gehabt, diesen Termin haben Sie nicht wahrgenommen, Sie sind unentschuldigt ferngeblieben, was sagen Sie dazu?

VP: Ich habe keine Ladung für diesen Tag erhalten.

Gesundheitszustand

LA: Fühlen Sie sich körperlich und geistig in der Lage der gegenständlichen Einvernahme zu folgen und die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten?

VP: Ja, es geht mir gut.

LA: Nehmen Sie Medikamente oder sind Sie in ärztlicher Behandlung?

VP: Nein ich nehme keine Medikamente

LA: Nehmen Sie Drogen oder Drogenersatzstoffe?

VP: Nein.

LA: Entsprechen Ihre bisherigen Aussagen in den behördlichen Befragungen der Wahrheit? Haben Sie bei der Erstbefragung den Dolmetscher verstanden?

VP: Ja ich habe die Wahrheit gesagt und ich habe den Dolmetscher einwandfrei verstanden.

Dokumente

LA: Können Sie identitätsbezeugende Dokumente oder sonstige Beweismittel in Vorlage bringen?

VP: Ja. Bei meiner Erstbefragung habe ich Dokumente vorgelegt. Ich habe kein sonstiges Beweismittel

Anm.: VP zeigt auf seinem Handy eine Festversammlung mit Menschenmengen.

LA: Zeigen Sie mir das Video erneut?

VP: Hier ist das Video.

LA: Wann haben Sie das Video aufgenommen?

VP: Vor ca. 5 Jahren

LA: Was ist das für eine Veranstaltung?

VP: Anlässlich des Märtyrers Mazlum Dogan, der im Gefängnis in Diyarbakir Selbstmord begangen hat, wurde diese Veranstaltung organisiert.

LA: Wann genau war diese Veranstaltung?

VP. Ich weiß nicht ganz genau, es war vor 4 oder 5 Jahren

LA: Wie viele Personen haben an dieser Veranstaltung teilgenommen?

VP: Ca. zehntausend Personen haben an dieser Veranstaltung teilgenommen.

LA: Wer war Mazlum Dogan?

VP: Er war einer der Anführer der kurdischen Organisation.

LA: Was für eine Organisation?

VP: PKK

LA: Geben Sie Ihren vollständigen Namen, Geburtstag und Geburtsort an.

VP: XXXX , geboren am XXXX , in der Türkei in XXXX

LA: Wie war Ihre letzte Wohnadresse in der Türkei?

VP: XXXX das ist alles

LA: Gibt es keine Straße oder Hausnummer usw.?

VP: XXXX ., mehr weiß ich nicht

LA: Hausnummer?

VP: Ich kann mich an meine Hausnummer nicht erinnern.

LA: Wie lange lebten Sie in og. Adresse?

VP: Ca. 2 Jahre

LA: Welcher Staatangehörigkeit gehören Sie an?

VP: Ich bin türkischer Staatsbürger

LA: Welcher ethnischen Gruppe bzw. Volks-oder Sprachgruppe gehören Sie an?

VP: Ich bin Alevite, ich bin Kurde, meine Muttersprache ist Zaza

LA: Bitte geben Sie uns Auskunft über Ihre Schulbildung bekannt!

VP: Mittelschule

LA: Wie lange haben Sie die Schule besucht?

VP: 8 Jahre, befragt gebe ich an, das ist meine höchste Schulbildung

LA: Waren Sie in der Türkei immer berufstätig?

VP: Ja

LA: Was war Ihre letzte Tätigkeit?

VP: Ich betrieb einen Internetcafeladen,

LA: Außer Internetcafeladen, haben Sie andere Berufstätigkeiten ausgeübt?

VP: Ich war Gärtner, Gartenzaunbauer

LA: Wie lange haben Sie diese Tätigkeit ausgeübt?

VP: Ca. 4 Jahre

LA: Wie lange haben Sie den Internetcafeladen betrieben?

VP: Ca. 6 Jahre

LA: Geben Sie mir die Adresse Ihres Ladens bekannt?

VP: XXXX , derzeit ist mein Laden im Betrieb

LA: Wer betreibt?

VP: Mein Geschäftspartner

LA: Wie hoch war Ihr Einkommen, ca. in Euro?

VP: ca. 500 Euro allein mein Anteil

Anm.: Sie werden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Sie im Fall von Verständigungsschwierigkeiten jederzeit rückfragen können.

Familie in der Türkei:

LA: Haben Sie Familienmitglieder in der Türkei?

VP: Ja

LA: Wer lebt von Ihren Familienmitglieder in der Türkei?

VP: Meine Eltern, zwei Schwestern, ich war offiziell verheiratet, mein Scheidungsverfahren ist noch offen.

LA: Haben Sie Kinder?

VP: Nein

LA: Können Sie belegen, dass Sie verheiratet sind, haben Sie eine Heiratsurkunde?

VP: Nein, in meinem Ausweis, der bei Ihnen vorliegt, darin ist festgehalten, dass ich verheiratet bin. Ich bin nicht sicher ob das drinnen steht.

LA: Wo leben Ihre Eltern?

VP: In XXXX

LA: Stehen Sie mit Ihrer Familie im regelmäßigen Kontakt (z.B.: telefonisch)?

VP: Ja

LA: Wann hatten Sie zuletzt Kontakt zu Ihrer Familie?

VP: Gestern

LA: Haben Sie Ihr Heimatland vor der jetzigen Reise jemals verlassen?

VP: Nein, ich war einmal in Georgien vor ca. 7 Jahren

LA: Wann haben Sie den Entschluss gefasst Ihr Heimatland zu verlassen?

VP: Ich arbeitete bei einer Bus-Firma. Ich habe einen Anruf bekommen, dass die Polizei bei mir in der Wohnung war. Dann bin ich nach Izmir gefahren, dann bin ich auf die Idee gekommen nach Ausland zu fahren.

LA: Haben Sie Ihr Heimatland legal oder illegal verlassen?

VP: Eine Woche vor meinem Asyl Antrag, bin ich aus der Türkei ausgereist

LA: Sind Sie illegal oder legal ausgereist?

VP: Ich bin illegal ausgereist.

FLUCHTGRUND:

LA: Schildern Sie bitte detailliert alle Gründe und konkreten Vorfälle, welche Sie zum Verlassen Ihres Heimatlandes veranlasst haben! Sie werden darauf hingewiesen, dass falsche Angaben die Glaubwürdigkeit Ihres Vorbringens beeinträchtigen können. Sie werden aufgefordert, die Zeiten und die Orte zu nennen, wann diese Vorfälle stattfanden und die Personen zu benennen, die daran beteiligt waren sowie zu schildern, was sich genau ereignet hat und gesprochen wurde. Vermerk: Dem AW wird die Aufforderung eingehend erklärt.

VP: Beginn der freien Erzählung: Mein Vater wurde im Jahr 2004 verhaftet. Nach seiner Entlassung aus der Haft, wurde er psychisch krank. Da er in XXXX gefoltert wurde. Er ist derzeit auch in Behandlung. Er ist nicht geheilt worden. Nach diesen Ereignissen, habe ich mich mit Alevitentum und Kurden Angelegenheiten beschäftigt. Ich war sehr jung, ich wurde Sympathisant der politischen Partei HDP. Ich habe an Jugendorganisationen der HDP im Jahr 2007 teilgenommen. Ich habe gemerkt, dass Kurden und Alewiten in der Türkei isoliert leben. Sie sind unterdrückt worden, dieses habe ich wahrgenommen. Vom türkischen Militär wurden wir ausgetrieben und in die Stadt ziehen (gezwungen zu leben). Das war 1996. Als Anhänger dieser Partei war ich aktiv. Ich war der Meinung die Politik friedlich zu betreiben. Ich widmete mich dem demokratischen Kampf. Alle Demonstrationen an denen ich teilnahm, waren legal.

LA: Haben Sie Militärdienst geleistet?

VP: Ja

LA: An wie vielen Demonstrationen haben Sie teilgenommen?

VP: Es waren zahlreiche

LA: Wie viele Personen haben an diesen Demonstrationen teilgenommen, wann waren diese Demonstrationen?

VP: Einmal zum Beispiel gab es Newruz Fest, da haben ca. sieben Millionen Menschen teilgenommen. Befragt gebe ich an, es war vermutlich im Jahr 2013

LA: Was passierte nach Ende dieser Demonstration?

VP: Nach dieser Demonstration wurde ein Freund von uns von der Polizei erschossen. Der Streit ist auf einem Video festgehalten.

LA: Wie heißt die Jugendorganisation der HDP?

VP: DEM-Genclik

LA: Können Sie in irgendeiner Weise belegen, dass Sie Mitglied waren?

VP: Mit HDP Funktionären, mit denen ich in Kontakt war, welche in Europa leben, könnten dies belegen.

LA: Wo befindet sich der Sitz des HDP Europa?

VP: Es gibt in Europa viele kurdische Vereine

LA: Gibt es ein Parteibüro der HDP in der EU?

VP: Nein so was gibt es nicht

LA: Wann sind Sie der Jugendorganisation der HDP beigetreten?

VP: Im Jahr 2007 habe ich die Organisation kennen gelernt, seit 2009 bin ich aktiv geworden

LA: Wo befindet sich der Sitz der Jugendorganisation der HDP?

VP: In XXXX , meine Aktivität war immer dort.

LA: Wie heißt der Leiter der Jugendorganisation der HDP?

VP: Er ist derzeit im Gefängnis, Ugur Faik Erol, er ist zu 89 Jahre Strafe verurteilt, man kann im Internet recherchieren

LA: Wo befindet das Büro der Jugendorganisation der HDP in XXXX , geben Sie mir die genaue Adresse bekannt?

VP: XXXX , im Zentrum der Stadt, genau weiß ich nicht,

LA: Wie oft haben Sie an Sitzungen der Jugendorganisation der HDP teilgenommen?

VP: An den Sitzungen haben ca. 50 bis 100 Personen teilgenommen, generell 1-mal in der Woche

LA: Wo haben Sie sich getroffen?

VP: Es gibt zwei Versammlungen, öffentliche und private. In Caféhäuser. Öffentliche Versammlungen in Parteibüro.

LA: Wo befindet sich das Büro und wie oft haben Sie offiziell an Sitzungen teilgenommen?

VP: In XXXX im Zentrum der Stadt. Einmal in der Woche

LA: Wann war das letzte Mal?

VP: es war wahrscheinlich im Dezember 2016

LA: Ist die politische Partei HDP im türkischen Parlament vertreten?

VP: Ja, der Parteivorsitzende ist im Gefängnis

LA: Sie sagten, dass Sie an vielen Demonstrationen teilgenommen habe, waren die Demonstrationen legal organisiert?

VP: Die Demonstrationen waren legal, sie waren bei der Polizei angemeldet. Trotzdem wurden wir von der Polizei angegriffen.

LA. Sie haben stets das recht gehabt auf die Straße zu gehen und zu demonstrieren!

VP: Ja

LA: Wie heißt der jetzige Vorsitzende der Jugendorganisation der HDP in XXXX ?

VP: Ich kenn den Familiennamen nicht, mit dem Vornamen: Selcuk

LA: Wie ist die Jugendorganisation der HDP aufgebaut, können Sie mir die Aufbaustruktur erklären?

VP: Demokratisch, Primär ist es so, dass wir uns auf unsere Muttersprache verständigen.

Wiederholung der Frage!

VP: In den Jahren zwischen 1995-1996, dass wir uns als Jugendliche organisieren, wir wurden von Mazlum Dogan (PKK) beeinflusst. Während dieser Zeit hat es auch einen Innenkrieg gegeben.

Anmerkung Pause: 10:38 bis 10:52 Uhr

LA: Sie haben bei der Erstbefragung ein Beweismittel vorgelegt, was wollten Sie damit beweisen?

VP: Damit mein Asylverfahren positiv beurteilt wird, damit ich mein Leben weiter fortsetzen darf.

LA: Was war das für ein Beweismittel?

VP: Dass ich Kurde bin. Das ist ein Beweismittel, dass ich an Demonstrationen teilgenommen habe. Beinhaltet gegen mich Vorwürfe durch den Staat

LA: Bitte beschreiben Sie mir Ihr Beweismittel?

VP: In dem Dokument wurde beschrieben, dass ich Slogans laut ausgesprochen hätte.

An diese Demonstration, an welche ich teilgenommen habe, ist in den Augen des Staates illegal und strafbar.

LA: Wann (Datum, Uhrzeit) und wo (Stad, Straße) begann die Demonstration?

VP: Das war so gegen 2012 oder 2013, in Elezig/Karakocan in Busbahnhofterminal,

LA: Was war ihr Ziel?

VP: Wir haben laut ausgesprochen, dass wir Kurden sind, es lebe der Anführer des kurdischen Volkes.

LA: Wer hat zu ihr aufgerufen?

