Entscheidungsdatum
14.07.2020Norm
AsylG 2005 §8 Abs1Spruch
G305 2192712-1/23E
G305 2192714-1/23E
G305 2192715-1/25E
G305 2192706-1/25E
G305 2192709-1/23E
G305 2192716-1/23E
G305 2192717-1/22E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX (BF1), der XXXX , geb. XXXX (BF2), des XXXX , geb. XXXX (BF3), des XXXX , geb. am XXXX (BF4), des XXXX , geb. XXXX (BF5), der minderjährigen XXXX , geb. XXXX (mj. BF6), und der minderjährigen XXXX , geb. XXXX (mj. BF7); alle StA. Irak, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD Wien, vom XXXX .03.2018, Zl. XXXX (BF1), XXXX (BF2), XXXX (BF3), XXXX (BF4), XXXX (BF5), XXXX (mj. BF6), XXXX (mj. BF7), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.12.2019, zu Recht erkannt:
A)
Die Bescheide vom XXXX .03.2018, Zlen. XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , werden in dem mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom XXXX .06.2020, Zl. XXXX , aufgezeigten Umfang aufgehoben und die darin vertretene Rechtsansicht hergestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) sind Staatsangehörige der Republik Irak und stellten am XXXX .08.2015 im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz. Am 17.09.2015 fand jeweils eine Erstbefragung der BF vor Organen der LPD XXXX statt.
Der BF1 brachte dabei als Fluchtgrund vor, er sei Anfang August 2015 von IS-Kämpfern entführt worden, woraufhin von seiner Familie Lösegeld für seine Freilassung verlangt worden sei [BF1; Niederschrift über die Erstbefragung vom 17.09.2015, S. 5].
2. Am 19.10.2017 wurden der BF1, die BF2 und ihre beiden zu diesem Zeitpunkt bereits volljährigen Mitbeschwerdeführer, und zwar die BF3 und die BF4, jeweils von einem Organ des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA oder belangte Behörde) niederschriftlich einvernommen.
Dabei brachte der BF1 vor, dass er am XXXX .08.2015 entführt worden sei und dass in der Folge die Familie mit einer Lösegeldforderung für seine Freilassung konfrontiert worden sei.
Befragt, wer ihn entführt habe, wann dies passiert sei, und zu konkreten Angaben zur Entführung aufgefordert, gab der BF1 wörtlich an:
„Ich weiß nicht, wer die Entführer waren. Ich weiß nicht, welche Gruppierung mich entführte. Mehr kann ich nicht sagen. Deshalb habe ich mich entschlossen, das Land zu verlassen.“ [Niederschrift über Einvernahme vor BFA, S. 5]
Befragt nach weiteren Fluchtgründen antwortete der BF1 ausdrücklich mit „Nein“. [Niederschrift über Einvernahme vor BFA, S. 5, 6]
Die übrigen beschwerdeführenden Parteien (in der Folge: so oder kurz: bfP) bezogen sich vor dem BFA auf die Fluchtgründe ihres Ehegatten bzw. Vaters.
3. Mit Bescheiden vom XXXX .03.2018 sprach die belangte Behörde aus, dass die Anträge der bfP auf Erteilung von internationalem Schutz vom 26.08.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Irak gemäß § 8 Abs. 1 AsylG abgewiesen werden (Spruchpunkt II.), ihnen ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm. § 9 BFA-VG gegen die BF jeweils eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen werde (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt werde, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen worden sei, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise der BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).
4. Gegen diese Bescheid erhoben die bfP im Wege ihrer ausgewiesenen Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde. Dabei wurde jeweils beantragt, eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen, der Beschwerde stattzugeben und ihnen den Status des Asylberechtigten, in eventu den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, in eventu die Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig zu erklären und den bfP eine Aufenthaltsberechtigung zu erteilen, in eventu den angefochtenen Bescheid zur Verfahrensergänzung und Erlassung einer neuen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
5. Die gegenständliche Beschwerde wurde dem BVwG samt den Verwaltungsakten am 17.04.2018 vorgelegt.
6. Am 19.12.2019 wurde vor dem BVwG eine mündliche Verhandlung durchgeführt, im Zuge deren die BF1 bis BF4, im Beisein ihres Rechtsvertreters, eines Sachverständigen und einer Dolmetscherin für die arabische Sprache einvernommen wurden.
