TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/15 G301 2215229-1

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Veröffentlicht am 15.05.2020
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Entscheidungsdatum

15.05.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55 Abs2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G301 2215233-1/14E

G301 2215229-1/10E

G301 2215231-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Dr. René BRUCKNER über die Beschwerden 1.) des XXXX , geboren am XXXX , 2.) der XXXX , geboren am XXXX , und 3.) der minderjährigen XXXX , geboren am XXXX , alle Staatsangehörigkeit: Kuba, Letztere gesetzlich vertreten durch die Mutter, alle vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jörg BOHMANN in Wien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, vom 18.01.2019, Zl. XXXX (1.), XXXX (2.) und
XXXX XXXX 3.), betreffend Anträge auf internationalen Schutz, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 16.10.2019 zu Recht:

A)

I.       Die Beschwerden werden jeweils hinsichtlich der Spruchpunkte I., II. und III. der angefochtenen Bescheide als unbegründet abgewiesen.

II.      Im Übrigen wird den Beschwerden stattgegeben und gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung gegen die beschwerdeführenden Parteien auf Dauer unzulässig ist.

III.    Den beschwerdeführenden Parteien wird jeweils gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung“ erteilt.

IV.      Die Spruchpunkte IV., V. und VI. der angefochtenen Bescheide werden jeweils aufgehoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit den im Spruch angeführten Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion Wien, dem Erstbeschwerdeführer (im Folgenden: BF1), der Zweitbeschwerdeführern (im Folgenden: BF2) und der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF3) jeweils zugestellt am 24.01.2019, wurden die Anträge auf internationalen Schutz des BF1 und der BF2 vom 15.09.2015 und der Antrag auf internationalen Schutz der BF3 vom 28.09.2018 jeweils hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kuba abgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Kuba zulässig ist (Spruchpunkt V.) sowie gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.).

Mit den jeweils am 22.02.2019 beim BFA, Regionaldirektion Wien, eingebrachten und mit 21.01.2019 datierten Schriftsätzen erhoben die beschwerdeführenden Parteien durch ihren gemeinsamen bevollmächtigten Rechtsvertreter jeweils Beschwerde gegen die oben angeführten Bescheide.

Die gegenständlichen Beschwerden und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 27.02.2019 vom BFA vorgelegt. Das BFA beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Das BVwG führte in der gegenständlichen Rechtssache am 16.10.2019 in der Außenstelle Graz eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der die beschwerdeführenden Parteien im Beisein ihres gemeinsamen Rechtsvertretes teilnahmen. Ein Vertreter der belangten Behörde nahm an der Verhandlung nicht teil (Teilnahmeverzicht).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die beschwerdeführenden Parteien führen die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum) und sind alle Staatsangehörige der Republik Kuba.

Der BF1 und die BF2 verließen Kuba gemeinsam am XXXX .02.2015 – rechtmäßig unter Verwendung gültiger Reisepässe – auf dem Luftweg vom internationalen Flughafen XXXX und reisten nach Moskau (Russland). Von dort flogen sie nach Belgrad (Serbien), wo sie vier Tage blieben. Danach reisten sie unrechtmäßig in Ungarn ein, wo sie einen Antrag auf internationalen Schutz stellten. Am XXXX .09.2015 fuhren der BF1 und die BF2, ohne auf den Ausgang des Asylverfahrens in Ungarn zu warten, mit von Ungarn nach Wien, wo sie am 15.09.2015 bei einer Polizeidienststelle die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz stellten. Der BF1 und die BF2 halten sich seitdem in Österreich auf.

Die BF3 ist die gemeinsame minderjährige Tochter des BF1 und der BF2 und wurde am XXXX in Wien geboren. Am 28.09.2018 stellte die BF2 als gesetzliche Vertreterin der BF3 einen Antrag auf internationalen Schutz im Rahmen des Familienverfahrens und ohne eigene Fluchtgründe oder Rückkehrbefürchtungen der BF3 geltend zu machen.

Der BF1 ist nicht mit der BF2 verheiratet, sondern mit der kubanischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , die in Österreich eine Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU“ gemäß § 45 NAG innehat. Die Ehe wurde am XXXX .2018 in Wien standesamtlich geschlossen. Der BF1 und seine Ehegattin sind Eltern der am XXXX in Wien geborenen Tochter XXXX mit kubanischer Staatsangehörigkeit. Die Ehegattin des BF1 hat zwei weitere Söhne, deren Kindesvater der BF1 jedoch nicht ist. Die Ehegattin des BF1 arbeitet als Kosmetikerin, Fußpflegerin und Nageldesignerin.

Der BF1 ist überdies Vater der am XXXX geborenen Tochter XXXX , die mit der Kindesmutter, XXXX , in Havanna lebt. Die Tochter und deren Kindesmutter sind kubanische Staatsangehörige.

Der BF1 lebt in XXXX mit der BF2 und der gemeinsamen Tochter – der BF3 – sowie mit seiner Ehegattin, der gemeinsamen Tochter und den zwei weiteren Söhnen der Ehegattin im gemeinsamen Haushalt. Der BF1 führt sowohl mit der BF2 als auch mit seiner Ehegattin eine gemeinsame „Dreier-Beziehung“ sowie eine Haushalts- und Familiengemeinschaft.

Der BF1 besucht derzeit an der Volkshochschule XXXX einen am XXXX .2020 gestarteten Deutschkurs A1. Die BF2 besucht derzeit an der Volkshochschule XXXX am XXXX .2020 gestarteten Deutschkurs A1. Der BF1 und die BF2 haben bereits vorher einen Deutschkurs (A1) besucht. Die BF3 besucht seit Jänner 2020 eine private Kindergruppe in XXXX .

Der BF1 und die BF2 verfügen in Österreich bereits über weitreichende soziale Bindungen, insbesondere auch mit österreichischen Staatsbürgern, die die beschwerdeführenden Parteien auch in Österreich persönlich und finanziell unterstützen.

Der BF1 hat innerhalb von zwei Jahren zweimal für jeweils sechs Monate als Hilfskraft in einer Discothek gearbeitet. Die beschwerdeführenden Parteien erhalten überdies eine finanzielle Unterstützung der Caritas. Die beschwerdeführenden Parteien sind in Österreich strafrechtlich unbescholten.

1.2. Der BF1 und die BF2 konnten eine ihnen aktuell drohende Verfolgungsgefahr oder sonstige im Herkunftsstaat Kuba drohende Gefährdung aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention abschließend genannten Gründen, etwa wegen einer ihnen unterstellten oppositionellen Gesinnung, nicht glaubhaft machen, weshalb das Vorbringen des BF1 und der BF2 vor der belangten Behörde und in der mündlichen Verhandlung zur behaupteten Verfolgungsgefahr im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat Kuba dieser Entscheidung nicht als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt wird.

Andere Gründe für die Annahme einer den beschwerdeführenden Parteien im Herkunftsstaat drohenden Verfolgungsgefahr liegen nicht vor und wurden auch nicht vorgebracht. Ein konkreter Anlass für ein fluchtartiges Verlassen des Herkunftsstaates liegt nicht vor. Grund für die Ausreise des BF1 und der BF2 aus dem Herkunftsstaat waren persönliche Gründe und die dortigen Lebensbedingungen sowie die Suche nach besseren Lebensbedingungen im Ausland.

Auch sonstige Gründe, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat allenfalls entgegenstehen würden, liegen nicht vor.

Der BF1 beantragte im Jahr 2016 bei der kubanischen Botschaft in Wien persönlich die Ausstellung eines kubanischen Reisepasses. Dem BF1 wurde daraufhin ein von XXXX .2016 bis XXXX .2022 gültiger kubanischer Reisepass ausgestellt, der dem BF1 an dessen Wohnadresse in XXXX zugeschickt wurde.

Der BF1 hat überdies einer kubanischen Migrationsbehörde (sog. „Migración“) in einem Verfahren zur Ausstellung einer Ausreisebewilligung für seine in Kuba lebende minderjährige Tochter eine schriftliche Einwilligungserklärung für die Ausstellung eines Reisepasses für seine Tochter zukommen lassen.

Die kubanische Botschaft in Wien hat dem BF1 an dessen Wohnadresse eine Einladung für eine Veranstaltung „70 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Kuba und Österreich“ am XXXX .2016 in XXXX übermittelt, die namentlich für den BF1 ausgestellt wurde.

1.3. Maßgebliche Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat KUBA:

Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Kuba vom 23.07.2019:

17. Bewegungsfreiheit

Im Jänner 2013 wurden die Einschränkungen für die Aus- und Einreise kubanischer Bürger abgeschafft. Die Notwendigkeit einer Ausreisegenehmigung ("permiso de sálida") sowie einer Einladung aus dem Ausland wurden aus dem Migrationsgesetz gestrichen; es reichen nun der Pass und ein Einreisevisum des Ziellandes. Bei Privatreisen dürfen Kubaner bis zu 24 Monate statt bisher 11 Monate im Ausland bleiben. Einschränkungen gelten jedoch immer noch für bestimmte Berufsgruppen, beispielsweise Ärzte. Das Problem ist heute allerdings weniger die Ausreiseerlaubnis als das Einreisevisum für das Zielland. Besonders begünstigt seien daher jene Kubaner, die auf Grund von beruflichen oder Verwandtschaftsbeziehungen Dauervisa für die USA oder andere Länder haben (GIZ 4.2018).

Dennoch verleiht das Gesetz der Regierung auch jetzt weitgehende Befugnisse hinsichtlich der Einschränkung der Reisefreiheit. Personen kann die Ausreise seitens der Behörden verwehrt werden, wenn dies zur „Verteidigung und nationalen Sicherheit“ erforderlich ist oder „andere Gründe des öffentlichen Interesses“ vorliegen. Während bestimmte Menschenrechtsaktivisten und kritische Blogger ausreisen durften, wurde anderen politischen Aktivisten und Dissidenten die Ausreise verwehrt (HRW 17.1.2019; vgl. FH 4.2.2019; vgl. USDOS 13.3.2019).

Der Emigrationsdruck aus Kuba ist fortdauernd hoch und hat nahm auch durch die begonnenen Wirtschaftsreformen nicht ab. Hauptzielland sind nach wie vor die USA (GIZ 4.2018). Personen, die auf legalem Weg auswandern wollen, berichten von polizeilichen Verhören, Geldstrafen, Belästigungen, Einschüchterungen und Kündigung (USDOS 13.3.2019).

Die Bewegungsfreiheit und das Recht, Wohnsitz und Arbeitsort frei zu wählen, sind eingeschränkt (FH 4.2.2019). Innerhalb Kubas kann den Bürgern auf Grundlage eines 1997 erlassenen Gesetzes das Betreten der Provinz Havanna verwehrt werden. Dies wird oft dazu benützt, um Dissidenten davon abzuhalten, an Treffen in Havanna teilzunehmen (HRW 17.1.2019).

Änderungen des Wohnsitzes werden restriktiv gehandhabt. Obwohl die Verfassung es allen Bürgern erlaubt, im Land frei zu reisen, werden Wohnsitzverlegungen nach Havanna beschränkt (USDOS 13.3.2019; vgl. FH 4.2.2019). Die lokale Wohnkommission und die Provinzregierung müssen einen Wohnsitzwechsel genehmigen. Personen, die außerhalb ihres eigentlichen Wohnsitzes leben, können bestraft oder an ihren Wohnort zurück verwiesen werden. Die Behörden können Personen den Wechsel des Wohnsitzes bis zu zehn Jahre verwehren oder sie des Ortes verweisen. Auf der Grundlage dieser Bestimmung können Bürger, sofern als „sozial gefährlich“ beurteilt, landesintern verbannt werden (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

•FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Cuba, https://www.ecoi.net/en/document/2008153.html, Zugriff 23.7.2019

•GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2018): Kuba, Gesellschaft, https://www.liportal.de/kuba/gesellschaft/, Zugriff 23.7.2019

•HRW – Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Cuba, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002216.html, Zugriff 23.7.2019

•USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Cuba, https://www.ecoi.net/en/document/2004193.html, Zugriff 23.7.2019

19. Grundversorgung und Wirtschaft

Kubas planwirtschaftlich organisiertes Wirtschaftssystem gilt als wenig leistungsfähig und befindet sich in einem tiefgreifenden Wandlungsprozess (AA 5.3.2019).

2011 beschloss die Kommunistische Partei, die Rolle des Staates in der Wirtschaft zu reduzieren, die staatlichen Unternehmen nach Effizienzkriterien auszurichten und Marktkräften und selbständigem Gewerbe mehr Freiräume zu eröffnen. Dies ist eine grundlegende Abkehr vom bisherigen kubanischen Wirtschaftsmodell staatlicher Allzuständigkeit. Die Verpachtung von Staatsland an Kleinbauern wurde ausgeweitet und ein im November 2013 verabschiedetes Gesetz sieht eine weitgehende Reduzierung der Rolle des Staates bei der Vermarktung von Nahrungsmitteln vor. Wichtig ist auch die Ende 2011 beschlossene Liberalisierung des zuvor sehr streng kontrollierten Immobilienmarktes (GIZ 4.2018).

Die Regierung beschloss auch Maßnahmen, mit denen Kleinunternehmer die Möglichkeit privatwirtschaftlicher Betätigung, etwa im Tourismus und Transportwesen, erhielten. Inzwischen gibt es etwa 600.000 Selbständige. Ihre Tätigkeit wurde im Sommer 2018 durch umfassende neue Vorschriften stark reglementiert und teilweise eingeschränkt. In der neuen Verfassung wird erstmals das Privateigentum garantiert und die Notwendigkeit von Auslandsinvestitionen für die Entwicklung des Landes festgeschrieben (AA 5.3.2019).

Das Bruttoinlandsprodukt ist nach offiziellen Angaben 2018 um 1% gestiegen. Infolge der Reduzierung der Erdöllieferungen zu Vorzugspreisen durch Venezuela hat Kuba zunehmende Probleme im Energiebereich sowie beim Ausgleich der Handelsbilanz. Kuba hat große Liquiditätsprobleme. In den vergangenen Jahren wurden die Auslandsschulden weitgehend umgeschuldet. Kuba versucht, die Abhängigkeit von Importen zu reduzieren, die eigene Landwirtschaft zu stärken und baut insbesondere auf den Ausbau des Tourismussektors. Daneben soll das Investitionsgesetz von 2014 ausländische Investitionen anlocken (AA 5.3.2019).

Die von Raúl Castro initiierten Reformen bringen einerseits erhebliche Effizienzgewinne und binnenwirtschaftliche Dynamik. Für jene Teile der Bevölkerung, die über Hartwährungseinkünfte verfügen, hat sich die Versorgungslage in vielen Bereichen spürbar verbessert. Zum anderen sind aber auch steigende Lebenshaltungskosten sowie ein markanter Anstieg der sozialen Ungleichheit die Folge. RentnerInnen ohne guten Familienanschluss etwa gelten bereits als soziale Gruppe mit einem hohen Armutsrisiko (GIZ 4.2018; vgl. AA 5.3.2019).

Die durchschnittlichen offiziellen Gehälter sind mit etwa 30 US-Dollar pro Monat nach wie vor extrem niedrig, und die nationale Währung ist sehr schwach, was zu einer Abwanderung von geschultem Personal in den Privat- und Tourismussektor führt, wo der an den US-Dollar gebundene konvertible Peso verwendet wird. KubanerInnen, die bei ausländischen Unternehmen beschäftigt sind, werden oft viel besser bezahlt als ihre MitbürgerInnen, obwohl die meisten über eine staatliche Arbeitsagentur unter Vertrag genommen werden, die den Großteil ihrer Löhne abschöpft und im Bewerbungsverfahren nach politische Kriterien vorgeht (FH 4.2.2019).

Die Regierung kontrolliert und rationiert den Verkauf und die Preisgestaltung von Lebensmitteln, Medikamenten und anderen Gütern, obwohl es einige unabhängige Märkte (besonders Bauernmärkte) und staatlich betriebene Geschäfte gibt, in denen Waren mit Hartwährung bezogen werden können (EB 3.7.2019). Es gibt es eine sich verschärfende Versorgungskrise in Kuba, auf Grund derer die kubanische Regierung Lebensmittel und Hygieneartikel rationieren will. Die Regierung in Havanna machte die jüngsten Verschärfungen des US-Embargos gegen Kuba für die Versorgungsengpässe verantwortlich. Wirtschaftsexperten sehen den Grund hingegen eher in der Schwäche der eigenen Produktion und der Abhängigkeit vom engen Verbündeten Venezuela, der ebenfalls von US-Sanktionen betroffen ist (DiePresse 11.5.2019). US-Präsident Trump schränkte die Überweisungen von Geld kubanischer Migranten in den USA an ihre Familien in Kuba wieder ein (WLRN 17.4.2019). Rücküberweisungen sind derzeit die wichtigste Stütze der kubanischen Wirtschaft (HCG 26.8.2018).

