TE Bvwg Beschluss 2020/6/4 W117 2215770-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.06.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

04.06.2020

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W117 2215770-2/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Andreas Druckenthaner als Einzelrichter in den von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.05.2020, Zl. 1117556802 / 200418733, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, beschlossen.

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 idgF und § 22 BFA-VG idgF rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Mit nach der Einvernahme am 27.05.2020 mündlich verkündetem Bescheid zur Zahl: 1117556802 / 200418733 hob die Verwaltungsbehörde den faktischen Abschiebeschutz, den Asylantrag vom 05.12.2019 betreffend, gemäß § 12a Absatz 2 AsylG auf.

Begründend führte sie aus:

"A) Verfahrensgang

Sie reisten spätestens am 04.06.2016 schlepperunterstützt und unter Umgehung der Grenzkontrolle in das österreichische Bundesgebiet ein.

Am selben Tag stellten Sie einen Antrag auf internationalen Schutz und gaben an, den Namen XXXX zu führen, am XXXX geboren zu sein und Staatsangehöriger von Afghanistan zu sein.

Bei der Erstbefragung vor der Polizeiinspektion Marchegg AGM am 04.06.2016 gaben Sie zu Ihrem Fluchtgrund befragt Folgendes an:

Ich war in Kabul im Stadtteil Pol-e-Charkhi in der Militärschule der afghanischen Nationalarmee als Koch tätig. Die Taliban verlangten von mir dass ich in das Essen für die Soldaten Gift mische damit viele Soldaten sterben. Ansonsten würden sie mich und meine Familie töten. Da ich das nicht verantworten wollte und niemanden töten wollte verließ ich mit meiner Familie Afghanistan. Aus diesem Grund suche ich für mich und meine beiden minderjährigen Kinder um Asyl an.

(...)

Mit Amtsvermerk, GZ: B6/4725/2017, vom 18.04.2017, wurde der Verdacht auf Gefährliche Drohung, Körperverletzung und Wegweisung und Betretungsverbot übermittelt.

Am 24.11.2017 langte die gekürzte Urteilsausfertigung über die rechtskräftige Verurteilung des Vergehens der Körperverletzung § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten ein.

(...)

Am 07.08.2018 wurde Anzeige wegen § 207 - Sexueller Missbrauch von Unmündigen erstattet.

Mit Abschlussbericht, GZ: PAD/18/01390305/001/KRIM, vom 12.08.2018 wurde der Verdacht auf Sexueller Missbrauch von Unmündigen übermittelt.

Mit Verfahrensanordnung vom 23.10.2018, von Ihnen übernommen am 30.10.2018, wurde Ihnen gem. § 13 Abs. 2 der Verlust Ihres Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet mitgeteilt. Die Aufenthaltsberechtigungskarte weiß gem. §51 AsylG (Nr. 160781398-003) wurde am 30.10.2018 durch die Justizanstalt Wels abgenommen.

Sie waren von 27.09.2018 bis 18.01.2019 in Untersuchungshaft-Justizanstalt Wels.

Mit Verständigung der Behörde vom 31.10.2018, GZ: 13 St 180/18y - 18, wurde Anklage wegen § 207 (1) StGB erhoben.

Am 11.12.2018 teilte das Landesgericht Wels die Hauptverhandlung am 17.01.2019 wegen: § 207 (1) StGB; § 202 (1) StGB mit.

Am 28.01.2019 teilte das Landesgericht Wels mit, dass die Hauptverhandlung vertagt wurde.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 06.02.2019 wurde Ihr Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen. Gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG wurde Ihr Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Ihren Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde Ihnen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist. Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über Ihren Antrag auf internationalen Schutz wurde gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer 2 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gemäß § 55 Absatz 1a FPG bestand keine Frist für die freiwillige Ausreise. Gemäß § 13 Absatz 2 Ziffer 1 Asylgesetz hatten Sie Ihr Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 27.09.2018 verloren. Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen Sie ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Sie erhoben dagegen fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts zur Zahl W276 2215770-1/12E vom 15.04.2019 wurde diese Entscheidung mit der Maßgabe, dass die Frist zur freiwilligen Ausreise mit Rechtskraft der Rückkehrentscheidung 14 Tage beträgt, bestätigt.

Mit 16.04.2019 erwuchs die Entscheidung in II. Instanz Rechtskraft.

Mit 05.12.2019 wurden Sie von der Schweiz nach Österreich überstellt.

Am 05.12.2019 stellten Sie einen zweiten - gegenständlichen - Antrag auf internationalen Schutz.

Anlässlich der niederschriftlichen Befragung am 05.12.2019 vor der PI Schwechat, gaben Sie zusammenfassend an, es habe sich nichts an Ihrem Fluchtvorbringen geändert.

Mit 11.12.2019 wurde Ihnen eine Verfahrensanordnung gem. § 29 Abs 3 Z4 und Z6 sowie eine Verfahrensanordnung gem. § 52a zu eigenen Handen zugestellt.

Mit Urteil des LG Wels 011HV31/2019a vom 07.01.2020 wurden Sie wegen Verstoß gegen §202 (1) StGB und §207 (1) StBG zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt.

Am 03.01.2020 wurde Ihnen die Ladung für die Einvernahme am 09.01.2020 zu eigenen Handen ausgefolgt.

Am 09.01.2020 wurden Sie einvernommen. Die wesentlichen Passagen dieser Einvernahme gestalten sich dabei wie folgt:

...

F: Welche ist Ihre Muttersprache und welche Sprachen sprechen Sie sonst noch?

A: Meine Muttersprache ist Dari, ich spreche sehr wenig Paschtu. Ich bin damit einverstanden, dass die Einvernahme in der Sprache Dari, welche ich ausreichend beherrsche, durchgeführt wird.

F: Verstehen Sie den anwesenden Dolmetscher?

A: Ja

F: Liegen Befangenheitsgründe oder sonstigen Einwände gegen die anwesenden Personen vor?

A: Nein

F: Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten?

A: Ja

F: Leiden Sie an irgendwelchen Krankheiten oder benötigen Sie Medikamente?

A: Ich habe hin und wieder Kopfschmerzen. Ich war aber nie wegen dieser beim Arzt.

F: Wie oft haben Sie diese Kopfschmerzen?

A: Hin und wieder. Ich habe auch Probleme mit meinem linken Ohr. Es war aber nicht notwendig einen Arzt aufzusuchen.

Sie werden aufgefordert, sämtliche in Ihrem Besitz befindlichen und auch während der Dauer dieses Verfahrens zukünftig in Ihrem Besitz befindlichen medizinischen Unterlagen umgehend und unaufgefordert dieser Behörde zu übermitteln.

F: Haben Sie dies verstanden?

A: Ja

F: Sind Sie damit einverstanden, dass ho. Behörde Einsicht in bereits vorliegende und künftig erhobene ärztliche Befunde nehmen kann, sowie dass die Sie behandelnden Ärzte, als auch behördlich bestellte ärztliche Gutachter wechselseitig Informationen zu den Ihre Person betreffenden erhobenen ärztlichen Befunde austauschen können? Sind Sie weiters mit der Weitergabe Ihrer medizinischen Daten an die Sicherheitsbehörde und die für die Grundversorgung zuständigen Stellen einverstanden? Sie werden darauf hingewiesen, dass ein Widerruf Ihrer Zustimmung jederzeit möglich ist.

