TE Vwgh Erkenntnis 1997/11/25 97/04/0110

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.11.1997
beobachten
merken

Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §87 Abs1 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde der H KEG in S, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 25. April 1997, Zl. WST1-B-9732, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 25. April 1997 wurde der Beschwerdeführerin die Gewerbeberechtigung für das Handelsgewerbe (§ 24 Z. 11 GewO 1994), eingeschränkt auf den Einzelhandel mit Kraftfahrzeugen, deren Bereifung und Zubehör, gemäß § 87 Abs. 1 Z. 3 in Verbindung mit § 91 Abs. 2 GewO 1994 entzogen.

Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, gegen den persönlich haftenden Gesellschafter der Beschwerdeführerin, H, lägen sechs (näher bezeichnete) gerichtliche Vorstrafen sowie acht Verwaltungsstrafvormerkungen (bei der Bezirkshauptmannschaft Amstetten) auf. Abgesehen von der Vielzahl der eher geringfügigen Verwaltungsvorstrafen und den Körperverletzungsdelikten seien dem Vorstrafenregister auch zwei Übertretungen zu entnehmen, und zwar einerseits das Delikt der Urkundenunterdrückung und andererseits der Verstoß gegen die Gewerbeordnung, die im Zusammenhang mit der Ausübung des Autohandels als "einschlägige" Straftaten zu werten seien. Seit der Verwirklichung der Urkundenunterdrückung sei zwar tatsächlich einige Zeit verstrichen (sechs Jahre), jedoch lasse das umfangreiche Vorstrafenregister keinen Zweifel an der generellen negativen Haltung des "Berufungswerbers" gegenüber der Akzeptanz von Rechtsvorschriften. Das daraus resultierende Persönlichkeitsbild des H, soweit es seine Einstellung gegenüber der Einhaltung von Rechtsvorschriften betreffe, lasse den Schluß zu, "daß er einerseits als Gewerbeinhaber die hiefür erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt und andererseits auch bei künftiger Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit gegen die im Zusammenhang mit dem Gewerbe zu beachtenden öffentlichen Interessen verstoßen würde".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht verletzt, "nicht entgegen den Bestimmungen der §§ 87, 91 GewO die Gewerbeberechtigung zu verlieren". In Ausführung dieses Beschwerdepunktes wird vorgebracht, überprüfe man die gerichtlichen Verurteilungen des H, so müsse einmal festgehalten werden, daß die vor dem Bezirksgericht Steyr vom 11. April 1995 lediglich ein Fahrlässigkeitsdelikt betreffe, wie es typischerweise bei Verkehrsunfällen häufig vorkomme. Es handle sich nicht um ein Vorsatzdelikt. Die Verurteilung vor dem Landesgericht St. Pölten vom 16. Jänner 1991 wegen Urkundenunterdrückung sei unbestritten als schwerwiegender Verstoß zu werten, allerdings nicht gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes. Die gesetzliche Bestimmung ziele hier ausdrücklich auf Vorschriften im Zusammenhang mit der Ausübung des Gewerbes und nicht auf allgemeine Schutzvorschriften. Die restlichen vier Verurteilungen, alle wegen § 83 Abs. 1 StGB, seien ebenfalls als Verstöße gegen allgemeine Rechtsvorschriften zu werten und nicht gegen solche im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe. Es werde noch einmal darauf hingewiesen, daß es sich um Verstöße gegen Rechtsvorschriften und Schutzinteressen handeln müsse, die bei Ausübung gerade des gegenständlichen Gewerbes "besonders" zu beachten seien. Was die verwaltungsstrafrechtlichen Verurteilungen anlange, so sei darauf hingewiesen, daß die (näher bezeichneten drei) Delikte im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stünden, nämlich im wesentlichen die Nichterteilung der Lenkerauskunft bzw. das Nichtmitführen der vom Gesetz vorgeschriebenen Urkunden. Es handle sich somit um leichte Vergehen im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr, die noch dazu keinerlei Verbindung mit dem gegenständlichen Gewerbe hätten. Es handle sich somit auch hier wieder ausdrücklich um Verstöße gegen allgemeine Rechtsvorschriften und nicht um solche, die bei Ausübung gerade des gegenständlichen Gewerbes "besonders" zu beachten seien. Es lägen somit weder eine Vielzahl von geringfügigen Verstößen gegen Vorschriften, die bei Ausübung gerade des gegenständlichen Gewerbes "besonders" zu beachten seien, noch "schwerwiegende" Verstöße gegen solche Rechtsvorschriften vor. H habe entgegen der Auffassung der belangten Behörde eine Vielzahl geringfügiger Verwaltungsdelikte gesetzt, die keinerlei besonderen Zusammenhang mit dem von ihm ausgeübten Gewerbe hätten. Dies gelte auch für seine gerichtlichen Verurteilungen. Wie die belangte Behörde selbst feststelle, sei seit Verwirklichung der Straftatbestände einige Zeit verstrichen, sodaß auch - aber nicht zuletzt - die Besorgnis eines Mißbrauches der Gewerbeberechtigung auszuschließen sei. Zusammenfassend lasse sich die angefochtene Entscheidung der belangten Behörde dahingehend charakterisieren, daß sie grundsätzlich auf der unrichtigen Rechtsansicht beruhe, der Verstoß gegen jede Rechtsvorschrift - und nicht nur gegen solche, die bei Ausübung gerade des gegenständlichen Gewerbes "besonders" zu beachten seien - rechtfertige den Entzug der Gewerbeberechtigung; weiters beruhe sie auf der unrichtigen Rechtsansicht, daß sich aus einer Vielzahl von geringfügigen Delikten ein Persönlichkeitsbild ableiten ließe, das den Schluß zulasse, daß "er als Gewerbeinhaber" die hiefür erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitze und bei künftiger Ausübung seiner gewerblichen Tätigkeit gegen die im Zusammenhang mit dem Gewerbe zu beachtenden öffentlichen Interessen verstoßen würde. Die belangte Behörde lasse ganz offenkundig außer acht, daß H lediglich gegen allgemeine Schutzvorschriften verstoßen habe und nicht gegen solche, die bei Ausübung gerade des gegenständlichen Gewerbes "besonders" zu beachten seien.

Gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 hat die Behörde (§ 361), sofern der Gewerbetreibende eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes ist und sich die im § 87 angeführten Entziehungsgründe sinngemäß auf eine natürliche Person beziehen, der ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, dem Gewerbetreibenden eine Frist bekanntzugeben, innerhalb der der Gewerbetreibende diese Person zu entfernen hat. Hat der Gewerbetreibende die genannte natürliche Person innerhalb der gesetzten Frist nicht entfernt, so hat die Behörde im Falle, daß der Gewerbetreibende der Gewerbeinhaber ist, die Gewerbeberechtigung zu entziehen, und im Falle, daß der Gewerbetreibende der Pächter ist, die Übertragung der Ausübung des Gewerbes an den Pächter zu widerrufen.

Nach § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 - in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 63/1997 - ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde (§ 361) zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt. Schutzinteressen gemäß Z. 3 sind insbesondere die Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung, der Kinderpornographie, des Suchtgiftkonsums, des Suchtgiftverkehrs sowie der illegalen Prostitution.

Durch die Einschränkung auf "schwerwiegende" Verstöße soll sichergestellt werden, daß nicht schon jede geringfügige Verletzung der bei Ausübung des Gewerbes zu beachtenden Rechtsvorschriften zur Entziehung der Gewerbeberechtigung führen kann. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber wiederholt ausgesprochen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 12. November 1996, Zl. 96/04/0201), daß ein solcher - abgesehen von an sich als schwerwiegend zu wertenden Verstößen - zwar nicht schon im Fall jeder geringfügigen Verwaltungsübertretung vorliegt, wohl aber dann, wenn durch eine Vielzahl geringfügiger Übertretungen ein weiteres vorschriftswidriges Verhalten des Gewerbeinhabers zu befürchten ist.

Festzuhalten ist, daß sich die Beschwerdeführerin auf keine gesetzliche Grundlage zu berufen vermag, wenn sie vorbringt, es lägen keine Verstöße vor, die bei Ausübung gerade des gegenständlichen Gewerbes "besonders" zu beachten seien. Entscheidend ist, daß es sich um schwerwiegende Verstöße gegen Rechtsvorschriften handelt, die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachten sind, nicht aber, daß sie "besonders" zu beachten sind. Sollte die Beschwerdeführerin dabei meinen, als Schutzinteressen im Sinne des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 seien nur die im Schlußsatz des Abs. 1 genannten Interessen zu verstehen, verkennt sie die Rechtslage. Denn sowohl aus der beispielsweisen Aufzählung der "Wahrung des Ansehens des Berufsstandes" in der Z. 3 als auch in der Verwendung des Wortes "insbesondere" im Schlußsatz des Abs. 1 ergibt sich, daß es sich bei der Aufzählung im Schlußsatz des Abs. 1 lediglich um eine beispielsweise handelt. Abgesehen davon rechtfertigen nach § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 nicht nur schwerwiegende Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Schutzinteressen, sondern auch derartige Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften die Entziehung der Gewerbeberechtigung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 1996, Zl. 96/04/0156).

Von der Beschwerdeführerin wird nun gar nicht bestritten, daß es sich bei der von der belangten Behörde herangezogenen Urkundenunterdrückung um einen "schwerwiegenden" Verstoß handelt. Es ist auch unmittelbar einsichtig, daß es sich dabei um einen Verstoß gegen eine beim hier in Frage stehenden Gewerbe des Einzelhandels mit Kraftfahrzeugen, deren Bereifung und Zubehör, zu beachtenden Rechtsvorschrift handelt. Darauf aber, daß die Rechtsvorschrift "besonders" zu beachten sei, kommt es, wie bereits gesagt, nicht an. Schon allein deshalb - sowie auch weiters in Ansehung der im angefochtenen Bescheid aus dem umfangreichen Vorstrafenregister abgeleiteten negativen Einstellung zur Einhaltung von Rechtsvorschriften - vermag der Verwaltungsgerichtshof in der Rechtsansicht der belangten Behörde, daß H nicht mehr die für die Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit besitze, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997040110.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten