TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/16 W200 2203958-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.06.2020
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Entscheidungsdatum

16.06.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W200 2203958-1/ 4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SCHERZ als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb.01.01. XXXX , StA. AFGHANISTAN, gegen den Bescheid des BFA RD Steiermark Außenstelle Graz vom 13.07.2018, Zl. 1111401202-160528005, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG, und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der afghanische Beschwerdeführer führt nach eigenen Angaben den im Spruch genannten Namen, gehört der paschtunischen Volksgruppe und dem sunnitischen Islam an, reiste am 13.04.2016 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der Erstbefragung nannte der Beschwerdeführer als Fluchtgrund Afghanistan wegen des Krieges und der Taliban verlassen zu haben. Sein Vater sein ein Taliban gewesen und dessen Freunde bzw. die Taliban hätten gewollt, dass er sich selbst in die Luft sprenge. Sein Vater sei dagegen gewesen und sei getötet worden. Ein eingeholtes Altersgutachten ergab das Geburtsdatum 01.01. XXXX . Im Bundesgebiet war auch der volljährige Bruder des Beschwerdeführers aufhältig.

Im Rahmen der Einvernahme am 18.06.2018 gab der Beschwerdeführer an nicht die Schule besucht zu haben und als Schafhirte tätig gewesen zu sein. Beide Eltern seien bereits vor neun Jahren verstorben. Sein Vater sei krank geworden und nach dessen Tod wurde seine Mutter gezwungen einen gewissen Mahmud zu heiraten. Sie hätten nicht gewusst, dass der ein Taliban sei. Er hätte die Schwester mit einem Taliban verheiraten wollen. Sie seien dagegen gewesen. Dieser Stiefvater hätte dann im Rahmen eines Streites seine herzkranke Mutter gestoßen, die dann gegen einen Stein gefallen und verstorben sei. Daraufhin seien sie geflohen. Am nächsten Tag hätte ein Freund gesagt, dass auch der Vater gestorben sei (gemeint wohl Stiefvater). Sie hätten dann die Schwester geholt und seien dann nach Pakistan.

Auf den Vorhalt, dass der Bruder bei der Erstbefragung ausgesagt hätte, dass der Vater ein Taliban gewesen sei und die Taliban gewollt hätten, dass sie sich in die Luft sprengen, sie dagegen gewesen seien und er - der Beschwerdeführer - den Vater getötet hätte, gab er an, dass damit der zweite Vater gemeint sei, dass dies aber nicht richtig sei. Der Stiefvater hätte seinen Bruder mit einem Stock geschlagen, sein Bruder hätte geweint und hätte den Stiefvater gestoßen, sonst hätte er nicht viel gesehen. Er hätte gesehen, dass der Stiefvater am Kopf verletzt gewesen sei. Dann hätten sein Bruder und er, nachdem sie gegangen sein, in einer Moschee übernachtet. Am nächsten Tag hätte ein Freund gesagt, dass der Stiefvater verstorben sei. Der Stiefvater hätte sich auf spitzen Steinen am Boden verletzt.

Befragt, konkretisierte er, dass sein leiblicher Vater vor neun Jahren und seine Mutter vor sechs Jahren verstorben sei. Auf den Vorhalt, dass der Bruder angegeben hätte, dass der Vater Ende 2015 und die Mutter im August 2015 verstorben sei, bei der Einvernahme dann jedoch behauptet hätte, dass der Vater im Jahr 2012/2013 und die Mutter im Jahr 2013 verstorben sei, antwortete er, dass die Angaben des Bruders im zweiten Interview alles Lügen gewesen sein. Dieser sei nunmehr nach Frankreich gefahren. Hier hätte er einen negativen Bescheid erhalten. Sein Bruder möchte mit ihm nichts zu tun haben.

Er selbst sei in Afghanistan von den Taliban bedroht worden. Die Freunde seines Stiefvaters hätten sie nicht in Ruhe gelassen, da sie nicht erlaubt hätten, dass die Schwester einen Taliban heiratet. Er hätte wegen der Taliban das Land verlassen müssen. Weitere Fluchtgründe hätte er nicht.

Mit Bescheid vom 13.07.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt sowie gegen diesen eine Rückkehrentscheidung erlassen. Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung zulässig sei und eine 14-tägie Ausreisefrist gewährt.

Nach Wiedergabe der Einvernahmeprotokolle stellte das BFA die Staatsangehörigkeit, Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Paschtunen und zum sunnitisch muslimischen Glauben fest. Ebenso wurde festgestellt, dass er in Afghanistan geboren sei, keine Schule besucht hätte und als Schafhirte tätig gewesen sei. Sein volljähriger Bruder halte sich in Österreich auf, dessen Verfahren sei beim BVwG anhängig. Die anderen sechs Geschwister würden in Pakistan leben. Er sei im Alter von elf Jahren mit den Geschwistern nach Pakistan ausgereist. Die leiblichen Eltern seien zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben gewesen. Die Mutter hätte ein zweites Mal geheiratet und mit dem Stiefvater hätte der Beschwerdeführer familiäre Probleme gehabt. Nicht glaubhaft sei, dass der Stiefvater kurz vor der Ausreise nach Pakistan verstorben sei. Er hätte nicht nachvollziehbar schildern können, dass er oder sein Bruder für den Tod des Stiefvaters verantwortlich sei. Er hätte in Afghanistan keine Probleme mit der Polizei oder anderen staatlichen Stellen gehabt. Er sei jung, lern- und arbeitsfähig und nehme in Österreich an Bildungsmaßnahmen teil.

Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates wurde ausgeführt, dass feststehe, dass er wegen der allgemein schwierigen Lage in Nangahar und aufgrund familiärer Probleme mit dem Stiefvater im Alter von elf Jahren, nachdem bereits beide leiblichen Eltern verstorben gewesen seien, gemeinsam mit den Geschwistern aus Afghanistan nach Pakistan ausgereist sei. Dass der Stiefvater kurz vor der Ausreise verstorben sei, hätte er nicht glaubhaft schildern können. Er hätte zudem nicht nachvollziehbar schildern können, dass er oder sein Bruder für den Tod des Stiefvaters unmittelbar vor der Ausreise nach Pakistan verantwortlich gemacht worden wären. Er sei nach Europa geflüchtet, um eine wirtschaftliche und persönliche Situation zu verbessern. Asylrelevante Gründe hätten von ihm insgesamt nicht glaubhaft dargestellt werden können.

Es erfolgten Ausführungen zum subsidiären Schutz dahingehend, dass der Beschwerdeführer jung, arbeitsfähig, lernwillig sei und trotz fehlender familiärer Anknüpfungspunkte in Afghanistan aufgrund eines vorhandenen Bankenwesens zumindest die Möglichkeit finanzieller Unterstützung durch in Pakistan aufhältige Angehörigen bestünde. Er hätte die Möglichkeit sich überall in Afghanistan - insbesondere in Kabul, Balkh oder Herat - niederzulassen.

Weiters folgten Ausführungen zur Lage in Afghanistan, konkret das Länderinformationsblatt Afghanistan, Gesamtaktualisierung vom 29.06.2018, die hier aus ökologischen Gründen (108 Seiten) nicht wiederholt werden.

Gegen den Bescheid vom 13.07.2018 wurde Beschwerde erhoben, in der auf die Minderjährigkeit des Beschwerdeführers hingewiesen wurde sowie, dass der Beschwerdeführer von den Taliban im Fall einer Rückkehr verfolgt werden würde.

Anfragen im Zentralen Melderegister haben ergeben, dass der Beschwerdeführer seit 06.08.2018 nicht mehr im Bundesgebiet gemeldet ist. Auch der früher zuständige Vertreter gab am 15.06.2020 an, dass der letzte Kontakt mit im Juli 2018 gewesen sei. Die Abmeldung von der Grundversorgung sei am 03.08.2018 erfolgt. Auch der Bruder des Beschwerdeführers ist nicht mehr im Bundesgebiet gemeldet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Afghanistans, Paschtune, Sunnite, ledig, gesund, spricht Paschtu als Muttersprache, reiste illegal am 13.04.2016 in das Bundesgebiet ein und stellte am selben einen Antrag auf internationalen Schutz. Er stammt aus Nangahar und hat sein Leben dort bis zur Ausreise im Alter von elf Jahren verbracht und mit seiner afghanischen Familie (sechs Geschwistern) im gemeinsamen Familienverband in Pakistan weiter zusammengelebt. Er ist mit den kulturellen und gesellschaftlichen Gepflogenheiten in Afghanistan vertraut und hatte überwiegend Kontakt mit Afghanen.

Der Beschwerdeführer war in Afghanistan keiner konkreten individuellen Verfolgung ausgesetzt und wurden von ihm asylrelevante Gründe für das Verlassen seines Heimatstaates nicht glaubhaft dargetan. Es ist nicht glaubhaft, dass dem Beschwerdeführer in Afghanistan aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung Verfolgung droht.

Im Falle einer Verbringung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat droht diesem kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in der Folge EMRK), oder der Prot. Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention.

Eine Rückkehr des Beschwerdeführers in die Provinz Nangarhar, wo er vor seiner Ausreise nach Pakistan gelebt hat, ist aufgrund der Volatilität der dortigen Sicherheitslage nicht zumutbar.

Dem Beschwerdeführer steht eine zumutbare innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternative in der Stadt Mazar-e Sharif zur Verfügung. Er ist jung, gesund und arbeitsfähig. Seine Geschwister leben in Pakistan.

Festgestellt wird, dass die aktuell vorherrschende - Afghanistan, mit Stand 25.05.2020, 11094 Erkrankungen und 219 Todesfällen - COVID-19-Pandemie kein Rückkehrhindernis darstellt. Der Beschwerdeführer ist gesund und gehört mit Blick auf sein Alter und das Fehlen physischer (chronischer) Vorerkrankungen keiner spezifischen Risikogruppe betreffend COVID-19 an. Es besteht keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Afghanistan eine COVID-19-Erkrankung mit schwerwiegendem oder tödlichem Verlauf bzw. mit dem Bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung bzw. einer Behandlung in einem Krankenhaus erleiden würde.

Der Beschwerdeführer ist seit 06.08.2018 unbekannten Aufenthalts, er ist in Österreich nicht mehr gemeldet, bezieht auch keine Grundversorgung. Es ist davon auszugehen, dass er sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhält. Im Bundesgebiet verfügt er über keine Familienangehörigen mehr und hat keine sonstigen intensiven sozialen Kontakte. Er hat keine Deutschprüfung positiv absolviert. Eine darüberhinausgehende Integration liegt nicht vor.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Nationalität, Religion, Volksgruppenzugehörigkeit, zur Gesundheit sowie zur Schulbildung des Beschwerdeführers und zu seiner Abstammung aus Nangarhar stützen sich auf die Angaben im Asylverfahren. Der Beschwerdeführer machte diesbezüglich durchgehend gleichbleibende und glaubhafte Angaben.

Die Feststellungen zur Existenz der in Pakistan lebenden Familie des Beschwerdeführers beruhen auf seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben vor dem BFA im Rahmen der mündlichen Einvernahme.

Die Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer in Afghanistan keiner konkreten persönlichen Bedrohung ausgesetzt war bzw. im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan keine gegen ihn persönlich gerichtete Verfolgung durch diese zu befürchten hat, ergibt sich aus einer Gesamtschau seiner Angaben vor dem Bundesamt für Fremdenwesen- und Asyl.

Die vom BFA getroffenen Feststellungen zum Herkunftsstaat stützen sich auf die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegten und anlässlich der Einvernahme des Beschwerdeführers dargetanen Länderdokumente, nämlich auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation. Da die Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger unbedenklicher Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund an der Richtigkeit der schlüssigen Situationsdarstellungen im Herkunftsstaat zu zweifeln. Der Beschwerdeführer ist den Länderfeststellungen überdies nicht substantiiert entgegengetreten. Die von der belangten Behörde ihrem Bescheid zugrunde gelegte aktuelle Beurteilung der Lage in Afghanistan ergibt, dass sich seit der Beurteilung der Lage mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid keine für das gegenständliche Verfahren relevante erhebliche Änderung der Situation ergeben hat.

Das BFA hat in seiner Beweiswürdigung im Verfahren schlüssig die Feststellungen begründet, warum die vorgebrachte Fluchtgeschichte unglaubwürdig ist.

Primär ist auf die - wie vom BFA in seiner Beweiswürdigung ausgeführt - Widersprüche der Aussagen des Beschwerdeführers und der Aussagen seines Bruders zu verweisen: Während der Beschwerdeführer ausgesagt hatte, dass sein Bruder seinen Stiefvater gestoßen hätte und dieser deshalb gestorben sei, gab der Bruder an, dass der Beschwerdeführer den Stiefvater getötet hätte. Dass der Stiefvater getötet wurde, kann deshalb nicht festgestellt werden.

Dem BFA ist auch zu folgen, dass nicht festgestellt werden konnte, dass der Stiefvater tatsächlich ein Mitglied oder Sympathisant der Taliban war, da diese laut Aussagen des Beschwerdeführers nie zum Haus des Stiefvaters gekommen seien. Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass er bei ihm zu Hause nie in Kontakt mit den Taliban gekommen sei und daher auch von keiner Bedrohung geschildert ausgegangen werden kann. Dazu hatte der Bruder in seiner Einvernahme vor dem BFA widersprüchlich angegeben, dass die Taliban üblicherweise ca. um 22:00 oder 23:00 Uhr in der Nacht gekommen und dann in der Früh wieder weggegangen seien, manchmal seien die Taliban nach dem Essen wieder gegangen.

Auch zu den Sterbedaten der gemeinsamen Eltern machten die Brüder vor dem BFA unterschiedliche Angaben.

Durch die mehrfach widersprüchlichen Angaben sind beide Brüder selbst insgesamt als Parteien nicht glaubwürdig.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers erscheint in einer Gesamtabwägung nicht glaubwürdig. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher aus oben angeführten Überlegungen der Beurteilung durch das Bundesamt an, dass es dem Beschwerdeführer konkret nicht gelungen ist, eine persönliche Verfolgungsgefahr in Bezug auf seinen Heimatstaat Afghanistan aufzuzeigen.

Zur Lage im Herkunftsstaat

Die vom BFA getroffenen und vom BVwG der Entscheidung zu Grunde gelegten Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie den zitierten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen betreffend die allgemeine Lage in Afghanistan.

Da die Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger unbedenklicher Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund an der Richtigkeit der schlüssigen Situationsdarstellungen im Herkunftsstaat zu zweifeln. Der Beschwerdeführer ist den Länderfeststellungen nicht substantiiert entgegengetreten.

Die der Entscheidung zugrunde gelegte aktuelle Beurteilung der Lage in Afghanistan, insbesondere der Situation in der Stadt Mazar-e Sharif, die bei einer Rückkehr primär den Zielort des Beschwerdeführers darstellt, ergibt jedoch, dass diese Stadt über einen mehrere Kilometer außerhalb der Stadt gelegenen internationalen Flughafen verfügt, der untertags sicher erreichbar ist. Mazar-e Sharif ist daher ohne unangemessene Schwierigkeiten und ersthaften Risiken erreichbar.

Aus den ins Verfahren eingebrachten Länderberichten geht hervor, dass zwar auch in der im Norden von Afghanistan gelegenen Provinz Balkh mit ihrer Hauptstadt Mazar-e Sharif Zusammenstöße zwischen Aufständischen und afghanischen Sicherheitskräften stattfinden; jedoch zählt die Provinz Balkh nach wie vor zu den stabileren und relativ ruhigen Provinzen Afghanistans. Sie hat im Vergleich zu anderen Provinzen weniger Aktivitäten von Aufständischen und verhältnismäßig wenig sicherheitsrelevante Vorfälle zu verzeichnen. Zudem ist von 2016 auf 2017 die Zahl ziviler Opfer drastisch zurückgegangen. Auch die Provinz Herat im Westen des Landes mit ihrer gleichnamigen Hauptstadt gilt trotz der Durchführung von militärischen Operationen, um bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien, als eine der relativ friedlichen Provinzen Afghanistans. Aufständische sind in einigen Distrikten der Provinz, nicht jedoch in der Stadt Herat, aktiv. Die Zahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle ist vergleichsweise gering.

