TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/20 L515 2210677-1

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Veröffentlicht am 20.08.2019
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Entscheidungsdatum

20.08.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1

Spruch

L515 2210677-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch die Mutter, XXXX , geb. XXXX als gesetzliche Vertreterin, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.11.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm §34 Abs. 2 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

II. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

I.1. Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge kurz als "bP" bezeichnet), ist Staatsangehörige der Republik Armenien. Sie ist die in Österreich am XXXX nachgeborene Tochter von XXXX (Mutter) und XXXX (Vater). Sie stellte, vertreten durch ihre Mutter, am 12.11.2018 unter Vorlage der Geburtsurkunde, ausgestellt am XXXX , den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz im Familienverfahren iSd § 34 AsylG 2005. Eigene Fluchtgründe wurden ausdrücklich verneint; der Antrag beziehe sich ausschließlich auf die Gründe des Vaters bzw. der Mutter. Vorgelegt wurde eine Geburtsurkunde, Meldezettel, Heiratsurkunde der Eltern.

Dem Vater der minderjährigen bP war zuvor mit Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX Asyl gewährt worden.

Der Mutter der minderjährigen bP sowie den Geschwistern der bP war zuvor mit Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX (Mutter), der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihnen eine bis zuletzt befristete Aufenthaltsberechtigung bis 18.10.2020 erteilt worden.

I.2. Der Antrag der bP auf internationalen Schutz wurde folglich mit im Spruch genannten Bescheid der bB gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gem. § 8 Abs. 1 Z 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG wurde der bP der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 18.10.2020 erteilt.

I.2.1. Die bB führte im Wesentlichen aus, dass die bP keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht habe. Der Vater der bP verfüge über eine befristete Aufenthaltsberechtigung, weshalb der bP als Familienangehörige derselbe Schutz zukomme.

I.2.2. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass im gegenständlichen Fall ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG vorliege. Im konkreten Fall sei keinem anderen Familienmitglied der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden. Die Mutter der bP verfüge über den Status der subsidiär Schutzberechtigten mit einer befristeten Aufenthaltsberechtigung bis zum 18.10.2020, weshalb auch der bP der gleiche Schutz zukomme.

I.3. Gegen den genannten Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben und darauf hingewiesen, dass dem Vater der bP mit Bescheid vom XXXX der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden sei, weshalb auch der bP als seine Tochter derselbe Status gebühre.

I.4. Die bB wurde eingeladen, sich zum Beschwerdevorbringen zu äußern, sie verzichtete hierauf jedoch ausdrücklich.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

Die Beschwerdeführerin ist das minderjährige ledige Kind von XXXX (Mutter), geboren am XXXX , und XXXX (Vater), geboren am XXXX .

Im gegenständlichen Fall liegt ein Familienverfahren iSd § 34 AsylG 2005 vor.

Dem Vater der bP wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX , gemäß § 7 AsylG 2003 Asyl gewährt und gemäß § 12 leg cit festgestellt, dass ihm damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Der Mutter der bP wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und zuletzt eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 18.10.2020 erteilt.

Den drei Schwestern der Beschwerdeführerin, XXXX , geb. am XXXX , XXXX , geb. am XXXX und XXXX , geb. am XXXX , wurde mit Bescheid des BFA vom XXXX zuletzt eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum XXXX erteilt.

Gegen die Eltern und Geschwister der Beschwerdeführerin ist zum Entscheidungszeitpunkt kein Aberkennungsverfahren anhängig.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellung, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um die minderjährige Tochter von XXXX (Mutter), geboren am XXXX , und XXXX (Vater), geboren am XXXX , handelt gründet sich auf die Angaben im Antrag auf internationalen Schutz vom XXXX sowie der vom Standesamt XXXX am XXXX ausgestellten Geburtsurkunde.

Die Feststellung, dass dem Vater der Beschwerdeführerin in Österreich Asyl gewährt wurde, dass der Mutter und den Geschwistern der bP subsidiärer Schutz gewährt wurde und diese über eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 18.10.2020 verfügen, gründet sich auf den Ausführungen im angefochtenen Bescheid und den seitens des Bundesverwaltungsgerichtes aktuell eingeholten Auszügen aus dem Fremdenregister. Dass gegen die Eltern zum Entscheidungszeitpunkt kein Aberkennungsverfahren anhängig ist basiert ebenfalls auf den eingeholten Fremdenregister-Auszügen. Dass ein Aberkennungsverfahren gegen einen der beiden Elternteile anhängig wäre, wurde dem Bundesverwaltungsgericht auch seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nicht mitgeteilt.

Die bB trat dem Beschwerdevorbringen nicht substantiiert entgegen und sieht das ho. Gericht daher keinen Anlass, dem -bescheinigten- Beschwerdevorbringen nicht zu folgen.

3. Rechtliche Beurteilung

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht, Sicherer Herkunftsstaat

II.3.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF) entscheidet das Bundesverwaltungs-gericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

II.3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesver-waltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 idgF entscheidet im gegenständlichen Fall der Einzelrichter.

II.3.1.3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft und hat das ho. Gericht im gegenständlichen Fall gem. § 17 leg. cit das AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

II.3.1.4. Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Zu A)

Die hier maßgeblichen Bestimmungen lauten:

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Gemäß § 34 Abs. 2 AsylG 2005 hat die Behörde auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

Gemäß § 34 Abs. 4 AsylG 2005 hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

Gemäß § 34 Abs. 5 AsylG 2005 gelten die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Wie bereits erwähnt, wurde dem Vater der Beschwerdeführerin mit Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX gemäß § 7 AsylG 2003 der Status des Asylberechtigten zuerkannt und gemäß § 12 AsylG 2003 festgestellt, dass ihm damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Im vorliegenden Fall liegt ein Familienverfahren im Sinne des § 34 AsylG 2005 bezüglich der Verfahren der minderjährigen Beschwerdeführerin und ihrer Eltern vor. Da dem Vater der minderjährigen Beschwerdeführerin der Status der Asylberechtigten zuerkannt wurde, ist gemäß § 34 Abs. 2 AsylG 2005 auch der minderjährigen Beschwerdeführerin der Status einer Asylberechtigten zuzuerkennen, zumal keine Sachverhaltselemente, die unter einen der Tatbestände des § 34 Abs. 2 Z 1 und 3 AsylG 2005 zu subsumieren wären, erkennbar sind.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 ist die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrages auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II.4. Eine Übersetzung der maßgeblichen Stellen des gegenständlichen Erkenntnisses konnte aufgrund der Sprachkenntnisse der gesetzlichen Vertretung der bP unterbleiben.

II.5. Eine mündliche Verhandlung konnte unterbleiben, weil der Sachverhalt geklärt ist und der Beschwerde stattgegeben wurde.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zur Auslegung des Begriffs des internationalen Schutzes abgeht. Ebenso löst das ho. Gericht die Frage, ob eine Verhandlung stattzufinden hatte im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur.

Aufgrund der oa. Ausführungen war die Revision nicht zuzulassen.

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen Familienverfahren Flüchtlingseigenschaft Minderjährigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L515.2210677.1.00

Im RIS seit

21.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

21.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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