VP: Die HDP hat aufgerufen. Weltweit wurden Menschen aufgerufen. Anlass war wegen Selbstmord des Mazlum Dogan und andere, die sich selbst verbrannt haben

LA: Waren Sie an der Vorbereitung beteiligt?

VP: Ja,

LA: Bitte schildern Sie mir Ihre Vorbereitung!

VP: Der Obmann der HDP XXXX hat mich angerufen. Er hat mich zu Parteibüro eingeladen. Befragt gebe ich an, in XXXX die Adresse kenne ich nicht. Es hat eine Versammlung gegeben, der Bürgermeister XXXX von XXXX hat mich beauftragt, dass ich die Sicherheit der Demonstranten beschütze.

LA: Wann hat XXXX Sie angerufen?

VP: Das Datum weiß ich nicht. Befragt gebe ich, Monat weiß ich auch nicht. Es müsste 2011 oder 2012 gewesen sein.

LA: Waren Sie allein beauftragt?

VP: Es waren 7 Personen, das war es. Der HDP Vorsitzender XXXX war auch dabei und hatte eine Rede gehalten.

LA: Wo leben die 7 Personen derzeit?

VP: Einer von 7 Personen war XXXX , dieser befindet sich im Gefängnis, Hr. Kocaman befindet sich in Deutschland, Hr. Kubilay Celik befindet sich in der Türkei, Hr. Abdulkadir Gül befindet sich im Gefängnis, die anderen weiß ich nicht wo sie sind.

LA: Wie viele Menschen haben an der Demonstration teilgenommen?

VP: Sicherlich über zehntausend Menschen haben teilgenommen.

LA: Sind die Demonstranten durch die Stadt gezogen?

VP: Die Demonstranten waren am gleichen Ort

LA: Welche Sicherheitskräfte haben die Demonstration beobachtet?

VP: Es war die Polizei anwesend, das Militär war auch anwesend und es waren auch zivile Polizisten dabei.

LA: Wie ist die Demonstration ausgegangen?

VP: Das war schön und die Demonstration ist friedlich auseinander gegangen, einige Jahre später wurden viele angeklagt.

LA: Waren Sie jemals in Haft?

VP: Ich war im Gefängnis, aber nicht aus politischen Gründen. Von der Polizei und vom Militär wurde ich schon festgenommen, einmal einen Tag, einmal 4 Tage

LA: Warum wurden Sie festgenommen?

VP: Weil ich an Demonstration teilgenommen habe, einmal habe ich für die Partei plakatiert

LA: Bitte sagen Sie mir genau wie oft und für wie viele Tage Sie in Haft waren und was waren die Gründe dafür?

VP: das erste Mal war 2011 für ein paar Stunden, ca. 4 Stunden, zweites Mal 2011 wegen Newroz fest für 4 Tage.

LA: Was passierte nach Ihrer Entlassung?

VP: Nach dem ich entlassen worden bin, bin ich zu Parteibüro gegangen.

LA. Vorhin sagten Sie, dass Sie im Gefängnis waren, zwar nicht aus politischen Gründen, warum?

VP: Es gab Rauferei. Strafrechtlich war ich im Gefängnis

LA: Wie lange waren Sie wegen Rauferei im Gefängnis?

VP: ca. 4 Monate

LA: Wie hoch war Ihre Strafe?

VP: Insgesamt für 4 Monate verurteilt, dann bin ich ohne Bewährung aus der Haft entlassen worden.

LA. Wann war das, ca. das Jahr?

VP: Das war 12/2011 nach drei Monaten 2012 bin ich freigelassen

LA: Sie haben eine Anklageschrift der Oberstaatsanwaltschaft der Stadt XXXX vorgelegt, wissen Sie was Ihnen vorgeworfen wird?

VP: Wegen Terrorpropaganda

LA: Sie lagen bei der Erstbefragung eine Anklageschrift der Oberstaatsanwaltschaft der Republik in XXXX vor, die Anklage wurde am 10.03.2017 von der Behörde getätigt, gab es bereits eine Gerichtsverhandlung?

VP: Es gibt nur Verfolgung siehe Anklageschrift

LA. Von wem haben Sie die Anklageschrift erhalten?

VP: Dies wurde mir per Post zugestellt, als ich in der Türkei war

LA: Was haben Sie unternommen, als Sie diesen Brief bekamen?

VP: Ich war verzweifelt. Ich habe festgestellt, dass ich Kurde bin und das ist das Problem

LA: Was haben Sie unternommen?

VP: Ich habe mich an einen Rechtsanwalt gewendet. Der RA sagte mir, wenn ich eine Gerichtsverhandlung haben werde, werde ich im Gefängnis landen. Dann bin ich ins Ausland geflüchtet

LA. Wie hieß Ihr RA in der Türkei?

VP: Ich habe keinen offiziellen RA. Ich habe vom Staat einen RA zur Seite gestellt bekommen.

LA: Wieso haben Sie sich keinen Anwalt in Ihrer Sache genommen?

VP: Ich wusste, dass ich betraft werde und verurteilt werde, daher bin ich ins Ausland geflüchtet.

LA: Woher wissen Sie, dass Sie verurteilt würden?

VP: Ich bin Kurde, meine Aktivitäten waren strafbar, viele Kollegen sind verhaftet worden, andere sind ins Ausland geflüchtet.

LA: Hat Ihre Gerichtsverhandlung stattgegeben?

VP: Ja, befragt gebe ich an, dass ich nicht weiß wann die Verhandlung war

LA: Wie ist die Verhandlung verlaufen?

VP: Die Verhandlung dauert noch

LA: Gab es bereits ein Urteil?

VP: Ich weiß nicht genau

LA: An welche Adresse haben Sie das Schriftstück des Oberstaatsanwaltschaft XXXX erhalten, geben Sie mir die Adresse bekannt?

VP: die Adresse lautet XXXX . Türnummer und Hausnummer weiß ich nicht mehr.

LA: Sie wissen Ihre Adresse nicht, wie können Sie mir das erklären?

VP: denkt nach! Soll ich jemanden fragen? Die Türnummer und Hausnummer werde ich besorgen.

Vorhalt: In dem Schreiben der Oberstaatsanwaltschaft XXXX ist eine komplett andere Adresse eingefügt, registriert beim Einwohneramt im Dorf / in der Gemeinde XXXX , in der Kreisstadt XXXX , in der Stadt XXXX , wohnhaft in XXXX , was sagen Sie dazu?

Ich habe diesen Brief nicht persönlich bekommen, meine Frau hat diesen Brief bekommen, in XXXX .

LA: Sie haben 14 Tage Zeit uns Unterlagen über Ihr Heiratsurkunde und ihren türkischen Familienregisterauszug, Leumundszeugnis (türkisch) vorzulegen!

VP: Ja das habe ich verstanden, ich werde mich bemühen.

LA: Wie heißt Ihr Vater und wann ist er geboren?

VP: Ali XXXX , mein Vater und meine Mutter sind getrennt seit 20 Jahren, sein Geburtsdatum weiß ich nicht genau. 1948 oder 1958.

LA: Wie heißt Ihre Mutter und wann ist sie geboren?

VP: Inci (Vorname), XXXX (Familienname)

LA: Sie haben die Türkei spätestens am Anfang Juli 2017 verlassen, wären Sie für den türkischen Staat von großer Bedeutung, hätte der Staat Sie bereits, bevor Sie Ihr Heimatland verließen, in Untersuchungshaft genommen bzw. festgenommen, was sagen Sie dazu!

VP: Ich wollte in einem Land nicht leben, wo ich als Terrorist bezeichnet werde. Da ich Alevite bin, bin ich aus der Gesellschaft isoliert. Ich kann mein Glaube nicht ausleben.

LA. Sie haben die Türkei im Juli 2017 verlassen, wann haben Sie die Schrift der Oberstaatsanwaltschaft erhalten?

VP. Das Schriftstück der Oberstaatsanwaltschaft in XXXX habe ich ca. vor 2 Jahren bekommen.

LA: Wissen Sie vielleicht das Jahr?

VP: Das weiß ich nicht genau, es müsste vor zwei Jahren gewesen sein.

LA: Möchten Sie weitere Fluchtgründe geltend machen? Möchten Sie noch etwas hinzufügen?

VP: Nein das ist alles, was ich eben gesagt habe.

LA: Haben Sie seit Ihrer Einreise stets im Bundesgebiet aufgehalten?

VP: Ich bin auch in die Slowakei gereist. Dort war ich für zwei Monate im Gefängnis

LA: Warum waren Sie im Gefängnis?

VP: da ich mit meiner Freundin in der Slowakei auf Urlaub war, wurde ich festgenommen.

LA: Haben Sie in einem anderen Land um internationalen Schutz angesucht?

VP: Nein

Situation bei Rückkehr

LA: Hätten Sie die Möglichkeit, in einem anderen Teil Ihres Heimatlandes zu leben? Zum Beispiel in Istanbul oder einer anderen größeren Stadt?

VP: Nein

LA: Warum nicht?

VP: Solange ich in der Türkei bin und meinen Kampf weiter führe, besteht immer die Gefahr.

LA: Was erwarten Sie im Falle Ihrer Rückkehr in Ihr Heimatland?

VP: Es besteht eine Gefahr, weil ich hier um Asyl angesucht habe, wir haben keine Sicherheit in der Türkei, weil ich Alevite bin.

Leben in Österreich

LA: Haben Sie Verwandte bzw. Bekannte im Bundesgebiet?

VP: Nein, ich habe eine Freundin, ich lebe mit ihr zusammen.

LA: Wie heißt Ihre Freundin?

VP: XXXX , entschuldige, XXXX , geb.: 1978

LA: Seit wann sind Sie mit der Freundin zusammen?

VP: Seit 14 Monaten

LA: Was hat Ihre Freundin für eine Staatsbürgerschaft?

VP: Sie ist Österreicherin

LA: Haben Sie Verwandte bzw. Bekannte im EU-Raum?

VP: Ja

LA: Besuchen Sie derzeit einen Deutschkurs oder haben Sie bereits Deutschkurse besucht?

VP: Ich möchte einen Deutschkurs besuchen, aber bis jetzt habe ich keinen Deutschkurs besucht.

LA: Wie würden Sie ihren Tagesablauf beschreiben?

VP: Ich bin meistens mit meiner Freundin,

LA: Gehen Sie einer Beschäftigung nach?

VP: Nein

LA: Wovon bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt?

VP: Meine Mutter und meine Freundin unterstützen mich

LA: In welcher Form erhalten Sie eine Unterstützung von Ihrer Mutter?

VP. Sie schickt mir Geld über Western Union, manchmal über Freunde schickt sie mir das Geld

LA: Wie viel Geld bekommen Sie?

VP: ca. 100 Euro monatlich

LA: Sind Sie Mitglied eines Kulturvereins?

VP: Nein

LA: Welche Arbeiten könnten und würden Sie annehmen und verrichten?

VP: Mein Beruf werde ich ausüben.

LA: Ihnen wird nun die Möglichkeit eingeräumt, in das vom BFA zur Beurteilung Ihres Falles herangezogene Länderinformationsblatt zu Ihrem Heimatland samt den darin enthaltenen Quellen Einsicht und gegebenenfalls schriftlich Stellung zu nehmen. Diese Quellen berufen sich vorwiegend unter anderem auf Berichte von EU-Behörden von Behörde von EU-Ländern aber auch Behörden anderer Länder, aber auch Quellen aus Ihrer Heimat wie auch zahlreichen NGOs und auch Botschaftsberichten, die im Einzelnen auch eingesehen werden können.

VP: Ich verzichte drauf.

LA: Haben Sie Einwände, dass das Bundesamt im Bedarfsfall konkrete anonymisierte

Ermittlungen in Bezug auf Ihre Person und Ihr Vorbringen in Ihrem Herkunftsstaat durchführt, falls solche Ermittlungen für die Beurteilung Ihres Antrages von Bedeutung sein sollten?

VP: Ich habe keine Einwände.

LA: Möchten Sie sich noch etwas angeben?

VP: Nein, danke.

LA: Konnten Sie sich konzentrieren?

VP: Ja.

LA: Haben Sie den Dolmetscher verstanden?

VP: Ja.

Die Niederschrift wurde dem/der Vernommenen und der/den beigezogenen Person/en zur Durchsicht vorgelegt.

Die Niederschrift wurde dem/der Vernommenen und der/den beigezogenen Person/en vorgelesen.

Der Inhalt der Niederschrift wurde auf folgende Weise wiedergegeben: Übersetzung durch den anwesenden Dolmetsch

LA: Wurde Ihnen alles rückübersetzt?

VP: Ja.

LA: Wurde das rückübersetzt, was Sie vorher angegeben haben oder wollen Sie Korrekturen angeben?

VP: Alles wurde korrekt angegeben.

Vermerk: Ausdrücklich wird festgehalten, dass der Antragsteller während dieser Vernehmung zeitlich und örtlich orientiert war, der Antragsteller einen völlig normalen Eindruck machte, auf die Fragen klar und spontan antwortete. Es ergaben sich während dieser Vernehmung keinerlei Anzeichen, dass der Asylwerber psychisch beeinträchtigt wäre.

Ende der Amtshandlung um Uhr. 12:30

Ende der Rückübersetzung um Uhr. 13:15

[...]

- Mit Verfahrensanordnung vom heutigen Tag wurde Ihnen ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

Anm. Rechtschreibfehler wurden nachträglich ausgebessert.

[...]"

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich vom Bundesamt gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt.

Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei nicht zugesprochen.

Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig sei.

Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Das Bundesamt gelangte im Wesentlichen zur Erkenntnis, dass hinsichtlich der Gründe für die Zuerkennung des Status eines asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten eine aktuelle und entscheidungsrelevante Bedrohungssituation nicht glaubhaft gemacht worden sei. Ebenso ergebe sich aus allgemeinen Lage im Herkunftsstaat keine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende bzw. reale Gefährdung der bP. Abschiebungshindernisse lägen demnach nicht vor. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen seien nicht gegeben. Ein die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung übersteigendes Privat- und Familienleben würde nicht vorliegen und wurde daher eine Rückkehrentscheidung verfügt.

Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Eingangs wird darauf hingewiesen, dass die bP ihre Aussagen inhaltlich aufrecht halte. Das BFA habe es verabsäumt, den vorgebrachten Hinweisen von Amts wegen nachzugehen. Die Beschwerde erklärt die seitens des BFA festgestellten Widersprüche damit, dass die bP in einem Dorf lebe, wo es keine Türnummern gebe; es sei in den kleinen Dörfern und Städten der Türkei üblich, dass die Leute sich an das genaue Datum der Vorfälle nicht erinnern können; die bP habe Konzentrationsstörungen und könne sich auf ihre Sachen nicht konzentrieren. Mangels finanzieller Mittel und der Sprachbarriere könne sie keine Therapie in Anspruch nehmen. Vor dem Hintergrund der Länderberichte (keine Meinungs- und Pressefreiheit, Haftbedingungen in Polizeigewahrsam, Folter und Misshandlung, keine Unabhängigkeit der Justiz) könne die bP nicht in die Türkei zurückkehren. Die bP hatte auf Grund der Anklageerhebung bereits eine Verhandlung und befürchte bald inhaftiert zu werden. Bei einer Einreise werde sie sofort durch die Polizei verhört werden. Die bP lebe seit 2 Jahren mit einer Österreicherin mit türkischem Hintergrund in einer Beziehung und möchte diese, sobald seine Scheidung in der Türkei rechtskräftig sei, heiraten. Eine Unterhaltung in deutscher Sprache sei für die bP problemlos möglich. Sie habe auch einen großen Freundeskreis aufgebaut. Beantragt wird die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das BVwG hat durch den Inhalt des übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, einschließlich der Beschwerde Beweis erhoben.

1. Feststellungen (Sachverhalt)

Das Bundesamt traf auf Grund des Ermittlungsverfahrens folgende Feststellungen denen sich das BVwG anschließt:

" Zu Ihrer Person:

Ihre Identität steht fest. Sie heißen XXXX . Sie sind am XXXX in der Türkei geboren. Sie haben Ihren Aufenthalt in der Stadt XXXX im Landeskreis XXXX bezogen. Sie sind türkischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Kurden. Sie gehören der Glaubensgemeinschaft der Alewiten an.

Es wird festgestellt, dass Ihre Muttersprache Zaza ist, Sie beherrschen die türkische Sprache und haben 8 Jahre lang die Schule in der Türkei besucht.

Fest steht, dass Sie wissentlich spätestens am 31.08.2018 illegal das Bundesgebiet verlassen haben und in die Slowakei ausgereist sind.

Fest steht, dass Sie gemäß § 15 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 Ihre Mitwirkungspflicht verletzt haben, indem Sie am 23.01.2019 zur anberaumten Verfahrenshandlung (Einvernahme) beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ohne eine begründete Mitteilung fern blieben.

Fest steht, dass Sie gemäß § 15 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 Ihre Mitwirkungspflicht ebenfalls verletzt haben, indem Sie für Ihr Verfahren relevante Dokumente (türk. Heiratsurkunde, türk. Familienregisterauszug, türk. Leumundszeugnis) trotz eingeräumten 14-tägigen Frist ohne eine begründete Mitteilung nicht zur Verfügung gestellt haben.

Zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats:

Nicht festgestellt werden konnte, dass Sie in der Türkei einer asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt waren bzw. eine solche zukünftig zu befürchten hätten. Es kann auch aus den sonstigen Umständen keine asylrelevante Verfolgung iSd GFK festgestellt werden.

In Ihrem Fall konnte nicht festgestellt werden, dass Sie aus wohl begründeter Furcht vor Verfolgung wegen Ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen Ihrer politischen Überzeugung, Ihre Heimat verlassen haben.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass Sie in Ihrem Herkunftsstaat einer staatlichen

Bedrohung bzw. Verfolgung ausgesetzt waren.

Es konnte in diesem Zusammenhang auch nicht festgestellt werden, dass Sie persönlich

Probleme mit Ämtern und Behörden in Ihrem Herkunftsstaat gehabt hätten bzw. solche zu befürchten hätten.

Fest steht, dass Sie Ihre illegale Einreise dazu nutzten um im Bundesgebiet einer dauerhaften Niederlassung unter Umgehung der Einreise- und Niederlassungsvorschriften zu bewirken und nicht auf einer Verfolgung und der daraus resultierenden Schutzsuche.

Zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:

Fest steht, dass dem Bundesamt auch keine Umstände bekannt sind, dass in der Republik Türkei eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Artikel 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre, oder eine derartige humanitäre Katastrophe vorherrschte, dass das Überleben von Personen mangels Nahrung und Wohnraum tatsächlich in Frage gestellt wäre.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass Sie bei einer Rückkehr in die Türkei weder aus wohl begründeter Furcht vor Verfolgung wegen Ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen Ihrer politischen Überzeugung einer asylrelevanten Bedrohung ausgesetzt wären.

Es liegt in Ihrem Fall keine relevante Gefährdungslage in Bezug auf Ihren unmittelbaren Heimatort vor.

Es konnte festgestellt werden, dass Sie im Falle Ihrer Rückkehr bei Ihrer Familie im elterlichen Haushalt vorübergehend leben können.

Es konnte festgestellt werden, dass die allgemeine Sicherheitslage Lage in der Türkei stabil ist. Eine flächendeckende bürgerkriegsähnliche Situation in der Türkei ist nicht feststellbar.

Es steht fest, dass Sie in einem gesunden und arbeitsfähigen Alter sind. Ein Rückkehrhindernis ist in Ihrem Fall nicht feststellbar.

Es steht fest, dass Sie sich mit Hilfe der eigenen Arbeitsleistung Ihren Lebensunterhalt in der Türkei nach wie vor sichern können.

Es steht fest, dass Hinderungsgründe - etwa wegen lebensbedrohlicher Krankheit - sich im gegenständlichen Verfahren nicht ergeben haben.

Gegenwärtig sind Sie nur aufgrund der Asylantragstellung vorübergehend zum Aufenthalt berechtigt, einen anderen Aufenthaltstitel haben Sie nicht.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass Sie im Falle Ihrer Rückkehr in Ihrem Recht auf Leben gefährdet, der realen Gefahr von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder der Gefahr der Vollstreckung der Todesstrafe ausgesetzt wären.

Zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Es steht fest, dass Sie verheiratet sind. Sie haben keine sorgepflichtigen Kinder.

Fest steht, dass Sie in der Türkei eine 8 jährige Schulausbildung hatten.

Fest steht, dass Sie Ihren Militärdienst abgeleistet haben.

Es konnte festgestellt werden, dass Sie über fundierte Arbeitserfahrung als Gärtner, Gartenzaunbauer haben. Weiteres steht fest, dass Sie gemeinsam mit einer anderen Person in den letzten 6 Jahren einen Internet-Café-Laden in der Stadt XXXX betrieben haben. Fest steht, dass Sie Ihre geschäftliche Partnerschaft nicht aufgelöst haben, Ihr Geschäftspartner würde nach wie vor den "Internet-Café-Laden" betreiben.

Es steht fest, dass Sie arbeitsfähig sind und an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung leiden.

Zur Ihrer Familienkonstellation wird festgestellt, dass Ihre Eltern, Ihre Geschwister und Ihre Gattin nach wie vor in Ihrem Heimatstaat wohnhaft sind.

Fest steht, dass Sie regelmäßig mit Ihrer Familie in Kontakt stehen.

Fest steht, dass Sie im Bundesgebiet eine Freundin hätten. Sie würden mit Ihrer Freundin im gemeinsamen Haushalt leben.

Fest steht, dass Sie im Bundesgebiet nicht berufstätig sind. Fest steht, dass Sie die Grundversorgung des Bundes beziehen.

Weiteres steht fest, dass Sie im Bundesgebiet keine Bemühungen unternommen haben, die deutsche Sprache zu erlernen. Sie sind im Bundesgebiet weder in einem Kultur- noch in einem politischen Verein tätig.

Die Bestehung eines sonstigen nennenswerten sozialen Umfeldes in Österreich ist nicht feststellbar.

Zur Lage in Ihrem Herkunftsland: [...]"

Das Bundesamt traf im angefochtenen Bescheid Feststellungen zum Herkunftsstaat Türkei auf Basis des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation, Stand 28.01.2019. Im Wesentlichen ergibt sich für diesen Fall zusammengefasst daraus Folgendes:

Mehr als 15 Millionen türkische BürgerInnen, so wird geschätzt, haben einen kurdischen Hintergrund und sprechen einen der kurdischen Dialekte. Wenngleich es zu Diskriminierungen kommen kann, ergibt sich auf Grund der Berichtslage nicht, dass Kurden mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit wegen ihrer Volksgruppenzugehörigkeit in der Türkei einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wären.

Die Versorgungslage ist in der Türkei grds. gesichert und ist Kurden - so wie der übrigen Bevölkerung - auch eine Teilnahme am Erwerbsleben möglich.

Die Sicherheit ist für die Bevölkerung im Allgemeinen gewährleistet und die staatlichen Schutzmechanismen hinreichend funktionsfähig. Es kann nicht festgestellt werden, dass in der Türkei aktuell eine Lage herrschen würde, wonach diese für eine Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde."

In der Türkei sind laut Regierungsangaben 99% der Bevölkerung muslimischen Glaubens, 77,5% davon sind schätzungsweise Sunniten der hanafitischen Rechtsschule. Es gibt einen beträchtlichen Anteil an Aleviten. Die Aleviten-Stiftung geht von 25 bis 31% der Bevölkerung aus. Die schiitische Dschafari-Gemeinde schätzt ihre Anhängerschaft auf 4% der Einwohner. Die nicht-muslimischen Gruppen konzentrieren sich überwiegend in Istanbul und anderen großen Städten sowie im Südosten des Landes.

Aleviten

Die Türkei hat weltweit den größten Anteil an Aleviten. Man geht von 15 bis 25 Millionen Aleviten aus. Vor allem die Provinzen Tunceli, Elazig, Bingöl, Sivas, Erzincan, Malatya, Kaysereri, Adana und Tokat sind in diesem Zusammenhang zu nennen. Die alevitische Religion weist viele unterschiedliche Einflüsse aus anderen Religionen - auch aus vor-islamischer Zeit - auf. Außerdem ist das Alevitentum in seinen Vorstellungen recht heterogen. Ob Aleviten zum Islam gehören oder nicht, ist sowohl innerhalb der Aleviten als auch außerhalb der Glaubensgemeinschaft ein Streitthema (ÖIF Monographien 2013; vgl. MRG 6.2018). Politisch stehen die kurdischen Aleviten vor dem Dilemma, ob sie ihrer ethnischen oder religiösen Gemeinschaft gegenüber loyal sein sollten. Einige kümmern sich mehr um die religiöse Solidarität mit den türkischen Aleviten als um die ethnische Solidarität mit den Kurden, zumal viele sunnitische Kurden sie missbilligen. Dies könnte zu neuen ethno-religiösen Konflikten führen (MRGI 6.2018).

Die offizielle Türkei erkennt das Alevitentum als kulturelles Phänomen, nicht aber als religiöses Bekenntnis, an (ÖB 10.2017). Ein wichtiger Meilenstein für die alevitische Gemeinschaft war im Dezember 2015 die Ankündigung einer Reihe von erweiterten Rechten für Aleviten, einschließlich der rechtlichen Anerkennung von Cemevis, ihren Gotteshäusern - einem seit langem bestehenden Bereich der Diskriminierung (MRGI 6.2018).

Trotz dieser Fortschritte gibt es weiterhin Probleme. Immer wieder werden alevitische Häuser mit abfälligen oder türkisch-nationalistischen Parolen beschmiert. Im November 2017 brachten die alevitischen Gemeindeleiter ihre Besorgnis zum Ausdruck, als 13 Häuser in der östlichen Provinz Malatya mit roten Kreuzen beschmiert wurden. Und im selben Monat griff ein Mob ein Cem-Haus in Istanbul an und versuchte es in Brand zu setzen (MRGI 6.2018).

Die Aleviten bleiben im Land politisch marginalisiert, mit einer begrenzten Vertretung in offiziellen Machtpositionen. Nach dem Putschversuch im Jahr 2016 und den anschließenden Aktionen der Regierung gegen ihre vermeintlichen Gegner wurden zahlreiche Journalisten inhaftiert und die Medien geschlossen, darunter die meisten, die über die alevitische Kultur berichteten (MRGI 6.2018). Außerdem wurden nach dem Putschversuch tausende Aleviten festgenommen oder verloren ihre Arbeit. Sie wurden von Staatspräsident Erdogan und der regierenden AK-Partei pauschal verdächtigt, mit dem Militär und mit den Putschisten sympathisiert zu haben. Die massive Verfolgung der Aleviten ist bis heute vor allem in der Provinz Dersim (türkisch: Tunceli), im alevitischen Kernland spürbar (Telepolis 10.8.2016; vgl. GI 18.1.2018). Auch alevitische Journalisten sind betroffen. TV10, der Fernsehsender "die Stimme der Aleviten", wurde im September 2016 geschlossen, angeblich wegen Bedrohung der nationalen Sicherheit und Zugehörigkeit zu einer Terrororganisation (GI 18.1.2018). Im Jänner 2018 wurden die Leiter des stillgelegten alevitischen Fernsehsenders TV10 wegen "Terrorismus" verhaftet (Ahval 19.1.2018). Ende Dezember 2016 wurde nach einer Entscheidung des türkischen Obersten Radio- und Fernsehrates (RTÜK) die Ausstrahlung des alevitischen Senders "Yol TV" wegen angeblicher Beleidigung des Präsidenten und der Huldigung terroristischer Organisationen eingestellt (TM 29.12.2016). Ende März 2018 ließen türkische Gerichte 16 Mitglieder des alevitischen "Pir Sultan Abdal" Kulturverbandes (PSAKD) verhaften. Die Mitglieder wurden beschuldigt, eine terroristische Organisation zu unterstützen (SCF 24.3.2018).

Die türkische Regierung betrachtet den Alevismus weiterhin als heterodoxe muslimische Sekte. Obwohl die alevitischen Gruppen in der Lage waren, neue Cemevis zu bauen, lehnte die Regierung weiterhin ab, ihren Bau finanziell zu unterstützen. Repräsentanten der Aleviten berichteten, dass die Zahl der 2.500 bis 3.000 Cemevis im Land nicht ausreicht, um die Nachfrage zu befriedigen Die Regierung erklärte hingegen, dass die von der Diyanet finanzierten Moscheen den Aleviten und allen Muslimen unabhängig von ihrer Religionsschule zur Verfügung stünden (USDOS 29.5.2018).

Türkische Staatsangehörige, die im Ausland in herausgehobener oder erkennbar führender Position für eine in der Türkei verbotene Organisation tätig sind und sich nach türkischen Gesetzen strafbar gemacht haben, laufen Gefahr polizeilicher oder justizieller Maßnahmen, wenn sie in die Türkei einreisen. Insbesondere Personen, die als Auslöser von als separatistisch oder terroristisch erachteten Aktivitäten und als Anstifter oder Aufwiegler angesehen werden, müssen mit strafrechtlicher Verfolgung durch den Staat rechnen (AA 3.8.2018). Personen die für die PKK oder eine Vorfeldorganisation der PKK tätig waren, müssen in der Türkei mit langen Haftstrafen rechnen. Ähnliches gilt für andere Terrororganisationen (z.B. DHKP-C, türkische Hisbollah, Al-Qaida) (ÖB 10.2017). Das türkische Außenministerium sieht auch die syrisch-kurdische PYD bzw. die YPG als von der als terroristisch eingestuften PKK geschaffene Organisationen, welche mit der PKK hinsichtlich der Führungskader, der Organisationsstrukturen sowie der Strategie und Taktik verbunden sind (MFA o.D.).

Wenn bei der Einreisekontrolle festgestellt wird, dass für die Person ein Eintrag im Fahndungsregister besteht oder ein Ermittlungsverfahren anhängig ist, wird die Person in Polizeigewahrsam genommen. Es ist in den letzten Jahren jedoch kein Fall bekannt geworden, indem ein in die Türkei zurückgekehrter Asylbewerber im Zusammenhang mit früheren Aktivitäten - dies gilt auch für exponierte Mitglieder und führende Persönlichkeiten terroristischer Organisationen - gefoltert oder misshandelt worden ist (AA 3.8.2018).

Rückkehrprobleme im Falle einer Asylantragstellung im Ausland sind keine bekannt. Nach Artikel 23 der türkischen Verfassung bzw. Paragraph 3 des türkischen Passgesetzes ist die Türkei zur Rückübernahme türkischer Staatsangehöriger verpflichtet, wenn zweifelsfrei der Nachweis der türkischen Staatsangehörigkeit vorliegt (ÖB 10.2017).

Wenngleich es Mängel im Sicherheits-und Rechtschutzsystem gibt, kann nicht davon gesprochen werden, dass für die Bevölkerung generell keine wirksamen Schutzmechanismen vorhanden wären oder, dass dazu kein Zugang möglich wäre. Gerichtliche Entscheidungen können durch Rechtsmittel im Fall der Begründetheit auch wirksam bekämpft werden.

Es ergibt sich auf Grund der Berichtslage und dem aktuellen Amtswissen (www.ecoi.net) nicht, dass im Herkunftsstaat der beschwerdeführenden Partei eine Lage herrschen würde, die für eine Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit (infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes) mit sich bringen würde.

Es kann auf Grund der aktuellen Berichtslage und dem aktuellen Amtswissen nicht festgestellt werden, dass derzeit quasi jede Person mit dem Persönlichkeitsprofil der beschwerdeführenden Partei (insbes. ethnische, konfessionelle Zugehörigkeit) in der Türkei einer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohenden Verfolgung aus asylrelevanten Motiven unterliegen würde.