7. Am 23.12.2019 wurde seitens des BVwG eine ACCORD-Anfrage gestellt, zusammengefasst dazu, wie die Lage für sunnitische Araber in der Provinz XXXX aussieht, und ob es im Irak bzw. in XXXX auch Behandlungsmöglichkeiten für die Diabetes-Erkrankung des BF1 gibt.
8. Die angeforderte ACCORD-Anfragebeantwortung vom 22.01.2020 langte am 23.01.2020 bei der zuständigen Gerichtsabteilung des BVwG ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die im Spruch genannten Beschwerdeführer, XXXX , geb. XXXX (BF1), XXXX , geb. XXXX (BF2), XXXX , geb. XXXX (BF3), XXXX , geb. XXXX (BF4), XXXX , geb. XXXX (BF5), die minderjährige XXXX , geb. XXXX (mj. BF6) und die minderjährige XXXX , geb. XXXX (mj. BF7) sind allesamt Staatsangehörige der Republik Irak.
Sie stammen aus XXXX und gehören der muslimisch-sunnitischen Glaubensrichtung an.
Der BF1 und die BF2 sind miteinander verheiratet und die Eltern der nunmehr volljährigen BF1 bis BF5 sowie der noch minderjährigen BF6 und BF7.
Die Muttersprache der bfP ist Arabisch.
1.2. Zur Ausreise, Einreise und Asylantragstellung der bfP:
Am XXXX .08.2015 reisten die beschwerdeführenden Parteien legal aus dem Irak aus, zunächst von XXXX aus mit dem Flugzeug in die Türkei, und in der Folge von dort (schlepperunterstützt) nach Griechenland und von hier über die Balkanroute nach Österreich.
Nach ihrer zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt erfolgten Einreise ins österreichische Bundesgebiet stellten die bfP am 26.08.2015 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
1.3. Zur individuellen Situation der BF:
1.3.1. Der BF1 und die BF2 haben in XXXX verbliebene Familienangehörige, der BF1 eine Schwester mit drei zur Schule gehenden minderjährigen Kindern, die zusammen mit dem geistig behinderten Bruder des BF1 in gemeinsamem Haushalt zusammenleben und ihren Lebensunterhalt mit der Witwenpension der Schwester des BF1 bestreiten können; die BF2 ihre Eltern und zwei Schwestern sowie zwei Brüder samt Familie, die jeweils alle in einem eigenen Haus wohnen, wobei die schulpflichtigen Kinder der Geschwister der BF2 zur Schule gehen und manche ihrer Geschwister bereits verheiratet sind und die Brüder der BF2 im Gegensatz zu den verheirateten Schwestern, die in einer traditionellen Familienstruktur leben, einer Erwerbstätigkeit nachgehen.
Die bfP halten den Kontakt zu ihren im Irak verbliebenen Familienangehörigen über Telefon und Internet aufrecht.
Während die bfP in ihrem Herkunftsstaat noch familiäre Anknüpfungspunkte haben, haben sie abgesehen von einem Bruder und einem Cousin der BF2, zu welchen die BF2 lediglich Telefonkontakt, jedoch keine darüber hinausgehendes (Abhängigkeits-) Verhältnis hat, in Österreich keinen weiteren familiären Anknüpfungspunkte. In der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG gab die BF2 auf die Frage, ob sie von ihrem Bruder oder ihrem Cousin unterstützt werde, ausdrücklich an: „Nein; ich lebe in einer Unterkunft und dort bekomme ich Grundversorgung“ [VH-Niederschrift vom 19.12.2019, S. 16]. Lediglich in Schweden lebt noch ein Bruder der BF2.
1.3.2. Die im Herkunftsstaat - in XXXX - aufhältigen Familienangehörigen der bfP können sich auf dieselbe Art und Weise versorgen, wie es diesen selbst vor ihrer Ausreise aus dem Herkunftsstaat selbst möglich war. So haben die bfP vor ihrer Ausreise aus dem Herkunftsstaat Lebensmittel in nahegelegenen kleinen Geschäften eingekauft und vorwiegend Wasser aus dem nahegelegenen Fluss zum Trinken und Kochen verwendet. Der BF1 hat seiner Familie zudem, wenn er in XXXX gearbeitet hat, auch Wasser in Flaschen aus XXXX mitgebracht.
Im Herkunftsstaat konnten die bfP den Lebensunterhalt vorwiegend vom Erwerbseinkommen des BF1 als XXXX bestreiten. Dabei ist hervorzuheben, dass die BF3 und BF4 von 2011 bis 2015 durch ihre Arbeit als XXXX selbsterhaltungsfähig waren. In Österreich lebt die Familie ausschließlich von Mitteln aus der staatlichen Unterstützung (sohin von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung). Vor ihrer Ausreise war die BF2 Hausfrau und nicht erwerbstätig.
1.3.3. Der BF1 leidet an Diabetes-Mellitus. Er wurde wegen seiner Diabetes-Erkrankung bereits vor seiner Ausreise in seinem Herkunftsstaat behandelt und erhält auch nunmehr in Österreich Insulin und für seine Erkrankung geeignete Medikamente.
Die übrigen BF sind gesund und benötigen keine Medikamente, wie glaubhaft im Zuge der mündlichen Verhandlung vorgebracht wurde [VH-Niederschrift vom 19.12.2019, S. 5].
1.4. Zu den Fluchtgründen der beschwerdeführenden Parteien:
Die bfP hatten im Irak weder mit der Polizei, noch mit den Verwaltungsbehörden oder mit den Gerichten des Herkunftsstaates ein Problem [VH-Niederschrift vom 19.12.2019, S. 11.]
Keiner von ihnen war je Mitglied einer politischen Partei oder einer anderen politisch aktiven Bewegung oder bewaffneten Gruppierung bzw. hatte auch niemand von ihnen Kontakt zu Milizen oder sonstigen bewaffneten Gruppierungen [VH-Niederschrift vom 19.12.2019, S. 10f].
Keine der bfP wurde jemals aufgrund ihrer Religions-, Volksgruppenzugehörigkeit oder aus politischen Gründen bedroht [PV des BF1 in VH-Niederschrift vom 19.12.2019, S. 21].
Das Fluchtvorbringen des BF1 gründet sich auf eine angebliche Entführung seiner Person und eine daran anknüpfende Lösegeldforderung an seine Familie. Auf diesen Grund, der ausschließlich den BF1 betrifft, stützen sich auch die übrigen Familienangehörigen. Diese Angaben, die bei der stattgehabten PV vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Steigerung gegenüber dem Vorbringen vor der belangten Behörde erfuhren und hinsichtlich derer sich der BF1 zunehmend in Widersprüche verstrickte, sind insgesamt unglaubwürdig.
Festgestellt werden kann, dass die beschwerdeführenden Parteien den Herkunftsstaat ausschließlich in Erwartung besserer Lebensbedingungen im Ausland verlassen haben.
1.5. Zu den Aktivitäten der BfP im Bundesgebiet:
Die bfP konnten sich im Bundesgebiet einige Deutschkenntnisse aneignen und haben nachweislich 2016, 2017 Deutsch- bzw. Integrationskurse besucht:
- Der BF1 besuchte nachweislich im Zeitraum von April bis Juli 2017 einen Deutschkurs „ XXXX “, im Mai und Juni 2017 diverse Integrationskurse und ab September 2017 einen Kurs „ XXXX “,
- die BF2 von Juli 2016 bis August 2016 einen Deutschkurs „A1+“, von Oktober 2016 bis Dezember 2016 einen Deutschkurs „A2+“, von Februar 2017 bis April 2017 einen Deutschkurs „A2“, von April 2017 bis Juni 2017 einen Deutschkurs „A2+“, wie ihr Ehegatte im Mai und Juni 2017 diverse Integrationskurse, und ab September 2017 einen neuerlichen Deutschkurs „A2“,
- der BF3 nachweislich im Zeitraum von Juli 2016 bis August 2016 einen Deutschkurs „A2“, von Oktober 2016 bis Dezember 2016 einen weiteren Deutschkurs „A2+“, und ab Oktober 2017 einen Integrationskurs, und
- der BF4 nachweislich im März 2016 und Februar 2017 diverse Integrationskurse.
Während der BF4 nachweislich ein ÖSD-Sprachzertifikat A2 erworben hat, hat der BF1 nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung keine Deutschprüfung abgelegt [VH-Niederschrift, S. 18], und wurden für die von der BF2 und vom BF3 nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung abgelegten Deutschprüfungen (Deutschprüfungen der BF1 „A1, A2“ und des BF3 „A2, B1“) keine Nachweise erbracht.
Es liegen zudem mit Oktober 2017 datierte Nachweise bzw. Dienstzeugnisse über ehrenamtliche Tätigkeiten der BF1, BF2, BF3 und BF4 in Österreich vor.
Der BF4 besuchte zudem nachweislich ab Oktober 2017 ein schulanaloges Bildungsprojekt, über welches Jugendliche und junge Erwachsene die Möglichkeit haben, bis zu 24 Monaten an einem geregelten Unterricht teilzunehmen und sich im Zuge dessen auf eine weiterführende Schule, Ausbildung oder Arbeit vorzubereiten. Laut Schreiben der Bildungseinrichtung von Oktober 2017 hat der BF4 Deutsch-Niveaustufe B1.1 erreicht. Weitere Integrationsnachweise nach diesem Schreiben von Oktober 2017 wurden jedenfalls nicht erbracht.
Der BF5 hat in Österreich nachweislich im Schuljahr 2016/2017 die achte Schulstufe einer Öffentlichen Neuen Mittelschule besucht. Nachweise für den laut seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung im Jahr 2018 absolvierten Polytechnischen Lehrgang und die Bewerbung für eine bestimmte Arbeitsstelle danach wurden nicht vorgelegt.
Die BF6 hat nachweislich im Schuljahr 2016/2017 die fünfte Schulstufe einer Öffentlichen Neuen Mittelschule besucht und besucht diese laut Angaben in der mündlichen Verhandlung immer noch, ein Nachweis für ihren aktuellen Schulbesuch liegt jedenfalls nicht vor, ebenso wie auch kein Nachweis für den in der mündlichen Verhandlung angeführten aktuellen Volksschulbesuch der BF7 vorgelegt wurde.
Vorgelegt wurde jedenfalls ein seitens der Asylunterkunft der BF im Oktober 2017 für die Familie der BF abgegebenes Unterstützungsschreiben.
1.5.1. Gegenwärtig liegen lediglich bis einschließlich Oktober 2017 datierte Nachweise für die von den bfP im Bundesgebiet gesetzten Integrationsschritte (diverse Deutsch- und Integrationskurse, ehrenamtliche Tätigkeit, Schulbesuch) aus dem behördlichen Ermittlungsverfahren vor; in der bzw. bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (und auch danach) wurden keine Nachweise erbracht, die für eine eine weitergehende Integration der bfP sprechen würden.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
Gemäß § 87 Abs. 2 VfGG, BGBl. I Nr. 85/1953 idgF. sind die Verwaltungsgerichte und die Verwaltungsbehörden im Fall der Stattgebung einer Beschwerde verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache den der Rechtsanschauung des Verfassungsgerichtshofs entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
Anlassbezogen hat der Verfassungsgerichtshof mit dem Bezug habenden Erkenntnis vom XXXX .06.020, Zl. XXXX , den gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.02.2020, 1.) Zl. G305 2192712-1/11E, 2.) G305 2192712-1/12E, 3.) G305 2192715-1/14E, 4.) G305 2192706-1/14E, 5.) G305 2192709-1/12E, 6.) G305 2192716-1/12E und 7.) G305 2192717-1/12E erhobenen Beschwerden der beschwerdeführenden Parteien teilweise Folge gegeben, indem ausgesprochen wurde, dass die Beschwerdeführer durch das angefochtene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, soweit damit die Beschwerden gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, gegen den Ausspruch, dass die Abschiebung in den Irak zulässig ist und gegen die Festsetzung einer vierzehntägigen Frist zur freiwilligen Ausreise abgewiesen werde, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden sei, weshalb das Erkenntnis insoweit aufgehoben werde und sprach aus, dass die Behandlung der Beschwerde im Übrigen abgelehnt werde.
Seine Entscheidung begründete der VfGH im Kern damit, dass die Beschwerdeführer durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit deren Beschwerden gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak, gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, gegen den Ausspruch, dass die Abschiebung in den Irak zulässig ist und gegen die Festsetzung einer vierzehntägigen Frist zur freiwilligen Ausreise abgewiesen werden, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (Art. I Abs. 1 Bundesverfassungsgesetz BGBl. 390/1973) verletzt worden sei, weshalb das Erkenntnis in diesem Umfang aufzuheben gewesen sei.
Dabei stützt sich das Höchstgericht auf angebliche Fehler, die dem Bundesverwaltungsgericht bei seiner Entscheidung hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten unterlaufen wären und unterstellt dem Bundesverwaltungsgericht, sein vor dem Verfassungsgerichtshof in Beschwerde gezogenes Erkenntnis „mit Willkür behaftet“ zu haben. Zudem unterstellte der Verfassungsgerichtshof, dass das erlassene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts im Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. Nr. 390/1973, stehe.
Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen hat der Verfassungsgerichtshof in seinem vom Bundesverwaltungsgericht nunmehr umzusetzenden Erkenntnis erkennbar nicht angestellt.
Der Verfassungsgerichtshof hat sein Erkenntnis vom XXXX .06.2020, Zl. XXXX , im Rahmen der Sonderverwaltungsgerichtsbarkeit gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG erlassen.
Die Bestimmung des Art. 144 Abs. 1 B-VG hat folgenden Wortlaut:
„Artikel 144. (1)
Der Verfassungsgerichtshof erkennt über Beschwerden gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes, soweit der Beschwerdeführer durch das Erkenntnis in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, einer gesetzwidrigen Kundmachung über die Wiederverlautbarung eines Gesetzes (Staatsvertrages), eines verfassungswidrigen Gesetzes oder eines rechtswidrigen Staatsvertrages in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
(2) Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde bis zur Verhandlung durch Beschluss ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist.
(3) Findet der Verfassungsgerichtshof, dass durch das angefochtene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ein Recht im Sinne des Abs. 1 nicht verletzt wurde, hat er auf Antrag des Beschwerdeführers die Beschwerde zur Entscheidung darüber, ob der Beschwerdeführer durch das Erkenntnis in einem sonstigen Recht verletzt wurde, dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten. Auf Beschlüsse gemäß Abs. 2 ist der erste Satz sinngemäß anzuwenden.
(4) Auf die Beschlüsse der Verwaltungsgerichte sind die für ihre Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Artikels sinngemäß anzuwenden. Inwieweit gegen Beschlüsse der Verwaltungsgerichte Beschwerde erhoben werden kann, bestimmt das das die Organisation und das Verfahren des Verfassungsgerichtshofes regelnde besondere Bundesgesetz.
(5) Soweit das Erkenntnis oder der Beschluss des Verwaltungsgerichtes die Zulässigkeit der Revision zum Inhalt hat, ist eine Beschwerde gemäß Abs. 1 unzulässig.“
Nach dieser Bestimmung ist der Verfassungsgerichtshof ermächtigt, über Beschwerden gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes, soweit der Beschwerdeführer durch das Erkenntnis in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, einer gesetzwidrigen Kundmachung über die Wiederverlautbarung eines Gesetzes (Staatsvertrages), eines verfassungswidrigen Gesetzes oder eines rechtswidrigen Staatsvertrages in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, zu erkennen.
In seinem Erkenntnis vom XXXX .06.2020 hat sich der Verfassungsgerichtshof nach eigenen Angaben und auch erkennbar nicht damit auseinandergesetzt, ob die Beschwerdeführer durch das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht und, wenn ja, in welchem, bzw. wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, einer gesetzwidrigen Kundmachung über die Wiederverlautbarung eines Gesetzes (Staatsvertrag), eines verfassungswidrigen Gesetzes oder eines rechtswidrigen Staatsvertrages verletzt wurden, weshalb er sich damit in Widerspruch zu Art. 144 B-VG gesetzt hat.
Zwar vertritt der Gerichtshof die Anschauung, dass das in Beschwerde gezogene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gegen das Bundesverfassungsgesetz vom 3. Juli 1973, BGBl. Nr. 390/1973, verstoße bzw. im erlassenen Erkenntnis ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes zu erblicken sei; eine Begründung, worin nun der Verstoß gegen das zitierte Bundesverfassungsgesetz besteht bzw. wie und worin die (fremden) Beschwerdeführer durch das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts im Vergleich mit anderen Fremden verletzt worden sein sollen, bleibt er allerdings schuldig.
Ungeachtet dieser dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs anhaftenden Fehler wird nicht verkannt, dass selbst Erkenntnisse dieser Art vom Verwaltungsgericht umzusetzen sind.
Aus den angeführten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zum Erfordernis der Glaubhaftmachung der vorgebrachten Gründe und zum Neuerungsverbot auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Rechtsanschauung des VfGHEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G305.2192716.1.01Im RIS seit
21.09.2020Zuletzt aktualisiert am
21.09.2020