TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/2 W208 2225463-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.04.2020
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Entscheidungsdatum

02.04.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
GebAG §17
GebAG §18 Abs1 Z2 litc
GebAG §19
GebAG §3 Abs1 Z2
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W208 2225463-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Jürgen DORNER, Tuchlauben 13/Kleeblattgasse 4, 1010 WIEN, gegen den Bescheid der Vorsteherin des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom 29.07.2019, Zl. 12 C 55/19d - 8, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 04.10.2019, Zl. Jv 802/19s-20, wegen Zeugengebühren zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 3 Abs 1 Z 2 und § 18 Abs 1 Z 2 lit c GebAG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) war beklagte Partei im Verfahren vor dem Bezirksgericht für Handelssachen Wien (im Folgenden: BG) zu 12 C 55/19d - 8, in welcher XXXX (im Folgenden: Zeuge) in der mündlichen Verhandlung vom 02.07.2019 von 10:00 Uhr bis 10:45 Uhr als Zeuge einvernommen wurde (Ladung vom 13.05.2019).

In der Folge machte der Zeuge fristgerecht eine Entschädigung für Zeitversäumnis in Form der Kosten für einen Stellvertreter nach § 18 Abs 1 Z 2 lit c GebAG im Ausmaß von drei Stunden geltend und legte eine Bestätigung vor, wonach er als Ziviltechniker selbstständig erwerbstätig sei. Weiters legte er einen Ausdruck einer Honorarnote seines Stellvertreters vom 02.07.2019 vor, welcher für eine "Geschäftsführervertretung" am 02.07.2019 drei Stunden zu je ? 140,00 und damit einen Gesamtbetrag iHv ? 420,00 zzgl. 20 % USt. iHv ? 84,00, sohin einen Betrag von ? 504,00 in Rechnung stellte.

Daraufhin forderte die Kostenbeamtin des BG den Zeugen auf, die Originalrechnung sowie die Bestätigung des Stellvertreters über den Zahlungseingang binnen 14 Tagen nachzureichen. Diesem Ersuchen kam der Zeuge fristgerecht mit Übermittlung der Originalrechnung sowie des Kontoauszuges der betreffenden Überweisung, worauf vermerkt war, dass der Stellvertreter die Zahlung iHv ? 504,00 erhalten habe, nach.

2. Mit dem beschwerdegegenständlichen Bescheid der Vorsteherin des BG vom 29.07.2019 wurden die Gebühren des Zeugen für die Teilnahme an der Verhandlung gemäß dem Gebührenanspruchsgesetz 1975 (GebAG) mit einer Entschädigung für Zeitversäumnis in Form von Stellvertreterkosten nach § 18 Abs 1 Z 2 lit c GebAG im Ausmaß von drei Stunden zu je ? 140, zzgl. 20 % USt somit iHv insgesamt ? 504,00 bestimmt.

Begründend wurde lediglich ausgeführt, dass der Zeuge einen Gebührenanspruch iHv ? 504,00 geltend gemacht habe und die Rechnung des Stellverteters vom 02.07.2019 vorgelegt worden sei. Die Entscheidung finde in den Bestimmungen des GebAG ihre Deckung.

3. Gegen diesen Bescheid (zugestellt am 30.07.2019) richtet sich die am 09.08.2019 eingebrachte Beschwerde der beklagten Partei des Grundverfahrens und nunmehrigen BF. In dieser wird der Bescheid seinem gesamten Umfang nach aufgrund Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit in Folge von Verletzung der Verfahrenvorschriften angefochten und beantragt, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass die geltend gemachten Stellvertreterkosten abgewiesen werden, in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass er zur neurlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen werde.

Begründend wird unter Verweis auf diesbezüglich ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere ausgeführt, dass die belangte Behörde sich in der Begründung des angefochtenen Bescheids darauf beschränkt habe, dass vom Zeugen eine Rechnung über den von ihm bestellten Stellvertreter vorgelegt worden sei. Dass vom Zeugen behauptet oder gar bescheinigt worden sei, dass er durch sein Erscheinen vor Gericht an der Vornahme unaufschiebbarer Tätigkeiten gehindert gewesen sei, ihm dadurch Einkommen entgangen sei und die Bestellung des Stellverteters somit iSd Judikatur notwendig gewesen sei, wäre dem Bescheid jedoch nicht zu entnehmen. Der Zeuge habe keinerlei Vorbringen dahingehend erstattet, mit welchen Aufgaben er den Stellvertreter beauftragt habe, an deren Verrichtung er durch sein Erscheinen vor Gericht gehindert gewesen sei, inwiefern die Aufgaben unaufschiebbar gewesen wären und welchen Einkommensverlust er dadurch erlitten habe. Mangels jeglichem Vorbringen des Zeugen zu diesen Fragen, insbesondere zur Frage welche angeblich unaufschiebbaren Tätigkeiten der Vertreter für ihn verrichtet habe, sei auch die Angemessenheit der vorgelegten Rechnung nicht überprüfbar. Auch fehle jeglicher Nachweis über die tatsächliche Bezahlung dieser Rechnung durch den Zeugen.

4. In der Folge übermittelte die belangte Behörde die Beschwerde an den Zeugen und trug diesem auf, die Notwendigkeit der Bestellung eines Stellvertrters binnen 14 Tagen zu behaupten und zu bescheinigen.

5. In dem daraufhin fristgerecht eingelangtem Schreiben vom 16.09.2019 führte der Zeuge Folgendes aus:

Die Notwendigkeit der Bestellung seines Stellvertreters würde er damit argumentieren, dass jeden Dienstag (so auch am Vormittag des Tages der Verhandlung am 02.07.2019) bezüglich des von seiner Firma und von ihm mitbetreuten Bauvorhabens in XXXX eine Baubesprechung mit den dazu geladenen Bauunternehmen stattfinde. Die Baubesprechungen seien Leistungen, die von seiner Firma und ihm im Rahmen ihrer beauftragten Architekturleistungen für den Bauherrn und Eigentümer erbracht würden. Diese Leistungen würden nach Aufwand zu vereinbarten Stundensätzen erbracht werden. Für seine Leisung verrechne er dem Bauherrn einen Ziviltechiker-Stundensatz von ? 158,00 pro Stunde.

Gleichzeitig übermittelte er in Ergänzung zu den bereits vorgelegten Unterlagen die Baubesprechungsprotokolle über die Besprechungen vom 28.06.2019 und vom 02.07.2019, die jeweils mehrere Seiten umfassen und detailliert die einzelnen Baufortschritte und Termine festlegen.

6. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 04.10.2019 (zugestellt am 09.10.2019) wies die belangte Behörde die Beschwerde ab und bestätigte den Bescheid vom 29.07.2019.

Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass dem Zeugen im fortgesetzten Verfahren aufgetragen worden sei, die Notwendigkeit der Bestellung eines Stellvertreters zu behaupten und zu bescheinigen. Der Zeuge habe in seiner Eingabe vom 16.09.2019 dazu ausgeführt, dass jeden Dienstagvormittag - wie auch am Verhandlungstag, dem 02.07.2019 - eine Baubesprechung stattfinden würde, die eine Leistung sei, welche vom Zeugen und seiner Firma erbrachte werde und woran die mit dem Bau befassten Bauunternehmen teilnehmen würden. Das Vorbringen des Zeugen sei durch Vorlage der Baubesprechungsprotokolle, der Rechnung und der Überweisungsbestätigung auch bescheinigt worden. Daher würden die Voraussetzungen für den Zuspruch von Entschädigung für Zeitversäumnis vorliegen.

7. Mit Vorlageantrag vom 23.10.2019 beantragte die BF durch ihren Rechtsvertreter, die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und führte begründend darin im Wesentlichen aus: Wie bereits in der Beschwerde vorgebracht, setze der Zuspruch von Kosten für einen bestellten Stellvertreter voraus, dass dieser "notwendigerweise" zu bestellen gewesen sei. Inwiefern dies hinsichtlich der vom Zeugen angeführten Baubesprechung vom 02.07.2019 der Fall gewesen sei, wäre der Beschwerdevorentscheidung nach wie vor nicht zu entnehmen. Aufgrund eigener Erfahrungen in der Baubranche sei der BF selbst bekannt, dass es bei derartigen wiederkehrenden Baubesprechungen absolut üblich sei, dass bei Verhinderung einzelner Teilnehmer eine Verschiebung stattfinde oder die Baubesprechung ohne den verhinderten Teilnehmer abgehalten werde. Aus welchen Gründen im gegenständlichen Fall eine Verschiebung oder Durchführung der Baubesprechung ohne den Zeugen nicht möglich und somit notwendigerweise ein Vertreter zu bestellen gewesen sein sollte, sei nicht erkennbar. Davon abgesehen würde sich schon aus dem vom Zeugen vorgelegten Baubesprechungsprotokoll ergeben, dass diese 1,5 Stunden gedauert haben soll. Aus welchem Grund, dem vom Zeugen beauftragten Stellvertreter dennoch ein Honorar für drei Stunden zustehen sollte, sei nicht nachvollziehbar. Selbst wenn darin Fahrzeiten für die An- und Abfahrt zur Baubesprechung enthalten seien, stehe hierfür jedenfalls nicht das gleiche Honorar wie für die Leistung selbst zu und sei wohl auch nicht davon auszugehen, dass der Zeuge vom Bauherren eine Abgeltung von Fahrzeiten im gleichen Ausmaß erhalte.

8. Mit am 15.11.2019 beim BVwG eingelangtem Schreiben legte die belangte Behörde die Beschwerde/den Vorlageantrag und den gegenständlichen Verwaltungsakt dem BVwG zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der im Punkt I.1. angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt wird festgestellt.

Insbesondere wird festgestellt:

Der Zeuge ist als Ziviltechniker selbstständig erwerbstätig und hat eine Firma, mit der er diverse Bauprojekte betreut.

Die Anwesenheit des Zeugen beim BG ist am 02.07.2019 von von 10:00 Uhr bis 10:45 Uhr erforderlich gewesen. Für den Vormittag dieses Tages war - so wie jeden Dienstag um 10:00 Uhr eine Baubesprechung für ein vom Zeugen für den Bauherrn als Architekt zu betreuendes Bauvorhaben angesetzt. Für den Aufwand zur Teilnahme an diesen Besprechungen stellt der Zeuge einen vereinbarten Stundensatz von ? 158,00 pro Stunde in Rechnung. Die Baubesprechung am 02.07.2019 dauerte von 10.00-11.30 Uhr und enthält das 7-seitige Protokoll exakt die Besprechungspunkte zu den einzelnen Gewerken und den festgestellten Baufortschritt sowie Termine. Ebenfalls ersichtlich sind die, neben dem beauftragten Stellvertreter des Zeugen (DI XXXX ), anderen sechs bei der Besprechung anwesenden Firmenvertreter. Dem Protokoll ist auch zu entnehmen, dass die nächste Besprechung wieder am Dienstag (diesmal den 09.07.2019 um 10:00 Uhr) stattfand.

Der Stellvertreter hat für die Vertretungstätigkeit eine Honorarnote für 3 Stunden zu je ? 140,00, in Summe ? 504,00 (? 420 + ? 84 USt) gelegt und wurde diese vom Zeugen noch am selben Tag bezahlt.

Der Zeuge hat damit die während der Zeit seiner Verhinderung angefallenen konkreten, unaufschiebbaren Tätigkeiten bescheinigt, bei deren Nichtverrichtung durch einen Stellvertreter, er Einkommen verloren hätte.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt, insbesondere den vom Zeugen im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung vorgelegten Stellungnahme vom 16.09.2019, den Baubesprechungsprotokollen vom 25.06.2019, 10:00 Uhr (Dienstag) und 02.07.2019, 10:00 Uhr (Dienstag).

Der Stellungnahme vom 16.09.2019 ist zu entnehmen, dass der Zeuge für den Bauherrn die Baubesprechungen durchführt und liegt daher auf der Hand, dass er oder ein Stellvertreter diese zu leiten haben. Der Zeuge oder der Stellvertreter waren bei beiden Besprechungen auch anwesend. Es waren bei diesen Besprechungen jeweils 5 andere Besprechungsteilnehmer von verschiedenen Firmen anwesend, wie die Besprechungsprotokolle zeigen. Dass eine derartige regelmäßige wöchentliche Besprechung, auch wenn die Ladung zur Verhandlung bereits im Mai erfolgt ist, nicht verschoben werden kann und vom Zeugen bzw einem von ihm informierten und entsprechend qualifizierten Stellvertreter zu leiten ist, ist damit ausreichend bescheinigt und damit die Notwendigkeit der Beauftragung eines Stellvertreters nachvollziehbar.

Dem Protokoll vom 25.06.2019 ist zu entnehmen, dass die nächste Besprechung für den 02.07.2019, 10:00 Uhr (Dienstag) anberaumt wurde. Dem Protokoll vom 02.07.2019 ist zu entnehmen, dass die nächste Besprechung wiederum für den 09.07.2019, 10:00 Uhr (Dienstag) anberaumt wurde.

Was die Abrechnung von drei Stunden betrifft und nicht bloß 1,5 Stunden (Dauer der Besprechung lt. Protokoll), ist aufgrund der Komplexität eines Bauprojektes und der allgemeinen Lebenserfahrung nachvollziehbar, dass ein Besprechungsleiter sich auf eine derartige Besprechung vorbereiten muss. Umso mehr gilt dies für einen Stellvertreter, der auch noch in die Baustelle eingewiesen werden, bzw sich ein Bild davon machen muss. Rechnet man dann noch rund 20 Minuten Fahrzeit (eine Strecke, lt. einem im Internet verfügbaren Routenplaner) von der XXXX (Bürostandort) in die XXXX (Baustelle) ist auch der Zeitraum von 3 Stunden nicht lebensfern und nachvollziehbar. Nachdem der "Aufwand für die Baubesprechungen" verrechnet wird, sind die Fahrt- und Vorbereitungszeiten in den vom Zeugen veranschlagten Stundensatz von ? 158,00 Euro inbegriffen.

Da der Zeuge ? 158,00/Stunde Euro dem Bauherrn verrechnet und seinerseits dem Vertreter nur ? 140,00/Stunde bezahlt hat, hat er auch an der Besprechung verdient und hätte er dieses Einkommen verloren, hätte er keinen Vertreter entsandt und auch selbst nicht teilgenommen. Eine Nichtteilnahme wäre aufgrund der Besprechungsleitungsfunktion und nachgewiesenen Regelmäßigkeit sowie der Notwendigkeit der Besprechungen zur Koordinierung der Firmenleistungen nicht in Frage gekommen.

Im Verbesserungsverfahren vor der belangten Behörde legte der Zeuge eine Originalrechnung sowie die Bestätigung des Stellvertreters über den Zahlungseingang noch am 02.07.2019 vor.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zulässigkeit und Verfahren

Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs 4 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) innerhalb der Frist von vier Wochen bei der belangten Behörde eingebracht. Der Vorlageantrag wurde gemäß § 15 Abs 1 VwGVG fristgerecht binnen zwei Wochen gestellt. Es liegen auch sonst keine Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit der Beschwerde vor.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung liegt somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) zu überprüfen. Der Verfahrensgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wird durch die Begründung und das darin enthaltene Begehren in der Beschwerde begrenzt, wobei kein Verbot einer "reformatio in peius" besteht und kein Neuerungsverbot (vgl Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017, § 27, K2; stRsp des VwGH, zB 29.06.2017, Ra 2017/16/0085 mwN). Von Amts wegen hat das Bundesverwaltungsgericht jedoch Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der den angefochtenen Bescheid erlassenden Behörde aufzugreifen; ebenso kann es eine relevante Verletzung der Verfahrensvorschriften als auch allfällige inhaltliche Rechtswidrigkeit (die nicht ausdrücklich in der Beschwerde geltend gemacht wurde) von Amts wegen aufgreifen; Grundsatz der Amtswegigkeit (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017 § 27, K3).

Auch hinsichtlich des Beschwerdebegehrens nach § 9 Abs 1 Z 4 VwGVG ist eine Bindung des Verwaltungsgerichtes grundsätzlich zu verneinen; allerdings ist eine durch die Prozesserklärung bewirkte Teilrechtskraft (etwa von einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides) vom Verwaltungsgericht zu beachten (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017, § 27, K6).

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 VwGVG und der dazu ergangenen Rechtsprechung des VwGH (Erkenntnis vom 26.01.2012, 2009/09/0187 und in diesem Sinne wohl auch 28.05.2014, Ra 2014/20/0017) ist nicht erforderlich. Die vorgelegten Verfahrensakten lassen nicht erkennen, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt. Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt ist sowohl der BF als auch der Verwaltungsbehörde und den übrigen Parteien bekannt. Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind nicht von solcher Komplexität, dass es dazu Erläuterungen in einer Verhandlung bedürfte.

Ein Entfall der Verhandlung widerspricht weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl 1958/210, noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl Nr C 83 vom 30.03.2010 S. 389.

Zu A)

3.2. Gesetzliche Grundlagen (Auszug, Hervorhebung durch BVwG)

Die maßgeblichen Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes (GebAG) lauten:

"Umfang der Gebühr

§ 3. (1) Die Gebühr des Zeugen umfasst

1. den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Vernehmung, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;

2. die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit er durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet. [...]

Entschädigung für Zeitversäumnis

§ 17. Die Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 3 Abs. 1 Z 2) bezieht sich, vorbehaltlich des § 4, auf den Zeitraum, den der Zeuge wegen seiner Vernehmung außerhalb seiner Wohnung bzw. Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit verbringen muß.

Ausmaß der Entschädigung für Zeitversäumnis

§ 18. (1) Als Entschädigung für Zeitversäumnis gebühren dem Zeugen

1. 14,20 ? für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht,

2. anstatt der Entschädigung nach Z 1

a) beim unselbständig Erwerbstätigen der tatsächlich entgangene Verdienst,

b) beim selbständig Erwerbstätigen das tatsächlich entgangene Einkommen,

c) anstatt der Entschädigung nach den Buchstaben a) oder b) die angemessenen Kosten für einen notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreter,

d) die angemessenen Kosten für eine notwendigerweise beizuziehende Haushaltshilfskraft.

(2) Im Falle des Abs. 1 Z 1 hat der Zeuge den Grund des Anspruches, im Falle des Abs. 1 Z 2 auch dessen Höhe zu bescheinigen."

Geltendmachung der Gebühr

§ 19. (1) Der Zeuge hat den Anspruch auf seine Gebühr binnen 14 Tagen, im Fall des § 16 binnen vier Wochen nach Abschluß seiner Vernehmung, oder nachdem er zu Gericht gekommen, aber nicht vernommen worden ist, bei sonstigem Verlust schriftlich oder mündlich bei dem Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat oder stattfinden sollte, geltend zu machen. Dies gilt für die Beiziehung zur Befundaufnahme durch den Sachverständigen (§ 2 Abs. 1) mit der Maßgabe sinngemäß, daß der Zeuge den Anspruch auf seine Gebühr bei dem Gericht geltend zu machen hat, das den Sachverständigen bestellt hat.

(2) Soweit in diesem Abschnitt nicht anderes bestimmt ist und nicht feste Gebührensätze bestehen, hat der Zeuge die Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, besonders durch Vorlage einer Bestätigung über den Verdienstentgang oder die Entlohnung eines Stellvertreters oder einer Hilfskraft, gegebenenfalls durch Vorlage einer von der zuständigen Dienststelle ausgestellten Bestätigung über die Höhe der sonst zustehenden Reisegebühren § 3 Abs. 2), zu bescheinigen. [...]

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat dazu im Wesentlichen ausgeführt:

Die Entschädigung für Zeitversäumnis gebührt dem Zeugen nur, soweit er in dem in § 17 GebAG genannten Zeitraum (i.e. jener Zeitraum, den der Zeuge wegen seiner Vernehmung außerhalb seiner Wohnung bzw. Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit verbringen muss) durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet (vgl. VwGH 25.05.2005, Zahl: 2005/17/0085), denn das GebAG will dem Zeugen die mit seiner Mitwirkung an der Rechtspflege verbundenen finanziellen Einbußen ausgleichen, ihn aber nicht entlohnen (s. Krammer/Schmidt, SDG - GebAG³ [2001] Anmerkung 6 zu § 18 GebAG).

Unter einem Stellvertreter im Sinne des § 18 Abs. 1 Z 2 lit. c GebAG 1975 kann nach dem Regelungszusammenhang nur eine Person verstanden werden, die den Zeugen während der Zeit seiner Abwesenheit von seinem Betrieb, seinem Unternehmen, seiner Kanzlei etc. vertritt. Diesbezüglich bedarf es konkreter Angaben über die Erforderlichkeit einer derartigen Vertreterbestellung (Hinweis E 18. September 2001, 2001/17/0054; VwGH 28.04.2003, 99/17/0207).

Gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 lit. c GebAG gebühren gegebenenfalls anstatt der Entschädigung nach den Buchstaben a oder b leg. cit. die angemessenen Kosten für einen notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreter. Es genügt daher nicht, dass ein Stellvertreter bestellt und dessen Kosten vom Zeugen getragen wurden. Vielmehr setzt der geltend gemachte Anspruch des Weiteren voraus, dass die Stellvertretung notwendig war. Als einen für die Gebührenbestimmung bedeutsamen Umstand hat der Zeuge im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht jedenfalls über diesbezügliche Aufforderung der Verwaltungsbehörde diese Notwendigkeit zu behaupten und zu bescheinigen (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse je vom 28. April 2003, 99/17/0207 und 2000/17/0065). Weiters ist die Auffassung unzutreffend, hiezu sei es nicht erforderlich, konkrete Behauptungen zur Unaufschiebbarkeit der vom Stellvertreter wahrgenommenen Tätigkeiten zu erstatten (Hinweis E 28. April 2003, 99/17/0207; VwGH 07.10.2005, 2005/17/0207).

Bei den vom Vertreter wahrgenommenen Aufgaben muss es sich daher um solche handeln, die unaufschiebbar sind. Dabei ist es wesentlich, ob es dem Zeugen möglich und zumutbar war, die betreffenden dem Stellvertreter übertragenen Tätigkeiten nach Rückkehr vom Gericht selbst durchzuführen, wobei die Dringlichkeit bzw. Terminisierung der versäumten Arbeiten eine Rolle spielen kann (vgl. etwa VwGH 20.06.2012, 2010/17/0099; VwGH 28.04.2003, 99/17/0207).

Gemäß § 19 Abs 2 GebAG hat der Zeuge die Umstände die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, zu bescheinigen. Nach der ständigen Rsp des VwGH bedeutet "bescheinigen", dass der über den Anspruch entscheidende Organwalter von der Richtigkeit des Anspruches nicht überzeugt zu sein braucht, sondern ihn lediglich für wahrscheinlich halten muss (VwGH 18.09.2000, 96/17/0360; 08.09.2009, 2008/17/0235; 20.06.2012, 2010/17/0099).

3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes

3.3.1. Strittig sind im gegenständlichen Verfahren, die von der belangten Behörde dem Zeugen zugesprochenen Stellvertreterkosten iHv insgesamt ? 504,00 (? 420,00 zzgl. 20 % USt) nach § 18 Abs 1 Z 2 lit c GebAG.

Die BF begründet dies im Wesentlichen damit, dass der Zeuge die Notwendigkeit seiner Stellvertretung für die Teilnahme an der Bauverhandlung am 02.07.2019 nicht dargelegt hat. Er habe keinerlei Vorbringen dahingehend erstattet, mit welchen Aufgaben er den Stellvertreter beauftragt habe, an deren Verrichtung er durch sein Erscheinen vor Gericht gehindert gewesen sei, inwiefern die Aufgaben unaufschiebbar gewesen wären und welchen Einkommensverlust er dadurch erlitten habe.

3.3.2. Voraussetzung für einen derartigen Zuspruch ist nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung, dass die Bestellung "notwendigerweise" erfolgt. Dies ist im Verständnis des § 18 Abs 1 Z 2 lit c GebAG dann der Fall, wenn der Stellvertreter für unaufschiebbare Tätigkeiten herangezogen wird, die dem Zeugen Einkommen bringen, welches sonst verloren gegangen wäre (§ 3 Abs 1 Z 2 GebAG).

Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage, der höchstgerichtlichen Judikatur und des festgestellten Sachverhaltes hat der Zeuge - entgegen der Ansicht der BF - mit der Vorlage der Besprechungsprotokolle über wöchentlich am Dienstag um 10:00 Uhr stattfindende Baufortschrittsbesprechungen mit mehreren Teilnehmern unter seiner Leitung sowie seiner erläuternden Stellungnahme zu den von ihm nach Aufwand verrechneten Kosten, die Notwendigkeit der Beauftragung eines Stellvertreters, um einen Einkommensentgang zu vermeiden, ausreichend bescheinigt.

Dabei ist auch ins Kalkül zu ziehen, dass durch eine Verschiebung der geplanten und regelmäßig stattfindenden wöchentlichen Besprechung, Mehrkosten beim Bauherrn (z.B. Stehkosten, Verzögerungskosten, Kosten aufgrund von Kollisionen mit nachfolgenden Arbeiten) entstehen, die auch zu einem Einkommensverlust bei dem mit der Baukoordination durch den Bauherrn beauftragten Architekten führen können, weil dieser dafür einzustehen hat, wenn er nicht entsprechende Vorkehrungen - wie hier durch Bestellungen eines Stellvertreters - trifft.

Der Ansicht der BF, dass im konkreten Fall nicht von der Bescheinigung der Notwendigkeit der Stellvertretung im Sinn der Bestimmung des § 18 Abs 1 Z 2 lit c GebAG ausgegangen werden kann, ist daher nicht zu folgen.

Dem angefochtenen Bescheid in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung haftet vor diesem Hintergrund im Ergebnis keine Rechtswidrigkeit im Sinne des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG an und die Beschwerde abzuweisen ist.

B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die oben dargestellte Judikatur des VwGH wird verwiesen.

Schlagworte

Bescheinigungsmittel Bescheinigungspflicht Beschwerdevorentscheidung Einkommensentgang notwendige Kosten Stellvertreter Vorlageantrag Zeugengebühr Zivilprozess

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W208.2225463.1.00

Im RIS seit

21.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

21.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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