Quellen:

•AA – Auswärtiges Amt (5.3.2019): Kuba: Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kuba-node/-/212210, Zugriff 23.7.2019

•EB – Encyclopaedia Britannica (3.7.2019): Cuba, https://www.britannica.com/place/Cuba, Zugriff 23.7.2019

•FH – Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Cuba, https://www.ecoi.net/en/document/2008153.html, Zugriff 23.7.2019

•GIZ (4.2018): Kuba, Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/kuba/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 23.7.2019

•HCG – The Havanna Consulting Group & Tech (26.8.2018): The importance of remittances in the Cuban economy, http://www.thehavanaconsultinggroup.com/en-/Articles/Article/68, Zugriff 22.7.2019

•DiePresse (11.5.2019): Kuba muss wegen Venezuela-Krise Lebensmittel rationieren, https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5626519/Kuba-muss-wegen-VenezuelaKrise-Lebensmittel-rationieren, Zugriff 22.7.2019

•WLRN – WLRN Public Radio and Television (17.4.2019): Trump Cuts Back Travel, Remittances To Cuba. A Lot Of Cuban-Americans Won't Be Happy, https://www.wlrn.org/post/trump-cuts-back-travel-remittances-cuba-lot-cuban-americans-wont-be-happy, Zugriff 22.7.2019

19.1. Sozialbeihilfen

Das Mindesteinkommen auf Kuba beträgt 225 Pesos oder ca. neun Euro pro Monat. Die Regierung ergänzt das Mindesteinkommen durch freie Bildung, medizinische Versorgung, Wohnen und teilweise durch Lebensmittelzuteilung. Trotz dieser Beihilfen gesteht auch die Regierung ein, dass das Durchschnittseinkommen von 767 Pesos (ca. 31 EUR) monatlich nicht für einen vernünftigen Lebensstandard ausreicht (USDOS 13.3.2019).

In Kuba gibt es ein Sozialversicherungssystem, das auf Berufstätigkeit basiert. Es gibt ein System der Pensionsauszahlung, basierend auf den Aktivbezügen. Für Personen im Pensionsalter, die sich hierfür nicht qualifizieren, gibt es die Möglichkeit einer Sozialpension. Weiters gibt es Regelungen betreffend Krankheit, Behinderung, Hinterbliebene, Mutterschaft und Familie etc (SSA 3.2018).

Quellen:

•SSA – US Social Security Administration (3.2018): Social Security Programs Throughout the World; The Americas 2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1428364/1788_1522760768_cuba.pdf, Zugriff 23.7.2019

•USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018, Cuba, https://www.ecoi.net/en/document/2004193.html, Zugriff 23.7.2019

20. Medizinische Versorgung

Zu den Errungenschaften der Revolution zählt Kuba unter anderem das kostenfreie Gesundheitssystem (AA 5.3.2019). Polikliniken und Krankenhäuser sind flächendeckend über das ganze Land verbreitet (GIZ 4.2018). Die öffentlichen medizinischen Zentren bieten kostenlose medizinische Dienstleistungen an. Zu den Leistungen gehören allgemeine und spezialisierte medizinische Versorgung, zahnärztliche Behandlungen, Betreuung während der Mutterschaft, Krankenhausaufenthalt und Rehabilitation (SSA 3.2018).

Das Angebot zur Gesundheits- und Notfallversorgung ist insbesondere in vielen ländlichen Gebieten häufig nicht mit europäischen technischen und hygienischen Standards vergleichbar. In den Spitälern kommt es immer wieder zu Strom- und Wasserabschaltungen, wichtige Medikamente und Verbrauchsmaterialien sind oft nicht erhältlich. Die Erstversorgung am Unfallort muss als unzureichend bezeichnet werden und ist in ländlichen Gegenden praktisch nicht vorhanden (AA 3.7.2019; vgl. BMEIA 8.11.2019; vgl. GIZ 4.2018). Kleine Korruption kann den Zugang zur Gesundheitsversorgung beeinträchtigen, besonders was die Aufnahme in Krankenhäuser oder teure Behandlungen betrifft (BS 2019).

Kuba hat ein hohes Niveau an Verteilungsgerechtigkeit im Gesundheitsbereich erreicht, wozu die volle Abdeckung, Zugang sowie Ressourcen von hoher Qualität beitragen. Das staatliche Gesundheitssystem unterzieht sich einem Transformationsprozess: von der Reorganisation zur Reduzierung der Institutionen, Dienste, Ressourcen und Programme. Hierbei soll der Einsatz von Mitteln, Technologien und Humanressourcen effizienter gestaltet werden (WHO 4.2015).

Quellen:

•AA – Auswärtiges Amt (5.3.2019): Kuba: Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kuba-node/-/212242, Zugriff 23.7.2019

•AA – Auswärtiges Amt (3.7.2019): Kuba: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kuba-node/kubasicherheit/212208, Zugriff 23.7.2019

•BMEIA – Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (8.11.2018): Kuba, Sicherheit & Kriminalität, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/kuba/, Zugriff 23.7.2019

•BS – Bertelsmann Stiftung (2019): BTI 2018 | Cuba Country Report, https://www.bti-project.org/en/reports/country-reports/detail/itc/cub/, Zugriff 23.7.2019

•GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2018): Kuba, Gesellschaft, https://www.liportal.de/kuba/gesellschaft/#c17201, Zugriff 23.7.2019

•SSA – US Social Security Administration (3.2018): Social Security Programs Throughout the World; The Americas 2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1428364/1788_1522760768_cuba.pdf, Zugriff 23.7.2019

•WHO - World Health Organization (4.2015): WHO Country Cooperation Strategy: Cuba, https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/137158/ccsbrief_cub_en.pdf;jsessionid=7E1746A8F761DFBD19BE094C0697B27E?sequence=1, Zugriff 23.7.2019

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

Die getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht in der mündlichen Verhandlung und auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

2.1. Die zur Identität und Staatsangehörigkeit getroffenen Feststellungen beruhen auf den diesbezüglichen glaubhaften Angaben des BF1 und der BF2 vor der belangten Behörde und in der Beschwerde sowie auf den in Kopie in den Verwaltungsakten ersichtlichen Urkunden (kubanische Reisepässe des BF1 und der BF2 sowie österreichische Geburtsurkunde der BF3), an deren Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel aufgekommen sind.

Die Feststellungen zu den persönlichen und familiären Verhältnissen und zu den privaten Lebensumständen der beschwerdeführenden Parteien beruhen auf den übereinstimmenden glaubhaften Angaben des BF1 und der BF2 sowie den glaubhaften Angaben der in der Verhandlung als Zeugin vernommenen Ehegattin des BF1, die mit den Angaben des BF1 und der BF2 auch übereinstimmten. Die Zeugin hat in der Verhandlung durchwegs einen persönlich glaubwürdigen Eindruck hinterlassen.

Die Feststellungen zum Besuch eines A1-Deutschkurses (BF1 und BF2) bzw. einer Kindergruppe (BF3) beruhen auf den diesbezüglich mit Schriftsatz des Rechtsvertreters vom 11.05.2020 übermittelten unbedenklichen Nachweisen.

Die Feststellung zum Bestehen weitreichender sozialer Bindungen in Österreich beruhen auf den diesbezüglich glaubhaften Angaben des BF1 und der BF2 in der Verhandlung.

2.2. Das Vorbringen des BF1 und der BF2 zu den Gründen für das Verlassen ihres gemeinsamen Herkunftsstaates beruht auf deren Angaben in der jeweiligen Erstbefragung vor einem Organ der Bundespolizei am 26.09.2015 und in der jeweiligen Einvernahme vor dem BFA am 14.11.2018, auf den Ausführungen in den Beschwerden sowie im Besonderen auf den Angaben des BF1 und der BF2 in der mündlichen Verhandlung am 16.10.2019.

Das erkennende Gericht schließt sich im Ergebnis der Beurteilung der belangten Behörde in den angefochtenen Bescheiden an, wonach das Vorbringen des BF1 und der BF2 zu einer konkret gegen sie gerichteten und von Einrichtungen des Herkunftsstaates ausgehenden oder einer diesem jedenfalls zurechenbaren Verfolgungsgefahr im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat Kuba nicht glaubhaft ist.

Der BF1 gab zuletzt in der mündlichen Verhandlung auf Befragung zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaates und zur Furcht vor Verfolgung im Fall der Rückkehr nach Kuba im Wesentlichen zusammengefasst an, dass er im Verfahren vor der belangten Behörde die Wahrheit gesagt habe und bei einer Rückkehr getötet werden würde, weil er ein ehemaliger Leutnant der Spionageabwehr gewesen sei, wobei er von 2001 bis 2005 konkret im Bereich Logistik und Unterstützung tätig gewesen sei sowie als „Security“ Generäle von Spezialeinheiten der Polizei beschützt habe. Danach sei er einen „zivilen Weg“ gegangen und habe Personen geholfen, die gegen die Regierung gewesen seien. Er habe ein Restaurant und Miethäuser besessen und sich in einer guten wirtschaftlichen Situation befunden. Er habe daher auch Anhänger des MLU („Movimiento Liberal Unido“) wirtschaftlich unterstützt, ohne jedoch selbst Mitglied der MLU gewesen zu sein. Konkreter Auslöser für seine Ausreise aus Kuba sei der Umstand gewesen, dass er am 09.02.2015 festgenommen und im Zuge dieser Festnahme geschlagen worden sei. Seine Frau habe ein Kind verloren und er selbst sei mehrmals auf der Straße ohne Grund festgehalten worden. Auf die Frage, worin seiner Ansicht nach ein konkretes Interesse des kubanischen Staates bestehe, den BF1 zu verfolgen, wenn er zurückkehren würde, erwiderte der BF1, dass er eine Vorladung vor die Polizei bekommen habe; er habe zweimal an Demonstrationen teilgenommen, einmal am 10.12., dem Tag der Menschenrechte, und einmal am 07.01., weil am 08.01. Fidel Castro in Havanna einmarschiert sei. Weitere Gründe, warum er in Kuba verfolgt werden würde, nannte der BF1 nicht.

Die BF2 gab in der mündlichen Verhandlung an, dass ein Leben für sie in Kuba nicht möglich wäre, und zwar aufgrund der Umstände wie sie Kuba verlassen hätten und der Probleme, die sie dort gehabt hätten wegen ihrer Ideologie. Sie würden gefangen genommen werden und keine Arbeit bekommen. Sie würden sich nicht verwirklichen können und wenn das eintreffe, dann wäre das, als wenn man tot wäre, das gelte für sie und ihren Mann. Die BF2 ergänzte, dass im Zuge der Festnahme des BF1 am 09.02.2015 sie von einem Polizisten gestoßen und zu Boden gefallen sei, wobei sie das Baby, mit dem sie schwanger gewesen sei, verloren hätte. Überdies sei ihr Vater Oberstleutnant der Staatsicherheit gewesen, der ihr empfohlen habe, auszureisen und nicht mehr zurückzukommen.

In einer Gesamtbetrachtung der Angaben des BF1 und der BF2 ergibt sich, dass sowohl der BF1 als auch die BF2 trotz der zahlreichen Gelegenheiten nicht imstande waren, eine im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat Kuba mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bestehende Verfolgungsgefahr, die von staatlichen Institutionen Kubas ausgehen würde oder diesen zurechenbar wäre, glaubhaft zu machen. So konnte weder aus den Angaben des BF1 und der BF2 vor der belangten Behörde noch aus den Angaben in der mündlichen Verhandlung eine konkret gegen die Person des BF1 oder die BF2 gerichtete Verfolgungsgefahr oder sonstige Bedrohung festgestellt werden. Auch sonst sind im Verfahren keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die eine mögliche Verfolgung im Herkunftsstaat für wahrscheinlich erscheinen lassen.

Dass die behauptete Tätigkeit des BF1 als ehemaliger Offizier der Spionageabwehr, die er im Jahr 2005 beendet habe, der Grund dafür gewesen wäre, dass er letztlich erst zehn Jahre später Kuba verlassen hätte müssen, erschien völlig unglaubhaft, insbesondere auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der BF1 in der Verhandlung auf Befragung zu einem konkreten, gegen seine Person gerichteten „Verfolgungsinteresse“ der kubanischen Behörden gerade diese frühere Tätigkeit nicht erwähnte, sondern lediglich den Umstand, dass er zweimal an einer Demonstration teilgenommen und auch einmal festgenommen worden sei, ohne jedoch näher darzulegen, ob eben bestimmte Handlungen oder öffentliche Äußerungen des BF1 allenfalls eine politische Verfolgung des BF1 durch die kubanischen Behörden wegen ihm angelasteter „oppositioneller Aktivitäten“ nahelegen würden.