A: Ja

F: Es wurde Ihnen das Info- und Belehrungsblatt zum Ermittlungsverfahren (Wahrheits- und Mitwirkungspflicht, vertrauliche Behandlung, Konsequenzen von Falschaussagen, Rechtsberater, Ablauf der Niederschrift, Meldepflichten, etc.) in einer verständlichen Sprache bereits im Zuge der Erstbefragung zur Kenntnis gebracht und mit Ihnen gemeinsam erläutert. Haben Sie den Inhalt verstanden und sind Ihnen die damit verbundenen Rechte und Pflichten bewusst?

A: Ja

Ihnen wurde eine Verfahrensanordnung gem. § 29 Abs. 3 AsylG 2005 zu eigenen Handen zugestellt. Anhand dieser Verfahrensanordnung wurde Ihnen zur Kenntnis gebracht, dass geplant ist, den gegenständlichen Antrag gem. § 68 AVG wegen bereits entschiedener Sache zurückzuweisen. Aus diesem Grund fand am 09.01.2020 ein Rechtsberatungsgespräch statt (Anm. Rechtsberatungsgespräch von 08:10 Uhr bis 08:25 Uhr).

F: Sind Sie in diesem Verfahren vertreten?

A: Nein

F: Sie wurden zu diesem Antrag auf int. Schutz bereits am 05.12.2019 durch die PI Schwechat erstbefragt. Entsprechen die dabei von Ihnen gemachten Angaben der Wahrheit bzw. möchten Sie dazu noch Korrekturen oder Ergänzungen anführen?

A: Ja, ich habe die Wahrheit gesagt und nichts zu ergänzen.

F: Haben Sie in Österreich, im Bereich der Europäischen Union, in Norwegen, Island, Liechtenstein oder der Schweiz, Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?

A: Nein, außer Gott habe ich niemanden.

F: Gibt es noch andere Personen hier in Österreich, von denen Sie abhängig wären oder zu denen ein besonders enges Verhältnis besteht?

A: Nein

F: Haben Sie Dokumente, die Ihre Identität bestätigen?

A: Nein

F: Sie stellten bereits unter der Zahl: 160781398 in Österreich einen Antrag auf int. Schutz. Dieses Verfahren wurde auch bereits schon rechtskräftig abgeschlossen. Zu diesem Verfahren wurden Sie auch niederschriftlich einvernommen. Können Sie sich noch an diese Einvernahmen erinnern?

A: Ich wurde mehrfach befragt, was ich damals aber gesagt habe, weiß ich nicht mehr. Ich kann mich nicht erinnern.

F: Haben sich Ihre Fluchtgründe seit Ihrer Ausreise aus Afghanistan geändert?

A: Ich weiß nicht welche Probleme ich damals hatte. Deswegen weiß ich nicht ob sie mich heute noch betreffen.

F: Wieso können Sie nicht zurück nach Afghanistan?

A: Weil ich dann getötet werden würde. Mich würden meine gesamten Verwandten mütterlicherseits umbringen.

F: Seit wann sind ihnen diese Fluchtgründe bekannt?

A: Ich habe davon geträumt?

F. Wann hatten Sie diesen Traum?

A: Das war vor einem Jahr.

F: Gab es diesbezüglich konkrete Vorfälle?

A: Nein

ANM: Im Zuge der Übersetzungstätigkeit gibt der Dolmetscher an es sei klar erkennbar, dass der AW keine schlüssigen Antworten auf konkret gestellte Fragen geben kann. Außerdem fällt es Ihm schwer ordentliche und zusammenhängende Sätze zu bilden. Die meisten von Ihm ausgesprochenen Sätze ergeben keinen Sinn. Auch lässt sich in seinen Aussagen meist kein Zusammenhang erkennen. Es ergibt sich dadurch für den DM der Eindruck als würde der AW unter einer psychischen Störung leiden.

ANM: Aufgrund der Schilderungen des Dolmetschers und des generellen Eindruckes des AW im Zuge der Einvernahme wird in Absprache mit der Rechtsberatung die Einvernahme abgebrochen und beendet. Weiters wird vereinbart, den AW einer ärztlichen Untersuchung zuzuführen, welche seinen mentalen Zustand und dessen Prozessfähigkeit beurteilen solle.

Die Rechtsberaterin hat keine Fragen.

F: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, Ihre Angaben vollständig und so ausführlich wie Sie es wollten zu machen?

A: JA

F: Wollen Sie noch etwas angeben, was Ihnen besonders wichtig erscheint?

A: Ja

Anmerkung: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt. Nach erfolgter Rückübersetzung:

F: Haben Sie den Dolmetscher während der gesamten Befragung einwandfrei verstanden?

A: Ja

F: Hat Ihnen der Dolmetscher alles rückübersetzt?

A: Ja

F: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst, wurde alles richtig und vollständig protokolliert?

A: Keine Einwände

F: Wünschen Sie die Ausfolgung einer schriftlichen Ausfertigung?

A: Ja (Anm.: dem ASt. wird eine schriftliche Ausfertigung dieser Niederschrift ausgefolgt)

Anmerkung: Die Verfahrenspartei wird über den weiteren Verlauf des Verfahrens aufgeklärt.

fortgesetzt wird.

F: Bestätigen Sie nunmehr durch Ihre Unterschrift die Richtigkeit und Vollständigkeit der Niederschrift und die erfolgte Rückübersetzung!

Mit 09.01.2020 wurde Ihnen eine Ladung zur Untersuchung am 29.01.2020, sowie die Aufforderung zur Erstellung eines psychologischen Gutachtens an Herrn Dr. XXXX übermittelt.

Mit 27.02.2020 langte das, von Herrn Dr. XXXX , erstellte Gutachten beim BFA ein.

Am 03.03.2020 wurde Ihnen die Ladung für die Einvernahme am 05.03.2020 zu eigenen Handen ausgefolgt.

Die Einvernahme am 05.03.2020 wurde seitens des BFA storniert.

Mit 30.04.2020 wurden Sie aus der Strafhaft entlassen.

Mit 30.04.2020 wurde über Sie die Schubhaft verhängt.

Mit 05.05.2020 übernahmen Sie die Ladung zur Einvernahme am 07.05.2020.

Am 07.05.2020 wurden Sie einvernommen. Die wesentlichen Passagen dieser Einvernahme gestalten sich dabei wie folgt:

. . .

F: Welche ist Ihre Muttersprache und welche Sprachen sprechen Sie sonst noch?

A: Meine Muttersprache ist Dari. Ich bin damit einverstanden, dass die Einvernahme in der Sprache Dari, welche ich ausreichend beherrsche, durchgeführt wird.

F: Verstehen Sie den anwesenden Dolmetscher?

A: Ja

F: Liegen Befangenheitsgründe oder sonstigen Einwände gegen die anwesenden Personen oder der Art und Weise der Einvernahme vor?

A: Nein

F: Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten?

A: Ja

F: Leiden Sie an irgendwelchen Krankheiten oder benötigen Sie Medikamente?

A: Ich habe große psychische Probleme und höre Stimmen auf dem linken Ohr.

F: Sind Sie diesbezüglich in Behandlung?

A: ja, ich bin in Behandlung und der Arzt hat mir Medikamente gegeben.

F: Wissen Sie wie die Medikamente heißen?

A: Nein, aber es sind 4 Tabletten, zwei weiße und zwei grüne Tabletten.

F. Sind Arzttermine in der Zukunft vereinbart?

A: Ich muss wieder gehen, aber weiß nicht wann.

