TE Vfgh Beschluss 1996/2/26 V141/94

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Veröffentlicht am 26.02.1996
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Index

27 Rechtspflege
27/02 Notare

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
Standesrichtlinien der Notariatskammer für Kärnten für das Notariatskollegium von Kärnten ArtX id Neufassung vom 02.03.90

Leitsatz

Zurückweisung des Antrags des OLG Graz auf Aufhebung von Bestimmungen der Standesrichtlinien der Notariatskammer für Kärnten in der Fassung von 1990 mangels eines tauglichen Prüfungsgegenstandes wegen fehlender Kundmachung der beschlossenen Neufassung

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.1. Beim Oberlandesgericht Graz als Disziplinargericht ist über Abtretungsbeschluß der Notariatskammer für Kärnten vom 11. September 1992 (vgl. §169 Abs1 NO) ein Disziplinarverfahren gegen einen näher bezeichneten Notar anhängig.

1.2.1. Das Oberlandesgericht Graz verfügte mit Beschluß vom 29. Juli 1993 die Unterbrechung dieses Disziplinarverfahrens und begehrte beim Verfassungsgerichtshof mit dem zum AZ V141/94 protokollierten Antrag gemäß Art89 Abs2 iVm §139 Abs1 B-VG die Aufhebung des "ArtX §26 Abs1, 2, 3, 4 litb und 5 der Standesrichtlinien der Notariatskammer für Kärnten für das Notariatskollegium von Kärnten in der Neufassung vom 2.3.1990 als gesetzwidrig".

Das OLG Graz führte in seinem Antrag ua. aus:

"In Ermangelung von Rechtsvorschriften über die Form der Publikation von Standesrichtlinien einer Notariatskammer ist schließlich davon auszugehen, daß die fragliche Standesrichtlinie der Notariatskammer für Kärnten allen normunterworfenen Mitgliedern des Kärntner Notariatskollegiums durch Übersendung von Ausfertigungen ausreichend kundgemacht wurde; ..."

1.2.2. Die Notariatskammer für Kärnten erstattete eine Stellungnahme; desgleichen der zur Äußerung eingeladene Bundesminister für Justiz. Der verfahrensbeteiligte Notar gab keine Äußerung ab.

1.3. Mit Schreiben vom 19. September 1994 teilte der Präsident der Notariatskammer für Kärnten auf Anfrage des Verfassungsgerichtshofs (wörtlich) mit:

"Die Neufassung des Artikels X der Standesrichtlinien (wurde) in der Kollegiumsversammlung vom 2. März 1990 unter Tagesordnungspunkt 8) beschlossen. Diese Neufassung wurde mit Rundschreiben vom 31. Mai 1989, (Nr) 2/89, an alle Kollegiumsmitglieder übermittelt. ..."

2. Der Antrag ist unzulässig.

2.1.1. Gemäß Art139 Abs1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen einer Bundes- oder Landesbehörde ua. auf Antrag eines Gerichts.

2.1.2. Die Anfechtung richtet sich gegen keine Verordnung iSd Art139 Abs1 B-VG, wie folgende Überlegungen zeigen:

Aus der vom Verfassungsgerichtshof eingeholten Auskunft des Präsidenten der Notariatskammer für Kärnten (s. Pkt. 1.3.) ergibt sich, daß den Kammermitgliedern nicht, wie das Oberlandesgericht Graz annimmt (s. Pkt. 1.2.1.), Ausfertigungen des Beschlusses vom 2. März 1990 zur Kenntnis gebracht wurden, sondern daß ihnen vor diesem Zeitpunkt, nämlich schon am 31. Mai 1989, eine "vorgeschlagene Neufassung des Artikels X" zuging, und zwar mit Rundschreiben Nr. 2/89. Dieses dem Verfassungsgerichtshof vorliegende Rundschreiben Nr. 2/89 enthält dazu unter dem Punkt

"5.) Standesrichtlinien" den Hinweis: "Jene Kollegen, die an dieser Neufassung etwas auszusetzen haben, werden um konkrete Änderungsvorschläge ersucht."

In dieser von der Notariatskammer gewählten Vorgangsweise ist aber keine - und sei es auch mangelhafte - Kundmachung des Beschlusses vom 2. März 1990 zu erblicken, denn eine Kundmachungsprozedur konnte überhaupt erst nach diesem Zeitpunkt einsetzen.

Nebenbei bemerkt, wurde in der Kollegiumsversammlung vom 2. März 1990 gar nicht der mit dem (vom Kammerpräsidenten bezogenen) Rundschreiben Nr. 2/1989 versendete Entwurf einer "Neufassung des Artikels X" zum Beschluß erhoben, sondern eine davon abweichende (geänderte) Fassung (vgl. den Tagesordnungspunkt 8) des dem Verfassungsgerichtshof auszugsweise vorgelegten Protokolls vom 2. März 1990).

2.2.2. Demnach fehlt es hier jedenfalls an einem Prüfungsgegenstand nach Art139 B-VG.

2.2.3. Der Antrag des Oberlandesgerichts Graz war darum allein schon aus den dargelegten Gründen als unzulässig zurückzuweisen.

2.3. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung ergehen.

Schlagworte

VfGH / Prüfungsgegenstand, Verordnung Kundmachung, Notare, Disziplinarrecht Notare, Kundmachung Verordnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1996:V141.1994

Dokumentnummer

JFT_10039774_94V00141_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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