Bei der Stadt Mazar-e Sharif handelt es sich folglich um einen Ort, an denen die willkürliche Gewalt ein derart niedriges Ausmaß erreicht, dass es im Allgemeinen für Zivilisten nicht geradezu wahrscheinlich erscheint, dass sie tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes werden.

Es ist daher bei einer Ansiedlung des Beschwerdeführers in Mazar-e Sharif allein auf Grund der dargestellten Sicherheitslage nicht von einer realen Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK auszugehen.

Es wird seitens des Bundesverwaltungsgerichts keineswegs verkannt, dass die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung, häufig nur sehr eingeschränkt möglich ist und dass Personen, die sich ohne jegliche familiäre oder sonstige soziale Anknüpfungspunkte, Fachausbildung oder finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten durch Dritte in Mazar-e Sharif ansiedeln, mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert sein werden.

Wie festgestellt, entwickelt sich die Stadt Mazar-e Sharif jedoch wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Zwar ist die Infrastruktur noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region, es gibt jedoch einen internationalen Flughafen, über den die Stadt gut erreichbar ist. Überdies wurde im Juni 2017 ein großes nationales Projekt ins Leben gerufen, das darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren. Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans und zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan. Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen. Obwohl es manchmal zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften kommt oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte, gehört die Provinz gesamthaft betrachtet, auch im Lichte der in den Länderberichten verzeichneten Zahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle dennoch zu den eher sicheren Provinzen Afghanistans. Es besteht eine Flugverbindung zwischen Kabul und Mazar-e Sharif. Kam Air, eine afghanische Fluggesellschaft mit Sitz in Kabul, bietet für diese Verbindung zwei Flüge am Tag an; die Kosten für einen Inlandsflug von Kabul nach Mazar-e Sharif belaufen sich einer Internet-Recherche zufolge derzeit auf etwa ca. 89 EUR.

Das Bundesverwaltungsgericht geht angesichts der derzeitigen Sicherheits-, Menschenrechts- und humanitären Situation in Mazar-e Sharif nicht davon aus, dass eine innerstaatliche Fluchtalternative in nicht verfügbar wäre. Eine derartige Schlussfolgerung ist auch in den aktualisierten Richtlinien des UNHCR nicht enthalten. Insofern die UNHCR Richtlinien von einer Rekorddürre unter anderem in Balkh (Hauptstadt Mazar-e Sharif), infolge derer die Landwirtschaft zusammenbräche, sprechen, ist festzuhalten, dass der Hinweis auf eine allgemeine Dürresituation zu generell bzw. vage ist, um eine reale Bedrohungssituation iSd Art 3 EMRK zu begründen und insgesamt nicht geeignet ist, den aus den zahlreichen aktuellen Länderberichten gewonnenen Eindruck zu erschüttern.

In seinen aktualisierten "Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018" weist UNHCR unter anderem darauf hin, dass nach Ansicht des UNHCR kaum afghanische Städte von Angriffen und Attentaten durch Antiregierungstruppen, die zivile Opfer fordern, verschont werden. Laut UNHCR seien gerade ZivilistInnen im Rahmen ihrer alltäglichen beruflichen und sozialen Aktivitäten im urbanen Raum dem Risiko solcher Gewalt ausgesetzt (s.S. 110 f.). Des Weiteren weist UNHCR auf die extrem hohe Anzahl von Binnenvertriebenen in den Provinzhauptstädten hin, die zu zunehmender Konkurrenz um Ressourcen führen würden sowie auf die Rekorddürre unter anderem in Balkh (Hauptstadt Mazar-e Sharif), infolge derer die Landwirtschaft zusammenbräche.

Nach den aktualisierten Richtlinien vom 30. August 2018 ist UNHCR vor dem näher dargestellten Hintergrund weiterhin der Ansicht, dass eine vorgeschlagene IFA/IRA nur sinnvoll möglich (zumutbar) ist, wenn die Person Zugang hat zu (i) Unterkünften, (ii) grundlegenden Dienstleistungen wie Sanitärversorgung, Gesundheitsversorgung und Bildung und (iii) Möglichkeiten für den Lebensunterhalt oder nachgewiesene und nachhaltige Unterstützung für den Zugang zu einem angemessenen Lebensstandard. Darüber hinaus hält UNHCR eine IFA/IRA weiterhin nur für zumutbar, wenn die Person Zugang zu einem Unterstützungsnetzwerk von Mitgliedern ihrer (erweiterten) Familie oder Mitgliedern ihrer größeren ethnischen Gemeinschaft in der Gegend der potenziellen Umsiedlung hat, die beurteilt wurden, bereit und in der Lage zu sein, dem Antragsteller in der Praxis echte Unterstützung zu leisten.

UNHCR ist auch weiterhin der Ansicht, dass die einzige Ausnahme von der Anforderung der externen Unterstützung alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im erwerbsfähigen Alter sind, soweit keine spezifischen Vulnerabilitäten (wie näher beschrieben) vorliegen. Unter bestimmten Umständen können diese Personen ohne familiäre und soziale Unterstützung in urbaner und semi-urbaner Umgebung leben, soweit diese Umgebung über die notwendige Infrastruktur und Lebensgrundlagen verfügt, um die Grundbedürfnisse des Lebens zu decken und soweit diese einer wirksamen staatlichen Kontrolle unterliegt (s. S. 109 f.). (UNHCR, Eligibility Guidelines, vom August 2018, auszugsweise)

Ebensowenig ergibt sich aus den UNHCR Richtlinien, dass der Beschwerdeführer bei einer Ansiedelung in Mazar-e Sharif individuell und konkret ziviles Opfer etwaiger Angriffe werden würde oder dass es bei seiner Rückkehr nicht mehr genügend Ressourcen gäbe.

Vor diesem Hintergrund wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes zwar keineswegs verkannt, dass die Folgen einer Dürre und die damit verbundene "Landflucht" der betroffenen Bevölkerung negative Auswirkungen auf die Versorgungslage nach sich ziehen. In einer Gesamtbetrachtung ist jedoch nicht ersichtlich, dass die Versorgung der afghanischen Bevölkerung in diesen Städten nicht als zumindest grundlegend gesichert anzusehen wäre.

Insgesamt bleibt daher festzuhalten, dass das Bundesamt ein durchwegs mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt hat. Dem Beschwerdeführer wurde ausreichend die Möglichkeit eingeräumt, seine persönlichen Fluchtgründe in Bezug auf seinen Herkunftsstaat geltend zu machen und kann es daher nicht der belangten Behörde angelastet werden, wenn der Beschwerdeführer davon nicht mit Erfolg Gebrauch gemacht hat.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher aus oben angeführten Überlegungen der Beurteilung durch das Bundesamt an, dass es dem Beschwerdeführer konkret nicht gelungen ist, eine persönliche Verfolgungsgefahr iSd GFK oder eine Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention in Bezug auf seinen Heimatstaat Afghanistan aufzuzeigen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit der Antrag nicht gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.

Flüchtling ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung."

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen.

Es sei weiters betont, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens die zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung einnimmt (VwGH vom 20.06.1990, Zl. 90/01/0041).

Die Angaben des Beschwerdeführers zu den Gründen, weshalb er Afghanistan verlassen hat, sind aus den im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegten Erwägungen unglaubwürdig.

Auch aus der allgemeinen Lage in Afghanistan lässt sich konkret für den Beschwerdeführer kein Status eines Asylberechtigten ableiten. Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation kann nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht als hinreichender Grund für eine Asylgewährung herangezogen werden (vgl. etwa VwGH vom 14.03.1995, 94/20/0798, sowie VwGH vom 17.06.1993, 92/01/1081). Wirtschaftliche Benachteiligungen können nur dann asylrelevant sein, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen (vgl. etwa VwGH 09.05.1996, 95/20/0161; 30.04.1997, 95/01/0529; 08.09.1999, 98/01/0614). Aber selbst für den Fall des Entzugs der Existenzgrundlage ist Asylrelevanz nur dann anzunehmen, wenn dieser Entzug mit einem in der GFK genannten Anknüpfungspunkt - nämlich der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung - zusammenhängt, was im vorliegenden Fall zu verneinen wäre.

Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf Leben gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden. Letzteres wurde wiederum durch das Protokoll Nr. 6 beziehungsweise Nr. 13 zur Abschaffung der Todesstrafe hinfällig. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Der Fremde hat das Bestehen einer aktuellen, also im Fall seiner Abschiebung in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren und in den Schutzbereich des Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention fallenden Bedrohung glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (vgl. VwGH vom 02.08.2000, 98/21/0461, zu § 57 FrG 1997; auch VwGH vom 25.01.2001, 2001/20/0011).

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19.02.2004, Zl. 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus.

Das BVwG verkennt keinesfalls die angespannte Lage in Afghanistan. Im Fall des Beschwerdeführers ergeben sich aber aus den Feststellungen zur seiner persönlichen Situation vor dem Hintergrund der spezifischen Länderfeststellungen keine konkreten Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Hindernisses der Rückverbringung in seinen Herkunftsstaat Afghanistan.

Nach den Ergebnissen des Verfahrens vor dem Bundesamt muss - wie oben bereits dargestellt - davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer weder aus "wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung" aus einem der in der GFK angeführten Asylgründe sein Land verlassen hat, noch dass er im Falle seiner Rückkehr einer "realen Gefahr" iSd Art 2 oder Art 3 EMRK ausgesetzt wäre, die subsidiären Schutz notwendig machen würde.

Eine Verletzung des Artikels 3 EMRK ist im Falle einer Abschiebung nach der Judikatur des EGMR, der sich die Gerichtshöfe öffentlichen Rechts angeschlossen haben, jedenfalls nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (vgl. hiezu EGMR ? U 02.05.1997, D vs. United Kingdom, Nr. 30240/96; EGMR E 31.05.2005, Ovdienko Iryna and Ivan vs. Finland, Nr. 1383/04 sowie VfGH vom 06.03.2008, Zl. B 2400/07, mwH).

Im Fall des Beschwerdeführers konnten keine derart exzeptionellen Umstände festgestellt werden, die der Gefahr der Verletzung des Art. 3 EMRK gleichzuhalten wären.

