TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/2 L504 2126719-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.10.2019
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Entscheidungsdatum

02.10.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

L504 2126719-1/24E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , XXXX alias XXXX geb., StA. Irak, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.04.2016, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF, §§ 52, 46, 55 FPG idgF mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz von Spruchpunkt III. des bekämpften Bescheides zu lauten hat: "Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt".

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Die beschwerdeführende Partei [bP] stellte am 17.11.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Es handelt sich dabei um einen Mann, welcher seinen Angaben nach Staatsangehöriger des Irak mit sunnitischem Glaubensbekenntnis ist, der Volksgruppe der Araber angehört und aus Mosul stammt.

In der von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 17.11.2014 durchgeführten Erstbefragung gab die bP zu ihrer Ausreisemotivation an, dass sie vor dem IS geflüchtet sei. Sie habe mit diesem nicht kooperieren wollen. Deshalb habe sie dieser töten wollen. Im Falle der Rückkehr habe sie Angst um ihr Leben.

In der nachfolgenden Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl brachte die bP am 03.03.2016 zu ihrer ausreisekausalen Problemlage im Herkunftsstaat und allfälligen Problemen die sie im Falle der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat erwarte, im Wesentlichen vor, dass sie Mosul als Bauarbeiter gearbeitet habe als der islamische Staat gekommen sei. Mosul sei besetzt worden. Davor habe die bP keine Probleme gehabt. Der IS hätte immer von ihr verlangt mitzukämpfen. Der einzige Grund für das Verlassen Mosuls sei der IS gewesen. Nachgefragt gab sie an, dass nie jemand vom IS mit ihr persönlich gesprochen habe und sie von diesen auch nie persönlich zum Mitkämpfen aufgefordert worden sei. Als sie bereits in Österreich war, hätten die Eltern einen Drohbrief vom IS wegen ihrer Person erhalten.

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich vom Bundesamt gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt.

Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak nicht zugesprochen.

Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 und § 55 AsylG wurde nicht erteilt.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei.

Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Das Bundesamt gelangte im Wesentlichen zur Erkenntnis, dass hinsichtlich der Gründe für die Zuerkennung des Status eines asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten eine aktuelle und entscheidungsrelevante Bedrohungssituation nicht glaubhaft gemacht worden sei. Ebenso ergebe sich aus allgemeinen Lage im Herkunftsstaat keine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende bzw. reale Gefährdung der bP. Abschiebungshindernisse lägen demnach nicht vor. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen seien nicht gegeben. Ein die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung übersteigendes Privat- und Familienleben würde nicht vorliegen und wurde daher eine Rückkehrentscheidung verfügt.

Am 05.02.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit der bP sowie im Beisein ihres bevollmächtigten Vertreters eine Verhandlung durch. Das BFA blieb entschuldigt fern.

Mit der Ladung wurde die beschwerdeführende Partei auch umfassend auf ihre Mitwirkungsverpflichtung im Beschwerdeverfahren hingewiesen und sie zudem auch konkret aufgefordert, insbesondere ihre persönliche Ausreisemotivation und sonstigen Rückkehrbefürchtungen soweit als möglich spätestens in der Verhandlung durch geeignete Unterlagen bzw. Bescheinigungsmittel glaubhaft zu machen, wobei eine umfassende, jedoch demonstrative Aufzählung von grds. als geeignet erscheinenden Unterlagen erfolgte.

In der Verhandlung brachte die bP nach ihrer aktuellen Problemlage befragt Folgendes vor:

"[...]

Seit Ihrer Ausreise aus Ihrem Heimatland ist nun schon einige Zeit vergangen. Würden Sie aus heutiger Sicht bei einer Rückkehr an Ihren früheren Wohnort noch Probleme erwarten? Wenn ja, geben Sie bitte konkret und vollständig alle Probleme an, die Sie persönlich für sich bei einer Rückkehr erwarten würden.

P: Ich werde sicher getötet, mein Vater wurde wegen meines Autos getötet. [Anm: Ende der freien Rede]

[...]"

Am 19.02.2019 langte eine Stellungnahme zu den verfahrensgegenständlichen Berichten (ausgefolgt dem Vertreter in der Verhandlung) ein. Der bP wurde am Ende der Verhandlung aufgetragen im Rahmen ihrer Mitwirkungs- und Verfahrensförderungspflicht (§ 15 AsylG, § 39 Abs 2a AVG) dem BVwG unverzüglich bekannt zu geben, wenn sich verfahrensrelevante neue Umstände, die in ihrer persönlichen Sphäre liegen, ergeben. Bis zu Zeitpunkt dieser Entscheidung langte keine derartige Mitteilung ein, weshalb davon ausgegangen wird, dass die Ermittlungsergebnisse aus der Verhandlung noch aktuell sind.

Am 08.05.2019 hat die bP durch ihren Vertreter Akteneinsicht genommen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das BVwG hat durch den Inhalt des übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, einschließlich der Beschwerde sowie durch die Ergebnisse des ergänzenden Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben.

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1. Identität und Herkunftsstaat:

Name und Geburtsdatum (wie im Einleitungssatz des Spruches angeführt) stehen lt. Bundesamt fest. Da dem BVwG selbst keine nationalen, mit Lichtbild versehenen Identitätsdokumente im Original vorlagen, kann mangels Überprüfbarkeit und unter Berücksichtigung der notorisch hohen Fälschungsrate von derartigen Identitätsdokumenten aus dem Irak, seitens des BVwG dazu keine eigene Feststellung getroffen werden. Zudem hat die bP bereits einmal über ihre Identität getäuscht.

Die bP bezeichnet sich der Volksgruppe der Araber und dem sunnitischen Glauben zugehörig.

Ihre Staatsangehörigkeit und der hier der Prüfung zugrundeliegende Herkunftsstaat ist der Irak.

1.2. Regionale Herkunft und persönliche Lebensverhältnisse vor der Ausreise:

Die bP ist ihren Angaben nach in Mosul geboren und absolvierte dort ihre Schulbildung.

Sie wohnte vor ihrer Ausreise im Osten von Mosul und war überwiegend im Baugewerbe tätig. Nach Zerstörung des Hauses der Familie im Jahr 2016 verfügt die Familie nach wie vor über das Grundstück.

Ihren Lebensunterhalt bestritt sie zuletzt durch eigene Erwerbstätigkeit

1.3. Familiäres/verwandtschaftliches bzw. soziales Netzwerk im Herkunftsstaat

Unbescheinigt gebliebenen Angaben zur Folge leben Familienangehörige seit Zerstörung des Hauses in Mosul im Jahr 2016 seither in einem Camp nahe der Stadt. Um Wiederaufbauhilfe wurde angesucht. Das Grundstück ist noch im Besitz der Familie Im Camp leben auch zwei Brüder. Sie leben dort von Hilfsleistungen, zB durch Rotes Kreuz sowie internationale Organisationen.

Verwandte leben überwiegend im Bereich der Altstadt von Mosul. Die bP gehört einem "sehr großen" irakischen Stamm/Clan an. Alleine in Mosul leben ca. 4000 Clanmitglieder.

Die bP hat persönlich im Zuge von Einvernahmen weder beim Bundesamt noch in der Beschwerdeverhandlung behauptet, dass bei der Rückkehr keinerlei für sie zugängliches Netzwerk mehr bestünde oder sie keine Möglichkeit zur Unterkunftnahme finden könnte.

Die bP hat auch seit der Einreise in Österreich noch Kontakt mit Familienangehörigen im Irak, zuletzt mit einem Bruder ca. 1 Monat vor der Verhandlung. Ein im Irak lebender Bruder unterstützte sie im Asylverfahren auch durch Übermittlung der in der Verhandlung vorgelegten Kopien von irakischen Bescheinigungsmitteln.

1.4. Ausreisemodalitäten

Sie reiste ihren Angaben nach ca. Mitte September 2014 mit einem Pkw "illegal" nach Istanbul, wo sie ca. eineinhalb Monate lebte. Sodann mit Hilfe eines Schleppers über Bulgarien und weitere "unbekannte Länder" bis nach Wien.

Sie durchreiste auf ihrem Weg nach Österreich mehrere als sicher geltende Staaten. In diesen suchte sie nicht um Schutz an. Es wurde nicht behauptet, dass ihr dort die Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz nicht auch möglich gewesen wäre oder dass Flüchtlinge dort keinen Schutz erlangen könnten.

1.5. Gesundheitszustand

Die bP hat im Verfahren keine aktuell behandlungsbedürftige Erkrankung dargelegt.

1.6. Privatleben / Familienleben in Österreich

Art, Dauer, Rechtmäßigkeit des bisherigen Aufenthaltes:

Die bP begab sich mit Unterstützung einer kriminellen Schlepperorganisation und ohne Vorhandensein eines Einreise- bzw. Aufenthaltstitels vermutlich am 17.11.2014 in das Bundesgebiet.

Mit der am gleichen Tag erfolgten Stellung des Antrages auf internationalen Schutz erlangte die bP eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gem. AsylG, die nach Antragsabweisung durch die Beschwerdeerhebung verlängert wurde.

Da ihr in diesem Verfahren weder der Status eines Asylberechtigten noch jener eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen war, erweist sich die Einreise als rechtswidrig und stellt grds. gem. § 120 Abs 1 u. Abs 7 FPG eine Verwaltungsübertretung dar, die als Offizialdelikt von der Landespolizeidirektion als Strafbehörde zu ahnden ist.

Familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich:

Die bP hat in Österreich keine als Familienleben zu wertenden Umstände dargelegt.

Schutzwürdigkeit des Privatlebens / Die Frage, ob das Privatleben / Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstaates bewusst waren / Grad der Integration

Deutschkenntnisse: in der Verhandlung war die bP nicht in der Lage eine auf Deutsch gestellte Frage zu verstehen bzw. zu beantworten. Seitens eines pensionierten Hauptschullehrers wird ihr mit Schreiben vom 02.03.2016 bescheinigt, dass sie seit November 2014 Unterricht in deutscher Sprache nimmt, "soweit dies möglich ist". Weiters, dass sie umgänglich, freundlich, strebsam und pflichtbewusst ist. Sie ist bei den zwei - drei Mal wöchentlich stattfindenden Deutschkursen stets anwesend und lernt im Selbststudium mehrere Stunden täglich.

Lt. Bestätigung des Landes Steiermark vom Oktober 2017 hat die bP vom 11.09.2017-23.10.2017 einen A1.1 Deutschkurs besucht und war zu 80% anwesend.

Von einem Verein wird mit Schreiben vom 30.08.2018 u. 25.10.2018 die Teilnahme an einem Deutschkurs vom 09.07.-30.08.2018, 04.09.-25.10.2018 bestätigt, demnach durfte er in das nächste Kursniveau A1.2. bzw. A2.1. aufsteigen.

Mit Schreiben vom 02.03.2016 wird bestätigt, dass die bP in den Monaten Oktober und November bei der Betreuung von Flüchtlinge in Spielfeld freiwillig und tatkräftig mitgeholfen hat.

In der Verhandlung wurde ein mit 16.01.2019 datierter "Arbeitsvorvertrag" vorgelegt. Demnach soll die bP, im Falle der Erlangung eines Aufenthaltstitels mit Zugang zum Arbeitsmarkt, in der ausstellenden Firma als Reinigungskraft mit einem Bruttogehalt von 1580 Euro beschäftigt werden.

Seit 18.08.2017 ist sie Mitglied in einem Fußballverein

Teilweise oder gänzliche wirtschaftliche Selbsterhaltung während des Verfahrens durch Teilnahme an möglicher und erlaubter Erwerbstätigkeit für Asylwerber (https://www.ams.at/unternehmen/service-zur-personalsuche/beschaeftigung-auslaendischer-arbeitskraefte/beschaeftigung-von-asylwerberinnen-und-asylwerbern#wieknnenasylwerberinnenundasylwerberbeschftigtwerden) kam nicht hervor.

Die bP hat ihre privaten Anknüpfungspunkte während einer Zeit erlangt, in der der Aufenthaltsstatus im Bundesgebiet stets prekär war.

Bindungen zum Herkunftsstaat:

Die beschwerdeführende Partei ist im Herkunftsstaat geboren, absolvierte dort ihre Schulzeit, kann sich im Herkunftsstaat - im Gegensatz zu Österreich - problemlos verständigen und hat ihr überwiegendes Leben in diesem Staat verbracht. Sie kennt die dortigen Regeln des Zusammenlebens. Sie verfügt dort über Familienangehörige, Verwandte und gehört einem großen irakischen Clan/Stamm an. Während des Asylverfahrens hatte sie auch mit Familienangehörigen im Irak Kontakt, die sie auch während des Verfahrens logistisch mit der Übermittlung von irakischen Bescheinigungsmitteln unterstützten.

Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die beschwerdeführende Partei als von ihrem Herkunftsstaat entwurzelt zu betrachten wäre.

Strafrechtliche/verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen:

In der Datenbank des österreichischen Strafregisters scheinen keine Vormerkungen wegen rk. gerichtlicher Verurteilungen auf.

Das Vorliegen von rk. Verwaltungsstrafen wurde dem BVwG von den Verwaltungsstrafbehörden nicht mitgeteilt und ergibt sich auch nicht aus dem Akteninhalt.

Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts:

Da der bP weder der Status einer Asylberechtigten noch der einer subsidiär schutzberechtigten Person zukommt, stellt die rechtswidrige Einreise gegenständlich auch grds. eine Verwaltungsübertretung dar (vgl. § 120 Abs 7 FPG).

Die beschwerdeführende Partei verletzte - trotz diesbezüglicher wiederholter Belehrung - durch die nichtwahrheitsgemäße Begründung ihres Antrages auf internationalen Schutz sowie Täuschung über ihre Identität ihre Mitwirkungsverpflichtung im Asylverfahren.

Verfahrensdauer:

Das Verfahren vor dem Bundesamt dauerte von 17.11.2014 bis 20.04.2016. Das Beschwerdeverfahren ist beim BVwG seit 25.05.2016 anhängig. Am 05.02.2019 fand eine Verhandlung statt.

1.7. Zu den behaupteten ausreisekausalen Geschehnissen / Erlebnissen im Zusammenhang mit staatlichen bzw. nichtstaatlichen Akteuren und der zu erwartenden Rückkehrsituation:

Die bP vermochte die behaupteten, als ausreisekausal dargelegten, persönlichen Erlebnisse in Bezug auf Verfolgung durch den IS, so wie von ihr dargelegt, aus den in der Beweiswürdigung angeführten Gründen nicht glaubhaft machen.

Die bP hat nicht dargelegt, dass sie den IS zu irgendeinem Zeitpunkt auf irgendeine Weise unterstützt oder deren Ideologie geteilt hätte.

Die bP wurde vor der Ausreise nicht verdächtigt für den IS zu arbeiten bzw. diesen zu unterstützen.

Es ist nicht glaubhaft, dass die bP nach der Ausreise in den Blickpunkt von Akteuren geraten ist, die dem Staat zurechenbar sind. Es ist nicht glaubhaft, dass nach der Ausreise Brüder der bP in den Blickpunkt staatlicher Organe wegen Unterstützung des IS geraten sind und die bP dadurch auch einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt wäre.

Die bP hat im Zuge der Verhandlung persönlich nicht behauptet, dass sie im Falle der Rückkehr nach Mosul hinsichtlich der Lebensbedingungen Probleme erwarten würde (Verhandlungsschrift S11). Die bP war im Hinblick auf Unterkunft und Versorgung mit Lebensmitteln schon bislang in der Lage im Herkunftsstaat ihre Existenz zu sichern. In ihrer Herkunftsregion leben nach wie vor Familienangehörige, Verwandte sowie zahlreiche Mitglieder ihres Clans/Stammes.

Es kann somit nicht festgestellt werden, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat, konkret ihre Herkunftsregion Mosul, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer asylrelevanten Verfolgungsgefahr oder einer entscheidungsrelevanten realen Gefahr von Leib und/oder Leben ausgesetzt wäre.

Aus der Berichtslage und den Angaben der bP ergibt sich im Herkunftsstaat, insbesondere in der Herkunftsregion der bP, unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Verhältnisse, keine Situation, wonach im Falle der Rückkehr eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts bestünde. Der IS gilt auch in ihrer Herkunftsregion als weitgehend besiegt. Dies ergibt sich auch nicht aus der amtswegigen Einschätzung der Lage im Herkunftsstaat

1.8. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat:

1. Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 20. November 2018

2. Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Sicherheitslage in Mosul, 18.01.2019

3. Mosul feiert kulturelles Come-back, 10. September 2018, www.qantara.de

4. Mosul area map

5. Life returns to normal in the east of post-ISIL Mosul, 08.12.2018, https://www.aljazeera.com/news/2018/12/life-returns-normal-east-post-isil-mosul-181208135706093.html

6. By necessity or design, Iraqi women launch Mosul firms, 10.01.2019, https://theglobepost.com/2019/01/10/iraq-mosul-women-economy/

7. Iraqi security forces clear explosives in remnants of old city of

8. Mosul, 20.01.2019, http://www.xinhuanet.com/english/2019-01/20/c_137758419.htm

9. Diese verbotenen Tattoos sind in Mossul der Renner, 14.11.2018, https://www.heute.at/welt/news/story/Ein-Besuch-in-Mossuls-einzigem-Tattoo-Studio-49555588

10. Mossul nach der IS-Herrschaft, Kultur statt Kalifat, 02.11.2018, http://www.taz.de/!5543590/

11. ACLED, Irak, 3. Quartal 2018

12. BVwG, vorläufige Lageeinschätzung

13. Vorfallsrecherche, Zeitraum 04.02.2019 - 11.2018, via google news, Stichwort "Mosul iraq", "Mosul irak", Englisch, Deutsch, Abfrage am 04.02.2019

Zusammenfassend ergeben sich aus oa. Quellen nachfolgende Feststellungen bzw. Schlussfolgerungen:

Die politische Landschaft des Irak hat sich seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 enorm verändert. Gemäß der Verfassung ist der Irak ein demokratischer, föderaler und parlamentarisch-republikanischer Staat, der aus 18 Provinzen besteht. Die Autonome Region Kurdistan ist Teil der Bundesrepublik Irak und besteht aus den drei nördlichen Provinzen Dohuk, Erbil und Sulaymaniya. Sie wird von einer Regionalverwaltung, der kurdischen Regionalregierung, verwaltet und verfügt über eigene Streitkräfte.

Die konfessionell/ethnische Verteilung der politischen Spitzenposten ist nicht in der irakischen Verfassung festgeschrieben, aber seit 2005 üblich. So ist der Parlamentspräsident gewöhnlich ein Sunnit, der Premierminister ist ein Schiit und der Präsident der Republik ein Kurde. Die meisten religiös-ethnischen Gruppen sind im Parlament vertreten.

Der Irak hat ca. 38 Millionen Einwohner. Etwa 75-80 % der heute im Irak lebenden Bevölkerung sind Araber, 15-20 % sind Kurden und 5 % sind Turkomanen, rund 600.000 Assyrer/Aramäer, etwa 10.000 Armenier oder Angehörige anderer ethnischer Gruppen. Weiterhin sollen im Südosten 20.000 bis 50.000 Marsch-Araber leben. Von turkomanischen Quellen wird der Anteil der eigenen ethnischen Gruppe auf etwa 10 % geschätzt.

Etwa 97 % der Bevölkerung sind muslimisch. Über 60 % sind Schiiten und zwischen 32 und 37 % Sunniten; die große Mehrheit der muslimischen Kurden ist sunnitisch. Ca. 17-22 %, also ca. 6,5 bis 8,4 Millionen der Gesamtbevölkerung sind arabische Sunniten (vorwiegend im Zentral- und Westirak), ca. 15-20 % der Gesamtbevölkerung sind kurdische Sunniten. So wie Schiiten sind auch (arabische) Sunniten in hohen politischen (zB Parlamentspräsident) und öffentlichen Ämtern vertreten. Ebenso als Beschäftigte bei Polizei, Militär und Gerichten. Sunniten nehmen ebenso am sonstigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teil. Christen, Jesiden und andere Religionen bilden mit ca. 3 % eine Minderheit. Die Christen zählen überwiegend zu den orientalisch-christlichen Gemeinschaften: Chaldäisch-katholische Kirche, Assyrische Kirche des Ostens, Alte Kirche des Ostens, Armenische Apostolische Kirche, Römisch-katholische Kirche, Syrisch-katholische Kirche, Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien, Assyrisch-evangelische Kirche und andere.

Sicherheitskräfte - Milizen - Rechtschutz

Die irakischen Sicherheitskräfte ISF:

Im ganzen Land sind zahlreiche innerstaatliche Sicherheitskräfte tätig. Die irakischen Sicherheitskräfte (ISF, Iraqi Security Forces) bestehen aus Sicherheitskräften, die vom Innenministerium verwaltet werden, Sicherheitskräften, die vom Verteidigungsministerien verwaltet werden, den Volksmobilisierungseinheiten (PMF, Popular Mobilization Forces), und dem Counter-Terrorism Service (CTS). Das Innenministerium ist für die innerstaatliche Strafverfolgung und die Aufrechterhaltung der Ordnung zuständig; es beaufsichtigt die Bundespolizei, die Provinzpolizei, den Dienst für den Objektschutz, den Zivilschutz und das Ministerium für den Grenzschutz. Die Energiepolizei, die dem Ölministerium unterstellt ist, ist für den Schutz von kritischer Infrastruktur in diesem Bereich verantwortlich. Konventionelle Streitkräfte, die dem Verteidigungsministerium unterstehen, sind für die Verteidigung des Landes zuständig, führen aber in Zusammenarbeit mit Einheiten des Innenministeriums auch Einsätze zur Terrorismusbekämpfung sowie interne Sicherheitseinsätze durch. Der Counter-Terrorism Service (CTS) ist direkt dem Premierminister unterstellt und überwacht das Counter-Terrorism Command (CTC), eine Organisation, zu der drei Brigaden von Spezialeinsatzkräften gehören. Die irakischen Streit- und Sicherheitskräfte dürften mittlerweile wieder ca. 100.000 Armee-Angehörige (ohne PMF und Peshmerga) und über 100.000 Polizisten umfassen.

Volksmobilsierungseinheiten (PMF):

Der Name bezeichnet eine Dachorganisation für etwa vierzig bis siebzig Milizen und demzufolge ein loses Bündnis paramilitärischer Formationen. Die PMF werden vom Staat unterstützt und sind landesweit tätig. Die Mehrheit der PMF-Einheiten ist schiitisch, was die Demografie des Landes widerspiegelt. Sunnitische, jesidische, christliche und andere "Minderheiten-Einheiten" der PMF sind in ihren Heimatregionen tätig. Es gibt große, gut ausgerüstete Milizen, quasi militärische Verbände, wie die Badr-Organisation, mit eigenen Vertretern im Parlament, aber auch kleine improvisierte Einheiten mit wenigen Hundert Mitgliedern, wie die Miliz der Schabak. Viele Milizen werden von Nachbarstaaten wie dem Iran oder Saudi-Arabien unterstützt. Die Türkei unterhält in Baschika nördlich von Mosul ein eigenes Ausbildungslager für sunnitische Milizen. Die Milizen haben eine ambivalente Rolle. Einerseits wäre die irakische Armee ohne sie nicht in der Lage gewesen, den IS zu besiegen und Großveranstaltungen wie die Pilgerfahrten nach Kerbala mit jährlich bis zu 20 Millionen Pilgern zu schützen. Andererseits stellen die Milizen einen enormen Machtfaktor mit Eigeninteressen dar, was sich in der gesamten Gesellschaft, der Verwaltung und in der Politik widerspiegelt und zu einem allgemeinen Klima der Korruption und des Nepotismus beiträgt. Die PMF unterstehen seit 2017 formal dem Oberbefehl des irakischen Ministerpräsidenten. Alle PMF-Einheiten sind offiziell dem Nationalen Sicherheitsberater unterstellt. Die Bemühungen der Regierung, die PMF als staatliche Sicherheitsbehörde zu formalisieren, werden fortgesetzt, aber Teile der PMF bleiben "iranisch" ausgerichtet. Das Handeln dieser unterschiedlichen Einheiten stellt zeitweise eine zusätzliche Herausforderungen in Bezug auf die Sicherheitslage dar, insbesondere - aber nicht nur - in ethnisch und religiös gemischten Gebieten des Landes.

Rechtschutz

Das reguläre Strafjustizsystem besteht aus Ermittlungsgerichten, Gerichten der ersten Instanz, Berufungsgerichten, dem Kassationsgerichtshof und der Staatsanwaltschaft. Das Oberste Bundesgericht erfüllt die Funktion eines Verfassungsgerichts. Die Verfassung garantiert die Unabhängigkeit der Justiz. Jedoch schränken bestimmte gesetzliche Bestimmungen und Einflussnahmen die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz ein. Personal- und Kompetenzmangel wird zuweilen beklagt.

Die Verfassung gibt allen Bürgern das Recht auf einen fairen und öffentlichen Prozess. Dennoch verabsäumen es Beamte vereinzelt, Angeklagte unverzüglich oder detailliert über die gegen sie erhobenen Vorwürfe zu informieren. Beobachter berichteten, dass Verfahren nicht den internationalen Standards entsprechen. Obwohl Ermittlungs-, Prozess- und Berufungsrichter im Allgemeinen versuchen, das Recht auf ein faires Verfahren durchzusetzen, gibt es diesbezüglich Mängel im Verfahren. Urteile ergehen vereinzelt mit überschießend hohen Strafen.

Aufgrund von Misstrauen gegenüber Gerichten oder fehlendem Zugang wenden sich Iraker vereinzelt auch an Stammesinstitutionen, um Streitigkeiten beizulegen, selbst wenn es sich um schwere Verbrechen handelt.

Die Rechtsprechung ist in der Praxis von einem Mangel an kompetenten Richtern, Staatsanwälten sowie Justizbeamten gekennzeichnet. Eine Reihe von Urteilen lassen auf politische Einflussnahme schließen. Hohe Richter werden oftmals auch unter politischen Gesichtspunkten ausgewählt.

Allg. Sicherheitslage

Im Dezember 2017 erklärte die irakische Regierung den militärischen Sieg über den Islamischen Staat. Die Sicherheitslage hat sich, seitdem die territoriale Kontrolle des IS gebrochen wurde, verbessert. Vereinzelte, untergetauchte IS-Kämpfer sind jedoch weiterhin in manchen Gebieten für Verbrechen verantwortlich. Ebenso werden vereinzelt Übergriffe seitens schiitischer Milizen verzeichnet. Die allgemeine Kriminalitätsrate ist hoch. Eine systematische Diskriminierung oder Verfolgung religiöser oder ethnischer Minderheiten durch staatliche Behörden findet grds. nicht statt. In der Autonomen Region Kurdistan sind Minderheiten weitgehend vor Gewalt und Verfolgung geschützt.

Wenngleich es zum Teil erhebliche Mängel im Sicherheits- und Rechtschutzsystem gibt, kann nicht davon gesprochen werden, dass für die Bevölkerung generell keine wirksamen Schutzmechanismen vorhanden wären oder, dass dazu kein Zugang möglich wäre. Ansätze zur Abhilfe und zur Professionalisierung entstehen durch internationale Unterstützung: Die Sicherheitssektorreform wird aktiv und umfassend von der internationalen Gemeinschaft unterstützt.

Es ergibt sich auf Grund der aktuellen Berichtslage nicht, dass in der Herkunftsregion der beschwerdeführenden Partei oder im gesamten Irak aktuell eine Lage herrschen würde, die für eine Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit (infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes) mit sich bringen würde.

Es kann auf Grund der aktuellen Berichtslage nicht festgestellt werden, dass derzeit quasi jede Person mit dem Persönlichkeitsprofil der beschwerdeführenden Partei (insbes. ethnische, konfessionelle Zugehörigkeit) im Irak bzw. in der Herkunftsregion einer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohenden Verfolgung aus asylrelevanten Motiven unterliegen würde.

Es kann ebenso nicht festgestellt werden, dass für diese Personen im Irak bzw. in der Herkunftsregion eine allgemeine Sicherheitslage herrschen würde, wonach sie einer realen Gefahr einer Gefährdung der persönlichen Unversehrtheit ausgesetzt wären

Sunniten

Ca. 17-22 %, also ca. 6,5 bis 8,4 Millionen der Gesamtbevölkerung sind arabische Sunniten (vorwiegend im Zentral- und Westirak), ca. 15-20 % der Gesamtbevölkerung sind kurdische Sunniten. So wie Schiiten sind auch arabische Sunniten in hohen politischen (zB Parlamentspräsident) und öffentlichen Ämtern vertreten. Ebenso als Beschäftigte bei Polizei, Militär und Gerichten. Sunniten nehmen ebenso am sonstigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teil. Es gibt Berichte über vereinzelte Menschenrechtsverletzungen an Sunniten, va. durch schiitische Milizen oder unbekannte Täter. Vor allem Personen die Angehörige der terroristischen Gruppierung IS sind oder im Verdacht stehen solche zu sein oder diese unterstützen, können derart gefährdet sein. Auf Grund der Berichtslage lässt sich nicht schließen, dass dies Teil eines systematischen, quasi jeden Sunniten gleichermaßen treffenden Risikos ist. Sunniten, die in schiitisch dominierten Regionen leben, können gesellschaftliche Diskriminierung in einem moderaten Level erfahren, vor allem in den südlichen Gouvernements. Es handle sich vorwiegend um Diskriminierung am Arbeitsmarkt bzw. um gesellschaftliche Diskriminierung aufgrund von Nepotismus. Schiitische Arbeitgeber würden eher Schiiten einstellen. Generell ist die Zahl von registrierten, sicherheitsrelevanten Vorfällen jedoch seit dem Zeitpunkt als der IS als "vertrieben" gilt, stark rückläufig und regional unterschiedlich.

Eine systematische Verfolgung von Sunniten verneinend auch der VwGH, zB in Ra 2018/14/0354-11 vom 30. April 2019; vgl. auch uva. BVwG v. 07.03.2019, L504 2120407-1 [ein Sunnit namens Omar mit wiederholten Reisen und längeren Aufenthalten (2016-2019) im Irak, vor allem Bagdad, während des laufenden Beschwerdefahrens]).

Mosul

Mosul [Mossul] ist die Hauptstadt im Gouvernement Ninewa. Sie ist mit rd. 2,9 Millionen Einwohnern nach Bagdad die zweitgrößte Stadt des Landes. Mosul war eine multiethnische und multireligiöse Stadt. Die Demagogie hat sich nach der Besetzung durch den IS zugunsten der arabischen Bevölkerung verändert. Die meisten Einwohner von Mosul sind Sunniten.

Mitte 2014 wurde sie durch den IS eingenommen. Die Sicherheitslage hat sich nach dem territorialen Sieg über den IS im Jahr 2017 merklich auch in Mosul verbessert. Es wurden verschiedene Militärbehörden in der Stadt stationiert, was die Sicherheitslage deutlich verbessert hat. Vereinzelt wird über IS-Schläferzellen berichtet, die - so wie auch Personen die diesen unterstützen - durch staatliche Sicherheitskräfte bekämpft werden. Die vereinzelten Übergriffe des IS richten sich in erster Linie gegen staatliche Organe und deren Einrichtungen. Es kommt vereinzelt zu Menschenrechtsverletzungen und sonstige Kriminalität durch Regierungssoldaten und lokale Milizen, die die Stadt kontrollieren.

Der westliche Teil (Altstadt) war wesentlich mehr von Zerstörung durch den Kampf gegen den IS betroffen als der Osten der Stadt. Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations Development Programme, UNDP) plant heuer insgesamt 10.000 Häuser im Westen Mosuls zu sanieren.

Eine grds. Normalisierung des Lebens in Mosul zeichnet sich ab, was sich zB auch durch ein Aufblühen der kulturellen Szene zeigt.

Einige öffentliche Dienste haben ihre Arbeit wieder aufgenommen, darunter auch Schulen und medizinische Dienstleistungen. Auch wenn es dem Wiederaufbauprozess an Unterstützung und Finanzierung mangelt, hat sich der östliche Teil der Stadt revitalisiert. Aber auch in der Altstadt beginnen sich trotz der Zerstörung Zeichen des Lebens zu zeigen, zB durch Märkte, Friseurläden, Lokale, kleinere Geschäfte. Die Binnenflüchtlinge kehren nach Mosul zurück. Die Versorgungslage ist auf niedrigem Niveau und mit Unterstützung von Hilfsorganisationen grds. gewährleistet.

Aktuelle allg. Versorgungslage

Auf Grund klimatischer Verhältnisse (Wasserknappheit) und zum Teil veralteter Infrastruktur kann die Versorgung mit sauberem Wasser im Süden des Landes nicht überall gleich gut gewährleistet sein. Berichte, dass das Mindestmaß an lebensnotwendiger Versorgung mit Trinkwasser (zB auch durch Kauf von Trinkwasserflaschen in Geschäften) im Irak nicht möglich oder zugänglich wäre, liegen nicht vor.

Schätzungen des Welternährungsprogramms zufolge benötigen ca. 700.000 Iraker Nahrungsmittelhilfe. Das Sozialsystem wird vom sog. "Public Distribution System" (PDS) dominiert, einem Programm, bei dem die Regierung importierte Lebensmittel kauft, um sie an die Öffentlichkeit zu verteilen. Das PDS ist das wichtigste Sozialhilfeprogramm im Irak, in Bezug auf Flächendeckung und Armutsbekämpfung. Es ist das wichtigste Sicherheitsnetz für Arme. Es sind alle Bürger berechtigt, Lebensmittel im Rahmen von PDS zu erhalten. An der Umsetzung kann es zu Mängeln kommen.

Es kann auf Grund der Berichtslage nicht festgestellt werden, dass aktuell im Irak bzw. in der Herkunftsregion eine derart schlechte Versorgungslage herrschen würde, dass nicht das zur Existenz unbedingt Notwendige erlangbar wäre.

Medizinische Versorgung

Das Gesundheitswesen besteht aus einem privaten und einem öffentlichen Sektor. Ein staatliches Krankenversicherungssystem existiert nicht. Alle irakischen Staatsbürger, die sich als solche ausweisen können, haben Zugang zum Gesundheitssystem. Fast alle Iraker leben etwa eine Stunde vom nächstliegenden Krankenhaus bzw. Gesundheitszentrum entfernt. Die Ärzte und das Krankenhauspersonal gelten generell als qualifiziert.

Bewegungsfreiheit

Die irakische Verfassung und andere nationale Rechtsinstrumente erkennen das Recht aller Bürger auf Freizügigkeit, Reise- und Aufenthaltsfreiheit im ganzen Land an. Die Bewegungsfreiheit verbesserte sich, nachdem die vom IS kontrollierten Gebiete wieder unter staatliche Kontrolle gebracht wurden.

In einigen Fällen beschränken die Behörden die Bewegungsfreiheit von Vertriebenen und verbieten Bewohnern von IDP-Lagern, ohne eine Genehmigung das Lager zu verlassen. Das Gesetz erlaubt es den Sicherheitskräften aus Sicherheitsgründen die Bewegungsfreiheit im Land einzuschränken, Ausgangssperren zu verhängen, Gebiete abzuriegeln und zu durchsuchen. Es gab Berichte, dass Sicherheitskräfte (ISF, Peshmerga, PMF) Bestimmungen, die Aufenthaltsgenehmigungen vorschreiben, um die Einreise von Personen in befreite Gebiete unter ihrer Kontrolle zu beschränken, in der Vergangenheit selektiv umgesetzt haben.

Eine Kontrolle der eigenen Staatsangehörigen findet bei der Ausreise statt. Iraker mit gültigem Reisepass genießen Reisefreiheit und können die Landesgrenzen problemlos passieren.

Die kurdische Autonomieregierung schränkt die Bewegungsfreiheit in den von ihr verwalteten Gebieten ein. Innerirakische Migration aus dem Zentralirak in die Autonome Region Kurdistan ist grundsätzlich möglich. Durch ein Registrierungsverfahren wird der Zuzug jedoch kontrolliert. Wer dauerhaft bleiben möchte, muss sich bei der Asayish-Behörde des jeweiligen Bezirks anmelden. Informationen über die Anzahl der Anträge und Ablehnungen werden nicht veröffentlicht. Die Behörden verlangen von Nicht-Ortsansässigen, Genehmigungen einzuholen, die einen befristeten Aufenthalt in der Autonomieregion erlauben. Diese Genehmigungen waren in der Regel erneuerbar. Bürger, die eine Aufenthaltserlaubnis für die Autonome Region Kurdistan bzw. die von ihr kontrollierten Gebiete einholen wollen, benötigen idR einen in der Region ansässigen Bürgen. Bürger, die aus dem Zentral- oder Südirak in die Autonome Region Kurdistan einreisen (egal welcher ethno-religiösen Gruppe sie angehörten, auch Kurden) müssen aus Sicherheitsgründen Checkpoints passieren und Personen- und Fahrzeugkontrollen werden idR durchgeführt. Die Behörden der Autonomen Region Kurdistan wenden Beschränkungen zuweilen unterschiedlich streng an. Die Wiedereinreise von IDPs und Flüchtlingen wird - je nach ethno-religiösem Hintergrund und Rückkehrgebiet - mehr oder weniger restriktiv gehandhabt. Beamte hindern Personen, die ihrer Meinung nach ein Sicherheitsrisiko darstellen könnten, an der Einreise in die Region. Die Einreise kann für Männer oft schwieriger, insbesondere für arabische Männer, die ohne Familie reisen.

IDPs und Flüchtlinge

Die Zahl der Vertriebenen sinkt stetig; die Zahl der Rückkehrer ist mittlerweile auf 4 Millionen gestiegen. Die Regierung und internationale Organisationen, einschließlich UN-Einrichtungen und NGOs, versuchen, IDPs Schutz und andere Hilfe zu gewähren.

Rückkehr

Die freiwillige Rückkehrbewegung irakischer Flüchtlinge aus anderen Staaten, befindet sich im Vergleich zum Umfang der Rückkehr der Binnenflüchtlinge auf einem deutlich niedrigeren, im Vergleich zu anderen Herkunftsstaaten aber auf einem relativ hohen Niveau. Bei jenen Irakern, welche in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz stellten, Verfolgung behaupteten und während des Beschwerdeverfahrens freiwillig wieder zurückkehrten, handelt es sich überwiegend um arabische Sunniten und Schiiten. Neben Österreich führen auch andere Staaten der EU abgelehnte irakische Staatsangehörige in den Irak zurück.

Dokumente

Identitätsbescheinigende Dokumente die im Irak ausgestellt wurden sind wenig zuverlässig, zumal sie häufig auch auf Grund mangelnder Dokumentation ausgestellt werden.

Jedes irakische Dokument, ob als Totalfälschung oder als echte Urkunde mit unrichtigem Inhalt, ist im Irak gegen Bezahlung zu beschaffen

2. Beweiswürdigung

Einleitend ist anzuführen, dass die im Verfahren aufgenommenen Niederschriften mit den Aussagen der bP vollen Beweis iSd § 15 AVG über den Verlauf und Gegenstand der Amtshandlung bilden und mit diesem Inhalt als zentrales Beweismittel der Beweiswürdigung unterzogen werden können. Der bP ist der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des darin bezeugten Vorganges nicht gelungen, wie sich aus nachfolgener Begründung noch ergibt.

Ad 1.1.1 Identität und Herkunftsstaat:

Die Identität ergibt sich aus den Feststellungen des Bundesamtes, die sonstigen Umstände ergeben sich aus den in diesem Punkt gleichbleibenden persönlichen Angaben im Zuge der Einvernahmen, ihren im Verfahren dargelegten Sprach- und Ortskenntnissen und den seitens der bP vorgelegten Bescheinigungsmittel plausibel. Gegenteilige Anhaltspunkte kamen im Beschwerdeverfahren nicht hervor.

Ad 1.1.2. Regionale Herkunft und persönliche Lebensverhältnissen vor der Ausreise:

Die Feststellungen ergeben sich plausibel aus den in diesem Punkt lebensnahen, immer gleichbleibenden persönlichen Angaben im Zuge mehrerer Einvernahmen und ihren im Verfahren dargelegten Sprach- und Ortskenntnissen. Gegenteilige Anhaltspunkte kamen im Beschwerdeverfahren nicht hervor.

Ad 1.1.3. Familiäres/verwandtschaftliches bzw. soziales Netzwerk im Herkunftsstaat:

Die Feststellungen ergeben sich aus den in diesem Punkt im Wesentlichen gleichbleibenden, lebensnahen persönlichen Angaben der bP.

Ad 1.1.4. Ausreisemodalitäten:

Diese Feststellungen ergeben sich aus ihren gleichbleibenden persönlichen Angaben im Verfahren. Gegenteilige Anhaltspunkte kamen im Beschwerdeverfahren nicht hervor.

Ad 1.1.5. Gesundheitszustand:

Diese Feststellung ergibt sich aus ihren persönlichen Angaben, zuletzt in der Verhandlung.

Ad 1.1.6. Privatleben / Familienleben in Österreich

Diese Feststellungen ergeben sich aus ihren persönlichen Angaben, den von ihr vorgelegten aus Österreich stammenden Bescheinigungsmitteln sowie amtswegigen Ermittlungen des Bundesamtes / Bundesverwaltungsgerichtes.

Ad 1.1.7. Behauptete ausreisekausale Geschehnisse / Erlebnisse im Zusammenhang mit staatlichen bzw. nichtstaatlichen Akteuren und der zu erwartenden Rückkehrsituation:

Gerade beim Antrag auf internationalen Schutz kommt der persönlichen Aussage zur eigenen Gefährdungssituation im Herkunftsstaat als Beweismittel und zentralem Punkt in diesem Verfahren besondere Bedeutung zu, handelt es sich doch behauptetermaßen um persönliche Erlebnisse bzw. eigene sinnliche Wahrnehmungen des Antragstellers über die berichtet wird. Diese entziehen sich zumeist - insbesondere auf Grund der faktischen und rechtlichen Ermittlungsschranken der Asylinstanzen - weitgehend einer Überprüfbarkeit und liegen diese idR alleine in der persönlichen Sphäre der bP.

Im Wesentlichen geht es für die Entscheider darum, zu beurteilen, ob es im konkreten Fall glaubhaft ist, dass die diesbezüglichen Aussagen der bP auf einem tatsächlichen persönlichen Erleben beruhen oder ob sich die Partei dabei der Lüge bedient bzw. die Aussagen nicht erlebnisbegründet sind.

Im Allgemeinen erfolgt eine (vorsätzliche) Falschaussage nicht ohne Motiv (vgl. Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 4. Auflage, Rz 246ff). Im Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz kann eine derartige Motivationslage, die den Wahrheitswillen eines Antragstellers/einer Antragstellerin zu beeinflussen geeignet ist, darin liegen, dass sie ihrer Überzeugung nach - uU auch durch Suggestion Dritter beeinflusst - dadurch gesteigerte Erfolgsaussichten erwarten, um den beantragten Status als Asylberechtigter oder als subsidiär Schutzberechtigter und damit einen Aufenthaltstitel samt Zugang zum Arbeitsmarkt und/oder staatlicher Versorgung zu erlangen (sog. "Folgenberücksichtigung", siehe oben zitierte Quelle).

Als Beurteilungskritierien für die Glaubhaftmachung nennt der Verwaltungsgerichtshof beispielsweise:

Bloßes Leugnen oder eine allgemeine Behauptung reicht für eine Glaubhaftmachung nicht aus (VwGH 24.2.1993, 92/03/0011; 1.10.1997, 96/09/0007). Aus dem Wesen der Glaubhaftmachung ergibt sich auch, dass die Ermittlungspflicht der Behörde durch die vorgebrachten Tatsachen und angebotenen Beweise eingeschränkt ist (VwGH 29.3.1990, 89/17/0136; 25.4.1990, 90/08/0067). Ohne entsprechendes Vorbringen des Asylwerbers oder ohne sich aus den Angaben konkret ergebende Anhaltspunkte ist die Behörde / das Bundesverwaltungsgericht nicht verpflichtet jegliche nur denkbaren Lebenssachverhalte ergründen zu müssen (vgl. VwGH 10.8.2018, Ra 2018/20/0314, mwN).

Es ist Aufgabe des Asylwerbers, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen. (VwGH 30. 11. 2000, 2000/01/0356).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Behörde einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubhaft anerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleichbleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubhaft könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (vgl. zB. VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).

Auch auf die Mitwirkung des Asylwerbers im Verfahren ist bei der Beurteilung der Glaubhaftmachung Bedacht zu nehmen. Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre [VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua], gesundheitliche [VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601; 14.6.2005, 2005/02/0043], oder finanzielle [vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099] Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht und Darlegungslast des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).

Wenn Sachverhaltselemente im Ausland ihre Wurzeln haben, ist die Mitwirkungspflicht und Offenlegungspflicht der Partei in dem Maße höher, als die Pflicht der Behörde zur amtswegigen Erforschung des Sachverhaltes wegen des Fehlens der ihr sonst zu Gebote stehenden Ermittlungsmöglichkeiten geringer wird. Tritt in solchen Fällen die Mitwirkungspflicht der Partei in den Vordergrund, so liegt es vornehmlich an ihr, Beweise für die Aufhellung auslandsbezogener Sachverhalte beizuschaffen (VwGH 12.07.1990, Zahl 89/16/0069).

Diese Pflicht zur amtswegigen Ermittlung bedeutet aber nicht, ohne entsprechendes Vorbringen des Asylwerbers oder ohne sich aus den Angaben konkret ergebende Anhaltspunkte jegliche nur denkbaren Lebenssachverhalte ergründen zu müssen (vgl. VwGH 10.8.2018, Ra 2018/20/0314, mwN).

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Das BVwG geht auf Grund des Ermittlungsverfahrens davon aus, dass die bP in zentralen Bereichen, wo es um die Ausreise bzw. ausreisekausale Probleme und Rückkehrbefürchtungen geht, aus asyltaktischen Gründen keine bzw. geringe Bereitschaft zeigte wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Offensichtlich hielt sie es selbst für einen positiven Ausgang des beantragten internationalen Schutzes für abträglich hier den Tatsachen entsprechende Angaben zu machen.

Die bP sah es offensichtlich schon bei der Antragstellung als erforderlich an über ihre Identität zu täuschen. So gab sie niederschriftlich bei der Erstbefragung an, sie sei XXXX geboren und bestätigte dies auch im Rahmen der Rückübersetzung. Erst als sie rund eineinhalb Jahre später bei der Einvernahme beim Bundesamt auch Identitätsdokumente vorlegte und sich daraus das Geburtsjahr XXXX ergab, erfolgte die Korrektur.

