TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/6 G306 2225964-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.07.2020
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Entscheidungsdatum

06.07.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G306 2225964-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , StA.: Kroatien, vertreten durch RA Mag. Nikolaus RAST, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 25.10.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird s t a t t g e g e b e n und der angefochtene Bescheid behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 23.01.2018, wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) anlässlich seiner Verurteilung über den in Aussicht genommenen Ausspruch eines Aufenthaltsverbotes in Kenntnis gesetzt. Gleichzeitig wurde der BF zur Stellungnahme binnen 10 Tagen aufgefordert.

Mit per E-Mail am 12.02.2018 beim BFA eingebrachtem Schreiben gab der BF durch seinen Rechtsvertreter (im Folgenden: RV) eine Stellungnahme ab.

2. Am 20.09.2019 fand eine niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem BFA statt.

3. Mit dem oben im Spruch genannten Bescheid des BFA, dem RV des BF zugestellt am 31.10.2019, wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf 7 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), und dem BF gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt (Spruchpunkt II.).

4. Mit per Telefax am 27.11.2019 beim BFA eingebrachten Schriftsatz erhob der BF durch seinen RV Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).

Darin wurden neben der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, die Behebung des Bescheides, in eventu die Zurückverweisung der Rechtsache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde, beantragt.

5. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem BVwG vom BFA vorgelegt, wo sie am 02.12.2019 einlangten.

6. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 15.04.2020 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung G304 abgenommen und der Gerichtsabteilung G306 neu zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum) und ist Staatsangehöriger der Republik Kroatien, ledig und kinderlos.

Der BF wurde in Bosnien und Herzegowina geboren, wo weiterhin seine Eltern aufhältig sind.

Der BF reiste im Alter von 8 Jahren nach Deutschland, wo er auch die Schule besuchte und hält sich seit Ende 2006 durchgehend im Bundesgebiet auf. Seit 11.10.2006 weist der BF durchgehende Wohnsitzmeldungen in Österreich auf. Von XXXX .2017 bis XXXX .2017wurde der BF in Justizanstalten in Österreich angehalten.

Von 07.05.2011 bis 08.05.2013 war der BF im Besitz einer einmalig verlängerten Aufenthaltsbewilligung „Studierender“ und wurde ihm am 04.07.2013 eine Anmeldebescheinigung „Ausbildung“ ausgestellt, nachdem er am 07.05.2013 einen weiteren Antrag auf Verlängerung seines Aufenthaltstitels gestellt hat.

Dem BF wurden wiederholt Arbeitsgenehmigungen durch das Arbeitsmarktservice erteilt und von demselben eine EU-Freizügigkeitsbestätigung, GZ.: XXXX , am XXXX .2016, ausgestellt, womit das Recht des BF auf freien Arbeitsmarktzugang gemäß § 32a Abs. 2 bzw. Abs. 3 des AuslBG bestätigt wurde.

Der BF lernte seine Lebensgefährtin, XXXX , geb. XXXX , StA: Österreich, vor ca 8 ½ Jahren kennen und lebt mit dieser seit 09.01.2018 im gemeinsamen Haushalt in Österreich.

In den Zeiträumen 01.07.2001 bis 15.06.2012, 15.12.2012 bis 18.11.2013 und 22.02.2018 bis 14.05.2018 ging der BF – teils geringfügigen – Erwerbstätigkeiten in Österreich nach. Zudem ist der BF im Besitz einer Einstellungszusage der Firma XXXX .

Der BF ist gesund und arbeitsfähig und weist einzig in den Zeiträumen 05.05.2011 bis 18.11.2013 sowie 13.02.2018 bis 21.02.2018 Sozialversicherungszeiten in Österreich auf. Der Bezug von Sozialleistungen konnte nicht festgestellt werden.

Der BF hat am XXXX .2007 an der Technischen Universität XXXX für das Bachelorstudium Architektur inskribiert und dieses jedenfalls bis 12.02.2018 nachweislich betrieben.

Ob der BF das besagte Studium über das Sommersemester 2018 hinaus weiter betrieben hat konnte nicht festgestellt werden.

