Entscheidungsdatum
04.12.2019Norm
AsylG 2005 §10Spruch
L515 2217522-2/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , am XXXX geb., laut belangter Behörde nunmehr StA. ungeklärt, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Asyl- und Fremdenwesen vom 21.10.2019, Zl. XXXX , beschlossen:
A) In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gem. § 28 Abs. 3 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge als "bP" bezeichnet) brachte einen Antrag auf internationalen Schutz ein.
Die bP brachte vor, zu Zeiten der UdSSR von der Georgischen SSR in die Armenische SSR umgezogen zu sein. In weiterer Folge sei sie in die nunmehrige Republik Ukraine übersiedelt, welche sie aufgrund der dortigen bewaffneten Auseinandersetzungen die Ukraine verlassen hätte.
Die bB führte Erhebungen, bei denen sich ergab, dass die bP weder die ukrainische, noch die russische, noch die armenische, noch die georgische Staatsbürgerschaft besitze.
Mit im Akt ersichtlichen Bescheid wurden die Anträge der bP auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Des Weiteren wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 55 Abs. 1 a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt und sprach das BFA aus, dass einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde. Ebenso wurde gem. § 53 FPG ein für die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.
Die bB ging im Wesentlichen begründungslos von der georgischen Staatsangehörigkeit der bP aus.
2. Die bP erhob gegen diesen Bescheid der bB fristgerecht Beschwerde. Unter anderem wurde vorgetragen, dass die bP nicht die georgische Staatsbürgerschaft besitze, dies wiederholt vorgetragen hätte, diese Einwände im angefochtenen Bescheid unberücksichtigt blieben und aufgrund des Ergebnisses die Feststellungen der bB zur Staatsangehörigkeit nicht nachvollzogen werden können.
3. Nach der Vorlage der Beschwerdeakte und dem Einlangen in der ho. Gerichtsabteilung erfolgte eine Sichtung der Akte durch den zuständigen Richter.
4. Im Rahmen einer Aktensichtung stellte der zuständige Richter fest, dass die Feststellung der bB, die bP wäre georgischer Staatsbürger per se nicht nachvollziehbar ist und forderte die bB am 17.4.2019 auf, ihre Auffassung, warum sie von der georgischen Staatsangehörigkeit ausgehe, innerhalb einer Frist von 2 Wochen darzulegen.
Am 23.4.2019 ging folgende Stellungnahme ein:
"...
[...], am [...] geboren, legte zum Beweis seiner Identität der Behörde seine Geburtsurkunde der Republik Georgien Nr. [...] vom [...] vor. Diese Geburtsurkunde gibt darüber Auskunft, dass er am [.] in Tbilisi geboren wurde und seine Mutter [...], geboren am [...] ist.
[...], geboren am [...] legte zum Beweis ihrer Identität die georgische Geburtsurkunde Nr. [...] vor. Am 05. April 2018 wurde eine Recherche im Heimatstaat in Auftrag gegeben. Das Ergebnis langte am 12.10.2018 ein. Die Befundaufnahme ergab, dass der ASt ]...], geb. [...] in Tbilisi/Georgien, weder Staatsbürger der Republik Georgien, noch Staatsbürger der Republik Ukraine ist. Die vorgelegte Geburtsurkunde Nr. [...] vom [...], an deren Echtheit vorerst Zweifel bestanden (Ausstellungsdatum des Duplikates unüblich am Tag der Haupteintragung sowie unscharfer und konturenschwacher Stempel), ist echt. Die Angaben wurden durch Einsicht in das Register des Stadtarchivs von Tbilissi, Abteilung Standesamt, verifiziert. Dort ist die Geburt unter der Archiveintragung Nr. [...] vom [...] beurkundet. Ebenso findet sich dort ein Vermerk über die Neuausstellung dieser Geburtsurkunde am [...].
Am 15.04.2019 wurde [...], geboren am [...], durch das georgische Konsulat als georgische Staatsangehörige identifiziert. [...], geb. [...] in Tbilisi/Georgien, verfügt ebenso über eine georgische Geburtsurkunde Nr. [...] vom [...]. Nachdem laut georgischem Staatsbürgerschaftsgesetz das Kind georgischer Eltern georgischer Staatsbürger ist, wurde im Fall des [...], am [...] geboren, festgestellt, dass dieser (ebenso wie seine Mutter) - trotz der im Beschwerdeakt aufliegenden Ermittlungsergebnissen, wonach er weder georgischer, noch armenischer, noch russischer, noch ukrainischer Staatsbürger sein soll - georgischer Staatsbürger ist.
..."
Der Stellungnahme war ein Scan einer in der UdSSR ausgestellte Geburtsurkunde beigefügt, welche keine biometrischen Merkmale enthält.
5. Mit ho. Beschluss vom 30.4.2019 wurde in Erledigung der Beschwerde der angefochtene Bescheid gem. § 28 Abs. 3 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwiesen. Begründend führte das ho. Gericht Folgendes aus:
"...
Die bB geht mit der bereits zitierten Begründung von der georgischen Staatsbürgerschaft der bP entgegen dem Ermittlungsergebnis mit der Begründung aus, die Mutter der bP sei ebenso georgische Staatsbürgerin. Hierbei übersieht sie jedoch, dass sich die von der bB herangezogene Bestimmung auf die Entstehung der georgischen Staatsbürgerschaft durch ex lege Abstammung bezieht, d. h. das Kinder, deren Eltern(teil) zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes georgische Staatsbürger sind, die georgische Staatsbürgerschaft mit ihrer Geburt ebenfalls erwerben. Aus der Bestimmung kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass Kinder -egal in welchem Alter- auch nach ihrer Geburt immer ex lege dem staatsbürgerschaftlichen Schicksal der Eltern bzw. eines Elternteils folgen, falls diese im Laufe ihres Lebens, wenn die Kinder schon geboren wurden, die georgische nachträglich Staatsbürgerschaft erwerben. Genau dies nimmt die bB jedoch an, zumal die bP als Kind von Staatsbürgern der UdSSR geboren wurde und somit zum Zeitpunkt der Geburt ebenso sowjetischer Staatsbürger wurde. Ein souveränes Völkerrechtssubjekt Republik Georgien existierte damals noch nicht, sondern lediglich eine Georgische SSR innerhalb der UdSSR.
Auch könnte die Republik Georgien im Falle der Staatenlosigkeit der bP nicht als der Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes angesehen werden.
Andere Ermittlungsergebnisse, welche die Republik Georgien gegenwärtig als Herkunftsstaat der bP erscheinen lassen, liegen der Aktenlage folgend nicht vor.
Aufgrund des bisherigen Ermittlungsergebnisses ist die Annahme der bB, die bP sei Staatsbürger der Republik Georgien jedenfalls verfehlt.
Die bB wird sich in weiterer Folge mit der Frage zu beschäftigen haben, ob die Identität der bB tatsächlich feststeht. Weiters wird sie zu klären haben, ob eine Staatsbürgerschaft der bP ermittelbar ist und falls dies der Fall ist, diese der Prüfung zu Grunde legen. Sollte keine Staatsbürgerschaft ermittelt werden, wird sie sich mit der Frage zu beschäftigen haben, ob sie staatenlos ist und welcher Staat jener des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes darstellt oder ob die Staatsangehörigkeit der bP nicht festgestellt werden kann.
..."
6. Das fortgesetzte Ermittlungsverfahren stellt sich als sehr überschaubar -um nicht zu sagen rudimentär- dar und erschöpfte sich in einem selektiven schriftlichen Vorhalt des bisherigen Ermittlungsergebnisses -in dem der bP vorgehalten wurde, dass die Identität ihrer Mutter (welche von der georgischen Botschaft identifiziert und deren georgische Staatsbürgerschaft festgestellt wurde) nicht feststehe- und der Aufforderung zum Nachweis der Staatsbürgerschaft und der Kenntnisnahme der hierzu eingelangten Stellungnahme. Für das ho. Gericht ist dessen Mehrwert im Vergleich zum Ermittlungsverfahren, welches bereits vor der Erlassung des ho. behebenden Beschlusses durchgeführt wurde, nicht erkennbar.
7. Mit im Spruch genannten Bescheid wurden die Anträge der bP auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 6 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Des Weiteren wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 55 Abs. 1 a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt und sprach das BFA aus, dass einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde.
Die bB ging ua. davon aus, dass die Identität der bP nicht feststünde. Weiters ging die bB davon aus, dass die bP die Sprachen Russisch, Armenisch, Ukrainisch und "Jezidisch" (gemeint wohl: Kurdisch) spreche. Ebenso ging die bP davon aus, dass sich die bP bis Februar 2014 widerrechtlich in der Ukraine aufgehalten und dort gearbeitet habe. Ebenso ging die bB davon aus, dass die bP in Georgien, Armenien und in der Ukraine die Schule besucht hätte.
Der laut Angaben der bP legal in der Ukraine lebende Vater hätte dort eine Landwirtschaft betrieben.
Die bB ging nunmehr zum einen davon aus, dass der Herkunftsstaat und die Identität der bP nicht feststünde, zum anderen führt sie jedoch aus, dass die von der bP vorgelegte Geburtsurkunde darüber Auskunft gibt, dass sie am darin genannten Datum in Tbilissi geboren ist. Die zweite Feststellung setzt jedoch voraus, dass die bB davon ausgeht, dass die bP tatsächlich jene Person ist, die in der Geburtsurkunde genannt ist. Ebenso wurde seitens der bB es sichtlich als erwiesen angenommen, zumal die bB im Indikativ formulierte, dass sie davon ausgeht, dass die von der bP als Eltern genannten Personen tatsächlich ihre Eltern sind und zumindest die Mutter von den armenischen Behörden identifiziert wurde, was das Feststehen ihrer Existenz voraussetzt.
Im Erstbescheid ging die bB davon aus, dass die Identität der bP feststehe.
8. Gegen den oa. Bescheid wurde rechtzeitig eine Beschwerde eingebracht. Am 20.11.2019 langte die Beschwerdeakte beim ho. Gericht ein und erfolge eine Sichtung durch den zuständigen Richter.
In der Beschwerde wurde vorgetragen, dass die bB dem Ermittlungsauftrag des ho. Gerichts nur sehr bedingt entsprach. Im Lichte des bisherigen Sachverhaltes sei von der Staatenlosigkeit der bP und somit aufgrund des Umstandes, dass es sich bei der Republik Ukraine um den Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes der bP handelte, von der Staatsangehörigkeit der Republik Ukraine iSd § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG auszugehen.
9. Seitens des ho. Gerichts wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die relevanten Feststellungen ergeben sich aus dem beschriebenen Verfahrenshergang.
2. Beweiswürdigung:
Der für die gegenständliche Zurückverweisung des Bundesverwaltungsgerichtes relevante Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage zweifelsfrei.
Die bB zweifelte im Verfahren die Elternschaft jener Menschen, die im Verfahren als die Eltern der bP auftraten, nicht an und nimmt die bB die Identität der Mutter der bP als erwiesen an. Ob sie die Identität des Vaters als erwiesen annimmt, kann dem angefochtenen Bescheid nicht entnommen werden. Jedenfalls finden sich keine Hinweise im angefochtenen Bescheid, dass sie die Identität des Vaters nicht als erwiesen annimmt. Fakt ist, dass die bP eine Geburtsurkunde vorlegte und vorbrachte, dass sie die in der Urkunde genannte Person ist und wurde von der bB wiederholt auch von diesem Umstand ausgegangen, andererseits wurde er aber auch in Zweifel gestellt.
In der hier vorliegenden, konkreten Fallkonstellation kann der bloße Hinweis, dass die bP keine personsbezogenen Dokumente (gemeint ist wohl, keine Dokumente, welche biometrische Merkmale enthalten) vorlegte, nicht als schlüssige Begründung, dass die Identität der bP nicht feststehe, herangezogen werden und stellt sich die diesbezügliche Beweiswürdigung der bB nach Ansicht des ho. Gerichts als nicht schlüssig dar, dies auch zumal die bB ihre Ermittlungsmöglichkeiten nicht ausschöpfte. So wäre es ihr beispielsweise möglich gewesen, die Mutter der bP als Zeugin unter Wahrheitspflicht zu ihren eigenen familiären Verhältnissen, sowie zur Identität und zum Verwandtschaftsverhältnis in Bezug auf die bP zu befragen und falls sie Zweifel am Verwandtschaftsverhältnis zwischen der bP und behaupteten Mutter, bzw. am Wahrheitsgehalt der Angaben der Zeugin -worauf sich im Akt und im angefochtenen Bescheid in Bezug auf den erstgenannten Umstand keine Zweifel finden- im Rahmen des Grundsatzes der Unbeschränktheit der Beweismittel etwa eine DNA-Analyse vorzunehmen.
Wie bereits erwähnt, wurde seitens der bB der bisherige Lebensweg der bP -zumindest der Formulierung des angefochtenen Bescheides entnehmbar- nicht angezweifelt, woraus sich ergibt, dass diese zu Sowjetzeiten in Georgien geboren wurde, später in Armenien und bis zur Ausreise in der Ukraine lebte. Falls die bB tatsächlich Zweifel am Aufenthalt in der Ukraine hegen würde, stünde ihr die Möglichkeit offen, zu diesem Beweisthema etwa eine Sprach- und Herkunftsanalyse einzuholen.
Für das ho. Gericht erscheint es auch nicht nachvollziehbar, warum die bB es unreflektiert als erwiesen annimmt, dass die bP in der Ukraine über kein Aufenthaltsrecht verfügte, zumal zumindest ihr Vater dort zum Aufenthalt berechtigt war und der Eigentümer von Liegenschaften sein soll und die bP die Schule besucht haben soll. Es erscheint daher nicht nachvollziehbar und im Rahmen weiterer Ermittlungen zumindest hinterfragenswert, ob es sich hierbei nicht lediglich um eine Schutzbehauptung im Hinblick auf den erhofften Verfahrensausgang handelt.
Letztlich sei darauf hingewiesen, dass die bB ein wesentliches Bescheinigungsmittel zur Entscheidungsfindung -so weit ersichtlich- nicht heranzog, nämlich die französische Asylakte und die Angaben der bP vor den französischen Asylbehörden.
Abschließend erlaubt sich das ho. Gericht darauf hinzuweisen, dass -soweit sich aus dem ergänzenden Ermittlungen nichts anderes ergibt- im Lichte des von der bB laut Akteninhalt nicht angezweifelten bisherigen Lebensweges der bP der letzte Aufenthalt der bP wohl in der Ukraine anzunehmen wäre.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 6 BVwGG liegt im gegenständlichen Fall die Zuständigkeit des Einzelrichters vor.
Zu A)
3.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, [...] und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.3.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
3.3.2. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.3.3. Gemäß § 28 Abs. 3 hat, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg. cit nicht vorliegen, das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgeht.
Um Wiederholungen bzw. Tiraden zu vermeiden, wird in Bezug auf die Auslegung des § 28 Abs. 3 VwGVG des Begriffes des "Herkunftsstaates", sowie in Bezug auf die Gründe, warum der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.03.2019, Zl. 1087597108-151366825 behoben wurde, auf das den in der gegenständlichen Sache bereit ergangenen Beschluss L515 2217522-1/7E vom 30.4.2019, welcher den Verfahrensparteien zugestellt wurde, verwiesen und zum Inhalt des gegenständlichen Beschlusses erhoben.
3.3.4. Einzelfallbezogen ergibt sich hieraus Folgendes:
Der ho. Beschluss GZ. L515 2217522-1/7E vom 30.4.2019 erwuchs in Rechtskraft, ist somit Bestandteil des österreichischen Rechtsbestandes und für die Rechtsunterworfenen, somit auch für die Verfahrensparteien verbindlich und obliegt es insbesondere nicht dem Belieben der bB, bei gleich gebliebener Sach- und Rechtslage den im genannten Beschluss dargelegten Ermittlungsaufträgen zu entsprechen, sondern stellen sich diese Aufträge als rechtsverbindlich dar.
Wie sich aus den Ausführungen in der Beweiswürdigung ergibt, schöpfte die bB die ihr zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten im gegenständlichen Fall nicht aus und wird hier auch auf den Umstand verwiesen, dass die bB als Spezialbehörde anzusehen ist, an die die höchstgerichtliche Rechtsprechung besonders hohe Anforderungen im Rahmen ihrer Obliegenheit zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts stellt.
Wie bereits in der Beweiswürdigung erörtert, stellen sich die bisherigen Erwägungen der bB als nicht schlüssig dar und wurde wesentliche Elemente des maßgeblichen Sachverhalt in einem solchen Umfang nicht ermittelt, dass nicht festgestellt werden kann, die Staatsangehörigkeit der bP stünde nicht fest. Diese Feststellung wäre erst dann zulässig, wenn die bB nach Ausschöpfung sämtlicher ihr möglichen und als Spezialbehörde zumutbaren Ermittlungsmöglichkeiten im Rahmen einer schlüssigen Beweiswürdigung zum Schluss kommt, dass die bP keine Staatsbürgerschaft besitzt und sich im Falle der Staatenlosigkeit auch kein Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes feststellen lässt. Sollte sich die Ukraine als der Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes herausstellen, erscheint es aus der Sicht des ho. Gerichts aus aufenthaltsrechtlicher Sicht nicht unwesentlich, dass die bP Vater von 2 minderjährigen ukrainischen Staatsbürgern ist.
Durch die Vorgangsweise der bB werden wesentliche Ermittlungsschritte, welche zum Kernbestand des maßgeblichen Sachverhalts zählen, nämlich die Feststellung der Staatsangehörigkeit auf das ho. Gericht abgewälzt und es liegt somit nicht eine bloße Ergänzungsbedürftigkeit des Sacherhalts vor
Aufgrund des organisatorischen Aufbaues der bB und des ho. Gerichts, der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung des Asylverfahrens, sowie des Aufenthaltsortes der bP ist davon auszugehen, dass eine Fortführung des Verfahrens durch die bB zu einer Ersparnis an Zeit und sonstigen Ressourcen führt. Würde das ho. Gericht ihr Ermessen dahin ausüben, das erforderliche Ermittlungsverfahren selbst zu führen, so würde es im Lichte des hier vorliegenden Sachverhalts und im Lichte der bereits getätigten Ausführungen dieses Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes ausüben.
Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der Beschwerde stattzugeben bzw. die angefochtenen Bescheide aufzuheben waren.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hierzu die bereits zitierte Judikatur) auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Asylverfahren Ermittlungsmangel Ermittlungspflicht Kassation mangelhaftes Ermittlungsverfahren mangelnde Feststellungen mangelnde Sachverhaltsfeststellung Staatsangehörigkeit ZurückverweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L515.2217522.2.01Im RIS seit
21.09.2020Zuletzt aktualisiert am
21.09.2020