Schließlich spricht gerade auch die Tatsache, dass es dem BF1 und der BF2 offenbar problemlos möglich war, einerseits in Kuba einen Reisepass mit mehrjähriger Gültigkeitsdauer ausgestellt zu bekommen, und andererseits auch unter Verwendung dieses Reisepasses Kuba auf dem Luftweg in legaler Weise und nach Durchführung einer Identitätskontrolle durch die kubanischen Grenzbehörden über den internationalen Flughafen XXXX verlassen zu können, maßgeblich gegen das Vorliegen einer ihnen drohenden und vom Herkunftsstaat ausgehenden Verfolgungsgefahr, etwa aufgrund einer dem BF1 – oder auch der BF2 – allenfalls unterstellten regimekritischen oder sonst oppositionellen politischen Gesinnung.

Es sind aus dem gesamten Vorbringen auch keinerlei Anhaltspunkte hervorgekommen, dass sich der BF1 oder die BF2 trotz der geschilderten Vorfälle zu irgendeinem Zeitpunkt in einer derart ernsten Situation befunden hätte, dass sie Kuba „fluchtartig“, also unverzüglich und im Wesentlichen unvorbereitet, verlassen hätten müssen, um so einer ihnen unmittelbar drohenden Verfolgungsgefahr zu entgehen.

Dem BF1 ist des Weiteren entgegenzuhalten, dass sich der BF1 kurze Zeit nach seiner Einreise in Österreich persönlich an die kubanische Botschaft in Wien gewandt hatte, um einen neuen Reisepass ausgestellt zu bekommen. Überdies unterhielt der BF1 eigenen Angaben zufolge auch von Österreich aus dahingehend Kontakt mit den Behörden in Kuba, als er im Verfahren zur Ausstellung einer Ausreisebewilligung für seine dort lebende minderjährige Tochter eine schriftliche Einverständniserklärung übermittelte.

Letztlich ist festzuhalten, dass davon ausgegangen werden kann, dass die kubanischen Behörden nicht nur Kenntnis vom Aufenthalt des BF1 in Österreich haben, sondern dass diesen Behörden offenbar auch die genaue Wohnadresse des BF1 in XXXX bekannt ist, zumal etwa die kubanische Botschaft dem BF1 eine auf seinen Namen lautende Einladung zu einem Jubliläumsfestakt in der kubanischen Botschaft übermittelte. Überdies wurde auch der vom BF1 bei der kubanischen Botschaft in Wien persönlich beantragte Reisepass an dessen Wohnadresse geschickt. Dem BF1 muss vorgeworfen werden, dass er auch in Österreich von sich aus mit kubanischen Behörden sowohl in Österreich als auch in Kuba – somit mit Einrichtungen des präsumptiven Verfolgerstaates – in direkten Kontakt trat und darin offenbar kein Problem und keine Gefahr für ihn und seine Familie sah.

Dies steht im Übrigen auch im völligen Gegensatz zur Behauptung des BF1 in der Erstbefragung, wonach in Ungarn sein Leben in Gefahr gewesen sei, weil er erfahren hätte, dass die kubanischen Behörden in Kuba erfahren hätten, dass er und seine Frau in Ungarn seien, weshalb sie um ihr Leben fürchten mussten. Auf den diesbezüglichen Vorhalt in der Verhandlung, worin der Unterschied zu Ungarn bestehe, wenn doch die kubanischen Behörden auch Kenntnis von seinem Aufenthalt in Österreich hätten, antwortete der BF1 nicht, sondern führte nur ohne erkennbaren Zusammenhang aus, dass ihm alle Geschäfte, die er in Kuba gehabt hätte, weggenommen und seine Bankkonten geleert worden seien sowie die Mutter seiner Tochter in Kuba gekündigt hätten.

Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass das Vorbringen des BF1 und der BF2 zu den Fluchtgründen bzw. zur behaupteten Furcht vor Verfolgung im Fall der Rückkehr letztlich den an die Glaubhaftmachung im Sinne der GFK gestellten Anforderungen nicht genügte, um auch mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit vom Vorliegen einer aktuellen Verfolgungsgefahr oder einer sonstigen asylrelevanten Gefährdung ausgehen zu können.

2.3. Die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Kuba ergeben sich aus den von ihr in das Verfahren eingebrachten und im Bescheid angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Die belangte Behörde hat dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem BVwG von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des BVwG, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt.

Die beschwerdeführenden Parteien sind weder vor der belangten Behörde noch in den gegenständlichen Beschwerden den in den angefochtenen Bescheiden getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat, die auf den in das Verfahren eingeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen beruhen, substanziiert entgegengetreten. Die belangte Behörde hat Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt, wobei auch die in der Beschwerde auszugsweise dargelegten Berichte und Informationsquellen keineswegs den Wahrheitsgehalt der ausgewählten Berichte zu widerlegen oder diese anzuzweifeln vermochten.

Die oben unter Punkt 1.3. getroffenen Feststellungen zur Lage in Kuba ergeben sich aus den in der mündlichen Verhandlung eingebrachten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen, die sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage ergeben und auf Berichten verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen beruhen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Die Verfahrensparteien sind weder in der Verhandlung noch danach im Rahmen der für eine schriftliche Stellungnahme eingeräumten Frist von zwei Wochen den dargelegten Feststellungen und Erkenntnisquellen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat entgegengetreten. So wurde nicht dargelegt, welche Punkte der Feststellungen und Informationen zum Herkunftsstaat unrichtig oder sonst unzutreffend wären.

Es wurden somit vonseiten der Parteien keinerlei Umstände vorgebracht, die den Wahrheitsgehalt der ausgewählten Berichte und Informationsquellen zu widerlegen oder diese anzuzweifeln vermochten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Beschwerde hinsichtlich des Status des Asylberechtigten:

Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.07.1951, BGBl. Nr. 55/1955, in der durch das Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 31.01.1967, BGBl. Nr. 78/1974, geänderten Fassung (Genfer Flüchtlingskonvention – GFK), droht.

Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (und Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach der GFK) ist somit, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, also aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht. Fehlt ein kausaler Zusammenhang mit einem oder mehreren dieser Konventionsgründe, kommt die Asylgewährung nicht in Betracht (VwGH 27.06.2016, Ra 2016/18/0098 mwN; 16.11.2016, Ra 2016/18/0094).

Die Beschwerden hinsichtlich des Status des Asylberechtigten erwiesen sich aus folgenden Erwägungen als unbegründet:

Wie in der Beweiswürdigung dargelegt wurde, konnte eine gegen den BF1 bzw. die BF2 gerichtete und vom Herkunftsstaat Kuba ausgehende oder eine diesem zurechenbare Verfolgung aus asylrelevanten Gründen im Sinne der GFK weder im Verfahren vor der belangten Behörde noch im Verfahren vor dem BVwG glaubhaft gemacht werden.

Es erwies sich insgesamt als nicht glaubhaft, dass der BF1 und die BF2 wegen einer ihnen allenfalls unterstellten regierungskritischen bzw. oppositionellen Gesinnung bereits vor ihrer – legalen – Ausreise aus Kuba einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt gewesen wären bzw. im Fall der Rückkehr nach Kuba einer solchen ausgesetzt sein würden.

Es war daher auch anzunehmen, dass der BF1 und die BF2 ihren gemeinsamen Herkunftsstaat Kuba vorrangig wegen ihrer zum Zeitpunkt der Ausreise bestehenden persönlichen Situation sowie in der Absicht, im Ausland bessere Lebensbedingungen anzutreffen, verlassen haben. Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, stellen jedoch keine Verfolgung im Sinne der GFK dar.

Es war daher im Hinblick auf die ausschließlich persönlichen und wirtschaftlichen Beweggründe für das Verlassen des Herkunftsstaates der Schluss zu ziehen, dass die Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz nur aus dem Grund erfolgte, um sich unter Umgehung der die Einreise und den Aufenthalt regelnden Vorschriften den weiteren Aufenthalt in Österreich zu ermöglichen.

Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, war in der Folge davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgung nicht existiert.

Daher waren gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 die Beschwerden des BF1 und der BF2 gegen Spruchpunkt I. des jeweils angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

Was die minderjährige BF3 anbelangt, ist festzuhalten, dass die BF2 als gesetzliche Vertreterin für die BF3 einen Antrag auf internationalen Schutz im Rahmen des Familienverfahrens gemäß § 34 AsylG 2005 stellte, ohne eigene Fluchtgründe oder Rückkehrbefürchtungen der BF3 vorzubringen.

Es war daher auch in Bezug auf die BF3 die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 34 Abs. 5 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Beschwerde hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten:

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.  

Es ist somit zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Bei der Prüfung betreffend die Zuerkennung von subsidiärem Schutz ist eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr („real risk“) einer etwa gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Die dabei anzustellende Gefahrenprognose bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 31.07.2014, Ra 2014/18/0058; 21.02.2017, Ro 2016/18/0005).

Unter „realer Gefahr“ ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen („a sufficiently real risk“) im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen (VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294). Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände („exceptional circumstances“) vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; sowie VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063; 21.02.2017, Ro 2016/18/0005). Unter „außergewöhnlichen Umständen“ können auch lebensbedrohende Ereignisse (Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung oder Fehlen einer Lebensgrundlage, die die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz – bezogen auf den Einzelfall – deckt) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind.

Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht gegeben sind:

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die beschwerdeführenden Parteien im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe ausgesetzt sein könnten.

Letztlich war zu berücksichtigen, dass in den Beschwerden den von der belangten Behörde in den angefochtenen Bescheiden getroffenen Feststellungen und Erwägungen zur Zumutbarkeit und Möglichkeit der Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht substanziiert entgegengetreten und in weiterer Folge auch nicht dargelegt wurde, wie sich eine Rückkehr in den Herkunftsstaat konkret auf die individuelle Situation der beschwerdeführenden Parteien auswirken würde, insbesondere inwieweit die beschwerdeführenden Parteien durch die Rückkehr in den Herkunftsstaat einem realen Risiko einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wären.

Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde somit eine Verletzung in Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 (über die Abschaffung der Todesstrafe) und Nr. 13 (über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe) nicht vorliegen. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für die beschwerdeführenden Parteien als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, liegen nicht vor.

Daher waren gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 die Beschwerden gegen Spruchpunkt II. des jeweils angefochtenen Bescheides – in Bezug auf die minderjährige BF3 iVm. § 34 Abs. 5 AsylG 2005 – als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zur Beschwerde hinsichtlich der Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005:

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 hat das BFA die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

Auch Umstände, dass den beschwerdeführenden Parteien allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, liegen unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes nicht vor.

Daher waren die Beschwerden gegen Spruchpunkt III. des jeweils angefochtenen Bescheides gemäß § 57 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

3.4. Zur Beschwerde hinsichtlich der Rückkehrentscheidung, Zulässigkeit der Abschiebung und Frist für die freiwillige Ausreise:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG). Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (§ 9 Abs. 2 BFA-VG).

Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wird.

Gemäß § 58 Abs. 3 AsylG 2005 hat das BFA über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

Die Anwendung dieser Rechtslage auf den hier maßgeblichen Sachverhalt ergibt Folgendes:

Auf Grund des in der mündlichen Verhandlung festgestellten Sachverhaltes hat sich nach Maßgabe einer Interessenabwägung gemäß § 9 BFA-VG iVm. Art. 8 EMRK und unter besonderer Berücksichtigung der familiären und privaten Verhältnisse der beschwerdeführenden Parteien ergeben, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung einen nicht nur vorübergehenden unzulässigen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Privat- und Familienleben darstellt.