Der BF wird von seinen Eltern, seinem in Deutschland lebenden Bruder sowie seiner LG finanziell und wirtschaftlich unterstützt.

Bis auf seine Lebensgefährtin halten sich keine Familienangehörigen in Österreich auf.

Der BF ist der deutschen Sprache hinreichend mächtig.

Mit rechtskräftigem Urteil des LG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX .2017, wurde der BF wegen der Verbrechen des Suchtgifthandels gemäß § 28a Abs. 1 fünfter Fall, Abs. 4 Z 3 SMG und Vorbereitung von Suchtgifthandel gemäß § 28 Abs. 1 erster Satz, zweiter Fall Abs. 2 SMG sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall, Abs. 2 SMG, zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten, wovon 20 Monate bedingt nachgesehen wurden, verurteilt.

Der BF wurde für schuldig befunden, er habe in XXXX , XXXX und anderen Orten des Bundesgebietes

A.       Vorschriftswidrig Suchtgift anderen in einer das 25-fache der Grenzmenge des § 28b SMG übersteigenden Menge überlassen und zwar mit Z.J. im bewussten und gewollten Zusammenwirken als unmittelbarer Täter, indem sie zwischen Jänner 2017 und XXXX .2017 zumindest 35.000 Gramm Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 0,4 % Delta-9-THC und 4,6 % THCA an A.K. sowie an eine Vielzahl nicht mehr festzustellender Abnehmer gewinnbringend verkauften;

B.       Vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 15-fache der Grenzmenge des § 28b SMG übersteigenden Menge mit dem Vorsatz besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde, indem das Suchtgift zum Zwecke des gewinnbringenden Verkaufes in der Wohnung gelagert wurde, und zwar mit Z.J. am XXXX .2017 im bewussten und gewollten Zusammenwirken als unmittelbare Täter 23.361,9 Gramm Cannabiskaut mit einem Reinheitsgehalt von 0,4 % Delta-9-THC und 4,6 % THCA und 4,94 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von 86,4 %; und

C.       Vorschriftswidrig Suchtgift von einem nicht mehr festzustellenden Zeitpunkt bis XXXX .2017, konkret eine unbekannte Menge an Delta-9-THC-hältigem Cannabiskraut und Kokain bis zum Eigenkonsum sowie 1,8 Gramm Kokain bis zur Sicherstellung ausschließlich zum persönlichen Gebrauch durch Innehabung besessen.

Mildernd wurde dabei das reumütige Geständnis, der bisher ordentliche Lebenswandel und die Sicherstellung von Suchtgift, erschwerend jedoch das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit einem Vergehen gewertet.

Es wird festgestellt, dass der BF die besagten Straftaten begangen hat.

Der BF wurde mit Urteil des LG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX .2017 am selbigen Tag bedingt aus seiner Freiheitsstrafe entlassen.

Der BF absolvierte von XXXX .2019 bis XXXX .2019 aufgrund einer Weisung des LG XXXX , erfolgreich eine ambulante gesundheitsbezogene Maßnahme iSd. § 11 SMG beim XXXX .

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen und Geburtsdatum), zur Staatsangehörigkeit, zum Familienstand, zur Kinderlosigkeit, zum durchgehenden Aufenthalt in Österreich, zu den familiären Bezugspunkten im Bundesgebiet, zum Bestehen einer Lebensgemeinschaft sowie zur finanziellen Unterstützung durch die Familie und LG des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, jenen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Die Personalien zur Lebensgefährtin (im Folgenden: LG) des BF konnten aufgrund der Angaben des BF und Abfrage des Zentralen Melderegisters ermittelt werden. Auf einer Abfrage des Zentralen Melderegisters beruhen zudem die Feststellungen zu den Wohnsitzmeldungen des BF in Österreich, der Anhaltung in Justizanstalten sowie zum gemeinsamen Haushalt mit seiner LG.

Der Besitz der oben genannten Aufenthaltstitels sowie die Ausstellung einer Anmeldebescheinigung wiederum beruhen auf einer Abfrage des Zentralen Fremdenregisters und konnten aus einem Sozialversicherungsauszug die oben festgestellten Erwerbs- und Versicherungszeiten entnommen werden. Der Bezug von Sozialhilfeleistungen konnten dem besagten Auszug nicht entnommen werden.

Der vom BF am 07.05.2013 gestellt Antrag auf Verlängerung seines seinerzeitigen Aufenthaltstitels beruht auf einem Feststellungsbescheid des Amtes der XXXX Landesregierung, Magistratsabteilung 35, Zl.: XXXX , vom XXXX .2013, womit die Rechtsmäßigkeit des Aufenthalts des BF in Österreich von 09.05.2013 bis 03.07.2013 festgestellt wurde. (siehe AS 219)

Das Inskribieren an der Technischen Universität XXXX , sowie das nachweisliche Betreiben des besagten Studiums konnte der BF durch die Vorlage von Ablichtungen eines Studienerfolgsnachweises vom 12.02.2018 (siehe AS 165) sowie von Studienmeldungsbestätigungen (siehe AS 169 und 171) nachweisen. Das nicht festgestellt werden konnte, ob der BF das besagte Studium auch nach dem Sommersemester 2018 weiter betrieben hat, beruht auf dem Umstand, dass der BF als aktuellsten Nachweis seiner Studientätigkeit eine Bestätigung vom 12.02.2018 in Vorlage brachte, wonach bestätigt wurde, dass der BF die Fortführung seins Studiums für das Sommersemester 2018 gemeldet hat. Darüber hinausgehende, aktuellere Nachweise, die das Betreiben des Studiums seitens des BF nach dem Sommersemester 2018 belegen könnten, wurden seitens des BF weder vor der belangten Behörde noch im gegenständlichen Beschwerdeverfahren vorgelegt.

Den konsistenten Angaben des BF folgen ferner die Feststellungen zu seiner Geburt in Bosnien und Herzegowina (im Folgenden: BuH), zum Kennenlernen seiner LG vor ca. 8 ½ Jahren, zum Aufenthalt und Schulbesuch in Deutschland sowie zu den familiären Bezugspunkten in BuH und Deutschland. Zudem hat der BF eine Ablichtung eines Halbjahreszeugnisses der XXXX (Deutschland) des Schuljahres 97/98 vorgelegt (siehe AS 173) und lässt sich seine Geburt in BuH auch aus dem Zentralen Fremdenregister und Melderegister entnehmen.

Das Bestehen einer Einstellungszusage hat der BF durch Vorlage der diesbezüglichen Bestätigung der oben genannten Firma belegt (siehe AS 331) und erschließen sich die Deutschsprachkenntnisse aus dem Umständen, dass der BF in Deutschland die Schule besuchte, in Österreich ein Studium betrieben hat und zudem bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA keine Dolmetscherleistungen in Anspruch nehmen musste.

Die strafgerichtliche Verurteilung samt den näheren Ausführungen und der Feststellung, dass der BF die beschriebenen Straftaten begangen hat, beruhen auf einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich sowie einer Ausfertigung des oben zitierten Strafurteils. Die bedingte Entlassung wiederum beruht wiederum auf einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

Die wiederholten Arbeitserlaubnisse beruhen auf je einer Ablichtung der entsprechenden Bescheide des AMS (siehe AS 207f; 213f) und beruht die Ausstellung einer EU-Freizügigkeitsbestätigung an den BF ebenfalls auf einer im Akt einliegenden Ausfertigung derselben (siehe AS 341).

Die Gesundheit des BF beruht auf den bis dato unwiederrufen gebliebenen Angaben des BF vor der belangten Behörde, wobei er seine Gesundheit vorbrachte. Die Arbeitsfähigkeit des BF wiederum beruht auf seinem Gesundheitszustand sowie seinen Erwerbstätigkeiten im Bundesgebiet. Letztlich hat der BF bis dato das Vorliegen einer Krankheit und/oder einer Erwerbsunfähigkeit nicht vorgebracht.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zur Stattgabe der Beschwerde:

3.1.1.  Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, jede Person die die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Abs. 4 Z 8 leg cit als EWR-Bürger, jener Fremder, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.

Der BF als Staatsangehöriger von Kroatien ist sohin EWR-Bürger iSd. § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.

3.1.2. Der mit „Aufenthaltsverbot“ betitelte § 67 FPG lautet:

„§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)“

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

Der mit „Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate“ betitelte § 51 NAG lautet:

„§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1.       in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;

2.       für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder

3.       als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.

(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er

1.       wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;

2.       sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;

3.       sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder

4.       eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.

(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen.“

Der mit „Bescheinigung des Daueraufenthalts von EWR-Bürgern“ betitelte § 53a NAG lautet wie folgt:

„§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.

(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von

1.       Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;

2.       Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder

3.       durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.

(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie

1.       zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;

2.       sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder

3.       drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;

Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.

(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs. 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.

(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs. 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn

1.       sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;

2.       der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder

3.       der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat.“

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind (Z 2) und soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt. (Z 9).

Gemäß § 24 Abs. 1 NAG § 24. Sind Verlängerungsanträge (§ 2 Abs. 1 Z 11) vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels, frühestens jedoch drei Monate vor diesem Zeitpunkt, bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen; wobei nach Stellung eines Verlängerungsantrages der Antragsteller, unbeschadet der Bestimmungen nach dem FPG, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig ist.

Unter den im Gesetz nicht definierten Begriff der Berufsausbildung fallen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (jedenfalls) alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. (vgl. VwGH 22.12.2011, 2009/16/0315)

3.1.3. Der Beschwerde gegen den Bescheid des BFA war aus folgenden Gründen stattzugeben:

3.1.3.1. Der BF hält sich seit Ende 2006 durchgehend in Österreich auf, und wurde ihm beginnend mit 07.05.2011 erstmals ein Aufenthaltstitel erteilt. Am 04.07.2013 wurde dem BF eine Anmeldebescheinigung ausgestellt. In den Zeiträumen 01.07.2011 bis 15.06.2012, 15.11.2012 bis 18.11.2013 und 22.02.2018 bis 14.05.2018 ging der BF Erwerbstätigkeiten in Österreich nach und war er in den Zeiträumen 05.05.2011 bis 18.11.2013 und 13.02.2018 bis 21.02.2018 sozialversichert. Darüber hinaus wurde/wird der BF von seinen Eltern, seinem Bruder und seiner LG finanziell unterstützt. Unter Berücksichtigung dieser Sachverhalte, insbesondere das Fehlens eines umfassenden Versicherungsschutzes seit 19.11.2013, (siehe § 8 Abs. 1 Z 3 lit. i ASVG hinsichtlich der auf Unfälle beschränkte Versicherung von Studenten) kann nicht festgestellt werden, dass der BF insgesamt einen mehr als 5-jährigen durchgehend rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich zurückblicken kann. Vielmehr erfüllte der BF von 19.11.2013 bis 22.02.2018 sowie seit 15.05.2018 mangels eines umfassenden Versicherungsschutzes die Voraussetzungen iSd. § 51 Abs. 1 Z 3 iVm Z 2 NAG nicht, womit ihm im besagten Zeitraum auch kein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zukam. Aufgrund der Nichterfüllung eines unionsrechtlichen Daueraufenthaltsrechtes kommt dem BF, trotz insgesamt mehr als 10-jährigen Aufenthaltes in Österreich, das Privileg iSd. § 67 Abs. 1 5. Satz FPG, nicht zu. (vgl. EuGH 17.04.2018, C-424/16: wonach der Genuss des verstärkten Schutzniveaus iSd. Art 28 Abs. 3 lit. a der Richtlinie 2004/38/EG den Erwerb eines unionsrechtlichen Daueraufenthaltsrechtes bedingt).

Da vom BF, der aufgrund seiner kroatischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt somit die Voraussetzung eines durchgehenden rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet weder seit 5 noch 10 Jahren erfüllt ist, kommt für diesen der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 Satz 1 FPG für Unionsbürger zu Anwendung.

