TE Vwgh Erkenntnis 1997/11/25 97/04/0132

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Veröffentlicht am 25.11.1997
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §87 Abs2 impl;
GewO 1994 §13 Abs3;
GewO 1994 §13 Abs4 idF 1997/I/010;
GewO 1994 §87 Abs1 Z2;
GewO 1994 §87 Abs2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 97/04/0133 97/04/0134 97/04/0135

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerden des E in W, vertreten durch den zum Verfahrenshelfer bestellten Rechtsanwalt Dr. W in W, gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Wien vom 31. Dezember 1996,

Zlen. MA 63-H 609/96, MA 63-H 610/96, MA 63-H 611/96 und MA 63-H 612/96, alle betreffend Entziehung einer Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 50.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit den vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen vier Bescheiden des Landeshauptmannes von Wien vom 31. Dezember 1996 wurden dem Beschwerdeführer im Instanzenzug gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 im Zusammenhalt mit § 13 Abs. 3 GewO 1994 vier verschiedene Gewerbeberechtigungen entzogen. Zur Begründung führte der Landeshauptmann nach Darstellung des Verfahrensganges in allen vier Bescheiden übereinstimmend aus, es sei unbestritten, daß mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 24. Juni 1994 der Konkurs über das Vermögen des Beschwerdeführers eröffnet worden sei. Im Rahmen des Konkursverfahrens sei mit den Gläubigern ein Zahlungsplan abgeschlossen und vom Handelsgericht Wien mit Beschluß vom 24. November 1995 bestätigt worden. Dieser Zahlungsplan sei einem Zwangsausgleich gleichzuhalten. Aus dem Zahlungsplan ergebe sich allerdings, daß dieser noch nicht erfüllt worden sei, da die restlichen 1 Prozent der Quote 60 Monate nach Annahme des Zahlungsplanes zu leisten seien. Damit komme die Anwendung des § 13 Abs. 4 GewO 1994 nicht in Betracht. Es sei daher noch zu prüfen gewesen, ob die Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 erfüllt seien. Die Annahme der Verwirklichung der Tatbestandsvoraussetzungen dieser Bestimmung erfordere, daß im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides das Gewerbe ausgeübt werde oder die Wiederaufnahme der Gewerbeausübung unmittelbar bevorstehe. Im Ermittlungsverfahren sei festgestellt worden, daß das gegenständliche Gewerbe seit 27. März 1995 ruhend gemeldet sei. Dieses Ermittlungsergebnis sei dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht und ihm die Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt worden. In seiner Stellungnahme habe er ausgeführt, er werde seine gewerbliche Tätigkeit 1997 wieder aufnehmen, wobei er konkret davon ausgehe, es werde spätestens mit März 1997 die Gewerbeberechtigung aktiviert werden. Damit stehe fest, daß das Gewerbe im vorliegenden Zeitpunkt nicht ausgeübt werde und mit einer unmittelbar bevorstehenden Wiederausübung konkret nicht zu rechnen sei. Damit mangle es schon am gesetzlichen Tatbestand der Gewerbeausübung. Der Umstand, daß zu einem in weiterer Zukunft gelegenen Zeitpunkt mit der Gewerbeausübung allenfalls zu rechnen sei, vermöge an dieser Beurteilung nichts zu ändern.

Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden Beschwerden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete Gegenschriften mit dem Antrag, die Beschwerden kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die vier Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur

gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbunden und darüber erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in allen Beschwerden in dem Recht auf Unterbleiben der Entziehung der jeweiligen Gewerbeberechtigung verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt er unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die belangte Behörde habe es unterlassen, sich damit auseinanderzusetzen, ob eine Gewerbeausübung im Interesse der Gläubigerschaft gelegen sei. Auch hätte ihm die belangte Behörde bekannt geben müssen, daß sie beabsichtigte die Entscheidung der Gewerbeentziehung der ersten Instanz zu bestätigen, sofern nicht während des Berufungsverfahrens die Gewerberechte aktiviert und die gewerbliche Tätigkeit wieder aufgenommen werde. Die belangte Behörde hätte ihn in diese Richtung anleiten müssen. Die angefochtenen Bescheide seien ihm am 30. Jänner 1997 zugestellt worden. Zwischen diesem Zeitpunkt und dem März 1997 liege nur ein Monat, sodaß davon auszugehen sei, die Aufnahme seiner gewerblichen Tätigkeit sei unmittelbar bevorgestanden. Aus welchem Grund die belangte Behörde dies verneint habe, sei aus der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht zu entnehmen. Mit der Gewerberechtsnovelle 1996 sei die Bestimmung des § 13 Abs. 4 GewO 1994 dahingehend ergänzt worden, daß Abs. 3 dieser Gesetzesbestimmung auch dann nicht anzuwenden sei, wenn im Rahmen des Konkursverfahrens das Gericht den Zahlungsplan des Schuldners bestätigt habe und der Zahlungsplan erfüllt worden sei. Diese Bestimmung könne nur bedeuten, daß bei der Beurteilung, ob eine Gewerberechtsentziehung zu erfolgen habe oder nicht, während des Zeitraums zwischen Bestätigung des Zahlungsplanes und seiner Erfüllung ein Schwebezustand insofern einzutreten habe, als überprüft werden müsse, ob dieser Zahlungsplan tatsächlich eingehalten werde. Jede fristgerechte Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen im Zahlungsplan sei im Sinne der Erfüllung des Zahlungsplanes zu werten. Dieser Schwebezustand werde erst in einen endgültigen Zustand versetzt, wenn der Zahlungsplan endgültig durchgeführt worden sei. Daraus sei aber zu folgern, daß die Bestimmung des § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 nicht zur Anwendung kommen dürfe, solange die Zahlungen gemäß Zahlungsplan nicht eingehalten würden. Er habe in seiner Eingabe an die belangte Behörde vorgebracht, daß er 1996 keine Anstellung mehr erhalten habe können und daher zu Beginn des Jahres 1997 seine gewerbliche Tätigkeit aufnehmen müsse. Dies werde spätestens mit März 1997 geschehen. In dieser Eingabe sei somit ein konkreter Zeitpunkt genannt worden, ab welchem spätestens die gewerbliche Tätigkeit seinerseits aufgenommen werden. Zwischen dem Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Bescheides und dem bekanntgegebenen Zeitpunkt der Aufnahme der Gewerbetätigkeit liege maximal ein Zeitraum von einem Monat. Dies bedeute, daß die Wiederaufnahme seiner gewerblichen Tätigkeit zum Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Bescheides unmittelbar bevorgestanden sei.

Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluß bewirken, vorliegt.

Gemäß § 13 Abs. 3 leg. cit. sind Rechtsträger, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet wurde oder gegen die der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde, von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende ausgeschlossen. Nach dem Abs. 4 dieser Gesetzestelle in der im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide hier anzuwendenden Fassung nach der Gewerberechtsnovelle 1996, BGBl. I Nr. 10/1997, ist Abs. 3 nicht anzuwenden, wenn es im Rahmen des Konkursverfahrens zum Abschluß eines Zwangsausgleiches kommt und dieser erfüllt worden ist. Abs. 3 ist weiters nicht anzuwenden, wenn im Rahmen des Konkursverfahrens das Gericht den Zahlungsplan des Schuldners bestätigt hat und der Zahlungsplan erfüllt worden ist oder nach Durchführung eines Abschöpfungsverfahrens die Restschuldbefreiung erteilt wurde und unwiderrufen geblieben ist.

Nachdem diesbezüglich zu keinem Zweifel Anlaß gebenden Wortlaut des § 13 Abs. 4 GewO 1994 tritt die Rechtsfolge des § 13 Abs. 3, also der Ausschluß von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibender als Folge der Eröffnung des Konkurses oder der Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens wegen eines im Rahmen des Konkursverfahrens vom Gericht bestätigten Zahlungsplanes des Schuldners nur dann nicht ein, wenn dieser bestätigte Zahlungsplan auch erfüllt worden ist. Erfüllt worden ist der Zahlungsplan aber erst mit fristgerechter Zahlung der letzten in diesem Zahlungsplan festgelegten Rate. Dies bedeutet, daß während des Laufes des Zahlungsplanes der in § 13 Abs. 3 GewO 1994 normierte Ausschluß von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibender aufrecht ist und erst mit fristgerechter Erfüllung des Zahlungsplanes wegfällt.

Im Hinblick auf diese Rechtslage vermag der Verwaltungsgerichtshof in der Annahme der belangten Behörde, im gegebenen Fall sei im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides ungeachtet des vom Gericht bestätigten Zahlungsplanes der Entziehungsgrund des § 87 Abs. 1 Z. 2 gegeben gewesen, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken.

Gemäß § 87 Abs. 2 leg. cit. kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zu der diesbezüglich gleichlautenden Bestimmung des § 87 Abs. 2 GewO 1973 ausgesprochen hat, setzt, wie auch die belangte Behörde richtig erkannte, die Anwendung dieser Bestimmung die bereits erfolgte oder die konkret und unmittelbar bevorstehende Wiederausübung dieses Gewerbes voraus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1995, Zl. 94/03/0165, 0176 und die dort zitierte Vorjudikatur).

Der Verwaltungsgerichtshof vermag aber ausgehend von dem maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides am 30. Jänner 1997 auf dem Boden der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen deren Rechtsansicht, die vom Beschwerdeführer für März 1997 in Aussicht gestellte Aktivierung seiner Gewerbeberechtigung sei nicht als konkret und unmittelbar bevorstehend zu qualifizieren, nicht zu teilen.

Sollte die Begründung der angefochtenen Bescheide allerdings so zu verstehen sein, daß die belangte Behörde an der Richtigkeit der diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers zweifelte, so wäre es Sache der belangten Behörde gewesen, den Beschwerdeführer aufzufordern, entsprechende Nachweise vorzulegen.

Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997040132.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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