TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/16 L507 2207874-1

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Veröffentlicht am 16.12.2019
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Entscheidungsdatum

16.12.2019

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4

Spruch

L507 2141155-2/11E

L507 2141152-2/8E

L507 2207877-1/9E

L507 2207874-1/9E

L507 2141161-2/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Habersack über die Beschwerden des 1) XXXX , geb. XXXX , der 2) XXXX , geb. XXXX , des 3) XXXX , geb. XXXX , des 4) XXXX , geb. XXXX , und der 5) XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, alle vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.09.2018, 02.10.2018 und 18.09.2018, Zlen. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.07.2019 und 31.07.2019, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 3 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführer (kurz BF) 1 und 2 sind Ehegatten und stellten am 01.07.2015 (BF1) und am 18.02.2016 (BF2) Anträge auf internationalen Schutz. Die BF 3 und 4 sind die minderjährigen Kinder der BF 1 und 2. Die BF5, die Mutter des BF1, stellte am 24.02.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der niederschriftlichen Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 01.07.2015 brachte der BF1 im Wesentlichen vor, dass er irakischer Staatsangehöriger, Angehöriger der arabischen Volksgruppe und muslimisch-schiitischen Glaubens sei. Der BF1 habe in XXXX gelebt, sei verheiratet und habe zwei Töchter aus erster Ehe. Der Beschwerdeführer habe am 04.06.2015 den Irak verlassen, weil in seinem Land ein Bürgerkrieg herrsche und er um sein Leben fürchte. Der Bruder des BF1 sei im Jahr 2009 von einer Miliz getötet worden.

Bei der niederschriftlichen Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 18.02.2016 brachte die BF2 im Wesentlichen vor, dass sie irakische Staatsangehörige, Angehörige der arabischen Volksgruppe und muslimischen Glaubens sei, wobei sich die BF2 weder zur sunnitischen noch zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam bekenne. Die BF2 sei verheiratet und habe in XXXX gelebt. Der Ehegatte der BF2 habe für eine amerikanische Firma im Irak gearbeitet, weshalb er von fremden Leuten mit dem Umbringen bedroht worden und deswegen nach Österreich geflohen sei. Nach der Flucht ihres Ehegatten (BF1) sei seine mit dem Umbringen bedroht worden. Der Schwager der BF2, der in der gleichen Firma wie der Ehegatte der BF2 gearbeitet habe, sei bereits umgebracht worden. Aus diesem Grund habe die BF2 gemeinsam mit Ihrer Schwiegermutter (BF5) den Irak verlassen.

Bei der niederschriftlichen Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 24.02.2016 brachte die BF5 im Wesentlichen vor, dass sie zu Hause von einer islamischen Gruppe mit Waffen bedroht worden sei, weil ihr Sohn bei einer Amerikanischen "Petrol-Firma" gearbeitet habe. Ihr Sohn habe mit einem LKW Treibstoff gefahren.

2. Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 31.08.2016 brachten die BF1-2 im Wesentlichen vor, dass sie Staatsangehörige des Irak und Angehörige der arabischen Volksgruppe seien. Die BF1-2 hätten in XXXX gelebt, seien seit dem 30.05.2014 verheiratet und hätten keine gemeinsamen Kinder. Der BF1 habe zwei Töchter aus erster Ehe, wobei diese bei der ehemaligen Ehegattin des Beschwerdeführers im Irak leben würden.

Der BF1 habe von 2012 bis 2014 bei der Firma XXXX in XXXX und von 2013 bis 2014 bei der XXXX gearbeitet. Bei der Firma XXXX habe der BF1 als Sicherheitsmitarbeiter gearbeitet, wobei er für die Sicherheit von Ingenieuren und Fahrern zuständig gewesen sei. Bei dieser Firma hätten auch zwei Brüder des BF1 als LKW-Fahrer gearbeitet. XXXX sei eine amerikanisch-irakische Firma, wobei der Vorgesetzte des Beschwerdeführers ein Iraker gewesen sei. Die Mitarbeiter dieser Firma würden vornehmlich aus Rumänien, Indien usw. stammen. Ein Scheich namens XXXX , der Mitglied der Miliz Asa¿ib Ahl Haq sei, habe vom BF1 und seinen Brüdern verlangt, dass sie ihm Informationen über die Firma liefern und mit ihm zusammenarbeiten sollen. Der Beschwerdeführer und seine Brüder hätten ihm gesagt, dass sie nur Fahrer seien und nichts über die Firma wissen würden. Im September 2014 seien der BF1 und seine Brüder zuhause von Mitgliedern der Asa¿ib Ahl Haq bedroht worden. Am 10.09.2014 sei es in der Nähe der Firma XXXX zu einem Vorfall gekommen, wobei der BF1 und seine Brüder überfallen worden seien. Ein Bruder des BF1 sei getötet und der BF1 verletzt worden, sodass er in einem Krankenhaus behandelt werden musste. Nach diesem Vorfall habe sich der BF1 in XXXX versteckt und habe nach einiger Zeit den Irak verlassen.

Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 31.08.2016 brachte die BF5 im Wesentlichen vor, dass sie Staatsangehörige des Irak und moslemischen (schiitischen) Glaubens sei. Die BF5 sei seit 2003 verwitwet und habe gemeinsam mit ihrer Familie in XXXX gelebt. Den Irak habe die BF5 gemeinsam mit ihrer Schwiegertochter (BF2) im Oktober 2015 verlassen, weil sie von der Miliz Asa¿ib Ahl Haq bedroht worden sei. Bei einem Vorfall mit dieser Miliz seien ihr Sohn XXXX umgebracht und ihr Sohn XXXX (BF1) bedroht worden, weil sie bei einer amerikanischen Firma gearbeitet hätten. Mitglieder von Asa¿ib Ahl Haq hätten danach eine Waffe gegen den Kopf der BF5 gerichtet und hätten von ihr die Aufenthaltsorte ihrer Söhne XXXX (BF1) und XXXX verlangt. Im Falle einer Rückkehr in den Irak befürchte die BF5, getötet zu werden.

3. Mit Bescheiden des BFA vom 11.11.2016, Zlen. XXXX , wurden die Anträge auf internationalen Schutz der BF1, 2 und 5 bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß

§ 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurden die Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen. Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurden nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die BF 1-2 und 5 Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für eine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen.

4. Gegen diese Bescheide wurden am 24.11.2016 fristgerecht Beschwerden erhoben.

5. Mit hg. Beschlüssen vom 25.01.2017 (BF5), Zl. L507 2141161-1/5E, und 26.01.2017 (BF 1-2), Zlen. L5072141155-1/4E und L507 2141152-1/4E, wurden in Erledigung der Beschwerden die bekämpften Bescheide behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung neuer Bescheide an das BFA zurückverwiesen. Begründend wurde im Wesentlich ausgeführt, dass die seitens der BF1-2 und 5 in arabischer Sprache in Vorlage gebrachten und für die Beurteilung der Rechtssache relevanten Bescheinigungsmittel nicht in die deutsche Sprache übersetzt worden seien und sohin jede inhaltliche Auseinandersetzung damit unmöglich gewesen sei.

6. Am XXXX .2017 und am XXXX .2018 wurden die BF 3-4 in Österreich geboren. Die BF 3 und 4 sind die leiblichen Kinder der BF 1 und 2. Am 13.02.2016 wurde für den BF3 und am 19.09.2018 für den BF4 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt und auf die Ausreisegründe der BF1-2 verwiesen.

7. Am 15.01.2018 wurden die BF1-2 und 5 niederschriftlich vor dem BFA einvernommen. Der BF1 brachte dabei im Wesentlichen vor, dass er im Irak bei einer Sicherheitsfirma gearbeitet habe und deshalb von einer Person namens XXXX und weiteren bewaffneten Personen, welche Informationen über die Firma einholen hätte wollen, bedroht und geschlagen worden sei, weshalb er den Irak verlassen habe. Nach seiner Ausreise seien auch seine Ehegattin (BF2) und seine Mutter (BF5) bedroht worden, weshalb auch diese ausgereist seien.

Die BF2 brachte zusammengefasst vor, dass die Miliz Asai'ib Ahl al-Haq zur ihr und ihrer Schwiegermutter (BF5) nach Hause gekommen sei und diese die Schwiegermutter (BF5) geschlagen und mit einer Waffe bedroht habe. Die Miliz habe die Schwiegermutter (BF5) mitnehmen wollen und sei diese bewusstlos gewesen. Die BF2 sei ebenfalls geschlagen worden, habe geschrien und ihr Kind, mit dem sie schwanger gewesen sei, verloren, weshalb die Milizen die BF2 sowie die BF5 zurückgelassen hätten und gegangen seien. Die BF2 sei drei bis vier Tage im Krankenhaus gewesen und habe ihr die BF5 erzählt, dass die Miliz in dieser Zeit noch einmal bei ihnen zu Hause gewesen sei. Daraufhin seien sie zu Verwandten gegangen und in weiterer Folge aus dem Irak ausgereist.

Die BF5 brachte im Wesentlichen vor, dass ihre Söhne XXXX und XXXX bei einer amerikanischen Sicherheitsfirma gearbeitet hätten. Es seien vier Männer zu den Söhnen der BF5 gekommen und hätten Informationen gewollt. Nachdem die Söhne der BF5 die Informationen nicht weitergegeben hätten, seien die Personen ein zweites Mal gekommen, hätten die Söhne bedroht und wären in Streit geraten. Diese Männer hätten den Söhnen der BF5 vorgeworfen, Verräter und Spione der Amerikaner zu sein. Die BF5 sei verständigt worden, dass ihre Söhne attackiert worden seien und XXXX im Krankenhau sei. Sie habe ihn im Krankenhaus aber nicht gefunden, weshalb sie Anzeige bei der Polizei erstattet habe. Während dessen sei sie verständigt worden, dass ihr Sohn XXXX ermordet worden sei. Neben der Leiche sei ein Drohzettel mit den Namen ihrer Söhne gelegen. Die BF5 habe im Krankenhaus die Leiche identifiziert und gesehen, dass ihr Sohn gefoltert worden sei. Er sei am Kopf verletzt sowie geschlagen worden und habe zwei Schussverletzungen gehabt. Als die BF5 nach Hause gegangen sei, seien die Männer zu ihr gekommen, hätten sie mit einer Waffe bedroht und geschlagen. Sie hätten den Aufenthaltsort von den Söhnen XXXX und XXXX wissen wollen. Auch die BF2 sei geschlagen worden, habe ihr Kind verloren und sei die BF5 bewusstlos gewesen. Die BF 5 und 2 seien ins Krankenaus gebracht worden, wobei die BF5 noch am selben Tag entlassen worden sei. Die Männer seien noch einmal zu der BF5 gekommen und hätten sie bedroht, woraufhin die Nachbarn ihr geraten hätten, das Haus zu verlassen, weil ihr Leben in Gefahr sei. Die BF5 habe die BF2 aus dem Krankenhaus abgeholt und seien beide dann zum Haus einer Freundin gegangen, wo sie nur die notwendigsten Sachen erledigt hätten, bis sie einen Anruf des BF1 erhalten habe, welcher bereits in Österreich gewesen sei und gesagt habe, sie sollen in die Türkei reisen.

Für die BF3-4 wurden keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht.

8. Die Anträge auf internationalen Schutz der BF1-5 wurden mit Bescheiden des BFA vom 05.09.2018, 02.10.2018 und 18.09.2019 Zlen. 1075965610-150774769, 1105945607-160261335, 1142920204-170191975, 1206895300-180891783, und 1106488100-160290165, gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde den BF1-5 der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG befristete Aufenthaltsberechtigungen bis zum 05.09.2019, 02.10.2019 bzw. 18.09.2019 erteilt.

Beweiswürdigend wurde hinsichtlich der Gründe für das Verlassen des Irak vom BFA festgehalten, dass dem Vorbringen der Beschwerdeführer aufgrund des nicht nachvollziehbaren und unplausiblen Vorbringens die Glaubwürdigkeit abzuerkennen sei. Infolge der derzeit im Irak vorherrschenden schlechten allgemeinen Sicherheitslage seien den BF1-5 jedoch der Status von subsidiär Schutzberechtigten und gleichzeitig befristete Aufenthaltsberechtigungen zu erteilen gewesen.

9. Mit Verfahrensanordnungen des BFA vom 06.09.2018, 02.10.2018 und 18.09.2018 wurde den Beschwerdeführern gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

10. Die bekämpften Bescheide wurden den Beschwerdeführern am 10.09.2018, 19.09.2018, 10.10.2018 und 21.09.2018 ordnungsgemäß zugestellt, wogegen am 04.10.2018 und 10.10.2018 fristgerecht Beschwerden erhoben wurden.

Darin wurde im Wesentlichen der Verfahrensgang sowie das bisherige Vorbringen wiederholt und bekräftigt, dass der BF1 kontinuierlich asylrelevante und individuell gegen ihn politisch motivierte Verfolgung vorgebrach habe. Sein Vorbringen sei stets schlüssig und widerspruchsfrei gewesen. Die vom BF1 dargelegte Weigerung der Kooperation mit der Gruppe der Asa'ib Ahl al-Haqq führe zur Anschuldigung der Unterstellung, für die Ausländer zu arbeiten, was im Prinzip als Ausdruck einer der Miliz gegenüber feindlichen politischen Gesinnung verstanden werde. Im Weiteren wurde - wie näher dargelegt - versucht, die dargelegten Widersprüche zu entkräften und wurden auszugsweises Länderberichte zitiert, welche das Vorbringen der BF1-5 stützen würden.

11. Am 17.07.2019 und 31.07.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht in der Sache der Beschwerdeführer eine öffentlich mündliche Verhandlung durch. Den BF1-2 und 5 wurde in der mündlichen Verhandlung die Gelegenheit gegeben, neuerlich ihre Ausreisemotivation darzulegen sowie die aktuelle Lageentwicklung im Irak anhand vorliegender Länderdokumentationsunterlagen erörtert. Zudem wurde ihnen die Möglichkeit zu Abgabe einer Stellungnahme zu den Länderinformationen innerhalb von zwei Wochen eingeräumt. Bis dato langte hg. keine Stellungnahme ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

1.1. Zur Person der Beschwerdeführer:

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige des Irak, moslemisch sunnitischen Glaubens und Angehörige der arabischen Volksgruppe. Die BF1 und 2 haben im Jahr 2014 im Irak geheiratet und entstammen dieser Ehe zwei gemeinsame Kinder (BF2-3). Die BF2-3 wurden in Österreich geboren.

BF1:

Der BF1 besucht im Irak zwölf Jahre lang die Schule und war nach der Matura in verschiedenen Berufen (u. a. Elektriker) tätig (AS 17, 69). Im Jahr 2010 hat der BF1 eine dreimonatige Ausbildung für Risikokontrolle absolviert.

Von Februar 2012 bis Februar 2014 (AS 80) war der BF1 bei der Sicherheitsfirma XXXX sowie von 2013 bis 2014 bei der Firma XXXX angestellt. Im Rahmen seiner Anstellung bei XXXX war der BF1 für die die Sicherheit diverser Mitarbeiter (u.a. Ingenieure) bei der Firma XXXX zuständig, wobei er selbst auch als Fahrer bei der XXXX gearbeitet hat.

Der BF1 war bereits von 2007 bis 2013 verheiratet und entstammen dieser Ehe zwei Töchter, die nach wie vor im Irak bei ihrer Mutter (Ex-Ehegattin des BF1) aufhältig sind.

Im Jahr 2005 zog sich der BF1 eine Fraktur am rechten Oberschenkel zu und wurde diesbezüglich im Irak behandelt.

BF2:

Die BF2 besuchte im Irak sechs Jahre lang die Schule, erlernte keinen Beruf und war Hausfrau.

BF3-4:

Der BF3 wurde am 01.09.2018 sowie der BF4 am 29.01.2017 in Österreich geboren und halten sich beide seither im Bundesgebiet auf.

BF5:

Die BF5 ist die Mutter des BF1. Sie besuchte drei Jahre die Volksschule, hat keinen Beruf erlernt und war Hausfrau.

Nicht feststellbar war, dass die BF1-2 und 5 vor der Ausreise aus dem Irak einer individuellen asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt waren oder die BF1-5 bei einer Rückkehr in den Irak der Gefahr einer solchen ausgesetzt wären.

1.2. Zur Lage im Irak wird festgestellt:

Politische Lage

Die politische Landschaft des Irak hat sich seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 enorm verändert (KAS 2.5.2018). Gemäß der Verfassung ist der Irak ein demokratischer, föderaler und parlamentarisch-republikanischer Staat (AA 12.2.2018), der aus 18 Provinzen (muhafazat) besteht (Fanack 27.9.2018). Artikel 47 der Verfassung sieht eine Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Judikative vor (RoI 15.10.2005). Die Autonome Region Kurdistan ist Teil der Bundesrepublik Irak und besteht aus den drei nördlichen Provinzen Dohuk, Erbil und Sulaymaniya. Sie wird von einer Regionalverwaltung, der kurdischen Regionalregierung, verwaltet und verfügt über eigene Streitkräfte (Fanack 27.9.2018).

An der Spitze der Exekutive steht der irakische Präsident, der auch das Staatsoberhaupt ist. Der Präsident wird mit einer Zweidrittelmehrheit des irakischen Parlaments (majlis al-nuwwab, engl.: Council of Representatives, dt.: Repräsentantenrat), für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt und genehmigt Gesetze, die vom Parlament verabschiedet werden. Der Präsident wird von zwei Vizepräsidenten unterstützt. Zusammen bilden sie den Präsidialrat (Fanack 27.9.2018).

Teil der Exekutive ist auch der Ministerrat, der sich aus dem Premierminister und anderen Ministern der jeweiligen Bundesregierung zusammensetzt (Fanack 27.9.2018; vgl. RoI 15.10.2005). Der Premierminister wird vom Präsidenten designiert und vom Parlament bestätigt (RoI 15.10.2005).

Am 2.10.2018 wählte das neu zusammengetretene irakische Parlament den moderaten kurdischen Politiker Barham Salih zum Präsidenten des Irak (DW 2.10.2018). Dieser wiederum ernannte den schiitischen Politik-Veteranen Adel Abd al-Mahdi zum Premierminister und beauftragte ihn mit der Regierungsbildung (BBC 3.10.2018). Abd al-Mahdi ist seit 2005 der erste Premier, der nicht die Linie der schiitischen Da'wa-Partei vertritt, die seit dem Ende des Krieges eine zentrale Rolle in der Geschichte Landes übernommen hat. Er unterhält gute Beziehungen zu den USA. Der Iran hat sich seiner Ernennung nicht entgegengestellt (Guardian 3.10.2018).

Der Premierminister führt den Vorsitz im Ministerrat und leitet damit die tägliche Politik (Fanack 27.9.2018). Im Gegensatz zum Präsidenten, dessen Rolle weitgehend zeremoniell ist, liegt beim Premierminister damit die eigentliche Exekutivgewalt (Guardian 3.10.2018).

Die gesetzgebende Gewalt, die Legislative, wird vom irakischen Repräsentantenrat (Parlament) ausgeübt (Fanack 27.9.2018). Er besteht aus 329 Abgeordneten (CIA 17.10.2018; vgl. IRIS 11.5.2018).

Die konfessionell/ethnische Verteilung der politischen Spitzenposten ist nicht in der irakischen Verfassung festgeschrieben, aber seit 2005 üblich (Standard 3.10.2018). So ist der Parlamentspräsident gewöhnlich ein Sunnite, der Premierminister ist ein Schiite und der Präsident der Republik ein Kurde (Al Jazeera 15.9.2018).

In weiten Teilen der irakischen Bevölkerung herrscht erhebliche Desillusion gegenüber der politischen Führung (LSE 7.2018; vgl. IRIS 11.5.2018). Politikverdrossenheit ist weit verbreitet (Standard 13.5.2018). Dies hat sich auch in der niedrigen Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen im Mai 2018 gezeigt (WZ 12.5.2018). Der Konfessionalismus und die sogennante "Muhassasa", das komplizierte Proporzsystem, nach dem bisher Macht und Geld unter den Religionsgruppen, Ethnien und wichtigsten Stämmen im Irak verteilt wurden, gelten als Grund für Bereicherung, überbordende Korruption und einen Staat, der seinen Bürgern kaum Dienstleistungen wie Strom- und Wasserversorgung, ein Gesundheitswesen oder ein Bildungssystem bereitstellt (TA 12.5.2018).

Viele sunnitische Iraker stehen der schiitischen Dominanz im politischen System kritisch gegenüber. Die Machtverteilungsarrangements zwischen Sunniten und Schiiten sowie Kurden festigen den Einfluss ethnisch-religiöser Identitäten und verhindern die Herausbildung eines politischen Prozesses, der auf die Bewältigung politischer Sachfragen abzielt (AA 12.2.2018).

Die Zeit des Wahlkampfs im Frühjahr 2018 war nichtsdestotrotz von einem Moment des verhaltenen Optimismus gekennzeichnet, nach dem Sieg über den sogenannten Islamischen Staat (IS) im Dezember 2017 (ICG 9.5.2018). Am 9.12.2017 hatte Haider al-Abadi, der damalige irakische Premierminister, das Ende des Krieges gegen den IS ausgerufen (BBC 9.12.2017). Irakische Sicherheitskräfte hatten zuvor die letzten IS-Hochburgen in den Provinzen Anbar, Salah al-Din und Ninewa unter ihre Kontrolle gebracht. (UNSC 17.1.2018).

Quellen:

-AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf, Zugriff 12.10.2018

-Al Jazeera (15.9.2018): Deadlock broken as Iraqi parliament elects speaker, https://www.aljazeera.com/news/2018/09/deadlock-broken-iraqi-parliament-elects-speaker-180915115434675.html, Zugriff 19.10.2018

-BBC - British Broadcasting Corporation (9.12.2017): Iraq declares war with Islamic State is over, http://www.bbc.com/news/world-middle-east-42291985, Zugriff 18.10.2018

-BBC - British Broadcasting Corporation (3.10.2018): New Iraq President Barham Saleh names Adel Abdul Mahdi as PM, https://www.bbc.com/news/world-middle-east-45722528, Zugriff 18.10.2018

-CIA - Central Intelligence Agency (17.10.2018): The World Factbook - Iraq, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/iz.html, Zugriff 19.10.2018

-DW - Deutsche Welle (2.10.2018): Iraqi parliament elects Kurdish moderate Barham Salih as new president, https://www.dw.com/en/iraqi-parliament-elects-kurdish-moderate-barham-salih-as-new-president/a-45733912, Zugriff 18.10.2018

-Fanack (27.9.2018): Governance & Politics of Iraq, https://fanack.com/iraq/governance-and-politics-of-iraq/, Zugriff 17.10.2018

-The Guardian (3.10.2018): Iraqi president names Adel Abdul-Mahdi as next prime minister, https://www.theguardian.com/world/2018/oct/03/iraqi-president-names-adel-abdul-mahdi-as-next-prime-minister, Zugriff 18.10.2018

-ICG - International Crisis Group (9.5.2018): Iraq's Pre-election Optimism Includes a New Partnership with Saudi Arabia, https://www.crisisgroup.org/middle-east-north-africa/gulf-and-arabian-peninsula/iraq/iraqs-pre-election-optimism-includes-new-partnership-saudi-arabia, Zugriff 18.10.2018

-KAS - Konrad Adenauer Stiftung (2.5.2018): Mapping the Major Political Organizations and Actors in Iraq since 2003, http://www.kas.de/wf/doc/kas_52295-1522-1-30.pdf?180501131459, Zugriff 17.10.2018

-LSE - London School of Economics and Political Science (7.2018): The 2018 Iraqi Federal Elections: A Population in Transition?, http://eprints.lse.ac.uk/89698/7/MEC_Iraqi-elections_Report_2018.pdf, Zugriff 18.10.2018

-Reuters (15.9.2018): Iraq parliament elects Sunni lawmaker al-Halbousi as speaker, breaking deadlock, https://www.reuters.com/article/us-iraq-politics/iraq-parliament-elects-sunni-lawmaker-al-halbousi-as-speaker-breaking-deadlock-idUSKCN1LV0BH, Zugriff 18.10.2018

-RoI - Republic of Iraq (15.10.2005): Constitution of the Republic of Iraq, http://www.refworld.org/docid/454f50804.html, Zugriff 18.10.2018

-Der Standard (13.5.2018): Wahlen im Irak: Al-Abadi laut Kreisen in Führung, https://derstandard.at/2000079629773/Irakische-Parlamentswahl-ohne-groessere-Zder, Zugriff 2.11.2018

-Der Standard (3.10.2018): Neue alte Gesichter für Iraks Topjobs, https://derstandard.at/2000088607743/Neue-alte-Gesichter-fuer-Iraks-Topjobs, Zugriff 19.10.2018

-TA - Tagesanzeiger (12.5.2018): Im Bann des Misstrauens, https://www.tagesanzeiger.ch/ausland/naher-osten-und-afrika/im-bann-des-misstrauens/story/29434606, Zugriff 18.10.2018

-UNSC - United Nations Security Council (17.1.2018): Report of the Secretary-General pursuant to resolution 2367 (2017), https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/N1800449.pdf, Zugriff 19.10.2018

-WZ - Wiener Zeitung (12.5.2018): Erste Wahl im Irak nach Sieg gegen IS stößt auf wenig Interesse, https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/welt/weltpolitik/964399_Erste-Wahl-im-Irak-nach-Sieg-gegen-IS-stoesst-auf-wenig-Interesse.html, Zugriff 23.10.2018

Parteienlandschaft

Es gibt vier große schiitische politische Gruppierungen im Irak: die Islamische Da'wa-Partei, den Obersten Islamischen Rat im Irak (OIRI) (jetzt durch die Bildung der Hikma-Bewegung zersplittert), die Sadr-Bewegung und die Badr-Organisation. Diese Gruppen sind islamistischer Natur, sie halten die meisten Sitze im Parlament und stehen in Konkurrenz zueinander - eine Konkurrenz, die sich, trotz des gemeinsamen konfessionellen Hintergrunds und der gemeinsamen Geschichte im Kampf gegen Saddam Hussein, bisweilen auch in Gewalt niedergeschlagen hat (KAS 2.5.2018).

Die meisten politischen Parteien verfügen über einen bewaffneten Flügel oder werden einer Miliz zugeordnet (Niqash 7.7.2016; vgl. BP 17.12.2017) obwohl dies gemäß dem Parteiengesetz von 2015 verboten ist (Niqash 7.7.2016; vgl. WI 12.10.2015). Milizen streben jedoch danach, politische Parteien zu gründen (CGP 4.2018) und haben sich zu einer einflussreichen politischen Kraft entwickelt (Niqash 5.4.2018; vgl. Guardian 12.5.2018).

Die sunnitische politische Szene im Irak ist durch anhaltende Fragmentierung und Konflikt gekennzeichnet, zwischen Kräften, die auf Provinz-Ebene agieren, und solchen, die auf Bundesebene agieren. Lokale sunnitische Kräfte haben sich als langlebiger erwiesen als nationale (KAS 2.5.2018)

Die politische Landschaft der Autonomen Region Kurdistan ist historisch von zwei großen Parteien geprägt: der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) und der Patriotischen Union Kurdistans (PUK). Dazu kommen Gorran ("Wandel"), eine 2009 gegründete Bewegung, die sich auf den Kampf gegen Korruption und Nepotismus konzentriert, sowie eine Reihe kleinere islamistische Parteien (KAS 2.5.2018).

Abgesehen von den großen konfessionell bzw. ethnisch dominierten Parteien des Irak, gibt es auch nennenswerte überkonfessionelle politische Gruppierungen. Unter diesen ist vor allem die Iraqiyya/Wataniyya Bewegung des Ayad Allawi von Bedeutung (KAS 2.5.2018).

Die Wahl im Mai 2018 war von Vorwürfen von Unregelmäßigkeiten und Wahlbetrug begleitet (Al-Monitor 23.8.2018; vgl. Reuters 24.5.2018, Al Jazeera 6.6.2018). Eine manuelle Nachzählung der Stimmen, die daraufhin angeordnet wurde, ergab jedoch fast keinen Unterschied zu den zunächst verlautbarten Ergebnissen und bestätigte den Sieg von Muqtada al-Sadr (WSJ 9.8.2018; vgl. Reuters 10.8.2018). Die Mehrheit der Abgeordneten im Parlament ist neu und jung (WZ 9.10.2018). Im Prozess zur Designierung des neuen Parlamentssprechers, des Präsidenten und des Premierministers stimmten die Abgeordneten zum ersten Mal individuell und nicht in Blöcken - eine Entwicklung, die einen Bruch mit den üblichen, schwer zu durchbrechenden Loyalitäten entlang parteipolitischer, konfessioneller und ethnischer Linien, darstellt (Arab Weekly 7.10.2018).

Quellen:

-Al Jazeera (6.6.2018): Iraq orders recount of all 11 million votes from May 12 election, https://www.aljazeera.com/news/2018/06/iraq-orders-recount-11-million-votes-12-election-180606163950024.html, Zugriff 23.10.2018

-Al-Monitor (23.8.2018): Many Iraqi legislators call for canceling election results, https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2018/05/iraq-election-fraud.html, Zugriff 23.10.2018

-The Arab Weekly (7.10.2018): Room for optimism in Iraq under new leadership, https://thearabweekly.com/room-optimism-iraq-under-new-leadership, Zugriff 23.10.2018

-BP - Baghdad Post (17.12.2017): All Shia political parties have armed militias - Nujaba, https://www.thebaghdadpost.com/en/Story/21086/All-Shia-political-parties-have-armed-militias-Nujaba, Zugriff 22.10.2018

-CGP - Center for Global Policy (4.2018): The Role of Iraq's Shiite Militias in the 2018 Elections, https://www.cgpolicy.org/wp-content/uploads/2018/04/Mustafa-Gurbuz-Policy-Brief.pdf, Zugriff 22.10.2018

-Fanack (27.9.2018): Governance & Politics of Iraq, https://fanack.com/iraq/governance-and-politics-of-iraq/, Zugriff 17.10.2018

-The Guardian (12.5.2018): Martyr or master? Future of anti-Isis militias splits Iraq ahead of elections, https://www.theguardian.com/world/2018/may/12/iraq-elections-become-battleground-iranian-influence, Zugriff 22.10.2018

-HoC - House of Commons (12.6.2018): Briefing paper: Iraq and the 2018 election, researchbriefings.files.parliament.uk/documents/.../CBP-8337.pdf, Zugriff 22.10.2018

-IRIS - Institute of Regional and International Studies (11.5.2018): Iraq Votes 2018: Election Mobilization Strategies, https://auis.edu.krd/iris/sites/default/files/IraqVotes2018_MobilizationStrategies1.pdf, Zugriff 2.11.2018

-ISPI - Istituto per gli studi di politica internazionale (10.5.2018): After IS: The meaning of Iraq's election for the Arab Sunni community, https://www.ispionline.it/sites/default/files/pubblicazioni/commentary_seloom_10.05.2018.pdf, Zugriff 22.10.2018

-Joel Wing - Musings on Iraq (22.5.2018): Sadr-Communist Alliance And Iraq's 2018 Elections Interview With Benedict Robin, https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/05/sadr-communist-alliance-and-iraqs-2018.html, Zugriff 22.10.2018

-KAS - Konrad Adenauer Stiftung (2.5.2018): Mapping the Major Political Organizations and Actors in Iraq since 2003, http://www.kas.de/wf/doc/kas_52295-1522-1-30.pdf?180501131459, Zugriff 17.10.2018

-LSE - London School of Economics and Political Science (4.6.2018): Iraq and its regions: The Future of the Kurdistan Region of Iraq after the Referendum, http://eprints.lse.ac.uk/88153/1/Sleiman%20Haidar_Kurdistan_Published_English.pdf, Zugriff 23.10.2018

-LSE - London School of Economics and Political Science (7.2018): The 2018 Iraqi Federal Elections: A Population in Transition?, http://eprints.lse.ac.uk/89698/7/MEC_Iraqi-elections_Report_2018.pdf, Zugriff 18.10.2018

-MEMO - Middle East Monitor (16.1.2018): Iraq: 3 major Sunni provinces form alliance to run in elections, https://www.middleeastmonitor.com/20180116-iraq-3-major-sunni-provinces-form-alliance-to-run-in-elections/, Zugriff 22.10.2018

-MEMO - Middle East Monitor (27.2.2018): Iraq Islamic party will not run in upcoming elections, https://www.middleeastmonitor.com/20180227-iraq-islamic-party-will-not-run-in-upcoming-elections/, Zugriff 22.10.2018

-Niqash (7.7.2016): Too Many Contradictions: Why Iraq's New Political Parties Law Can Never Work, http://www.niqash.org/en/articles/politics/5304/, Zugriff 22.10.2018

-Niqash (5.4.2018): Formerly-Armed Angels? The Controversial Iraqi Militia That Now Prefers Social Work To Politics, http://www.niqash.org/en/articles/security/5873/, Zugriff 22.10.2018

-Reuters (19.5.2018): Cleric Moqtada al-Sadr's bloc wins Iraq election, https://www.reuters.com/article/us-iraq-election-results/cleric-moqtada-al-sadrs-bloc-wins-iraq-election-idUSKCN1IJ2X0, Zugriff 19.10.2018

-Reuters (24.5.2018): Iraqi PM Abadi says election fraud allegations to be investigated, https://www.reuters.com/article/us-iraq-election-fraud/iraqi-pm-abadi-says-election-fraud-allegations-to-be-investigated-idUSKCN1IP2Z2, Zugriff 23.10.2018

-Reuters (10.8.2018): Recount shows Iraq's Sadr retains election victory, no major changes, https://www.reuters.com/article/us-iraq-election/recount-shows-iraqs-sadr-retains-election-victory-no-major-changes-idUSKBN1KV041, Zugriff 19.10.2018

-Der Standard (29.10.2017): Kurdenpräsident Barzani hinterlässt einen Trümmerhaufen, https://derstandard.at/2000066849335/Kurdenpraesident-Barzani-hinterlaesst-einen-Truemmerhaufen, Zugriff 22.10.2018

-SWP - Stiftung Wissenschaft und Politik (8.2016): Die "Volksmobilisierung" im Irak, h ttps://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2016A52_sbg.pdf , Zugriff 22.10.2018

-SWP - Stiftung Wissenschaft und Politik (4.2017): Die Badr-Organisation: Irans wichtigstes politisch-militärisches Instrument im Irak, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2017A27_sbg.pdf, Zugriff 22.10.2018

-WI - al-Waqa'i'a al-iraqiyya (12.10.2015): Law No. 36 of 2015 on Political Parties, https://www.ilo.org/dyn/natlex/docs/ELECTRONIC/102986/124758/F1240401810/4383.pdf, Zugriff 22.10.2018

-WoR - War on the Rocks (25.8.2017): Iraq's competing security forces after the battle for Mosul, https://warontherocks.com/2017/08/iraqs-competing-security-forces-after-the-battle-for-mosul/, Zugriff 22.10.2018

-WSJ - Wall Street Journal (9.8.2018): Iraq Election Results Unchanged After Recount on Fraud Allegations, https://www.wsj.com/articles/iraq-election-results-unchanged-after-recount-on-fraud-allegations-1533852653, Zugriff 23.10.2018

-WZ - Wiener Zeitung (9.10.2018): Schlüsselland Irak, https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/welt/weltpolitik/994916_Schluesselland-Irak.html, Zugriff 15.10.2018

Protestbewegung

Die Protestbewegung, die es schon seit 2014 gibt, gewinnt derzeit an Bedeutung. Zumeist junge Leute gehen in Scharen auf die Straße, fordern bessere Lebensbedingungen, Arbeitsplätze, Reformen, einen effektiven Kampf gegen Korruption und die Abkehr vom religiösen Fundamentalismus (WZ 9.10.2018). Im Juli 2018 brachen im Süden des Landes, in Basra, nahe den Ölfeldern West Qurna und Zubayr Proteste aus. Diese eskalierten, nachdem die Polizei in West Qurna auf Demonstranten schoss (ICG 31.7.2018). Reich an Ölvorkommen, liefert die Provinz Basra 80 Prozent der Staatseinnahmen des Irak. Unter den Einwohnern der Provinz wächst jedoch das Bewusstsein des Gegensatzes zwischen dem enormen Reichtum und ihrer eigenen täglichen Realität von Armut, Vernachlässigung, einer maroden Infrastruktur, Strom- und Trinkwasserknappheit (Carnegie 19.9.2018; vgl. NPR 27.9.2018).

Die Proteste im Juli weiteten sich schnell auf andere Städte und Provinzen im Süd- und Zentralirak aus (DW 15.7.2018; vgl. Presse 15.7.2018, CNN 17.7.2018, Daily Star 19.7.2018). So gingen tausende Menschen in Dhi Qar, Maysan, Najaf und Karbala auf die Straße, um gegen steigende Arbeitslosigkeit, Korruption und eine schlechte Regierungsführung, sowie die iranische Einmischung in die irakische Politik zu protestieren (Al Jazeera 22.7.2018). Die Proteste erreichten auch die Hauptstadt Bagdad (Joel Wing 25.7.2018; vgl. Joel Wing 17.7.2018). Am 20.7. wurden Proteste in 10 Provinzen verzeichnet (Joel Wing 21.7.2018). Demonstranten setzten die Bürogebäude der Da'wa-Partei, der Badr-Organisation und des Obersten Islamischen Rats in Brand; praktisch jede politische Partei wurde angegriffen (Al Jazeera 22.7.2018). Es kam zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften, sowie zu Todesfällen (Kurier 15.7.2018; vgl. CNN 17.7.2018, HRW 24.7.2018). Ende August war ein Nachlassen der Demonstrationen zu verzeichnen (Al Jazeera 3.8.2018). Im September flammten die Demonstrationen wieder auf. Dabei wurden in Basra Regierungsgebäude, die staatliche Fernsehstation, das iranische Konsulat, sowie die Hauptquartiere fast aller Milizen, die vom Iran unterstützt werden, angegriffen. Mindestens 12 Demonstranten wurden getötet (Vox 8.9.2018; vgl. NPR 27.9.2018).

Quellen:

-Al Jazeera (22.7.2018): Iraq protests: What you should know, https://www.aljazeera.com/indepth/features/iraq-protests-180717074846746.html, Zugriff 23.10.2018

-Al Jazeera (3.8.2018): Protests in Iraq dwindle after weeks of anger, https://www.aljazeera.com/news/2018/08/protests-iraq-dwindle-weeks-anger-180803192747710.html, Zugriff 24.10.2018

-Carnegie - Carnegie Middle East Center (19.9.2018): The Basra Exception, http://carnegie-mec.org/diwan/77284?lang=en, Zugriff 23.10.2018

-CNN - Central News Network (17.7.2018): Protests spread, turn deadly in Iraq: At least 8 are dead, dozens hurt, https://edition.cnn.com/2018/07/16/world/iraq-protests-violent/index.html, Zugriff 23.10.2018

-The Daily Star (19.7.2018): In Iraq, old grievances fuel deadly protests, https://www.dailystar.com.lb/News/Middle-East/2018/Jul-19/457085-in-iraq-old-grievances-fuel-deadly-protests.ashx, Zugriff 23.10.2018

-DW - Deutsche Welle (15.7.2018): Protests spread from oil-rich Basra across southern Iraq, https://www.dw.com/en/protests-spread-from-oil-rich-basra-across-southern-iraq/a-44678926, Zugriff 23.10.2018

-HRW - Human Rights Watch (24.7.2018): Iraq: Security Forces Fire on Protesters, https://www.hrw.org/news/2018/07/24/iraq-security-forces-fire-protesters, Zugriff 24.10.2018

-ICG - International Crisis Group (31.7.2018): How to cope with Iraq's summer brushfire, https://www.crisisgroup.org/middle-east-north-africa/gulf-and-arabian-peninsula/iraq/b61-how-cope-iraqs-summer-brushfire, Zugriff 23.10.2018

-Joel Wing - Musings on Iraq (14.7.2018): Protests In Iraq Greatly Escalate And Spread Throughout South, https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/07/protests-in-iraq-greatly-escalate-and.html, Zugriff 24.10.2018

-Joel Wing - Musings on Iraq (17.7.2018): Iraq Government Starts Crackdown On Protests, https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/07/iraq-government-starts-crackdown-on.html, Zugriff 24.10.2018

-Joel Wing - Musings on Iraq (21.7.2018): 2 Killed As Protests Hit 10 Provinces In Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/07/2-killed-as-protests-hit-10-provinces.html, Zugriff 24.10.2018

-Joel Wing - Musings on Iraq (25.7.2018): Silencing Protests In Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/07/silencing-protests-in-iraq.html, Zugriff 24.10.2018

-Kurier (15.7.2018): Proteste im Irak eskalieren weiter: Mehrere Tote, https://kurier.at/politik/ausland/proteste-im-irak-eskalieren-weiter-mehrere-tote/400066748, Zugriff 24.10.2018

-NPR - National Public Radio (27.9.2018): Months Of Protests Roil Iraq's Oil Capital Basra, https://www.npr.org/2018/09/27/651508389/months-of-protests-roil-iraqs-oil-capital-basra?t=1539869569857&t=1540298050551, Zugriff 23.10.2018

-Die Presse (15.7.2018): Massive Proteste breiten sich im Süden des Irak aus, https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5464674/Massive-Proteste-breiten-sich-im-Sueden-des-Irak-aus, Zugriff 24.10.2018

-Vox (8.9.2018): The violent protests in Iraq, explained, https://www.vox.com/world/2018/9/7/17831526/iraq-protests-basra-burning-government-buildings-iran-consulate-water, Zugriff 24.10.2018

-WZ - Wiener Zeitung (9.10.2018): Schlüsselland Irak, https://www.wienerzeitung.at/_em_cms/globals/print.php?em_ssc=LCwsLA==&em_cnt=994916&em_loc=69&em_ref=/nachrichten/welt/weltpolitik/&em_ivw=RedCont/Politik/Ausland&em_absatz_bold=0, Zugriff 2.11.2018

Sicherheitslage

Im Dezember 2017 erklärte die irakische Regierung den militärischen Sieg über den Islamischen Staat (IS). Die Sicherheitslage hat sich, seitdem die territoriale Kontrolle des IS gebrochen wurde, verbessert (CRS 4.10.2018; vgl. MIGRI 6.2.2018). IS-Kämpfer sind jedoch weiterhin in manchen Gebieten aktiv, die Sicherheitslage ist veränderlich (CRS 4.10.2018).

Derzeit ist es staatlichen Stellen nicht möglich, das Gewaltmonopol des Staates sicherzustellen. Insbesondere schiitische Milizen, aber auch sunnitische Stammesmilizen handeln eigenmächtig. Die im Kampf gegen den IS mobilisierten, zum Teil vom Iran unterstützten Milizen sind nur eingeschränkt durch die Regierung kontrollierbar und stellen eine potenziell erhebliche Bedrohung für die Bevölkerung dar. Durch die teilweise Einbindung der Milizen in staatliche Strukturen (zumindest formaler Oberbefehl des Ministerpräsidenten, Besoldung aus dem Staatshaushalt) verschwimmt die Unterscheidung zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren (AA 12.2.2018).

In der Wirtschaftsmetropole Basra im Süden des Landes können sich die staatlichen Ordnungskräfte häufig nicht gegen mächtige Stammesmilizen mit Verbindungen zur Organisierten Kriminalität durchsetzen. Auch in anderen Landesteilen ist eine Vielzahl von Gewalttaten mit rein kriminellem Hintergrund zu beobachten (AA 12.2.2018). Insbesondere in Bagdad kommt es zu Entführungen durch kriminelle Gruppen, die Lösegeld für die Freilassung ihrer Opfer fordern (MIGRI 6.2.2018).

Quellen:

-AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf, Zugriff 19.7.2018

-CRS - Congressional Research Service (4.10.2018): Iraq: Issues in the 115th Congress, https://fas.org/sgp/crs/mideast/R45096.pdf, Zugriff 29.10.2018

-MIGRI - Finnische Immigrationsbehörde (6.2.2018): Finnish Immigration Service report: Security in Iraq variable but improving, https://yle.fi/uutiset/osasto/news/finnish_immigration_service_report_security_in_iraq_variable_but_improving/10061710, Zugriff 30.10.2018

Islamischer Staat (IS)

Seitdem der IS Ende 2017 das letzte Stück irakischen Territoriums verlor, hat er drei Phasen durchlaufen: Zunächst kam es für einige Monate zu einer Phase remanenter Gewalt; dann gab es einen klaren taktischen Wandel, weg von der üblichen Kombination aus Bombenanschlägen und Schießereien, zu einem Fokus auf die ländlichen Gebiete im Zentrum des Landes. Die Kämpfer formierten sich neu und im Zuge dessen kam es zu einem starken Rückgang an Angriffen. Jetzt versucht der IS, die Kontrolle über die ländlichen Gebiete im Zentrum des Landes und über Grenzgebiete zurückzuerlangen. Gleichzeitig verstärkt er die direkte Konfrontation mit den Sicherheitskräften (Joel Wing 3.7.2018). Im September 2018 fanden die IS-Angriffe wieder vermehrt in Bagdad statt und es ist eine Rückkehr zu Selbstmordanschlägen und Autobomben feststellbar (Joel Wing 6.10.2018).

Mit Stand Oktober 2018 waren Einsätze der irakischen Sicherheitskräfte gegen IS-Kämpfer in den Provinzen Anbar, Ninewa, Diyala und Salah al-Din im Gang. Ziel war es, den IS daran zu hindern sich wieder zu etablieren und ihn von Bevölkerungszentren fernzuhalten. Irakische Beamte warnen vor Bemühungen des IS, Rückzugsorte in Syrien für die Infiltration des Irak zu nutzen. Presseberichte und Berichte der US-Regierung sprechen von anhaltenden IS-Angriffen, insbesondere in ländlichen Gebieten von Provinzen, die vormals vom IS kontrolliert wurden (CRS 4.10.2018; vgl. ISW 2.10.2018, Atlantic 31.8.2018, Jamestown 28.7.2018, Niqash 12.7.2018). In diesen Gebieten oder in Gebieten, in denen irakische Sicherheitskräfte abwesend sind, kommt es zu Drohungen, Einschüchterungen und Tötungen durch IS-Kämpfer, vor allem nachts (CRS 4.10.2018). Es gibt immer häufiger Berichte über Menschen, die aus Dörfern in ländlichen Gebieten, wie dem Bezirk Khanaqin im Nordosten Diyalas, fliehen. Ortschaften werden angegriffen und Steuern vom IS erhoben. Es gibt Gebiete, die in der Nacht No-go-Areas für die Sicherheitskräfte sind und IS-Kämpfer, die sich tagsüber offen zeigen. Dies geschieht trotz ständiger Razzien durch die Sicherheitskräfte, die jedoch weitgehend wirkungslos sind (Joel Wing 6.10.2018).

Das Hauptproblem besteht darin, dass es in vielen dieser ländlichen Gebiete wenig staatliche Präsenz gibt und die Bevölkerung eingeschüchtert wird (Joel Wing 6.10.2018). Sie kooperiert aus Angst nicht mit den Sicherheitskräften. Im vergangenen Jahr hat sich der IS verteilt und in der Zivilbevölkerung verborgen. Kämpfer verstecken sich an den unzugänglichsten Orten: in Höhlen, Bergen und Flussdeltas. Der IS ist auch zu jenen Taktiken zurückgekehrt, die ihn 2012 und 2013 zu einer Kraft gemacht haben: Angriffe, Attentate und Einschüchterungen, besonders nachts. In den überwiegend sunnitischen Provinzen, in denen der IS einst dominant war (Diyala, Salah al-Din und Anbar), führt die Gruppe nun wieder Angriffe von großer Wirkung durch (Atlantic 31.8.2018).

Quellen:

-Atlantic (31.8.2018): ISIS Never Went Away in Iraq, https://www.theatlantic.com/international/archive/2018/08/iraq-isis/569047/, Zugriff 30.10.2018

-CRS - Congressional Research Service (4.10.2018): Iraq: Issues in the 115th Congress, https://fas.org/sgp/crs/mideast/R45096.pdf, Zugriff 29.10.2018

-ISW - Institute for the Study of War (2.10.2018): ISIS's Second Resurgence, https://iswresearch.blogspot.com/2018/10/isiss-second-resurgence.html, Zugriff 30.10.2018

-Jamestown Foundation (28.7.2018): Is Islamic State Making Plans for a Comeback in Iraq?, https://jamestown.org/program/is-islamic-state-making-plans-for-a-comeback-in-iraq/, Zugriff 30.10.2018

-Joel Wing - Musings on Iraq (3.7.2018): June 2018 Islamic State Rebuilding In Rural Areas Of Central Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/07/june-2018-islamic-state-rebuilding-in.html, Zugriff 30.10.2018

-Joel Wing - Musings on Iraq (6.10.2018): Islamic State Returns To Baghdad While Overall Security In Iraq Remains Steady, https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/10/islamic-state-returns-to-baghdad-while.html, Zugriff 30.10.2018

-Niqash (12.7.2018): Extremists Intimidate, Harass, Dislocate Locals In Salahaddin, Then Take Over, http://www.niqash.org/en/articles/security/5951/, Zugriff 30.10.2018

-WP - Washington Post (17.7.2018): ISIS is making a comeback in Iraq just months after Baghdad declared victory, https://www.washingtonpost.com/world/isis-is-making-a-comeback-in-iraq-less-than-a-year-after-baghdad-declared-victory/2018/07/17/9aac54a6-892c-11e8-9d59-dccc2c0cabcf_story.html?noredirect=on&utm_term=.8ebfcea17e9f, Zugriff 30.10.2018

Sicherheitsrelevante Vorfälle

Der Irak verzeichnet derzeit die niedrigste Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 (Joel Wing 5.4.2018). Die Sicherheitslage ist in verschiedenen Teilen des Landes sehr unterschiedlich, insgesamt hat sich die Lage jedoch verbessert (MIGRI 6.2.2018).

So wurden beispielsweise im September 2018 vom Irak-Experten Joel Wing 210 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 195 Todesopfern im Irak verzeichnet. Dem standen im September des Jahres 2017 noch 306 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 728 Todesopfern gegenüber. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen im September 2018 waren Bagdad mit 65 Vorfällen, Diyala mit 36, Kirkuk mit 31, Salah al-Din mit 21, Ninewa mit 18 und Anbar mit 17 Vorfällen (Joel Wing 6.10.2018).

Quellen:

-ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (5.9.2018): Irak, 2. Quartal 2018: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), https://www.ecoi.net/en/file/local/1442566/1930_1536217374_2018q2iraq-de.pdf, Zugriff 29.10.2018

-IBC - Iraq Body Count (9.2018): Database - Documented civilian deaths from violence, https://www.iraqbodycount.org/database/, Zugriff 31.10.2018

-Joel Wing - Musings on Iraq (5.4.2018): Iraq Witnessing Fewest Security Incidents Since 2003, http://musingsoniraq.blogspot.com/2018/04/iraq-witnessing-fewest-security.html, Zugriff 2.11.2018

-Joel Wing - Musings on Iraq (6.10.2018): Islamic State Returns To Baghdad While Overall Security In Iraq Remains Steady, https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/10/islamic-state-returns-to-baghdad-while.html, Zugriff 30.10.2018

-MIGRI - Finnische Immigrationsbehörde (6.2.2018): Finnish Immigration Service report: Security in Iraq variable but improving, https://yle.fi/uutiset/osasto/news/finnish_immigration_service_report_security_in_iraq_variable_but_improving/10061710, Zugriff 30.10.2018

Sicherheitslage in Bagdad

Die Provinz Bagdad ist die kleinste und am dichtesten bevölkerte Provinz des Irak, mit einer Bevölkerung von mehr als sieben Millionen Menschen. Die Mehrheit der Einwohner Bagdads sind Schiiten. In der Vergangenheit umfasste die Hauptstadt viele gemischte schiitische, sunnitische und christliche Viertel, der Bürgerkrieg von 2006-2007 veränderte jedoch die demografische Verteilung in der Stadt und führte zu einer Verringerung der sozialen Durchmischung sowie zum Entstehen von zunehmend homogenen Vierteln. Viele Sunniten flohen aus der Stadt, um der Bedrohung durch schiitische Milizen zu entkommen. Die Sicherheit der Provinz wird sowohl vom "Baghdad Operations Command" kontrolliert, der seine Mitglieder aus der Armee, der Polizei und dem Geheimdienst zieht, als auch von den schiitischen Milizen, die als stärker werdend beschrieben werden (OFPRA 10.11.2017).

Laut Joel Wing kam es im Januar 2018 noch zu durchschnittlich 3,3 sicherheitsrelevanten Vorfällen in Bagdad pro Tag, eine Zahl die bis Juni 2018 auf durchschnittlich 1,1 Vorfälle pro Tag sank (Joel Wing 3.7.2018). Seit Juni 2018 ist die Zahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle in Bagdad langsam wieder auf 1,5 Vorfälle pro Tag im Juli, 1,8 Vorfälle pro Tag im August und 2,1 Vorfälle pro Tag im September gestiegen. Diese Angriffe bleiben Routine, wie Schießereien und improvisierte Sprengkörper und konzentrieren sich hauptsächlich auf die äußeren südlichen und nördlichen Gebiete der Provinz (Joel Wing 6.10.2018).

Insgesamt kam es im September 2018 in der Provinz Bagdad zu 65 sicherheitsrelevanten Vorfällen. Damit verzeichnete Bagdad die höchste Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen im ganzen Land (Joel Wing 6.10.2018). Auch in der ersten und dritten Oktoberwoche 2018 führte Bagdad das Land in Bezug auf die Anzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle an. Wenn man jedoch die Größe der Stadt bedenkt, sind Angriffe immer noch selten (Joel Wing 9.10.2018 und Joel Wing 30.10.2018).

In Bezug auf die Opferzahlen war Bagdad von Januar bis März 2018, im Mai 2018, sowie von Juli bis September 2018 die am schwersten betroffene Provinz im Land (UNAMI 1.2.2018; UNAMI 2.3.2018; UNAMI 4.4.2018; UNAMI 31.5.2018; UNAMI 1.8.2018; UNAMI 3.9.2018; UNAMI 1.10.2018). Im September 2018 verzeichnete UNAMI beispielsweise 101 zivile Opfer in Bagdad (31 Tote, 70 Verletzte) (UNAMI 1.10.2018).

Quellen:

-Joel Wing - Musings on Iraq (8.7.2017): 3,230 Dead, 1,128 Wounded In Iraq June 2017, https://musingsoniraq.blogspot.com/2017/07/3230-dead-1128-wounded-in-iraq-june-2017.html, Zugriff 1.11.2018

-Joel Wing - Musings on Iraq (4.10.2017): 728 Dead And 549 Wounded In September 2017 In Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2017/10/728-dead-and-549-wounded-in-september.html , Zugriff 1.11.2018

-Joel Wing - Musings on Iraq (6.10.2018): Islamic State Returns To Baghdad While Overall Security In Iraq Remains Steady, https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/10/islamic-state-returns-to-baghdad-while.html , Zugriff 30.10.2018

-Joel Wing - Musings on Iraq (9.10.2018): Security In Iraq Oct 1-7, 2018, https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/10/security-in-iraq-oct-1-7-2018.html, Zugriff 1.11.2018

-Joel Wing - Musings on Iraq (30.10.2018): Security In Iraq Oct 22-28, 2018, https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/10/security-in-iraq-oct-22-28-2018.html, Zugriff 1.11.2018

-OFPRA - Office Français de Protection des Réfugiés et Apatrides (10.11.2017): The Security situation in Baghdad Governorate, https://www.ofpra.gouv.fr/sites/default/files/atoms/files/39_irq_security_situation_in_baghdad.pdf, Zugriff 31.10.2018UNAMI - United Nations Assistance Mission in Iraq (1.2.2018): UN Casualty Figures for Iraq for the Month of January 2018, http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=8500:un-casualty-figures-for-iraq-for-the-month-of-january-2018&Itemid=633&lang=en, Zugriff 1.11.2018

-UNAMI - United Nations Assistance Mission in Iraq (2.3.2018): UN Casualty Figures for Iraq for the Month of February 2018, http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=8643:un-casualty-figures-for-iraq-for-the-month-of-february-2018&Itemid=633&lang=en, Zugriff 1.11.2018

-UNAMI - United Nations Assistance Mission in Iraq (4.4.2018): UN Casualty Figures for Iraq for the Month of March 2018, http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=8801:un-casualty-figures-for-iraq-for-the-month-of-march-2018&Itemid=633&lang=en, Zugriff 1.11.2018

-UNAMI - United Nations Assistance Mission in Iraq (31.5.2018): UN Casualty Figures for Iraq for the Month of May 2018, http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=9155:un-casualty-figures-for-iraq-for-the-month-of-may-2018&Itemid=633&lang=en, Zugriff 1.11.2018

-UNAMI - United Nations Assistance Mission in Iraq (1.8.2018): UN Casualty Figures for Iraq for the Month of July 2018, http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=9402:un-casualty-figures-for-iraq-for-the-month-of-july-2018&Itemid=633&lang=en, Zugriff 1.11.2018

-UNAMI - United Nations Assistance Mission in Iraq (3.9.2018): UN Casualty Figures for Iraq for the Month of August 2018, http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=9542:un-casualty-figures-for-iraq-for-the-month-of-august-2018&Itemid=633&lang=en, Zugriff 1.11.2018

-UNAMI - United Nations Assistance Mission in Iraq (1.10.2018): UN Casualty Figures for Iraq for the Month of September 2018, http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=9687:un-casualty-figures-for-iraq-for-the-month-of-september-2018&Itemid=633&lang=en, Zugriff 31.10.2018

-USDOS - United States Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430110.html , Zugriff 31.10.2018

Sicherheitslage im Süden des Irak

Der gesamte südliche Teil des Irak, einschließlich der Provinz Babil, steht nominell unter der Kontrolle der irakischen Regierung. Vielerorts scheinen die Regierungsbehörden gegenüber lokalen Stämmen und Milizen noch immer in einer schwächeren Position zu sein. Die irakische Regierung war gezwungen, dem Kampf gegen den IS im Zentral- und Nordirak in den letzten Jahren Vorrang einzuräumen und bedeutende militärische und polizeiliche Ressourcen aus dem Süden abzuziehen und in diese Gegenden zu entsenden. Vor diesem Hintergrund sind Stammeskonflikte, eskalierende Gesetzlosigkeit und Kriminalität ein Problem der lokalen Sicherheitslage. Die Bemühungen der Regierung, die Kontrolle wieder zu übernehmen, scheinen noch nicht zum entscheidenden Erfolg geführt zu haben. Regierungsnahe Milizen sind in unterschiedlichem Maße präsent, aber der Großteil ihrer Kräfte wird im Norden eingesetzt. Terrorismus und Terrorismusbekämpfung spielen im Süden nach wie vor eine Rolle, insbesondere in Babil, aber im Allgemeinen in geringerem Maße als weiter im Norden. Noch immer gibt es vereinzelte Terroranschläge (Landinfo 31.5.2018).

In der Provinz Basra kam es in den vergangenen Monaten immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen bewaffneter Gruppierungen. In Basra und den angrenzenden Provinzen besteht ebenfalls das Risiko von Entführungen (AA 1.11.2018).

Seit 2015 finden in allen Städten des Südirak regelmäßig Demonstrationen statt, um gegen die Korruption der Regierung und die Arbeitslosigkeit zu protestieren und eine bessere Infrastruktur zu fordern. Gewöhnlich finden diese Demonstrationen in Ruhe statt, sie haben jedoch auch schon zu Zusammenstößen mit der Polizei geführt, zu Verletzten und Toten (CEDOCA 28.2.2018). Dies war auch im Juli und September 2018 der Fall, als Demonstranten bei Zusammenstößen mit der Polizei getötet wurden (Al Jazeera 16.7.2018; vgl. Joel Wing 5.9.2018, AI 7.9.2018).

Quellen:

-AA - Auswärtiges Amt (1.11.2018): Irak: Reisewarnung, https://www.auswaertiges-amt.de/de/iraksicherheit/202738, Zugriff 1.11.2018

-AI - Amnesty International (7.9.2018): Iraq: Effective Investigations needed into deaths of protesters in Basra, https://www.amnesty.org/download/Documents/MDE1490552018ENGLISH.PDF, Zugriff 2.11.2018

-Al Jazeera (16.7.2018): Death toll rises in southern Iraq protests, https://www.aljazeera.com/news/2018/07/death-toll-rises-southern-iraq-protests-180716181812482.html, Zugriff 2.11.2018

-CEDOCA - Centre de documentation et de recherches du Commissariat général aux réfugiés et aux apatrides (28.2.2018): IRAK: Situation sécuritaire dans le sud de l'Irak, https://www.cgra.be/sites/default/files/rapporten/coi_focus_irak_situation_securitaire_dans_le_sud_de_lirak_20180228.pdf, Zugriff 1.11.2018

-Joel Wing - Musings on Iraq (5.9.2018): Basra Explodes In Rage and Riots Over Water Crisis, https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/09/basra-explodes-in-rage-and-riots-over.html, Zugriff 2.11.2018

-Landinfo - The Norwegian COI Centre (31.5.2018): Irak: Sikkerhetssituasjonen i Sør-Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1434620/1226_1528700530_irak-temanotat-sikkerhetssituasjonen-i-syarirak-hrn-31052018.pdf, Zugriff 1.11.2018

Rechtsschutz und Justizwesen

Die Bundesjustiz besteht aus dem Obersten Justizrat (Higher Judicial Council, HJC), dem Bundesgerichtshof, dem Kassationsgericht, der Staatsanwaltschaft, der Justizaufsichtskommission und anderen Bundesgerichten, die durch das Gesetz geregelt werden. Das reguläre Strafjustizsystem besteht aus Ermittlungsgerichten, Gerichten der ersten Instanz, Berufungsgerichten, dem Kassationsgerichtshof und der Staatsanwaltschaft (LIFOS 8.5.2014). Das Oberste Bundesgericht erfüllt die Funktion eines Verfassungsgerichts (AA 12.2.2018).

Die Verfassung garantiert die Unabhängigkeit der Justiz (Stanford 2013; vgl. AA 12.2.2018). Jedoch schränken bestimmte gesetzliche Bestimmungen die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz ein. Darüber hinaus schwächen die Sicherheitslage und die politische Geschichte des Landes die Unabhängigkeit der Justiz (USDOS 20.4.2018). Die Rechtsprechung ist in der Praxis von einem Mangel an kompetenten Richtern, Staatsanwälten sowie Justizbeamten gekennzeichnet. Eine Reihe von Urteilen lassen auf politische Einflussnahme schließen. Hohe Richter werden oftmals auch unter politischen Gesichtspunkten ausgewählt (AA 12.2.2018).

Zudem ist die Justiz von Korruption, politischem Druck, Stammeskräften und religiösen Interessen beeinflusst. Aufgrund von Misstrauen gegenüber Gerichten oder fehlendem Zugang wenden sich viele Iraker an Stammesinstitutionen, um Streitigkeiten beizulegen, selbst wenn es sich um schwere Verbrechen handelt (FH 16.1.2018).

Eine Verfolgung von Straftaten findet nur unzureichend statt (AA 12.2.2018). Strafverfahren sind zutiefst mangelhaft (FH 16.1.2018). Es mangelt an ausgebildeten, unbelasteten Richtern; eine rechtsstaatliche Tradition gibt es nicht. Häufig werden übermäßig hohe Strafen verhängt. Obwohl nach irakischem Strafprozessrecht Untersuchungshäftlinge binnen 24 Stunden einem Untersuchungsrichter vorgeführt werden müssen, wird diese Frist nicht immer respektiert und zuweilen auf 30 Tage ausgedehnt. Es gibt häufig Fälle überlanger Untersuchungshaft, ohne dass die Betroffenen, wie vom irakischen Gesetz vorgesehen, einem Richter oder Staatsanwalt vorgeführt würden. Freilassungen erfolgen mitunter nur gegen Bestechungszahlungen. Insbesondere Sunniten beschweren sich über "schiitische Siegerjustiz" und einseitige Anwendung der bestehenden Gesetze zu ihren Lasten. Das seit 2004 geltende Notstandsgesetz ermöglicht der Regierung Festnahmen und Durchsuchungen unter erleichterten Bedingungen (AA 12.2.2018).

Korruption oder Einschüchterung beeinflussen Berichten zufolge einige Richter in Strafsachen auf der Prozessebene und bei der Berufung vor dem Kassationsgericht. Die Integritätskommission untersucht routinemäßig Richter wegen Korruptionsvorwü

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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