3.1.3.2. Gegen den BF als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots sohin gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 und 2 FPG nur zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet würde. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

„Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. - noch zu § 86 FPG in der Fassung vor dem FrÄG 2011, der Vorgängerbestimmung des § 67 FPG - etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. September 2007, Zl. 2007/21/0197, und vom 21. Februar 2013, Zl. 2012/23/0042, mwN).“ (VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039)

Zudem gilt es festzuhalten, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen eigenständig und unabhängig von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen sind (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096) und es bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes/Einreiseverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung geht. (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).

Die Bestimmungen der § 67 Abs. 1 und 2 FrPolG 2005 und § 66 Abs. 1 FrPolG 2005, beide idF FrÄG 2011, sind vor dem Hintergrund der unionsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2004/38/EG - Freizügigkeitsrichtlinie, deren Umsetzung sie dienen, zu verstehen. Demnach sind sie in ihrem Zusammenspiel dahin auszulegen, dass hinsichtlich Personen, die das Daueraufenthaltsrecht erworben haben, nicht nur bei der Ausweisung, sondern auch bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes der in § 66 Abs. 1 letzter Satzteil FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 vorgesehene Gefährdungsmaßstab, der jenem in Art. 28 Abs. 2 der genannten Richtlinie entspricht, heranzuziehen ist (Hinweis E 13. Dezember 2012, 2012/21/0181; E 12. März 2013, 2012/18/0228). Dieser Maßstab liegt im abgestuften System der Gefährdungsprognosen über dem Gefährdungsmaßstab nach dem ersten und zweiten Satz des § 67 Abs. 1 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011. (vgl. VwGH 22.01.2014, 2013/21/0135)

3.1.3.3. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihres Briefverkehrs.

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit ein Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, wie sie eine Ausweisung eines Fremden darstellt, kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die Ausweisung einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt:

Die Zulässigkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, insbesondere die gegenständlichen Rückkehrentscheidung, setzt nach § 9 Abs. 1 BFA-VG unter dem dort genannten Gesichtspunkt eines Eingriffs in das Privat- und/oder Familienleben voraus, dass ihre Erlassung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (vgl. VwGH vom 12.11.2015, Zl. Ra 2015/21/0101).

Wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits in zwei Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zl. B 328/07 und Zl. B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art. 8 EMRK abzuwägen, wenn sie eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom VfGH auch unterschiedliche – in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte – Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art. 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht:

•        die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.09.2004, Ghiban, Zl. 11103/03, NVwZ 2005, 1046),

•        das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; 20.06.2002, Al-Nashif, Zl. 50963/99, ÖJZ 2003, 344; 22.04.1997, X, Y und Z, Zl. 21830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00),

•        die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

•        den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 04.10.2001, Adam, Zl. 43359/98, EuGRZ 2002, 582; 09.10.2003, Slivenko, Zl. 48321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.06.2005, Sisojeva, Zl. 60654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 05.07.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124),

•        die Bindungen zum Heimatstaat,

•        die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 11.04.2006, Useinov, Zl. 61292/00), sowie

•        auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 05.09.2000, Solomon, Zl. 44328/98; 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567; 21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99; 23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09).

Hinsichtlich der Rechtfertigung eines Eingriffs in die nach Art. 8 EMRK garantierten Rechte muss der Staat ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft schaffen, wobei er in beiden Fällen einen gewissen Ermessensspielraum hat. Art. 8 EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren und Familienzusammenführungen zuzulassen. Jedoch hängt in Fällen, die sowohl Familienleben als auch Einwanderung betreffen, die staatliche Verpflichtung, Familienangehörigen von ihm Staat Ansässigen Aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse ab. Von Bedeutung sind dabei das Ausmaß des Eingriffs in das Familienleben, der Umfang der Beziehungen zum Konventionsstaat, weiters ob im Ursprungsstaat unüberwindbare Hindernisse für das Familienleben bestehen, sowie ob Gründe der Einwanderungskontrolle oder Erwägungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung für eine Ausweisung sprechen. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten (EGMR 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07, mwN; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09; 03.11.2011, Arvelo Aponte, Zl. 28770/05; 14.02.2012, Antwi u.a., Zl. 26940/10).

„Bei Beurteilung der Frage, ob die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 zur Aufrechterhaltung des Privat- und/oder Familienlebens iSd Art. 8 MRK geboten ist bzw. ob die Erlassung einer Rückkehrentscheidung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die nach Art. 8 MRK geschützten Rechte darstellt, ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG 2014 genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG 2014 ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. E 12. November 2015, Ra 2015/21/0101).“ (vgl. VwGH 08.11.2018, Ra 2016/22/0120)

Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurden etwa Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen. Diese Rechtsprechung zu Art. 8 MRK ist auch für die Erteilung von Aufenthaltstiteln relevant (vgl. E 26. Februar 2015, Ra 2015/22/0025; E 19. November 2014, 2013/22/0270). Auch in Fällen, in denen die Aufenthaltsdauer knapp unter zehn Jahren lag, hat der VwGH eine entsprechende Berücksichtigung dieser langen Aufenthaltsdauer gefordert (vgl. E 16. Dezember 2014, 2012/22/0169; E 9. September 2014, 2013/22/0247; E 30. Juli 2014, 2013/22/0226). Im Fall, dass ein insgesamt mehr als zehnjähriger Inlandsaufenthalt für einige Monate unterbrochen war, legte der VwGH seine Judikatur zum regelmäßigen Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt des Fremden zugrunde (vgl. E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082). (Vgl. VwGH 08.11.2018, Ra 2016/22/0120

Im Fall, dass ein insgesamt mehr als zehnjähriger Inlandsaufenthalt für einige Monate unterbrochen war, legte der VwGH seine Judikatur zum regelmäßigen Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt des Fremden zugrunde (vgl. E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082). (Vgl. VwGH 08.11.2018, Ra 2016/22/0120

„Nach § 66 Abs. 2 FrPolG 2005 und § 9 BFA-VG 2014 ist bei Erlassung einer auf § 66 FrPolG 2005 gestützten Ausweisung eine Abwägung des öffentlichen Interesses an der Beendigung des Aufenthalts des EWR-Bürgers mit dessen Interesse an einem Verbleib in Österreich vorzunehmen, bei der insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts im Bundesgebiet, das Alter, der Gesundheitszustand, die familiäre und wirtschaftliche Lage, die soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß der Bindungen zum Heimatstaat sowie die Frage der strafgerichtlichen Unbescholtenheit zu berücksichtigen sind.“ (VwGH 30.08.2018, Ra 2018/21/0049)

„Es trifft zwar zu, dass im Rahmen einer Interessenabwägung nach Art. 8 MRK bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt eines Fremden in der Regel von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen ist (vgl. VwGH 1.2.2019, Ra 2019/01/0027, mwN). Diese Rechtsprechung betraf allerdings nur Konstellationen, in denen sich aus dem Verhalten des Fremden - abgesehen vom unrechtmäßigen Verbleib in Österreich - sonst keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ergab. Die "Zehn-Jahres-Grenze" spielte in der bisherigen Judikatur nur dann eine Rolle, wenn einem Fremden kein - massives - strafrechtliches Fehlverhalten vorzuwerfen war (vgl. VwGH 10.11.2015, Ro 2015/19/0001, mwN).“ (VwGH 28.02.2019, Ra 2018/01/0409)

Ein Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat. Dieser Zeitraum ist nach den Grundsätzen der Judikatur umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden - etwa in Hinblick auf das der strafgerichtlichen Verurteilung zu Grunde liegende Verhalten oder einen raschen Rückfall - manifestiert hat (vgl. zum Ganzen VwGH 26.4.2018, Ra 2018/21/0027, mwN). (vgl. VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0118)

„Soweit die Revision auf die Rechtsprechung des VwGH zur Suchtgiftdelinquenz, wonach diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstelle, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben sei und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse bestehe (vgl. etwa VwGH 29.3.2012, 2011/23/0662; 20.8.2013, 2013/22/0082), sowie auf jene Rechtsprechung, der zufolge es grundsätzlich im Fall von strafbaren Handlungen infolge Gewöhnung an Suchtmittel neben dem Abschluss einer Therapie noch eines maßgeblichen Zeitraums des Wohlverhaltens bedarf, um einen Wegfall der Gefährdung annehmen zu können (vgl. etwa 22.5.2014, Ro 2014/21/0007, mwN) verweist, bedeutet dies nicht, dass in jeglichen Fällen einer Suchtmitteldelinquenz und einer zur Überwindung derselben vorgenommenen Therapie eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gerechtfertigt wäre (vgl. etwa zu einem Fall, in dem - wie hier - das Strafgericht nach § 39 Abs. 1 SMG vorgegangen ist, VwGH 19.5.2015, Ra 2015/21/0001). Vielmehr ist auch diesfalls die Beurteilung anhand der Umstände des Einzelfalls vorzunehmen.“ (vgl. VwGH 01.03.2018, Ra 2018/19/0014)

3.1.3.4. Der BF wurde unbestritten wegen der Verbrechen des Suchtgifthandels und der Vorbereitung zum Suchtgifthandel sowie wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 30 Monaten, wovon nur 10 Monate unbedingt ausgesprochen wurden, verurteilt.

Das vom BF gezeigte Verhalten kann grundsätzlich als schwerwiegend eingestuft werden. Insbesondere angesichts der Suchtgiftmengen und des Zusammenwirkens mit einem weiteren Mittäter. Es steht außer Zweifel, dass das vom BF gezeigte Verhalten ein Fehlen einer Verbundenheit zu rechtsstaatlich geschützten Werten erkennen lässt und eine schwerwiegende Beeinträchtigung öffentlicher Interessen darstellt.

So hat der VwGH wiederholt festgehalten, dass ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von Suchtgiftdelikten vorherrscht (vgl. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0249).

Gegenständlich gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass es sich bei der besagten Verurteilung um die erste des BF handelt, die Straftaten des BF überwiegend mit „weichen Drogen“ im Zusammenhang standen, seit der letzten Tat des BF mittlerweile beinahe 3 Jahre und 4 Monate, wovon der BF bereits 2 ½ Jahre in Freiheit verbracht hat, vergangen sind, in jenen er sich wohl verhalten hat, er zudem erfolgreich eine Therapie absolviert hat und sich sowohl vor dem Strafgericht als auch vor der belangten Behörde und in der gegenständlichen Beschwerde reuig zeigte. Ferner hält sich der BF seit nunmehr 13 ½ Jahren durchgehend im Bundesgebiet auf, führt er mit einer Österreicherin eine langjährige Beziehung, ist er wiederholt Erwerbstätigkeiten nachgegangen und hat er weitere Bemühungen hinsichtlich des neuerlichen Erhalts einer Arbeit angestrengt und hat er Studienerfolge vorzuweisen.

In Zusammenschau dessen kann nicht nur das Vorliegen eines berücksichtigungswürdigen Privat- und Familienleben iSd. Art 8 EMRK beim BF festgestellt, sondern diesem auch eine positive Zukunftsprognose erstellt werden.

Nach erfolgter Abwägung sich widerstreitender öffentlicher und privater Interessen ist zum Schluss zu kommen, dass sich die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes im konkreten Fall, insbesondere aus Sicht des Art 8 EMRK, als nicht zulässig erweist.

Demzufolge war der Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung „wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Für eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. So ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht hinreichend nachgekommen. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konnte im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, weil der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde samt Ergänzung geklärt war. Was das Vorbringen des BF in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein neues bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen, welches die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätte.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot Behebung der Entscheidung Interessenabwägung Privat- und Familienleben Suchtmitteldelikt Voraussetzungen Wegfall der Gründe Zukunftsprognose

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G306.2225964.1.00

Im RIS seit

21.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

21.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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