F. Haben Sie medizinische Befunde dahingehend?

A: Nein.

Sie werden aufgefordert, sämtliche in Ihrem Besitz befindlichen und auch während der Dauer dieses Verfahrens zukünftig in Ihrem Besitz befindlichen medizinischen Unterlagen umgehend und unaufgefordert dieser Behörde zu übermitteln.

F: Haben Sie dies verstanden?

A: Ja

F: Sind Sie damit einverstanden, dass ho. Behörde Einsicht in bereits vorliegende und künftig erhobene ärztliche Befunde nehmen kann, sowie dass die Sie behandelnden Ärzte, als auch behördlich bestellte ärztliche Gutachter wechselseitig Informationen zu den Ihre Person betreffenden erhobenen ärztlichen Befunde austauschen können? Sind Sie weiters mit der Weitergabe Ihrer medizinischen Daten an die Sicherheitsbehörde und die für die Grundversorgung zuständigen Stellen einverstanden? Sie werden darauf hingewiesen, dass ein Widerruf Ihrer Zustimmung jederzeit möglich ist.

A: Ja

F: Es wurde Ihnen das Info- und Belehrungsblatt zum Ermittlungsverfahren (Wahrheits- und Mitwirkungspflicht, vertrauliche Behandlung, Konsequenzen von Falschaussagen, Rechtsberater, Ablauf der Niederschrift, Meldepflichten, etc.) in einer verständlichen Sprache bereits im Zuge der Erstbefragung zur Kenntnis gebracht und mit Ihnen gemeinsam erläutert. Haben Sie den Inhalt verstanden und sind Ihnen die damit verbundenen Rechte und Pflichten bewusst?

A:Ja

Ihnen wurde eine Verfahrensanordnung gem. § 29 Abs. 3 AsylG 2005 zu eigenen Handen zugestellt. Anhand dieser Verfahrensanordnung wurde Ihnen zur Kenntnis gebracht, dass geplant ist, den gegenständlichen Antrag gem. § 68 AVG wegen bereits entschiedener Sache zurückzuweisen. Aus diesem Grund fanden am 09.01.2020 (Anm. von 08:10 Uhr bis 08:25 Uhr) und am 07.05.2020 (Anm. von 09:00 Uhr bis 09:10 Uhr) Rechtsberatungsgespräche statt.

F: Sind Sie in diesem Verfahren vertreten?

A: Nein

F: Sie wurden zu diesem Antrag auf int. Schutz bereits am 05.12.2019 durch die PI Schwechat erstbefragt. Entsprechen die dabei von Ihnen gemachten Angaben der Wahrheit bzw. möchten Sie dazu noch Korrekturen oder Ergänzungen anführen?

A: Ja, ich habe nichts zu ergänzen.

F: Haben Sie in Österreich, im Bereich der Europäischen Union, in Norwegen, Island, Liechtenstein oder der Schweiz, Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?

A: Nein

F: Gibt es noch andere Personen hier in Österreich, von denen Sie abhängig wären oder zu denen ein besonders enges Verhältnis besteht?

A: Nein

F: Haben Sie noch weitere Dokumente, die Ihre Identität bestätigen?

A: Nein

F: Sie stellten bereits unter der Zahl: 160781398 in Österreich einen Antrag auf int. Schutz. Dieses Verfahren wurde auch bereits schon rechtskräftig abgeschlossen. Zu diesem Verfahren wurden Sie auch niederschriftlich einvernommen. Können Sie sich noch an diese Einvernahmen erinnern?

A: Ja

F: Stimmen Ihre damaligen Angaben und gelten diese auch für gegenständlichen Antrag auf int. Schutz?

A: Ja

F: Möchten Sie noch Korrekturen oder Ergänzungen anführen?

A: Ich habe keine anderen Fluchtgründe, ich bitte nur darum aus der Haft entlassen zu werden. Ich habe meine Gesundheit in dieser Zeller verloren. Es ist nicht menschlich, wenn ich in Haft bleiben soll. Ich bin ganz einsam. Mein psychischer Zustand hat sich dort verschlechtert.

F: Gibt es noch weitere oder andere Gründe, welche Sie in diesem Verfahren geltend machen möchten?

A: Nein, ich habe nichts mehr zu sagen. Es geht nur um meine Gesundheit. Ich fühle mich nicht gut, wenn ich weiter in Haft bleibe, werde ich sterben.

F: Was würde mit Ihnen passieren, wenn Sie jetzt in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten?

A: Ich werde dort getötet. Ich hatte dort alles, eine Familie ein Grundstück. Jetzt nichts mehr. Ich habe mit Afghanistan abgeschlossen.

F: Haben Sie seit der erstmaligen Antragstellung das österr. Bundesgebiet wieder verlassen?

A: Ich war nur kurz in zwei Ländern. Es war für 6 bis 7 Monate. Ich war in Deutschland und in einem anderen Land. Welches das andere Land war kann ich nicht sagen.

F: Haben Sie sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben, gegenständlichen Antrag zu stellen, vollständig geschildert?

A: Ja, das ist alles.

F: Hat sich seit der letzten Entscheidung zu Ihrem Vorverfahren etwas an Ihrem hier von Ihnen geführten Privatleben verändert?

A: Nein, gar nichts.

Mit 29.01.2020 wurde von Herrn Prim. Dr. XXXX ein psychiatrisches Gutachten Ihre Person betreffend erstellt. Dieses Gutachten kam zu dem Schluss, dass Sie zwar an einer psychischen Erkrankung leiden würden, jedoch die Reisefähigkeit sowie die Einvernahmefähigkeit gegeben sind.

F: Möchten Sie dazu Stellung nehmen?

A: Ich kann nicht nach Afghanistan zurück, weil ich dort getötet werde. Der Arzt weiß das vielleicht nicht. Mir ist lieber, dass ich hiernormal sterbe. In Afghanistan werde ich brutal sterben.

Anm: Durch den Koll. Der Polizei wird dem Leiter der Amtshandlung die Medikation des AW mitgeteilt. Dieser erhält das Medikament Dominal forte (1.Stk, Schlaftablette) vor der Nachtruhe.

V: Ihnen wird nun mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, Ihren Antrag auf int. Schutz wegen entschiedener Sache gem. § 68 AVG zurückzuweisen und eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 FPG iVm einem Einreiseverbot gem. § 53 FPG zu erlassen. Ebenso ist beabsichtigt, im gegenständlichen Fall den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid aufzuheben.

F: Möchten Sie dazu Stellung nehmen?

A: Das heißt sie wollen mich umbringen. Ich habe dort nichts mehr. Ich war Vater einer sechsköpfigen Familie. Ich musste meine frau und Kinder zurücklassen und alleine fliehen, weil ich dort in Lebensgefahr war. Wenn Sie mich jetzt zurückschicken nach Afghanistan werde ich getötet. Da s ist keine Behauptung, sondern Fakt. Bitte helfen Sie mir. Ich brauche Schutz.

F: Sie werden über die Möglichkeit informiert, dass Sie Einsicht in die Quellen der Berichte zum Staat Afghanistan nehmen können, aus welchen sich das Amtswissen des BFA zur dortigen Lage ableitet.

Möchten Sie Einsicht nehmen?

A: Nein, ich brauche keine Informationen über Afghanistan, ich will nicht zurück nach Afghanistan. Alles was mit Afghanistan zu tun hat, mit dem will ich nichts zu tun haben.

Die Rechtsberaterin hat ein Vorbringen.

RB: Das gegenständliche Gutachten steht im Widerspruch zu den vorliegenden und herangezogenen medizinischen Befunden und Diagnosen sowie den Ausführungen des Antragsstellers. Anzumerken ist, dass Prim. Dr. XXXX vorrangig als Facharzt für Neurologie tätig ist und auch in der Gerichtssachverständigenliste ausschließlich für das Fachgebiet Neurologie eingetragen ist. Es wird daher um die Einhaltung eines neuerlichen Gutachtens durch einen Facharzt für Psychiatrie beantragt.

Aufgrund der Ausführungen des Antragsstellers ist nicht auszuschließen, dass eine Abschiebung in den Herkunftsstaat den Bestimmungen der EMRK wiedersprechen könnte.

F: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, Ihre Angaben vollständig und so ausführlich wie Sie es wollten zu machen?

A: Ja

F: Wollen Sie noch etwas angeben, was Ihnen besonders wichtig erscheint?

A: Meine letzte und wichtigste Bitte ist, dass ich aus der Haft entlassen werde. Ich sage es, dass ich in der Zelle einen Herzinfarkt bekommen werde. Ich spüre das.

Anmerkung: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt. Nach erfolgter Rückübersetzung:

F: Haben Sie den Dolmetscher während der gesamten Befragung einwandfrei verstanden?

A: Ja

F: Hat Ihnen der Dolmetscher alles rückübersetzt?

A: Ja

F: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst, wurde alles richtig und vollständig protokolliert?

A: Keine Einwände

F: Wünschen Sie die Ausfolgung einer schriftlichen Ausfertigung?

A: Ja (Anm.: dem ASt. wird eine schriftliche Ausfertigung dieser Niederschrift ausgefolgt)

Anmerkung: Die Verfahrenspartei wird über den weiteren Verlauf des Verfahrens aufgeklärt.

fortgesetzt wird.

F: Bestätigen Sie nunmehr durch Ihre Unterschrift die Richtigkeit und Vollständigkeit der Niederschrift und die erfolgte Rückübersetzung!

A: Ich bestätige mit meiner Unterschrift die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Niederschrift.

. . .

Mit 25.05.2020 wurde Ihnen erneut eine Ladung zur Einvernahme am 27.05.2020.

Am 27.05.2020 wurden Sie erneut einvernommen. Die wesentlichen Passagen dieser Einvernahme gestalten sich dabei wie folgt:

. . .

F: Sind Ihnen die Belehrungen aus den letzten Einvernahmen noch bekannt?

A: Ja

F: Verstehen Sie den anwesenden Dolmetscher?

A: Ja

F: Liegen Befangenheitsgründe oder sonstigen Einwände gegen die anwesenden Personen oder der Art und Weise der Einvernahme vor?

A: Nein

F: Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten?

A: Ja.

Ein Rechtsberatungsgespräch fand am 27.05.2020 von 08:50 bis 09:00 statt.

LA: Haben Sie in Ihrer letzten EV am 07.05.2020 die Wahrheit gesagt?

VP: Ja

F: Hat sich seit der letzten Einvernahme etwas an Ihrem Gesundheitszustand verändert?

A: Nein

F: Hat sich seit der letzten Einvernahme etwas an Ihrem Antragsgrund verändert?

A: Nein

F: Hat sich seit Ihrer letzten Einvernahme etwas an Ihrem Privat- und Familienleben verändert?

A: Nein

. . .

Bis dato langte ho. keine Vertretungsvollmacht ein.

B) Beweismittel

Sie brachten folgende Beweismittel in Vorlage:

Keine

Von der Behörde wurden zur Entscheidung weiters herangezogen:

der Akteninhalt Ihres Vorverfahrens, IFA-Zl. 1117556802

Erstbefragung durch die Exekutive

Einvernahmen vor dem Bundesamt

Länderfeststellungen zu Afghanistan

Medizinisches Gutachten vom 29.01.2020

Auszug aus dem Melderegister (ZMR) und dem Betreuungsinformationssystem (BIS)

C) Feststellungen

Die Behörde gelangt daher zu folgenden Feststellungen:

Die Behörde gelangt daher zu folgenden Feststellungen:

zu Ihrer Person:

Ihre Identität steht fest.

Sie sind Staatsangehöriger von Afghanistan.

Sie leiden an einer leichtgradigen Intelligenzminderung mit Verhaltensstörung, sowie an einer Anpassungsstörung mit einer leichtgradigen depressiven Reaktion.

Sie leiden an keinen schweren, lebensbedrohenden Krankheiten und sind nicht immungeschwächt.

Ihre Überstellungsfähigkeit ist gegeben.

zu Ihrem Vorverfahren:

Am 04.06.2016 stellten Sie einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 06.02.2019 wurde Ihr Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen. Gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG wurde Ihr Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Ihren Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde Ihnen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist. Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über Ihren Antrag auf internationalen Schutz wurde gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer 2 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gemäß § 55 Absatz 1a FPG bestand keine Frist für die freiwillige Ausreise. Gemäß § 13 Absatz 2 Ziffer 1 Asylgesetz hatten Sie Ihr Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 27.09.2018 verloren. Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen Sie ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Sie erhoben dagegen fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts zur Zahl W276 2215770-1/12E vom 15.04.2019 wurde diese Entscheidung mit der Maßgabe, dass die Frist zur freiwilligen Ausreise mit Rechtskraft der Rückkehrentscheidung 14 Tage beträgt, bestätigt. Mit 16.04.2019 erwuchs die Entscheidung in II. Instanz Rechtskraft.

zu den Gründen für Ihre Anträge auf internationalen Schutz sowie zur voraussichtlichen Entscheidung im nunmehrigen Verfahren:

Als Grund Ihres Erstantrages führten Sie zusammenfassend an, Sie wären in Kabul im Stadtteil Pol-e-Charkhi in der Militärschule der afghanischen Nationalarmee als Koch tätig gewesen. Die Taliban hätten von Ihnen verlangt, dass Sie in das Essen für die Soldaten Gift mischen damit viele Soldaten sterben. Ansonsten würden sie, Sie und Ihre Familie töten. Da Sie das nicht verantworten wollten und niemanden töten wollten verließen Sie mit Ihrer Familie Afghanistan.

Im Zuge der Einvernahmen vor dem Bundesamt betreffend Ihres gegenständlichen, zweiten, Asylantrages gaben Sie zusammengefasst an, gaben Sie zusammenfassend an, es habe sich nichts an Ihrem Fluchtvorbringen geändert.

Im Zuge des gegenständlichen Folgeantrages ergab sich kein neuer objektiver Sachverhalt.

Ihr neuer Antrag auf internationalen Schutz wird daher voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

zur Gefährdungssituation bei einer Abschiebung:

Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände konnte nicht festgestellt werden, dass Ihre Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für Sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

zur Lage in Ihrem Herkunftsstaat:

Die Ihre Person treffende allgemeine maßgebliche Lage im Herkunftsstaat hat sich seit Rechtskraft des ersten Asylverfahrens (16.04.2019) nicht geändert:

0. Politische Lage

Letzte Änderung: 18.5.2020

Afghanistan ist ein Zentralstaat mit 34 Provinzen, die in Distrikte gegliedert sind (AA 15.4.2019). Auf einer Fläche von ca. 632.000 Quadratkilometern (CIA 24.5.2019) leben ca. 32 Millionen Menschen (CSO 2019).

Im Jahr 2004 wurde die neue Verfassung angenommen (BFA 7.2016; vgl. Casolino 2011), die vorsieht, dass kein Gesetz gegen die Grundsätze und Bestimmungen des Islam verstoßen darf und alle Bürgerinnen und Bürger Afghanistans, Mann wie Frau, gleiche Rechte und Pflichten vor dem Gesetz haben (BFA 3.2014; vgl. Casolino 2011, MPI 27.1.2004).

Die Verfassung der islamischen Republik Afghanistan sieht vor, dass der Präsident der Republik direkt vom Volk gewählt wird und sein Mandat fünf Jahre beträgt (Casolino 2011). Implizit schreibt die Verfassung dem Präsidenten auch die Führung der Exekutive zu (AAN 13.2.2015) und die Provinzvorsteher, sowie andere wichtige Verwaltungsbeamte, werden direkt vom Präsidenten ernannt und sind diesem rechenschaftspflichtig. Viele werden aufgrund persönlicher Beziehungen ausgewählt (EC 18.5.2019).

Die ursprünglich für den 20. April 2019 vorgesehene Präsidentschaftswahl wurde mehrfach verschoben, da die Wahlbehörden auf eine landesweite Wahl so kurz nach der Parlamentswahl im Oktober 2018 nicht vorbereitet waren. Der Oberste Gerichtshof Afghanistans konnte die Herausforderungen für die Wahlkommission nachvollziehen und verlängerte die Amtszeit von Präsident Ashraf Ghani bis zu der auf den 28.9.2019 verschobenen Präsidentschaftswahl (DZ 21.4.2019). Die unabhängige afghanische Wahlkommission (Afghanistan's Independent Election Commission) hat mehr als vier Monate nach der Präsidentschaftswahl in Afghanistan Mohammed Ashraf Ghani zum Sieger erklärt (DW 18.2.2020). Der amtierende Präsident erhielt 50,64% der Stimmen, wie die Kommission verlautbarte (DW 18.2.2020; vgl. REU 25.2.2020; UNGASC 17.3.2020). Da Ghani im ersten Durchgang die Präsidentschaftswahl bereits gewonnen hat, ist keine Stichwahl mehr notwendig (DW 18.2.2020). CEO bzw. Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah, kam den Resultaten zufolge auf 39,52% (DW 18.2.2020; vgl. REU 25.2.2020). Die Präsidentenwahl hatte am 28. September stattgefunden. Nach monatelangem, erbittertem Streit um die Richtigkeit von Hunderttausenden von Stimmen waren nur noch 1,8 Millionen Wahlzettel berücksichtigt worden. Hingegen lag die Zahl der registrierten Wähler bei 9,6 Millionen. Afghanistan hat eine geschätzte Bevölkerung von 35 Millionen Einwohnern (DW 18.2.2020).

Wochenlang stritten der amtierende Präsident Ashraf Ghani und sein ehemaliger Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah um die Macht in Kabul und darum wer die Präsidentschaftswahl im vergangenen September gewonnen hatte. Abdullah Abdullah beschuldigte die Wahlbehörden, Ghani begünstigt zu haben, und anerkannte das Resultat nicht (NZZ 20.4.2020). Am 9.3.2020 ließen sich sowohl Ghani als auch Abdullah als Präsident vereidigen (NZZ 20.4.2020; vgl. TN 16.4.2020). Nach monatelanger politischer Krise (DP 17.5.2020; vgl. TN 11.5.2020), einigten sich der afghanische Präsident Ashraf Ghani und Abdullah Abdullah auf eine Machtteilung: Abdullah wird die Friedensgespräche mit den Taliban leiten und Mitglieder seines Wahlkampfteams werden ins Regierungskabinett aufgenommen (DP 17.5.2020; vgl. BBC 17.5.2020; DW 17.5.2020).

Anm.: Weitere Details zur Machtteilungsvereinbarung sind zum Zeitpunkt der Aktualisierung noch nicht bekannt (Stand: 18.5.2020) und werden zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben (BBC 17.5.2020).

Präsidentschafts- und Parlamentswahlen

Die afghanische Nationalversammlung ist die höchste legislative Institution des Landes und agiert im Namen des gesamten afghanischen Volkes (Casolino 2011). Sie besteht aus zwei Kammern: dem Unterhaus oder Volksvertretung (Wolesi Jirga) mit 250 Abgeordneten (für 5 Jahre gewählt), sowie dem Oberhaus oder Ältestenrat (Meschrano Jirga) mit 102 Abgeordneten (AA 15.4.2019).

Das Oberhaus setzt sich laut Verfassung zu je einem Drittel aus Vertretern der Provinz- und Distrikträte zusammen. Das letzte Drittel der Senatoren wird durch den Präsidenten bestimmt (AA 15.4.2019). Die Hälfte der vom Präsidenten entsandten Senatoren müssen Frauen sein. Weiters vergibt der Präsident zwei Sitze für die nomadischen Kutschi und zwei weitere an behinderte Personen. Auch ist de facto ein Sitz für einen Vertreter der Hindu- bzw. Sikh-Gemeinschaft reserviert (USDOS 13.3.2019).

Die Sitze im Unterhaus verteilen sich proportional zur Bevölkerungszahl auf die 34 Provinzen. Verfassungsgemäß sind für Frauen 68 Sitze, für die Minderheit der Kutschi zehn Sitze und für Vertreter der Hindu- bzw. Sikh-Gemeinschaft ein Sitz reserviert (AAN 22.1.2017; vgl. USDOS 13.3.2019, Casolino 2011).

Die Rolle des Parlaments bleibt begrenzt. Ob das neue Parlament, das sich nach den Wahlen vom Oktober 2018 erst mit erheblicher Verzögerung im April 2019 konstituierte, eine andere Rolle einnehmen kann, muss sich zunächst noch erweisen. Zwar beweisen die Abgeordneten mit kritischen Anhörungen und Abänderungen von Gesetzentwürfen in teils wichtigen Punkten, dass das Parlament grundsätzlich funktionsfähig ist, doch nutzt das Parlament auch seine verfassungsmäßigen Rechte, um die Arbeit der Regierung destruktiv zu behindern, Personalvorschläge der Regierung z.T. über längere Zeiträume zu blockieren und sich Zugeständnisse wohl auch durch finanzielle Zuwendungen an einzelne Abgeordnete abkaufen zu lassen. Insbesondere das Unterhaus hat sich dadurch sowohl die Regierung der Nationalen Einheit als auch die Zivilgesellschaft zum Gegner gemacht. Generell leidet die Legislative unter einem kaum entwickelten Parteiensystem und mangelnder Rechenschaft der Parlamentarier gegenüber ihren Wählern (AA 2.9.2019).

Die Präsidentschaftswahlen und Parlamentswahlen finden gemäß Verfassung alle fünf Jahre statt (USIP 11.2013). Mit dreijähriger Verzögerung fanden zuletzt am 20. und 21. Oktober 2018 - mit Ausnahme der Provinz Ghazni - Parlamentswahlen statt (AA 15.4.2019; vgl. USDOS 13.3.2019). Die letzten Präsidentschaftswahlen fanden am 28. September 2019 statt (RFE/RL 20.10.2019).

Bei den Wahlen zur Nationalversammlung am 20. und 21.10.2018 gaben etwa vier Millionen der registrierten 8,8 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Die Wahl war durch Unregelmäßigkeiten geprägt, darunter Betrug bei der Wählerregistrierung und Stimmabgabe, Einschüchterung der Wähler, und einige Wahllokale mussten wegen Bedrohungen durch örtliche Machthaber schließen. Die Taliban und andere Gruppierungen behinderten die Stimmabgabe durch Drohungen und Belästigungen (USDOS 13.3.2019).

Wegen Vorwürfen des Betruges und des Missmanagements erklärte Anfang Dezember 2018 die afghanische Wahlbeschwerdekommission (ECC) alle in der Provinz Kabul abgegebenen Stimmen für ungültig (RFE/RL 6.12.2018). Die beiden Wahlkommissionen einigten sich in Folge auf eine neue Methode zur Zählung der abgegebenen Stimmen (TN 12.12.2018). Die Provinzergebnisse von Kabul wurden schließlich am 14.5.2019, fast sieben Monate nach dem Wahltag, veröffentlicht. In einer Ansprache bezeichnete Präsident Ghani die Wahl als "Katastrophe" und die beiden Wahlkommissionen als "ineffizient" (AAN 17.5.2019).

Politische Parteien

Die afghanische Verfassung erlaubt die Gründung politischer Parteien, solange deren Programm nicht im Widerspruch zu den Prinzipien des Islam steht (USDOS 29.5.2018). Um den Parteien einen allgemeinen und nationalen Charakter zu verleihen, verbietet die Verfassung jeglichen Zusammenschluss in politischen Organisationen, der aufgrund von ethnischer, sprachlicher (Casolino 2011; vgl. MPI 27.1.2004) oder konfessioneller Zugehörigkeit erfolgt (Casolino 2011; vgl. MPI 27.1.2004; USDOS 29.5.2018). Auch darf keine rechtmäßig zustande gekommene Partei oder Organisation ohne rechtliche Begründung und ohne richterlichen Beschluss aufgelöst werden (MPI 27.1.2004).

Das kaum entwickelte afghanische Parteiensystem weist mit über 70 registrierten Parteien eine starke Zersplitterung auf (AA 2.9.2019). Die politischen Parteien haben ihren Platz im politischen System Afghanistans noch nicht etablieren können (DOA 17.3.2019). Die meisten dieser Gruppierungen erscheinen mehr als Machtvehikel ihrer Führungsfiguren denn als politisch-programmatisch gefestigte Parteien (AA 2.9.2019; vgl. AAN 6.5.2018, DOA 17.3.2019). Ethnische Zugehörigkeit, persönliche Beziehungen und ad hoc geformte Koalitionen spielen traditionell eine größere Rolle als politische Organisationen (AA 2.9.2019).

Das derzeitige Wahlsystem ist personenbezogen, die Parteien können keine Kandidatenlisten erstellen, es sind keine Sitze für die Parteien reserviert und es ist den Parteien untersagt, Fraktionen im Parlament zu gründen. Der Parteivorsitz wird nicht durch parteiinterne Abläufe bestimmt, sondern wird eher wie ein partimoniales Erbgut gesehen, das von einer Generation an die nächste, vom Vater zum Sohn, übergeben wird. Die Menschen vertrauen den Parteien nicht und junge, gebildete Leute sind nicht gewillt, solchen Parteien beizutreten (DOA 17.3.2019).

Friedens- und Versöhnungsprozess

Die afghanischen Regierungskräfte und die Amerikaner können die Taliban, die über rund 60 000 Mann verfügen, nicht besiegen. Auch die Islamisten sind nicht stark genug, um die Regierungstruppen zu überrennen, obwohl sie rund die Hälfte des Landes kontrollieren oder dort zumindest präsent sind. In Afghanistan herrscht fast zwei Jahrzehnte nach dem Sturz des Taliban-Regimes durch die USA eine Pattsituation (NZZ 20.4.2020). Das lang erwartete Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten und den Taliban wurde Ende Februar 2020 unterzeichnet (AJ 7.5.2020; vgl. NPR 6.5.2020) - die afghanische Regierung war an dem Abkommen weder beteiligt, noch unterzeichnete sie dieses. Diesem Abkommen zufolge hätten noch vor den für 10.03.2020 angesetzten inneren Friedensgesprächen, von den Taliban bis zu 1.000 Gefangene und von der Regierung 5.000 gefangene Taliban freigelassen werden sollen. Zum einen, verzögern die Unstimmigkeiten zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung über Umfang und Umsetzungstempo des Austauschs, die Gespräche (AJ 7.5.2020) [ Anm.: 800 Taliban-Gefangene entließ die afghanische Regierung, während die Taliban 100 der vereinbarten 1.000 Sicherheitskräfte frei ließen - (NPR 6.5.2020)], Andererseits stocken die Verhandlungen auch aufgrund des innerpolitischen Disputes zwischen Ashraf Ghani und Abdullah Abdullah, die beide die Präsidentschaft für sich beanspruchten. Die Taliban haben seit dem unterzeichneten Abkommen im Februar mehr als 4.500 Angriffe verübt. Die von dieser Gewalt am stärksten betroffenen Provinzen sind auch jene Provinzen, die am stärksten von COVID-19-Fällen betroffen sind (AJ 7.5.2020). In den innerafghanischen Gesprächen wird es um die künftige Staatsordnung, eine Machtteilung und die Integration der Aufständischen gehen (NZZ 20.4.2020).

Das Abkommen mit den US-Amerikanern

Das Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten und den Taliban enthält das Versprechen der US-Amerikaner, ihre noch rund 13.000 Armeeangehörigen in Afghanistan innerhalb von 14 Monaten abzuziehen. Auch die verbliebenen nichtamerikanischen NATO-Truppen (Stand Ende 2019: rund 6.700 Mann) sollen abgezogen werden. In den ersten 135 Tagen nach der Unterzeichnung werden die US-Amerikaner ihre Truppen in Afghanistan auf 8.600 Mann reduzieren. Der Abzug der ausländischen Truppenangehörigen, von denen die meisten Beratungs- und Ausbildungsfunktionen wahrnehmen, ist abhängig davon, ob die Taliban ihren Teil der Abmachung einhalten. Sie haben im Abkommen zugesichert, terroristischen Gruppierungen wie etwa al-Qaida keine Zuflucht zu gewähren. Die Taliban verpflichteten sich weiter, innerhalb von zehn Tagen nach Unterzeichnung, Gespräche mit einer afghanischen Delegation aufzunehmen (NZZ 20.4.2020; vgl. USDOS 29.2.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (2.9.2019): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2015806/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Afghanistan_%28Stand_Juli_2019%29%2C_02.09.2019.pdf, Zugriff 11.9.2019

- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (15.4.2019): Afghanistan: Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/afghanistan-node/-/204718, Zugriff 7.6.2019

- AAN - Afghanistan Analysts Network (17.5.2019): The Results of Afghanistan's 2018 Parliamentary Elections: A new, but incomplete Wolesi Jirga, https://www.afghanistan-analysts.org/the-results-of-afghanistans-2018-parliamentary-elections-a-new-but-incomplete-wolesi-jirga/, Zugriff 7.6.2019

- AAN - Afghanistan Analysts Network (6.5.2018): Afghanistan's Paradoxical Political Party System: A new AAN report, https://www.afghanistan-analysts.org/publication/aan-papers/outside-inside-afghanistans-paradoxical-political-party-system-2001-16/, Zugriff 11.6.2019

- AAN - Afghanistan Analysts Network (13.2.2015): The President's CEO Decree: Managing rather thean executive powers (now with full translation of the document), https://www.afghanistan-analysts.org/the-presidents-ceo-decree-managing-rather-then-executive-powers/, Zugriff 7.6.2019

- AJ - Al-Jazeera (7.5.2020): US Afghan envoy to meet Taliban in Qatar in new efforts for peace, https://www.aljazeera.com/news/2020/05/afghan-envoy-meet-taliban-qatar-efforts-peace-200507044349083.html, Zugriff 12.5.2020

- AM - Asia Maior (2015): Afghanistan 2015: the national unity government at work: reforms, war, and the search for stability, https://www.asiamaior.org/the-journal/asia-maior-vol-xxvi-2015/afghanistan-2015-the-national-unity-government-at-work-reforms-war-and-the-search-for-stability.html, Zugriff 7.6.2019

- BBC (17.5.2020): Afghanistan: Rival leaders Ghani and Abdullah in power-sharing deal, https://www.bbc.com/news/world-asia-52699158, Zugriff 18.5.2020

- BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Staatendokumentation (7.2016): Dossier der Staatendokumentation, AfPak - Grundlagen der Stammes- & Clanstruktur, http://www.bfa.gv.at/files/berichte/AFGH_Stammes_und%20Clanstruktur_Onlineversion_2016_07.pdf, Zugriff 7.6.2019

- BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Staatendokumentation (3.2014): Afghanistan; 2014 and beyond, http://www.bfa.gv.at/files/broschueren/AFGH_Monographie_2014_03.pdf, Zugriff 7.6.2019

- Casolino, Ugo Timoteo (2011): "Post-war constitutions" in Afghanistan ed Iraq, Ricerca elaborata e discussa nell'ambito del Dottorato di ricerca in Sistema Giuridico Romanistico - Unificazione del Diritto - Università degli studi di Tor Vergata - Roma, Facoltà di Giurisprudenza, http://eprints.bice.rm.cnr.it/3858/1/TESI-TIM_Definitiva.x.SOLAR._2011.pdf, Zugriff 7.6.2019

- CIA - Central Intelligence Agency (24.5.2019): The World Factbook - Afghanistan, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/af.html, Zugriff 7.6.2019

-

- CSO - Central Statistics Organization (2019): Afghanistan Population Estimates for the year 1398 (2019-20), http://cso.gov.af/Content/files/%D8%B1%DB%8C%D8%A7%D8%B3%D8%AA%20%D8%AF%DB%8C%D9%85%D9%88%DA%AF%D8%B1%D8%A7%D9%81%DB%8C/population/%D8%A8%D8%B1%20%D8%A2%D9%88%D8%B1%D8%AF%20%D9%86%D9%81%D9%88%D8%B3%20%D9%86%D9%87%D8%A7%DB%8C%DB%8C%20%20%D8%B3%D8%A7%D9%84%2098.pdf, Zugriff 7.6.2019

- DOA - Daily Outlook Afghanistan (17.3.2019): Challenges of Political Parties in Afghanistan, http://www.outlookafghanistan.net/topics.php?post_id=23136, Zugriff 11.6.2019

- DP - Die Presse (17.5.2020): Afghanische Rivalen Ghani und Abdullah einigten sich auf Machtteilung, https://www.diepresse.com/5814955/afghanische-rivalen-ghani-und-abdullah-einigten-sich-auf-machtteilung, Zugriff 18.5.2020

- DW - Deutsche Welle (17.5.2020): Ghani und Abdullah einigen sich auf Machtteilung in Afghanistan, https://www.dw.com/de/ghani-und-abdullah-einigen-sich-auf-machtteilung-in-afghanistan/a-53470528, Zugriff 18.5.2020

- DZ - Die Zeit (23.8.2019): USA-Taliban-Gespräche in Katar wieder aufgenommen, https://www.zeit.de/news/2019-08/23/usa-taliban-gespraeche-in-katar-wieder-aufgenommen, Zugriff 23.8.2019

- DZ - Die Zeit (21.4.2019): https://www.zeit.de/news/2019-08/23/usa-taliban-gespraeche-in-katar-wieder-aufgenommen, Zugriff 23.8.2019

- EC - Economist, the (18.5.2019): Why Afghanistan's government is losing the war with the Taliban, https://www.economist.com/asia/2019/05/18/why-afghanistans-government-is-losing-the-war-with-the-taliban, Zugriff 19.6.2019

- FA - Frankfurter Allgemeine (23.8.2019): USA-Taliban-Gespräche in Katar wieder aufgenommen, https://www.faz.net/agenturmeldungen/dpa/usa-taliban-gespraeche-in-katar-wieder-aufgenommen-16347359.html, Zugriff 23.8.2019

- MPI - Max Planck Institut (27.1.2004): Die Verfassung der Islamischen Republik Afghanistan, http://www.mpipriv.de/files/pdf4/verfassung_2004_deutsch_mpil_webseite.pdf, Zugriff 7.6.2019

- NPR (6.5.2020): The Risk Of Coronavirus In Afghanistan's Prisons Is Complicating Peace Efforts, https://www.npr.org/sections/coronavirus-live-updates/2020/05/06/851197363/the-risk-of-coronavirus-in-afghanistans-prisons-is-complicating-peace-efforts?t=1589350646996, Zugriff 12.5.2020

- NZZ - Neue Züricher Zeitung (20.4.2020): Taliban töten erneut fast 20 Soldaten aus regierungstreuen Kreisen - die neusten Entwicklungen nach der Unterzeichnung des Friedensabkommens in Afghanistan, https://www.nzz.ch/international/afghanistan-die-neuesten-entwicklungen-im-friedensprozess-ld.1541939#subtitle-2-was-steht-in-dem-abkommen-second, Zugriff 20.4.2020

- RFE/RL - Radio Free Europe / Radio Liberty (20.10.2019): Afghan Presidential Election Results Announcement Delayed, https://www.rferl.org/a/afghanistan-presidential-election-results-delayed/30225843.html, Zugriff 27.10.2019

- RFE/RL - Radio Free Europe / Radio Liberty (29.5.2019): Afghanistan Postpones Two Local Elections, https://www.rferl.org/a/afghanistan-postpones-two-local-elections/29970772.html, Zugriff 7.6.2019

- RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (6.12.2018): Afghan Commission Invalidates All Kabul Votes In October Parliamentary Election, https://www.rferl.org/a/afghan-commission-invalidates-all-kabul-votes-in-october-parliamentary-election/29640679.html, Zugriff 7.6.2019

- TN - Tolonews (11.5.2020): Differences Remain in Proposed Ghani, Abdullah Plan: Sources, https://tolonews.com/afghanistan/differences-remain-proposed-ghani-abdullah-plan-sources, Zugriff 13.5.2020

- TN - Tolonews (19.5.2019): IEC Finalizes Presidential Elections Timeline, https://www.tolonews.com/elections-2019/iec-finalizes-presidential-elections-timeline, Zugriff 7.6.2019

- TN - Tolonews (12.12.2018): IEC Resumes Recounting Of Kabul Votes Under New Method, https://www.tolonews.com/index.php/elections-2018/iec-resumes-recounting-kabul-votes-under-new-method, Zugriff 7.6.2019USDOS - United States Department of State (29.2.2020): Agreement for Bringing Peace to Afghanistan between the Islamic Emirate of Afghanistan which is not recognized by the United States as a state and is known as the Taliban and the United States of America, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/02/Agreement-For-Bringing-Peace-to-Afghanistan-02.29.20.pdf, Zugriff 20.4.2020

- USDOS - United States Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/document/2004129.html, Zugriff 7.6.2019

- USDOS - United States Department of State (29.5.2018): International Religious Freedom Report for 2017 - Afghanistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1436774.html, Zugriff 11.6.2019

- USIP - United States Institute of Peace (11.2013): Special Report 338: 2014 Presidential and Provincial Council Elections in Afghanistan, https://www.usip.org/sites/default/files/SR338-2014%20Presidential%20and%20Provincial%20Council%20Elections%20in%20Afghanistan.pdf, Zugriff 19.6.2019

1. Sicherheitslage

Letzte Änderung: 22.4.2020

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor volatil (UNGASC 17.3.2019). Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, die wichtigsten Bevölkerungszentren und Transitrouten sowie Provinzhauptstädte und die meisten Distriktzentren. Nichtsdestotrotz, hat die afghanische Regierung wichtige Transitrouten verloren (USDOD 12.2019).

Der Konflikt in Afghanistan befindet sich nach wie vor in einer "strategischen Pattsituation", die nur durch Verhandlungen zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban gelöst werden kann (SIGAR 30.1.2020). Die afghanische Regierung führte zum ersten Mal persönliche Gespräche mit den Taliban, inhaltlich wurde über den Austausch tausender Gefangener verhandelt; bis dahin hatten die beiden Seiten sich nur per Videokonferenz unterhalten (BBC 1.4.2020). Ein erster Schritt Richtung inner-afghanischer Verhandlungen, welcher Teil eines zwischen Taliban und US-Amerikanern unterzeichneten Abkommens ist (TD 2.4.2020). Die Gespräche fanden vor dem Hintergrund anhaltender Gewalt im Land statt (BBC 1.4.2020).

Für den Berichtszeitraum 8.11.2019-6.2.2020 verzeichnete die UNAMA 4.907 sicherheitsrelevante Vorfälle - ähnlich dem Vorjahreswert. Die Sicherheitslage blieb nach wie vor volatil. Die höchste Anzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle wurden in der südlichen Region, gefolgt von den nördlichen und östlichen Regionen, registriert, die alle samt 68% der Zwischenfälle ausmachten. Die aktivsten Konfliktregionen waren in den Provinzen Kandahar, Helmand, Nangarhar und Balkh zu finden. Entsprechend saisonaler Trends, gingen die Kämpfe in den Wintermonaten - Ende 2019 und Anfang 2020 - zurück (UNGASC 17.3.2020).

Die Sicherheitslage im Jahr 2019

Die geographische Verteilung aufständischer Aktivitäten innerhalb Afghanistans blieb, im Vergleich der beiden Jahre 2018 und 2019, weitgehend konstant. Im Jahr 2019 fanden auch weiterhin im Süden und Westen Afghanistans weiterhin schwere Kampfhandlungen statt; feindliche Aktivitäten nahmen zu und breiteten sich in größeren Gebieten des Nordens und Ostens aus. Der Resolute Support (RS) Mision (seit 2015 die Unterstützungsmission der NATO in Afghanistan) zufolge, waren für das Jahr 2019 29.083 feindlich-initiierte Angriffe landesweit zu verzeichnen. Im Gegensatz waren es im Jahr 2018 27.417 (SIGAR 30.1.2020). Mit einer hohen Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen - speziell in den südlichen, nördlichen und östlichen Regionen - blieb die Sicherheitslage vorerst volatil, bevor ein Zeitraum der Reduzierung der Gewalt registriert werden konnte. Die UNAMA (Hilfsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan) registrierte für das gesamte Jahr 2019 10.392 zivile Opfer, was einem Rückgang von 5% gegenüber 2018 entspricht (UNGASC 17.3.2020).

Seit Ende des Jahres 2019 haben Angriffe durch regierungsfeindliche Elemente erheblich zugenommen. Im September 2019 fanden die afghanischen Präsidentschaftswahlen statt, in diesem Monat wurde auch die höchste Anzahl feindlicher Angriffe eines einzelnen Monats seit Juni 2012 und die höchste Anzahl effektiver feindlicher Angriffe seit Beginn der Aufzeichnung der RS-Mission im Januar 2010 registriert. Dieses Ausmaß an Gewalt setzte sich auch nach den Präsidentschaftswahlen fort, denn im Oktober 2019 wurde die zweithöchste Anzahl feindlicher Angriffe in einem Monat seit Juli 2013 dokumentiert. Betrachtet man jedoch das Jahr 2019 in dessen Gesamtheit, so waren scheinbar feindliche Angriffe, seit Anfang des Jahres, im Zuge der laufenden Friedensgespräche zurückgegangen. Nichtsdestotrotz führte ein turbulentes letztes Halbjahr zu verstärkten Angriffen feindlicher Elemente von insgesamt 6% und effektiver Angriffe von 4% im Jahr 2019 im Vergleich zu den bereits hohen Werten des Jahres 2018 (SIGAR 30.1.2020).

Zivile Opfer

Für das Jahr 2019 registrierte die Hilfsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) als Folge des bewaffneten Konflikts 10.392 zivile Opfer (3.403 Tote und 6.989 Verletzte), was einen Rückgang um 5% gegenüber dem Vorjahr, aber auch die niedrigste Anzahl an zivilen Opfern seit dem Jahr 2013 bedeutet. Nachdem die Anzahl der durch ISKP verursachten zivilen Opfer zurückgegangen war, konnte ein Rückgang aller zivilen Opfer registriert werden, wenngleich die Anzahl ziviler Opfer speziell durch Taliban und internationale Streitkräfte zugenommen hatte. Im Laufe des Jahres 2019 war das Gewaltniveau erheblichen Schwankungen unterworfen, was auf Erfolge und Misserfolge im Rahmen der Friedensverhandlungen zwischen Taliban und den US-Amerikanern zurückzuführen war. In der ersten Jahreshälfte 2019 kam es zu intensiven Luftangriffen durch die internationalen Streitkräfte und Suchaktionen der afghanischen Streitkräfte - insbesondere der Spezialkräfte des afghanischen Geheimdienstes NDS (National Directorate of Security Special Forces) (UNAMA 2.2020).

- Aufgrund der Suchaktionen der afghanischen Streitkräfte, gab es zur Jahresmitte mehr zivile Opfer durch regierungsfreundliche Truppen als durch regierungsfeindliche Truppen. Das dritte Quartal des Jahres 2019 registrierte die höchste Anzahl an zivilen Opfern seit 2009, was hauptsächlich auf verstärkte Anzahl von Angriffen durch Selbstmordattentäter und IEDs (improvisierte Sprengsätze) der regierungsfeindlichen Seite - insbesondere der Taliban - sowie auf Gewalt in Zusammenhang mit den Präsidentschaftswahlen zurückzuführen ist. Das vierte Quartal 2019 verzeichnete, im Vergleich zum Jahr 2018, eine geringere Anzahl an zivilen Opfern; wenngleich sich deren Anzahl durch Luftangriffe, Suchoperationen und IEDs seit dem Jahr 2015 auf einem Rekordniveau befand (UNAMA 2.2020).

Die RS-Mission sammelt ebenfalls Informationen zu zivilen Opfern in Afghanistan, die sich gegenüber der Datensammlung der UNAMA unterscheiden, da die RS-Mission Zugang zu einem breiteren Spektrum an forensischen Daten und Quellen hat. Der RS-Mission zufolge, ist

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten