TE Bvwg Beschluss 2019/12/3 L527 2185298-1

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Veröffentlicht am 03.12.2019
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Entscheidungsdatum

03.12.2019

Norm

VwGG §30 Abs2

Spruch

L527 2185298-1/27Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter MMag. Christian AUFREITER, LL.B. als Einzelrichter über den Antrag des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Iran, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Helmut BLUM, Mozartstraße 11, 4020 Linz, der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.08.2019, Zahl L527 2185298-1/15E erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen:

Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird gemäß § 30 Abs 2 VwGG nicht stattgegeben.

Text

BEGRÜNDUNG:

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Antragsteller stellte am 26.12.2016 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 21.01.2018, Zl. XXXX sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I und II). Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV), sprach die Zulässigkeit der Abschiebung in den Iran aus (Spruchpunkt V) und setzte für die freiwillige Ausreise eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt VI).

1.2. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 02.07.2019 mit Erkenntnis vom 22.08.2019, Zahl L527 2185298-1/15E, zur Gänze als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig sei. Das Bundesverwaltungsgericht gelangte zu dem Ergebnis, dass die sozialen Kontakte, die der nunmehrige Antragsteller in Österreich unterhält, nicht als Familienleben im Sinne des Art 8 EMRK zu qualifizieren seien. Ferner konnte das Bundesverwaltungsgericht nicht erkennen, dass die Integrationsbemühungen des Antragstellers besonders ausgeprägt oder mit bedeutsamem Erfolg verbunden wären.

1.3. Die Behandlung der gegen das Erkenntnis erhobenen Beschwerde lehnte der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 03.10.2019, E 3612/2019-5, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Im Hinblick auf die vom Bundesverwaltungsgericht ausgesprochene Rückkehrentscheidung hielt der Verfassungsgerichtshof fest:

"Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 17.340/2004 ausgeführt hat, darf eine aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht verfügt werden, wenn dadurch das Recht auf Schutz des Privat- und Familienlebens des Betroffenen verletzt würde. Bei der Beurteilung nach Art. 8 EMRK ist eine Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. die in VfSlg. 18.223/2007 und 18.224/2007 wiedergegebene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte).

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit der Frage der Gefährdung der beschwerdeführenden Partei in ihren Rechten auseinandergesetzt. Ihm kann unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht entgegengetreten werden, wenn es auf Grund der Umstände des vorliegenden Falles davon ausgeht, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts von Fremden ohne Aufenthaltstitel das Interesse am Verbleib im Bundesgebiet aus Gründen des Art. 8 EMRK überwiegt (vgl. VfSlg. 19.086/2010)."

Im Übrigen führte der Verfassungsgerichtshof aus, dass das Bundesverwaltungsgericht keine grundrechtswidrige Gesetzesauslegung vorgenommen habe und dass ihm keine groben Verfahrensfehler unterlaufen seien, die eine vom Verfassungsgerichtshof aufzugreifende Verletzung von Art 3 EMRK darstellen würden.

1.4. In der nunmehr von ihm gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts erhobenen außerordentlichen Revision beantragt der Antragsteller zwar unter anderem, jedenfalls festzustellen, dass eine Rückkehrentscheidung unzulässig sei. Die Begründung der (Zulässigkeit) der Revision bezieht sich aber ausschließlich auf behauptete Rechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Beurteilung der vom Antragsteller behaupteten Konversion zum Christentum. Der Antragsteller führt in der Begründung mit keinem Wort aus, dass sowie inwieweit er eine nachhaltige fortgeschrittene Integration in Österreich vorweisen könne und dass sowie weshalb die Rückkehrentscheidung eine Verletzung in Rechten im Sinne des Art 133 Abs 1 Z 1 in Verbindung mit Abs 6 Z 1 B-VG bedeuten würde.

Den Antrag, der Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, begründet der Antragsteller ausschließlich damit, dass der sofortige Vollzug des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts die Abschiebung des Antragstellers in den Iran zur Folge hätte. Dies stelle angesichts seiner "nachhaltigen fortgeschrittenen Integration" einen unverhältnismäßigen Nachteil dar. Öffentliche Interessen stehen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, so der Antragsteller, nicht entgegen.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich unzweifelhaft aus den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Akten. Es wurden keine Einwände, dass der Akt unvollständig oder unrichtig wäre, erhoben. Dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Hinweise aufgefallen, dass der Akt unvollständig oder bedenklich wäre. Der Sachverhalt ist damit aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Revision hat gemäß § 30 Abs 1 Satz 1 VwGG keine aufschiebende Wirkung. Gemäß § 30 Abs 2 VwGG Satz 1 VwGG hat jedoch bis zur Vorlage der Revision das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Gemäß § 30a Abs 3 VwGG hat das Verwaltungsgericht über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unverzüglich mit Beschluss zu entscheiden. Nach § 30a Abs 7 VwGG sind Abs 1 bis 6 leg cit nicht anzuwenden, wenn das Verwaltungsgericht in seinem Erkenntnis oder Beschluss ausgesprochen hat, dass die Revision nicht gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Das Verwaltungsgericht hat den anderen Parteien sowie im Fall des § 29 VwGG dem zuständigen Bundesminister bzw. der Landesregierung eine Ausfertigung der außerordentlichen Revision samt Beilagen zuzustellen und dem Verwaltungsgerichtshof die außerordentliche Revision samt Beilagen unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen.

Wenngleich Gruber § 30 VwGG Rz 4, in: Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2 (2017) im Hinblick auf § 30a Abs 3 in Verbindung mit Abs 7 VwGG eingehend begründet hat, dass bei außerordentlichen Revisionen keine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts bestehe, über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung abzusprechen, geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass das Verwaltungsgericht (auch) in Fällen außerordentlicher Revisionen zur Entscheidung über die aufschiebende Wirkung so lange zuständig ist, bis die Revision dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt wird; vgl. etwa VwGH 20.04.2017, Ra 2017/19/0113.

3.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist im Verfahren über einen Antrag auf aufschiebende Wirkung nach § 30 VwGG die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu überprüfen, sondern - wenn das in der Revision selbst erstattete Vorbringen nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen ist - zunächst, im Provisorialverfahren, von den Annahmen in der angefochtenen Entscheidung auszugehen. Demnach ist die aufschiebende Wirkung nur zuzuerkennen, wenn der Fehler in der angefochtenen Entscheidung nicht bloß ein potenzieller, sondern ein evidenter ist. Vgl. mwN VwGH 31.10.2019, Ra 2019/19/0493.

In dieser Entscheidung hat der Verwaltungsgerichtshof ferner zum wiederholten Male ausgesprochen, dass der Revisionswerber - um die vom Gesetz geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können - schon im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darzulegen hat, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt, es sei denn, dass sich nach Lage des Falls die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne Weiteres erkennen lassen.

Mit seinem Beschluss vom 04.11.2019, Ra 2019/21/0244, gab der Verwaltungsgerichtshof dem Antrag, der Revision gegen ein Erkenntnis des Bundesveraltungsgerichts, betreffend insbesondere Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt unbefristetem Einreiseverbot, die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, nicht statt. Der Verwaltungsgerichtshof begründete seine Entscheidung damit, dass die für den Revisionswerber mit dem Abwarten der Entscheidung über die Revision in seinem Herkunftsstaat Türkei verbundenen Konsequenzen - nach der unter Bedachtnahme auf alle Umstände des vorliegenden Falles, insbesondere auch darauf, dass in Österreich kein Familienleben im Sinne des Art 8 EMRK bestand, vorgenommenen Abwägung der wechselseitigen Interessen - keinen "unverhältnismäßigen Nachteil" im Sinne des § 30 Abs 2 VwGG darstelle.

Schließlich kommt dem gewichtigen öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens für die nach § 30 Abs 2 VwGG vorzunehmende Interessenabwägung wesentliche Bedeutung zu; vgl. abermals VwGH 31.10.2019, Ra 2019/19/0493. In diesem Sinne sprach der Verwaltungsgerichtshof am 30.05.2019, Ra 2019/22/0104, bei der Interessenabwägung nach § 30 Abs 2 VwGG aus, die dortige Revisionwerberin beinträchtige durch ihren unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet das große öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, und gab dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht statt.

3.3. Wie unter 1.4. festgestellt, begründet der Antragsteller, dass seine Abschiebung in den Iran einen unverhältnismäßigen Nachteil darstelle, ausschließlich mit seiner - behauptetermaßen - "nachhaltigen fortgeschrittenen Integration".

Dieses Vorbringen ist derart unkonkret und unsubstantiiert, dass der Antragsteller den unter 3.2. erörterten rechtlichen Anforderungen keineswegs entspricht. Es ist nicht zu sehen, dass der Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses wegen der - angeblich - "nachhaltigen fortgeschrittenen Integration" einen unverhältnismäßigen Nachteil bedeuten sollte, zumal dem angefochtenen Erkenntnis nicht zu entnehmen, dass das Bundesverwaltungsgericht von einer "nachhaltigen fortgeschrittenen Integration" ausgegangen wäre, der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen das Erkenntnis erhobenen Beschwerde - auch mit Blick auf Art 8 EMRK - abgelehnt hat (vgl. 1.3.) und der Antragsteller in der Revision den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Rechtmäßigkeit der Rückkehrentscheidung im Allgemeinen sowie zur Beurteilung der Integration des Antragstellers im Speziellen überhaupt nicht entgegengetreten ist und auch sonst nicht dargelegt hat, weshalb und inwieweit von einer "nachhaltigen fortgeschrittenen Integration" auszugehen sein sollte. Namentlich wendet sich der Antragsteller auch in keiner Weise gegen die vom Bundesverwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis vertretene Auffassung, der Antragsteller führe in Österreich kein Familienleben im Sinne des Art 8 EMRK (vgl. 1.2.).

Im Ergebnis hat der Antragsteller keinen mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses verbundenen unverhältnismäßigen Nachteil in konkreter Weise dargelegt.

Hinzukommt, dass sich das Vorbringen des Antragstellers, öffentliche Interessen stehen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen, angesichts der unter 3.2. zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs als gänzlich verfehlt erweist.

Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher spruchgemäß nicht stattzugegeben.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall Revision

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L527.2185298.1.01

Im RIS seit

21.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

21.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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