Der VfGH hat im Erkenntnis vom 12. Dezember 2017, E 2068/2017, ausgesprochen, dass einem gesunden Asylwerber im erwerbsfähigen Alter, der eine der Landessprachen Afghanistans beherrsche, mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut sei und die Möglichkeit habe, sich durch Gelegenheitstätigkeiten eine Existenzgrundlage zu sichern, die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Kabul zugemutet werden könne, und zwar selbst dann, wenn er - wie im entschiedenen Fall - nicht in Afghanistan geboren worden sei, dort nie gelebt und keine Angehörigen in Afghanistan habe, sondern im Iran aufgewachsen und dort in die Schule gegangen sei (VwGH vom 07.03.2018, Ra 2018/18/0103).

Mit Beschluss vom 25.02.2019, E 4586 2018-23, lehnte der VfGH die Beschwerde eines im Iran geborenen afghanischen Staatsangehörigen, dessen Eltern und Geschwister in Deutschland leben, der im Iran die Schule besuchte und Berufserfahrung als Bauarbeiter gesammelt hatte, ab, wobei das BVwG von einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Mazar-e-Sharif oder Herat ausging.

Der VwGH hat in seiner jüngeren Rechtsprechung bereits erkannt, dass eine schwierige Lebenssituation (bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht), die ein Asylwerber bei Rückführung in das als innerstaatliche Fluchtalternative geprüfte Gebiet vorfinden würde, für sich betrachtet nicht ausreicht, um eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verneinen. Mit Bezug auf die Verhältnisse in Afghanistan wurde ausgeführt, es könne zutreffen, dass ein alleinstehender Rückkehrer ohne familiären Rückhalt und ohne finanzielle Unterstützung in der afghanischen Hauptstadt Kabul (anfangs) mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert sei. Soweit es sich aber um einen jungen und gesunden Mann, der über Schulbildung und Berufserfahrung verfüge, handle, sei - auf der Grundlage der allgemeinen Länderfeststellungen zur Lage im Herkunftsstaat - nicht zu erkennen, dass eine Neuansiedlung in Kabul nicht zugemutet werden könne. Dies stehe auch im Einklang mit der Einschätzung der UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19. April 2016, denen zufolge es alleinstehenden, leistungsfähigen Männern im berufsfähigen Alter ohne spezifische Vulnerabilität möglich sei, auch ohne Unterstützung durch die Familie in urbaner Umgebung zu leben (vgl. VwGH 8.8.2017, Ra 2017/19/0118).(VwGH vom 23.01.2018, Ra 2018/18/0001)

Das Vorliegen eines tatsächlichen Risikos ist im Zeitpunkt der Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen. Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Artikel 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, Zl. 2005/20/0095).

Der Schutzbereich des Artikels 3 EMRK umfasst nicht nur Fälle, in denen der betroffenen Person unmenschliche Behandlung (absichtlich) zugefügt wird. Auch die allgemeinen Umstände, insbesondere unzulängliche medizinische Bedingungen im Zielstaat der Abschiebung können - in extremen Einzelfällen - in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK fallen. Allgemein ist der Rechtsprechung des EGMR zu entnehmen, dass "allein" schlechtere oder schwierigere (auch kostenintensivere) Verhältnisse in Bezug auf die medizinische Versorgung nicht ausreichen, um - in Zusammenhang mit einer Abschiebung - in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu reichen. Dazu sei - jeweils - das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände erforderlich. Der EGMR betonte weiters im Fall Bensaid gg. Vereinigtes Königreich, dass auf die "hohe Schwelle" des Artikels 3 besonders Bedacht zu nehmen sei, wenn der Fall nicht die "direkte" Verantwortung eines Vertragsstaates (des abschiebenden Staates) für die Zufügung von Leid betreffe (vgl. Putzer, Leitfaden für Asylrecht² (2011) Rz 196, mwH).

Eine Verletzung des Artikels 3 EMRK ist im Falle einer Abschiebung nach der Judikatur des EGMR, der sich die Gerichtshöfe öffentlichen Rechts angeschlossen haben, jedenfalls nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (vgl. hiezu EGMR ? U 02.05.1997, D vs. United Kingdom, Nr. 30240/96; EGMR E 31.05.2005, Ovdienko Iryna and Ivan vs. Finland, Nr. 1383/04 sowie VfGH vom 06.03.2008, Zl. B 2400/07, mwH).

Auch nach Ansicht des EGMR ist die allgemeine Situation in Afghanistan nicht dergestalt, dass schon alleine die Rückkehr eines Antragstellers eine ernsthafte Bedrohung für die durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte bedeuten würde (vgl. EGMR Urteil Husseini v. Sweden vom 13.10.2011, Beschwerdenummer 10611/09, Ziffer 84 sowie das rezente Erkenntnis des EGMR, wonach die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert ist, dass die Ausweisung dorthin automatisch gegen Art. 3 EMRK verstoßen würde: EGMR AGR/Niederlande, 12.01.2016, 13.442/08 und das dementsprechende rezente Erkenntnis des VwGH vom 23.02.2016, Zl. Ra 2015/01/0134-7).

Selbst wenn einem Antragsteller in seiner Herkunftsregion eine Art. 3 EMRK-widrige Situation drohen sollte, ist seine Rückführung dennoch möglich, wenn ihm in einem anderen Landesteil seines Herkunftsstaates eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung steht (§ 11 AsylG 2005). Ihre Inanspruchnahme muss dem Fremden zumutbar sein (Prüfung der konkreten Lebensumstände am Zielort). Dass das mögliche Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative auch bei der Prüfung des subsidiären Schutzes zu berücksichtigen ist, ergibt sich aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 AsylG 2005, wonach sich die innerstaatliche Fluchtalternative, die als ein Kriterium u.a. die Zumutbarkeit des Aufenthalts in einem bestimmten Teil des Staatsgebietes vorsieht, auf den "Antrag auf internationalen Schutz" und somit auch auf jenen auf Zuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten bezieht (vgl. hierzu auch VwGH 23.02.2016, Ra 2015/20/0233).

Der Beschwerdeführer kann jedoch nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes - unter Berücksichtigung der von UNHCR aufgestellten Kriterien für das Bestehen einer internen Schutzalternative für Afghanistan sowie unter Berücksichtigung der oben angeführten Länderberichte zu Mazar-e Sharif in Zusammenschau mit den persönlichen Umständen des Beschwerdeführers - aus folgenden Gründen in zumutbarer Weise auf die Übersiedlung nach Mazar-e Sharif verwiesen werden:

Die lokale Sicherheitslage in Mazar-e Sharif stellt zum Entscheidungszeitpunkt kein Hindernis einer Rückkehr (nach den oben genannten Maßstäben) dar. Wie festgestellt, entwickelt sich die Stadt Mazar-e Sharif wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Zwar ist die Infrastruktur noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region, es gibt jedoch einen internationalen Flughafen, über den die Stadt gut erreichbar ist. Überdies wurde im Juni 2017 ein großes nationales Projekt ins Leben gerufen, das darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren. Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans und zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan. Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen. Obwohl es manchmal zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften kommt oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte, gehört die Provinz gesamt betrachtet, auch im Lichte der in den Länderberichten verzeichneten Zahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle dennoch zu den eher sicheren Provinzen Afghanistans.

Der Beschwerdeführer könnte Mazar-e Sharif von Kabul aus sicher erreichen: Was die Reise in Gebiete außerhalb der Hauptstadt Kabul betrifft, ist auszuführen, dass angesichts der auf den meisten Hauptverkehrsrouten gestiegenen Unsicherheit grundsätzlich zwar nicht erwartet werden kann, dass afghanische Staatsangehörige von Kabul aus auf dem Landweg durch unsichere Gebiete reisen müssen, um ihren endgültigen (sicheren) Zielort zu erreichen. Im gegenständlichen Fall ist jedoch festzuhalten, dass dem Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Afghanistan die Möglichkeit offensteht, auf dem Luftweg von Kabul nach Mazar-e Sharif zu gelangen, auch wenn diese Art der Reise mit höheren Kosten als die Anreise auf dem Landweg verbunden ist. Wie sich aus den Länderberichten ergibt, stehen in der Hauptstadt Kabul mehrere Transportmöglichkeiten in andere Gebiete Afghanistans zur Verfügung. Die Entfernung zwischen Kabul und Mazar-e Sharif beträgt auf dem Landweg ca. 425 km (Wegzeit ca. 6 bis 7 Stunden). Es besteht auch eine Flugverbindung zwischen Kabul und Mazar-e Sharif. Kam Air, eine afghanische Fluggesellschaft mit Sitz in Kabul, bietet für diese Verbindung zwei Flüge am Tag an; die Kosten für einen Inlandsflug von Kabul nach Mazar-e Sharif belaufen sich einer Internet-Recherche zufolge derzeit auf etwa ca. 89 EUR.

Es kann dem Beschwerdeführer durchaus zugemutet werden, die Kosten für diesen Flug aus Eigenem aufzubringen.

Wie bereits beweiswürdigend dargelegt geht das Bundesverwaltungsgericht - auch unter Zugrundelegung der aktualisierten UNHCR Richtlinien vom 30.08.2018 - angesichts der derzeitigen Sicherheits-, Menschenrechts- und humanitären Situation in Mazar-e Sharif nicht davon aus, dass eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht verfügbar wäre. Eine derartige Schlussfolgerung ist - wie bisher - auch in den aktualisierten Richtlinien des UNHCR nicht enthalten und sind die darin enthaltenen Informationen angesichts der zahlreichen weiteren herangezogenen Länderberichte unterschiedlicher Quellen nicht geeignet, eine reale Bedrohungssituation iSd Art 3 EMRK zu begründen.

Laut den oben auszugsweise wiedergegebenen Richtlinien des UNHCR müssen die schlechten Lebensbedingungen sowie die prekäre Menschenrechtslage von intern vertriebenen afghanischen Staatsangehörigen bei der Prüfung der Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative berücksichtigt werden, wobei angesichts des Zusammenbruchs des traditionellen sozialen Gefüges der Gesellschaft auf Grund jahrzehntelang währender Kriege, massiver Flüchtlingsströme und interner Vertreibung hierfür jeweils eine Einzelfallprüfung notwendig ist (zur Indizwirkung von UNHCR-Richtlinien vgl. u.a. VwGH 10.12.2014, Ra 2014/18/0103).

Wie festgestellt, ist der Beschwerdeführer gesund und ist im erwerbsfähigen Alter. Dadurch, dass der Beschwerdeführer seine bisherigen Lebensjahre in Afghanistan und Pakistan verbrachte und auch mit seiner afghanischen Familie zusammenlebte, ist er mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut. Der Beschwerdeführer hätte aufgrund seiner Arbeitsfähigkeit die Möglichkeit, sich beispielsweise als Hilfsarbeiter eine Existenzgrundlage zu sichern. Im Übrigen hat er ausreichende Kenntnisse über die infrastrukturellen Gegebenheiten bzw. könnte er sich diese aufgrund der Vertrautheit mit den Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates ohne große Schwierigkeiten aneignen.

Außerdem kann der Beschwerdeführer durch die Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe zumindest übergangsweise in Mazar-e Sharif das Auslangen finden. Deshalb ist auch nicht zu befürchten, dass er bereits unmittelbar nach seiner Rückkehr und noch bevor er in der Lage wäre, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen, in eine existenzbedrohende bzw. wirtschaftlich ausweglose Lage geraten könnte. Seine Existenz könnte er dort mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern. Es gibt somit keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (z.B. Nahrung, Unterkunft) einer ausweglosen bzw. existenzbedrohenden Situation ausgesetzt wäre.

Allein die fehlenden tragfähigen Beziehungen und Ortskenntnisse in afghanischen Großstädten vermögen die Gefahr einer individuellen Bedrohung des Lebens eines Beschwerdeführers nicht darzutun (vgl. VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095). Die wohl schwierige Lebenssituation des Beschwerdeführers bei einer Neuansiedlung in Mazar-e Sharif oder Herat bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche und in wirtschaftlicher Hinsicht stellt für sich allein ebenfalls keine reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse und damit keine Verletzung des Art. 3 EMRK dar (vgl. VfGH 12.12.2017, E 2068/2017). Insofern sich die zitierte Rechtsprechung auf die Stadt Kabul bezieht ist davon auszugehen, dass die dargelegten Grundsätze auch auf die übrigen Städte Afghanistans übertragbar sind.

Schließlich ist im Hinblick auf die derzeit bestehende COVID-19-Pandemie festzuhalten, dass in Afghanistan aktuell 11094 bestätigte Fälle von CORONA (bei 219 Todesfällen) offiziell berichtet sind (vgl. https://www.who.int/docs/default-source/coronaviruse/situation-reports/20200518-covid-19-sitrep-119.pdf?sfvrsn=4bd9de25_4, Situation Report 126 vom 25.05.2020). Es wird zwar nicht verkannt, dass laut öffentlich zugänglichen Quellen möglicherweise von (deutlich) höheren Fallzahlen auszugehen ist, und COVID-19 Afghanistan aufgrund mangelnder Kapazitäten im Gesundheitssystem besonders hart treffen kann. (https://www.zdf.de/nachrichten/politik/coronavirus-iran-afghanistan-100.html; https://www.unhcr.org/dach/at/42101-coronavirus-mehr-unterstuetzung-fuer-afghanistan-und-seine-nachbarlaender-benoetigt.html; https://www.bbc.com/news/world-asia-52210479; https://www.theguardian.com/world/2020/may/02/afghanistan-in-new-battle-against-ravages-of-covid-19;). Jedoch ist der Beschwerdeführer erst 19 Jahre alt und leidet an keinen schwerwiegenden körperlichen Erkrankungen. Er fällt somit weder in die Risikogruppen der älteren Personen noch in jene der Personen mit spezifischen physischen Vorerkrankungen, sodass auch keine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass er bei einer Rückkehr nach Afghanistan eine COVID-19-Erkrankung mit schwerwiegendem oder tödlichem Verlauf bzw. mit dem Bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung bzw. einer Behandlung in einem Krankenhaus zu gewärtigen hätte.

Ein bei seiner Überstellung nach Afghanistan vorliegendes "real risk" einer Verletzung des Art. 3 EMRK ist somit (auch insoweit) nicht erkennbar.

Unter Berücksichtigung der Länderberichte und der persönlichen Situation des Beschwerdeführers ist in einer Gesamtbetrachtung nicht zu erkennen, dass er im Fall seiner Abschiebung nach Afghanistan und einer Ansiedlung in Mazar-e Sharif in eine ausweglose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würde, eine Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden. Die Prüfung der maßgeblichen Kriterien führt im konkreten Fall zu dem Ergebnis, dass dem Beschwerdeführer eine Ansiedlung in diesen beiden Städten möglich und auch zumutbar ist.

Zur Beschwerde gegen Spruchpunkte III. und IV. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.

§ 55 AsylG 2005 lautet:

"§ 55 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ?Aufenthaltsberechtigung plus' zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine ?Aufenthaltsberechtigung' zu erteilen."

§ 57 AsylG 2005 lautet:

"§ 57 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ?Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der ?Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist. [...]"

§ 58 AsylG 2005 lautet:

"§ 58 (1) Z. 2: Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. [...]"

Die maßgeblichen Bestimmungen des FPG lauten:

"§ 46 (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

§ 50 (1) FPG: Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

§ 52 (1) [...]

(2) Z. 2: Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige. [...]

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. [...]

§ 55 (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen. [...]"

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist noch der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG wurde. Weder hat der Beschwerdeführer das Vorliegen eines der Gründe des § 57 AsylG behauptet, noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren hervor.

Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK geboten ist.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten oder sonstige nahe Angehörige in Österreich. Die Ausweisung bildet keinen unzulässigen Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Schutz des Familie

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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