Auch in Bezug auf die zentralen Punkte der Begründung des Antrages, nämlich ihr persönliches Verfolgungsszenario in Bezug auf den IS geht das BVwG davon aus, dass sie trotz wiederholter Belehrung nur wahrheitsgemäße Angaben zu machen, dessen ungeachtet die Asylinstanzen zu täuschen versuchte, was die Glaubhaftmachung beeinträchtigt.

So führte sie bei der Einvernahme beim Bundesamt an, dass sie mit dem IS mitkämpfen sollte. Angehörige des IS hätten jedoch "nie mit ihr gesprochen" (AS 39). In der Beschwerde, die mit Unterstützung der gewillkürten Vertretung (Diakonie) eingebracht wurde, wird bestätigt, dass die bP "nie direkt von Mitgliedern des IS angesprochen wurde" (AS 147). "Jedes Mal, wenn der BF sah, dass ein junger Mann von einem Mitglied des IS angesprochen wurde, entfernte er sich so schnell wie möglich von ihm und achtete darauf, dass er nicht gesehen wurde, um nicht auch angesprochen zu werden".

In der Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht gab die bP zu ihren früheren Angaben widersprüchlich an, sie vom "Daesh" [IS] mitgenommen worden wäre, man habe mit ihr persönlich über eine "Mitwirkung gesprochen" (Auszug aus der Verhandlungsschrift):

"[...]

Der von Ihnen vorgelegte Drohbrief wurde am 10.11.2014, also nach Ihrer Ausreise, ausgestellt. Auf welchem Weg ist dieser Drohbrief zu Ihnen nach Österreich gelangt?

P: Daisch hat meinen Eltern diesen ins Haus gebracht. Als der Daisch mich mitgenommen hat, habe ich ihnen gesagt, wo sich unser Haus befindet, ich habe Informationen über unseren Wohnsitz gegeben. Ich war einen Tag bei ihnen.

Verstehe ich Sie richtig, der Daisch hat Sie einmal mitgenommen?

P: Ja.

Was wurde damals zu Ihnen gesagt und getan?

P: Sie haben uns zuerst gesagt: Ihr sollt eure Stadt verteidigen, wir wollen euch nicht außerhalb der Stadt einsetzen. Wir haben eine Nacht dort verbracht, sie haben unsere Personalien aufgenommen und die ID Card, die ich vorgelegt habe, wurde auch kopiert.

Wie haben Sie erkannt, dass es sich um jemanden vom Daisch handelte?

P: Ja, sie haben das Gewand vom Daisch gehabt, sie haben auch gesagt, dass sie vom Daisch sind.

Vorhalt: Sie haben beim Bundesamt angegeben, dass nie jemand vom IS mit Ihnen über eine Mitwirkung gesprochen hat.

P: Ja, ich habe in der Beschwerde auch gesagt, dass das nicht richtig ist, was da protokolliert wurde.

Wer hat hierbei falsch protokolliert bzw. etwas falsch gemacht?

P: Ich glaube der Dolmetscher.

Wieso glauben Sie das?

P: Weil ich bei der Diakonie rausgefunden habe, dass da etwas steht, was ich nicht gesagt habe, ich gehe davon aus, dass es ein Übersetzungsfehler war.

Die Niederschrift wurde ihnen nachweislich rückübersetzt, Sie haben keine Beanstandungen gemacht!

P: Ich habe nicht verstanden, ich habe nicht gewusst, dass das meine Papiere sind.

RI belehrt die P über die möglichen rechtlichen Folgen einer Verleumdung.

P: Ich beschuldige niemanden, aber ich sage es gibt einen Fehler in der Übersetzung.

[...]"

Der dabei in den Raum gestellte "Übersetzungsfehler" des Dolmetschers ist schon deshalb nicht glaubhaft, zumal der bP die Niederschrift beim Bundesamt rückübersetzt wurde und sie keine Beanstandungen vornahm. Zudem bestätigt die Beschwerde - eingebracht mit Hilfe der Diakonie - die in der Einvernahme beim Bundesamt diesbezüglich protokollierten Angaben.

Das BVwG vermag somit keinen "Übersetzungsfehler" des Dolmetschers zu erkennen, sondern zielt diese falsche Beschuldigung offenkundig darauf ab, unterschiedliche Angaben der bP zu erklären, die sie in Täuschungsabsicht der Asylinstanzen gemacht hatte.

Zwar geht aus den Berichten über die Zeit, in der die bP Mosul verließ, hervor, dass der IS dort vorherrschte, jedoch vermochte die bP nicht glaubhaft machen, dass sie vor der Ausreise mit dem IS persönlich die geschilderten Probleme hatte.

Daran vermag auch die Vorlage des "Drohbriefes" vom IS, der den Eltern zugestellt worden sein soll, als sich die bP schon in Österreich befunden hat, nichts ändern. Angesichts der sich abzeichnenden Persönlichkeit der bP, nämlich die Asylinstanzen durch Falschangaben zu täuschen, um den begehrten Status eines Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten zu erlangen, vermag dieses Bescheinigungsmittel die obige Beweiswürdigung nicht zu erschüttern, zumal die Rate an in Asylverfahren durch Irak vorgelegten ge- oder verfälschten Bescheinigungsmitteln äußerst hoch ist und erfahrungsgemäß gegen Entgelt de facto jegliches (falsche) Bescheinigungsmittel erhältlich ist.

Es ist gerichtsnotorisch, dass irakische Bescheinigungsmittel einer besonderen Aufmerksamkeit hinsichtlich der Beurteilung ihrer Authentizität bzw. Echtheit bedürfen und somit per se grds. nicht als unbedenklich gelten können. So führt zB das Deutsche Auswärtige Amt im Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Irak vom 17.01.2013 dazu Folgendes aus:

"Echtheit der Dokumente / Zugang zu gefälschten Dokumenten

Bei Dokumenten aus dem Irak sind häufig Zweifel angebracht. Jedes Dokument, ob als Totalfälschung oder als echte Urkunde mit unrichtigem Inhalt, ist gegen Bezahlung zu beschaffen. Auch gefälschte Überbeglaubigungsstempel des Außenministeriums sind im Umlauf; zudem kann nicht von einer verlässlichen Vorbeglaubigungskette ausgegangen werden. Es werden keine Legalisationen durch die Deutsche Botschaft Bagdad oder das Generalkonsulat Erbil vorgenommen. Inhaltliche Urkundenüberprüfungen sind durch die Botschaft nur sehr eingeschränkt möglich; die irakischen Behörden leisten kaum Amtshilfe. [...]."

Die Unbedenklichkeit noch einschränkender und eine Überprüfungsmöglichkeit im Irak nunmehr generell verneinend der aktuellste vorliegende Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtea vom 12.02.2018:

"1. Echtheit der Dokumente / Zugang zu gefälschten Dokumenten

Jedes Dokument, ob als Totalfälschung oder als echte Urkunde mit unrichtigem Inhalt, ist gegen Bezahlung zu beschaffen. Zur Jahresmitte 2014 tauchten vermehrt gefälschte Visaetiketten auf, die der Deutschen Botschaft Bagdad durch das irakische Außenministerium

per Verbalnote zwecks Überprüfung zugesandt wurden. Auch gefälschte Überbeglaubigungsstempel des irakischen Außenministeriums sind im Umlauf; zudem kann nicht von einer verlässlichen Vorbeglaubigungskette ausgegangen werden. Es werden keine Legalisationen durch die Deutsche Botschaft Bagdad oder das Generalkonsulat Erbil vorgenommen. Inhaltliche Urkundenüberprüfungen durch die Botschaft oder GK Erbil sind derzeitig nicht möglich; die irakischen Behörden leisten keine Amtshilfe. Die von der Botschaft Bagdad durchgeführte Prüfung der formellen Echtheit durch Inaugenscheinnahme

irakischer Urkunden im Amtshilfeverfahren für deutsche Behörden wurde zu Februar 2013

eingestellt."

Auch aus anderen Quellen ergibt sich zusammengefasst eine grds. erhebliche Bedenklichkeit irakischer Bescheinigungsmittel, die von diesen in den Asylverfahren in Europa zum Nachweis einer entscheidungsrelevanten Tatsache vorgelegt werden und bedürfen diese daher einer besonderen Aufmerksamkeit bei ihrer Würdigung (zB. https://www.justice.gov/eoir/file/879836/download; http://www.refworld.org/cgi-bin/texis/vtx/rwmain?page=search&docid=56d7fa3c4&skip=0&query=documents passports fake&coi=IRQ; http://www.landinfo.no/asset/3369/1/3369_1.pdf; https://www.vfsglobal.se/saudiarabia/pdf/Migration_Agency_010316.pdf).

Insbesondere identitätsbescheinigende Dokumente die im Irak ausgestellt wurden sind wenig zuverlässig, zumal sie häufig auch auf Grund mangelnder Dokumentation ausgestellt werden. So hält etwa die schwedische Migration Agency selbst Bescheinigungen über die Identität, die von der irakischen Botschaft in Stockholm ausgestellt werden nicht als unbedenklich, da vor der Ausstellung der Bescheinigung keine ausreichende Identitätsprüfung erfolge und dies damit nicht hinreichend sei die Identität zu beweisen.

Auch Österreich bzw. das BVwG verfügt über keine verlässliche Überprüfungsmöglichkeit von im Asylverfahren vorgelegten Bescheinigungsmittel vor Ort im Irak. Angesichts obiger Berichtslage vermag das Gericht somit nicht festzustellen, dass der von der bP im Verfahren vorgelegte, im Irak ausgestellte Drohbrief authentisch ist.

Die bP legte die Sterbeurkunde und Fotos vom Vater vor. Sie behauptete in der Verhandlung, dass die irakische Armee nun die bP suchen würde. Sie hätten den Vater festgenommen, 10 Tage im Gefängnis nach dem Aufenthalt der bP gefragt und den Vater dabei gefoltert. Der Grund sei gewesen, dass die Armee das Auto der bP mit zwei getöteten IS-Kämpfern darin gefunden habe.

Aus der Übersetzung der Sterbeurkunde ergibt sich, dass diese am XXXX 2018 von der Behörde in Ninewa ausgestellt wurde, dies wäre demnach auch der Todestag gewesen. Der Sterbeort ist darin nicht vermerkt. Als Todesursache ist "chronische Atemnot und seine Komplikationen" angegeben.

Mit dem Inhalt dieses Bescheinigungsmittels vermag die bP in Verbindung mit einem Foto vom Grabstein zwar den Tod des Vaters glaubhaft machen, nicht jedoch der von ihr behauptete Hintergrund über den Tod. Angesichts dessen, dass die bP schon bisher versuchte die Asylinstanzen - trotz wiederholter Wahrheitserinnerung - durch Falschangaben in die Irre zu führen, vermag die nunmehrige bloße Behauptung, dies stünde mit einer aktuellen Suche der Armee nach ihrer Person im Zusammenhang, keinesfalls zu überzeugen.

Die bP legte auch ein Dokument der irakischen Gerichtsmedizin vor, die ihren verstorbenen Bruder betreffen soll. Aus diesem geht ua. hervor, dass es sich um einen "Gefangenen" handelte und erlaubt werde diesen zu begraben. Das Bescheinigungsmittel ist - insbesondere im Hinblick auf obige Ausführungen - jedoch hinsichtlich Echtheit bzw. Unverfälschtheit nicht als unbedenklich zu bezeichnen. So fällt insbesondere auf, dass als Ausstellungsdatum nur der 19.11. angeführt wird, das Feld mit der konkreten Jahreszahl jedoch nicht ausgefüllt wurde.

Angesichts dieser Umstände und der sich abzeichnenden Persönlichkeit der bP, vermag mit diesem Bescheinigungsmittel nicht eine aktuelle Verfolgung der bP durch Akteure glaubhaft gemacht werden.

Die bP hatte im Verfahren bislang stets dargelegt, dass sie bis zu Ausreise nicht in den Blickpunkt staatlicher Organe oder dem Staat zurechenbare schiitische Milizen gelangt ist. Die bP vermochte angesichts der sich abzeichnenden persönlichen Unglaubwürdigkeit unbescheinigt auch nicht glaubhaft machen, dass ihre Brüder deswegen nunmehr in den Blickpunkt des Staates geraten wäre, weil sie eine Werkstätte betrieben hätten und dabei Kfz des IS repariert hätten. Die bP gab zudem an, dass Kfz. aller Personen, also auch die von staatlichen Organen dort repariert worden wären. Sie hätten sich nicht weigern dürfen keine Fahrzeuge für den IS zu reparieren. Die bP habe selbst nie in dieser Werkstätte gearbeitet und wäre auch damals nie verdächtigt worden für den IS zu arbeiten. Zum Zeitpunkt der Ausreise hätten die Brüder deshalb keine Probleme gehabt.

Ein Bruder soll nun deshalb getötet und ein weiterer im Gefängnis sein. Zwei würden im Camp leben. Ein Bruder wäre in der Türkei.

Das BVwG geht davon aus, dass sich die bP nunmehr auf Grund des Umstandes, dass die vorgebrachte Bedrohungslage durch den IS, auf Grund wesentlicher Lageverbesserung, de facto nicht mehr gegeben ist, sich veranlasst sah, neue bzw. andere Probleme im Falle der Rückkehr einzubringen, um das Antragsverfahren für sie positiv abschließen zu können, auch wenn dieses nicht den Tatsachen entspricht. Dass sich Familienangehörige nach Zerstörung ihres Wohnhauses in einem Camp befinden erscheint an sich durchaus plausibel, zumal der allgemeine Wiederaufbau naturgemäß gewisse Zeit benötigt.

Das BVwG konnte sich in der Verhandlung zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Aussagen der beschwerdeführenden Partei einen persönlichen Eindruck und damit von ihrem verbalen sowie nonverbalen Verhalten und vom Inhalt ihrer Aussagen, als die wesentlichen Entscheidungskriterien der Glaubhaftigkeitsbeurteilung, Kenntnis verschaffen.

Dabei fiel auf, dass sich das verbale und nonverbale Verhalten der Partei, als sie von ihrer Problemlage erzählte, nicht merkbar von ihrem Basis- bzw. Referenzverhalten in unkritischen Aussagepassagen unterschied. Sowohl hinsichtlich Lautstärke der Aussage als auch in Bezug auf ihre nonverbale Kommunikation waren auch unter Berücksichtigung allfälliger kultureller Unterschiede keine merkbaren Abweichungen erkennbar. Dass die Partei generell in der Lage ist Emotionen zu zeigen war aber zB dadurch erkennbar, dass sie, als sie davon erzählte, dass ihre Mutter bei der Zerstörung des Hauses im Zuge des Kampfes gegen den IS dabei verstarb, zu weinen begann.

Aus der Berichtslage ist ersichtlich, dass der IS auch im Raum Mosul weitgehend als besiegt gilt. Die bP vermochte im Ergebnis nicht glaubhaft machen, dass sie vor der Ausreise konkreten Verfolgungshandlungen durch den IS ausgesetzt war, weshalb es auch im Falle der Rückkehr nicht nachvollziehbar wäre, dass ihr daraus resultierend durch den IS noch Gefahr drohen würde. Die bP hat auch dargelegt, dass sie vor der Ausreise nicht in den Blickpunkt staatlicher oder dem Staat zurechenbare Akteure gelangte. Soweit sie nunmehr behauptet, dass dies jedoch nach ihrer Ausreise geschehen sei, so vermochten ihre Ausführung nicht zu überzeugen. Abgesehen davon, vermag die bP durc

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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