Es kann ebenso nicht festgestellt werden, dass für solche Personen in der Türkei eine allgemeine Sicherheitslage herrschen würde, wonach sie per se einer realen Gefahr einer Gefährdung der persönlichen Unversehrtheit ausgesetzt wären

Es kann auf Grund der Berichtslage und dem aktuellen Amtswissen nicht festgestellt werden, dass aktuell in der Türkei eine derart schlechte Versorgungslage herrschen würde, dass nicht das zur Existenz unbedingt Notwendige erlangbar wäre.

Die Gesundheitsversorgung ist grds. gewährleistet und zugänglich.

2. Beweiswürdigung

Einleitend ist anzuführen, dass die im Verfahren aufgenommenen Niederschriften mit den Aussagen der bP vollen Beweis iSd § 15 AVG über den Verlauf und Gegenstand der Amtshandlung bilden und mit diesem Inhalt als zentrales Beweismittel der Beweiswürdigung unterzogen werden können.

Die bP trat den Gegenbeweis der Unrichtigkeit des darin bezeugten Vorganges nicht an.

Das Bundesamt würdigte die Ermittlungsergebnisse folgendermaßen:

"[...]

Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Person:

Ihre Identität steht mangelfrei fest. Sie heißen XXXX . Sie sind am XXXX in der Türkei geboren. Sie sind türkischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Kurden. Zur Feststellung Ihrer Identität wurde Ihr türk. Ausweis seitens Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl i.S.d. § 39 Abs. 3 BFA-VG sichergestellt.

Die Feststellungen zu Ihrer Herkunftsregion, Familienstand, Staatsangehörigkeit, Glaubens- und Volksgruppenzugehörigkeit beruhen auf Ihren diesbezüglichen Angaben in der Erstbefragung und der Einvernahmen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl.

Die Feststellungen zu Ihrem Gesundheitszustand begründen sich auf Ihre eigenen Angaben sowie auf den Umstand, dass Sie nichts Gegenteiliges in Vorlage gebracht haben.

Zu Ihrem persönlichen Umfeld haben Sie vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich dargelegt, dass Sie in der Türkei 8 Jahre die Schule besucht hätten.

Die Feststellung zu Ihrer illegalen Einreise beruht darauf, dass Sie schlepperunterstütz in das Bundesgebiet einreisten sind.

Sie haben wissentlich spätestens am 31.08.2018 illegal das Bundesgebiet verlassen und sind in die Slowakei ausgereist.

Sie haben gemäß § 15 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 Ihre Mitwirkungspflicht verletzt, indem Sie am 23.01.2019 zur anberaumten Verfahrenshandlung (Einvernahme) beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ohne eine begründete Mitteilung fernblieben.

Sie haben ebenfalls gemäß § 15 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 Ihre Mitwirkungspflicht verletzt, indem Sie für Ihr Verfahren relevante Dokumente (türk. Heiratsurkunde, türk. Familienregisterauszug, türk. Leumundszeugnis) trotz eingeräumter 14-tägigen Frist ohne eine begründete Mitteilung nicht zur Verfügung gestellt haben.

Zu Ihrer strafrechtlichen Unbescholtenheit in der Türkei gaben Sie an, dass Sie 4-monatige Freiheitsstrafe wegen Raufhandels verbüßen mussten.

Ihrer Angaben nach haben Sie in der Türkei Ihren Wehrdienst abgeleistet.

In Folge waren Sie ausschließlich nur auf Grund der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz nach den Bestimmungen des Asylgesetzes zum vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Darüber hinaus waren Sie niemals zum Aufenthalt nach anderen gesetzlichen Bestimmungen berechtigt. Dies ergibt sich aus der Aktenlage.

Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats:

Gerade im Asylverfahren ist das Vorbringen des Antragstellers oft das einzige Beweismittel, welches von der Partei der Behörde zur Verfügung gestellt wird. Die niederschriftlichen Angaben der Partei stellen daher im überwiegenden Teil des Verfahrens die wesentliche Entscheidungsgrundlage dar. Im Asylverfahren liegt oft ein geradezu sachtypischer Beweisnotstand vor, weshalb das Vorbringen auf die Glaubhaftigkeit und die Person des Asylwerbers selbst auf die Glaubwürdigkeit zu prüfen sind.

Ein Vorbringen wird dann glaubhaft sein, von es nachfolgende Grunderfordernisse erfüllt:

1. Das Vorbringen des Asylwerbers ist genügend substantiiert. Dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen.

2. Das Vorbringen muss, um als glaubhaft zu gelten, in sich schlüssig sein. Der Asylwerber darf sich nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.

3. Das Vorbringen muss plausibel sein, d.h. mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist u.a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegung mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erschienen.

4. Der Asylwerber muss persönlich glaubwürdig sein. Das wird dann nicht der Fall sein, wenn sein Vorbringen auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt ist, aber auch dann, wenn er wichtige Tatsachen verheimlicht oder bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet und verspätet erstatte oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert.

Es wurde auch vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es der Verwaltungsbehörde [nunmehr dem BFA] nicht verwehrt ist, auch die Plausibilität eines Vorbringens als ein Kriterium der Glaubwürdigkeit im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung anzuwenden. (VwGH v. 29.6.2000, 2000/01/0093).

Sie reisten spätestens am 11.07.2017 illegal in das Bundesgebiet ein und haben am 11.07.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz bei der LPD XXXX gestellt.

Im Zuge Ihrer Antragstellung auf internationalen Schutz, haben Sie am 18.02.2019 im Rahmen Ihrer asylrechtlichen Einvernahme folgende Angaben gemacht:

[...]

LA: Schildern Sie bitte detailliert alle Gründe und konkreten Vorfälle, welche Sie zum Verlassen Ihres Heimatlandes veranlasst haben! Sie werden darauf hingewiesen, dass falsche Angaben die Glaubwürdigkeit Ihres Vorbringens beeinträchtigen können. Sie werden aufgefordert, die Zeiten und die Orte zu nennen, wann diese Vorfälle stattfanden und die Personen zu benennen, die daran beteiligt waren sowie zu schildern, was sich genau ereignet hat und gesprochen wurde. Vermerk: Dem AW wird die Aufforderung eingehend erklärt.

VP: Beginn der freien Erzählung: Mein Vater wurde im Jahr 2004 verhaftet. Nach seiner Entlassung aus der Haft, wurde er psychisch krank. Da er in XX

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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