Der BF1 und die BF2 haben ihren gemeinsamen Herkunftsstaat Kuba vor über fünf Jahren verlassen und halten sich nunmehr seit fast fünf Jahren durchgehend in Österreich auf. Der BF1 ist überdies seit 2016 mit einer in Österreich gemäß § 45 NAG rechtmäßig auf Dauer aufhältigen Kubanerin verheiratet und Vater eines gemeinsamen Kindes. Der BF1, seine Ehegattin, die gemeinsame Tochter sowie die beiden Söhne der Ehegattin, aber auch die BF2 und deren Tochter leben in XXXX im gemeinsamen Haushalt. Sie führen allesamt nicht nur eine Haushalts-, sondern auch eine aufrechte Familiengemeinschaft im Sinne des Art. 8 EMRK. Die Ehegattin des BF1 ist berufstätig und trägt mit ihrem Einkommen – neben anderen öffentlichen und privaten Unterstützungsleistungen – zum gemeinsamen Lebensunterhalt der Familie bei. Eine allfällige Verlegung des Lebensmittelpunktes der Ehegattin und der minderjährigen Tochter des BF1 nach Kuba und die Fortführung des Familienlebens aller Familienmitglieder in Kuba erweist sich unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des vorliegenden Falles als unzumutbar.

Was Umstände des Privatlebens anbelangt ist festzuhalten, dass der BF1 und die BF2 gleich zu Beginn ihres Aufenthalts zahlreiche erkennbare Anstrengungen unternommen haben, um sich in Österreich unter den gegebenen Umständen in sprachlicher, beruflicher und sozialer Hinsicht so weit wie möglich zu integrieren. Der BF1 und die BF2 haben mehrere Deutschkurse besucht und sind bestrebt, auch weiterhin ihre Deutschkenntnisse zu verbessern. Dass sie auch unvermindert den festen Willen haben, ihre Deutschkenntnisse auch weiterhin stetig zu perfektionieren, ergibt sich daraus, dass sie ihre Bemühungen zur Verbesserung ihrer Deutschkenntnisse ohne Aufschub fortsetzten, indem sie aus eigener Initiative weitere Deutschkurse besuchen und die Kosten dafür ausschließlich mit ihren eigenen oder ihnen dafür von privater Seite bereitgestellten finanziellen Mitteln bezahlen. Der BF1 war weiters schon zweimal als Saisonarbeiter tätig. Überdies verfügen die beschwerdeführenden Parteien bereits über weitreichende soziale Bindungen in Österreich und sind strafrechtlich unbescholten. Letztlich haben in der Verhandlung sowohl der BF1 als auch die BF2 sowie die als Zeugin vernommene Ehegattin des BF1 insoweit glaubwürdig dargelegt, dass die beschwerdeführenden Parteien auch künftig alle erforderlichen Anstrengungen unternehmen werden, um sich in Österreich sowohl sprachlich als auch gesellschaftlich und beruflich weiter zu integrieren. Tatsächlich haben sie es mit großer persönlicher Anstrengung und Ernsthaftigkeit in vergleichsweiser kurzer Zeit geschafft, in Österreich einen hohen Grad einer umfassenden Integration zu erreichen, und zwar nicht nur in sprachlicher, sondern eben auch in sozialer Hinsicht (§ 9 Abs. 2 Z 4 BFA-VG).

Die durchwegs persönlich glaubwürdigen beschwerdeführenden Parteien haben auch glaubhaft dargelegt, dass sie überdies in sozialer Hinsicht alle Anstrengungen unternommen haben und auch künftig unternehmen werden, um sich in Österreich nachhaltig gesellschaftlich zu integrieren. Aus ihren Aussagen konnte angenommen werden, dass sie in Österreich bereits über weitreichende soziale Bindungen, wie das Bestehen eines Freundes- und Bekanntenkreises, dem auch österreichische Staatsbürger angehören, verfügen.

Aus all den dargelegten Umständen ergibt sich unzweifelhaft, dass die beschwerdeführenden Parteien zahlreiche der oben angeführten Kriterien, die bei der Abwägung der betroffenen Interessen nach Art. 8 EMRK maßgeblich zu berücksichtigen sind, erfüllen und diese besonders intensiven familiären und privaten Interessen auch das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts in Österreich überwiegen. So haben die beschwerdeführenden Parteien von Anfang an gezeigt, dass sie stets um eine möglichst umfassende und letztlich auf Dauer angelegte persönliche Integration in Österreich bemüht waren und gerade deshalb auch bereits einen entsprechend hohen Grad der Integration erreicht haben.

Es wird zwar nicht verkannt, dass dem Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, insbesondere der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften im Rahmen einer Güterabwägung grundsätzlich ein hoher Stellenwert zukommt, doch ist im gegenständlichen Fall aus den eben dargelegten Gründen in einer Gesamtschau und Abwägung aller Umstände das Interesse an der – nicht nur vorübergehenden – Fortführung des Privat- und Familienlebens der beschwerdeführenden Parteien in Österreich dennoch höher zu bewerten als das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung.

Des Weiteren ist festzuhalten, dass das BFA als belangte Behörde auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verzichtet und auch sonst im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Umstände vorgebracht hat, die allenfalls eine andere rechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes zum Entscheidungszeitpunkt bedeutet hätten.

Abschließend ist festzuhalten, dass die beschwerdeführenden Parteien alle strafgerichtlich unbescholten sind, weshalb im Fall des Verbleibens im Bundesgebiet auch keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu erkennen ist.

Da im Hinblick auf die oben dargelegten Abwägungen zum Entscheidungszeitpunkt das Interesse der beschwerdeführenden Parteien an der Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens in Österreich im konkreten Fall die in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten öffentlichen Interessen überwiegt und die Erlassung einer Rückkehrentscheidung einen nicht nur vorübergehenden Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben darstellen würde, war den Beschwerden stattzugeben und gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass eine Rückkehrentscheidung gegen die beschwerdeführenden Parteien auf Dauer unzulässig ist (Spruchpunkt A.II.).

3.5. Zur Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK:

Gemäß § 55 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn

1.       dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2.       der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.

Gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen, wenn nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vorliegt.

Gemäß § 9 Abs. 4 IntG ist das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige

1.       einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt,

2.       einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 11 Abs. 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt,

3.       über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002,

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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