TE Vwgh Beschluss 1997/11/25 97/14/0041

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.11.1997
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §46 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über den Antrag des EP und der IP in L, vertreten durch Dr. Alfred Haslinger, DDr. Heinz Mück, Dr. Peter Wagner, Dr. Walter Müller und Dr. Wolfgang Graziani-Weiss, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Kroatengasse 7, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln des mit Beschluß vom 25. Februar 1997, 96/14/0173, eingestellten Verfahrens über die Beschwerde gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat I, vom 29. Oktober 1996, 5/27/4-BK/F-1996, betreffend Umsatzsteuer sowie einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1985 bis 1990, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird stattgegeben.

Begründung

Mit Beschluß vom 25. Februar 1997, 96/14/0173, wurde das Verfahren über die Beschwerde der Antragsteller gegen den im Spruch dieses Beschlusses genannten Bescheid mit der Begründung eingestellt, die Antragsteller seien dem an sie ergangenen Auftrag zur Verbesserung der Beschwerde insoweit nicht nachgekommen, als sie innerhalb offener Frist zwar die zurückgestellten Beschwerdeausfertigungen und Beilagen, jedoch nur einen Schriftsatz vorgelegt hätten, in denen die Seiten 2 und 4 der zurückgestellten Beschwerdeausfertigungen fehlten.

Im fristgerecht zur Post gegebenen Antrag wird unter Vorlage einer (ordnungsgemäßen) Beschwerdeausfertigung die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln begehrt. Die Antragsteller behaupten, am 7. Februar 1997, somit innerhalb der gesetzten Frist im Auftrag zur Verbesserung der Beschwerde, sei dem für sie einschreitenden Rechtsanwalt DDr. Heinz Mück von der Kanzleikraft Andrea Schönauer die vom Verwaltungsgerichtshof geforderte weitere Beschwerdeausfertigung samt den zurückgestellten Beschwerdeausfertigungen und Beilagen zur Unterschriftsleistung vorgelegt worden. Rechtsanwalt DDr. Heinz Mück habe die weitere Beschwerdeausfertigung unterschrieben, sodann jedoch festgestellt, in dieser seien zwei Rückseiten nicht kopiert worden. Er habe daraufhin Andrea Schönauer die Weisung erteilt, eine vollständige Kopie der Beschwerdeausfertigung anzufertigen. Nachdem Andrea Schönauer dieser Weisung entsprochen hätte, habe er die vom Verwaltungsgerichtshof geforderte weitere Beschwerdeausfertigung unterschrieben und Andrea Schönauer angewiesen, diese samt den zurückgestellten Beschwerdeausfertigungen und Beilagen an den Verwaltungsgerichtshof abzufertigen. Aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen habe die ansonsten äußerst verläßliche Andrea Schönauer jedoch die unvollständige anstatt der vollständigen Beschwerdeausfertigung samt den zurückgestellten Beschwerdeausfertigungen und Beilagen an den Verwaltungsgerichtshof abgefertigt. Es stelle kein Verschulden eines Rechtsanwaltes, zumindest aber nur einen minderen Grad des Versehens dar, wenn nach dessen Unterschriftsleistung der ansonsten verläßlichen Kanzleikraft bei der Kuvertierung und Abfertigung von Schriftstücken ein Fehler unterlaufe. Andrea Schönauer sei seit dem 1. Juli 1996 in der Rechtsanwaltskanzlei hauptsächlich mit Schreib- und Buchhaltungsarbeiten beschäftigt. Sie sei auch für die Abfertigung der von ihr angefertigten Schriftstücke verantwortlich. Sie werde bei der Abfertigung nicht nur von der Kanzleileiterin und deren Stellvertreterin, sondern auch von Rechtsanwalt DDr. Heinz Mück überprüft, um jegliche Versäumnisse auszuschließen. Es habe bisher noch keine Beanstandungen hinsichtlich der von Andrea Schönauer abgefertigten Schriftstücke gegeben.

In zwei Erklärungen bestätigen sowohl Andrea Schönauer als auch Rechtsanwalt DDr. Heinz Mück die Richtigkeit des im Antrag dargestellten Sachverhaltes.

Nach § 46 Abs 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis .... eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat (vgl beispielsweise den hg Beschluß vom 18. Jänner 1994, 93/14/0199, mwA), stellt ein einem Rechtsanwalt widerfahrenes Ereignis einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei nur dann dar, wenn dieses Ereignis für den Rechtsanwalt selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hiebei höchstens um einen minderen Grad des Versehens handelt. Ein Verschulden des Rechtsanwaltes, das über den minderen Grad des Versehens hinausgeht, schließt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus. Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit iSd § 1332 ABGB zu verstehen.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht es als bescheinigt an, daß Rechtsanwalt DDr. Heinz Mück nach Unterschriftsleistung auf der unvollständigen Beschwerdeausfertigung sofort bemerkt hat, in dieser fehlten die Seiten 2 und 4, worauf er Andrea Schönauer die Weisung erteilt hat, eine vollständige Kopie der Beschwerdeausfertigung anzufertigen. DDr. Heinz Mück hat die sodann vollständige Beschwerdeausfertigung unterschrieben und Andrea Schönauer angewiesen, diese samt den zurückgestellten Beschwerdeausfertigungen und Beilagen an den Verwaltungsgerichtshof abzufertigen.

Bei einem Schriftsatz, der lediglich zu kopieren ist, ist es nicht erforderlich, daß der Rechtsanwalt jede Seite der Kopie mit dem Original vergleicht. Überdies hat der Rechtsanwalt DDr. Heinz Mück sofort nach der Unterschriftsleistung festgestellt, daß in der von ihm zunächst unterfertigten Beschwerdeausfertigung zwei Seiten fehlen, worauf er die ihm zumutbaren Maßnahmen gesetzt hat, um dem Auftrag zur Verbesserung der Beschwerde nachzukommen. Daß in der Folge die unvollständige Beschwerdeausfertigung an den Verwaltungsgerichtshof abgefertigt worden ist, ist Rechtsanwalt DDr. Heinz Mück nicht mehr als Verschulden zuzurechnen, weil die Kontrolle der Kuvertierung durch eine verläßliche Kanzleikraft einem Rechtsanwalt nicht zuzumuten ist (vgl beispielsweise den hg Beschluß vom 11. Dezember 1996, 96/13/0082, 0083, mwA).

Da weder den Antragstellern noch Rechtsanwalt DDr. Heinz Mück grobe Fahrlässigkeit an der Versäumung der Frist zur Verbesserung der Beschwerde vorgeworfen werden kann, war dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattzugeben.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997140041.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten