TE Bvwg Beschluss 2019/12/17 L502 2226524-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.12.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

17.12.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §18
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

L502 2226524-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Nikolas BRACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.11.2019, FZ. XXXX , beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur neuerlichen Entscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 17.06.2019 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am 18.06.2019 erfolgte seine Erstbefragung, in deren Gefolge ein Konsultationsverfahren nach der sogen. Dublin III-VO durchgeführt wurde.

Am 15.08.2019 wurde das Verfahren zugelassen.

3. Am 08.10.2019 wurde er vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), RD Salzburg, zu diesem Antrag niederschriftlich einvernommen.

4. Ein Konvolut an vom BF vorgelegten Beweismitteln in türkischer Sprache wurde amtswegig einer Übersetzung in die deutsche Sprache zugeführt, die mit 30.10.2019 beim BFA einlangte.

5. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des BFA wurde sein Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei abgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde ihm nicht erteilt (Spruchpunkt III). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z. 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde ihm keine Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt (Spruchpunkt VII). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z. 6 FPG wurde gegen ihn ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII).

6. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 06.11.2019 wurde ihm von Amts wegen gemäß § 52 BFA-VG ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.

7. Gegen den durch Hinterlegung mit 11.11.2019 zugestellten Bescheid wurde mit Schriftsatz seiner zugleich bevollmächtigten Vertretung vom 06.12.2019 Beschwerde in vollem Umfang erhoben.

8. Mit 12.12.2019 langte die Beschwerdevorlage des BFA beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein und wurde das gg. Beschwerdeverfahren der nunmehr zuständigen Abteilung des Gerichts zur Entscheidung zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Verfahrensgang steht fest.

Der BF ist türkischer Staatsangehöriger, der vor seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat dort einem oder mehreren Strafverfahren unterworfen war. Nicht feststellbar war, wie vielen Strafverfahren auf der Grundlage welcher Straftatbestände er im Genaueren unterworfen war und welchen rechtskräftigen Ausgang diese genommen haben.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in den gg. Verfahrensakt.

2.2. Der oben wiedergegebene Verfahrensgang steht im Lichte des vorliegenden Akteninhalts als unstrittig fest.

2.3. In seiner Erstbefragung legte der BF dar, dass er im Jahr 2017 zu einer Haftstrafe von 6 Jahren und 3 Monaten verurteilt worden sei, sein Rechtsbeistand gegen dieses Urteil Beschwerde erhoben habe, es im Dezember 2018 eine letzte mündliche Verhandlung vor dem Rechtsmittelgericht gegeben habe und er sodann zu einer Haftstrafe von 36 Jahren verurteilt worden sei.

In seiner Einvernahme vermeinte er, dass die erstgenannte Verurteilung "gelöscht", anstelle dessen er aber zu einer Haftstrafe von 36 Jahren verurteilt worden sei. Als Beweismittel für dieses Vorbringen legte er ein Konvolut an türkisch-sprachigen Urkunden aus den Jahren 2016, 2017 und 2018 vor.

2.4. Die belangte Behörde stellte in ihrer Entscheidungsbegründung zu seiner Person fest, dass er von der Zuerkennung des Asylstatus ausgeschlossen sei.

Zu seinen Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaats stellte sie fest, dass er dies getan habe um sich einem legitimen Strafverfahren zu entziehen.

Zur Erlassung eines Einreiseverbots stellte sie fest, dass er wegen seiner Beteiligung an der verbotenen PKK, einer terroristischen Vereinigung, zu einer Haftstrafe von 6 Jahren und 3 Monaten verurteilt, dieses Urteil im Rechtsmittelverfahren behoben und das Verfahren zurückverwiesen und er neuerlich zu einer Haftstrafe in nicht näher bekanntem Ausmaß verurteilt wurde.

2.5. Eine Durchsicht der Übersetzung mehrerer vom BF vorgelegter Beweismittel in türkischer Sprache (Niederschriften einer Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft im Jahr 2016, Haftbefehl aus 2016, Anklageschrift aus 2017, Verhandlungsprotokolle aus 2017 einschließlich mündlicher Verkündung der Verurteilung des BF zu einer Haftstrafe von 6 Jahren und 3 Monaten vom 20.04.2017, Beschwerde des Rechtsbeistands des BF vom 25.04.2017, "Berufungsentscheidung" vom 11.07.2017) durch das BVwG zeigte zwar auf, dass dieser einem Strafverfahren bis zur Aufhebung des Urteils des Erstgerichts durch die Berufungsinstanz unterworfen war.

Auch wurde aus den weiteren Urkunden noch nachvollziehbar, dass im fortgesetzten Verfahren vor dem Erstgericht am 07.12.2017 eine Verhandlung durchgeführt wurde, in der wiederum eine Verhandlung für den 14.12.2017 anberaumt wurde. Ob diese Verhandlung stattgefunden hat, war aber nicht erkennbar. Vielmehr wurde am 16.03.2018 eine weitere Verhandlung für den 30.05.2018 anberaumt. Wiederum war nicht erkennbar, ob diese Verhandlung stattgefunden hat. Danach fand sich in den Unterlagen ein Schreiben des Rechtsbeistands des BF vom 16.11.2018, wo dieser (bloß) auf eine Verurteilung des BF in einer mündlichen Verhandlung vom 14.11.2018 verwies, wobei aber nicht erkennbar wurde, wegen welchen Straftatbestands der BF zu welcher Strafe verurteilt wurde.

2.6. Im Lichte dieser Ermittlungsergebnisse, nämlich der Aussage des BF in Verbindung mit den von ihm vorgelegten Beweismitteln, war nicht feststellbar, ob es zu einer nochmaligen Verurteilung des BF gekommen ist und wenn ja, ob dies wegen jenes Vorwurfs, dem er im ersten Verfahrensgang ausgesetzt gewesen war, geschah oder aus einem anderen Grund.

Der für die Entscheidung des BFA tragenden Feststellung einer neuerlichen Verurteilung (des BF) zu einer Haftstrafe in nicht näher bekanntem Ausmaß wegen einer Beteiligung an der PKK mangelte es daher an der erforderlichen Tatsachengrundlage.

Folgerichtig konnte die belangte Behörde ebenso wenig zur Feststellung gelangen, dass er sich durch die Ausreise einem legitimen Strafverfahren zu entziehen wollte, wie jener, dass er von der Zuerkennung des Asylstatus ausgeschlossen sei, wobei zu letztgenannter Feststellung anzumerken ist, dass dies eine Rechtsfrage und keine Tatsachenfrage darstellt und daher innerhalb der Feststellungen disloziert war, die zutreffendenfalls auch nicht die Anwendung des § 3 Abs. 1 AsylG, sondern des § 6 Abs. 1 AsylG nach sich ziehen würde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Mit Art. 129 B-VG idF BGBl. I 51/2012 wurde ein als Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes eingerichtet.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde als gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, 1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 hat, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg. cit nicht vorliegen, das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgeht.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Mit BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G) idF BGBl. I Nr. 68/2013, in Kraft getreten mit 1.1.2014, wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) eingerichtet.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG idgF sowie § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Zu A)

1. Die Aufhebung eines Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG folgt konzeptionell dem § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Insoweit erscheinen auch die von der höchstgerichtlichen Judikatur - soweit sie nicht die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung betrifft - anwendbar, weshalb unter Bedachtnahme auf die genannten Einschränkungen die im Erkenntnis des VwGH vom 16.12.2009, Zl. 2007/20/0482 dargelegten Grundsätze gelten, wonach die Behörde an die Beurteilung im Behebungsbescheid gebunden ist. Mängel abseits jener der Sachverhaltsfeststellung legitimieren das Gericht nicht zur Behebung aufgrund § 28 Abs. 3, 2. Satz (Erk. d. VwGH vom 19.11.2009, 2008/07/0167; vgl. auch Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), Anm. 11 zu § 28 VwGVG).

Ausführlich hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, (ebenso VwGH, 27.01.2015, Ro 2014/22/0087) mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet:

Es liegen die Voraussetzungen von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zusammengefasst dann vor, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht feststeht, insbesonders weil

1. die Behörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat,

2. die Behörde zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat

3. konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde Ermittlungen unterließ, damit diese im Sinn einer "Delegierung" dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden oder

4. ähnlich schwerwiegende Ermittlungsmängel zu erkennen sind und

die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht - hier: das Bundesverwaltungsgericht - selbst nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Ist die Voraussetzung des § 28 Abs. 2 Z. 1 VwGVG erfüllt, hat das Verwaltungsgericht (sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist) "in der Sache selbst" zu entscheiden. Dies bedeutet, dass das Verwaltungsgericht über den Inhalt der vor der Verwaltungsbehörde behandelten Rechtsache abspricht, wobei sie entweder die Beschwerde gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid abweist oder dieser durch seine Entscheidung Rechnung trägt. Das Verwaltungsgericht hat somit nicht nur die gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid eingebrachte Beschwerde, sondern auch die Angelegenheit zu erledigen, die von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war.

Geht das Verwaltungsgericht - in Verkennung der Rechtslage - aber von einer Ergänzungsbedürftigkeit des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes aus, die bei einer zutreffenden Beurteilung der Rechtslage nicht gegeben ist, und hebt dieses Gericht daher den Bescheid der Verwaltungsbehörde gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG infolge Verkennung der Rechtslage auf, verstößt das Verwaltungsgericht gegen seine in § 28 Abs. 2 VwGVG normierte Pflicht, "in der Sache selbst" zu entscheiden.

2.1. Wie oben ausgeführt wurde, hat die belangte Behörde mangels hinreichender Ermittlungen keine tragfähigen Feststellungen zur Frage einer rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung des BF wegen des Vorwurfs einer Beteiligung an der PKK oder aus anderen Gründen und zutreffendenfalls zum Strafmaß derselben getroffen.

2.3. Angesichts dessen, dass das BFA den maßgeblichen Sachverhalt in Bezug auf die behauptete strafgerichtliche Verfolgung des BF bloß ansatzweise ermittelte und auf diese Weise auch zu einer unschlüssigen Entscheidungsgrundlage gelangte, lag in der Folge eine so gravierende Ermittlungslücke hinsichtlich der Subsumtion unter die richtige Rechtsgrundlage vor (vgl. VwGH vom 30.09.2014, Ro 2014/22/0021), dass sich das erkennende Gericht zur Behebung der bekämpften Entscheidung und Zurückverweisung des Verfahrens an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Erlassung eines neuen Bescheides veranlasst sah.

Eine Verlagerung des im Hinblick auf die erwähnten rechtlichen Konsequenzen erforderlichen Ermittlungsverfahrens vor das BVwG war nicht als im Sinne des Gesetzgebers gelegen zu erachten. Im Übrigen würde eine erstmalige Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes und Beurteilung der Rechtsfrage durch das BVwG eine (bewusste) Verkürzung des Instanzenzuges bedeuten (vgl. dazu VwGH v. 18.12.2014, Ra 2014/07/0002; VwGH v. 10.10.2012, Zl. 2012/18/0104). Dass eine unmittelbare Durchführung dieses Ermittlungsverfahrens durch das BVwG "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, war nicht ersichtlich.

3. Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

4. Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der Beschwerde stattzugeben bzw. der Bescheid im angefochtenen Umfang aufzuheben waren.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Asylverfahren Ermittlungsmangel Ermittlungspflicht Kassation mangelhaftes Ermittlungsverfahren mangelnde Feststellungen mangelnde Sachverhaltsfeststellung Zurückverweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L502.2226524.1.00

Im RIS seit

21.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

21.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten