TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/21 G306 2209341-2

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Veröffentlicht am 21.07.2020
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Entscheidungsdatum

21.07.2020

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art133 Abs4

Spruch

G306 2209341-2/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , staatenlos, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.08.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)       Die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis II. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet a b g e w i e s e n .

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Erkenntnis des BVwG, G306 2209341-1/9E, vom 20.11.2018, wurde gegen den Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG iVm. § 9 BFA-VG sowie ein auf drei Jahren befristetes Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 FPG erlassen.

2. Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Zl. XXXX , vom XXXX .2019, wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm. § 57 Abs. 1 AVG über den BF zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft angeordnet.

3. Am 11.07.2019 stellte der BF im Stande der Schubhaft den gegenständlichen Antrag auf Zuerkennung des Internationalen Schutzes iSd. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG.

4. Am 12.07.2019 fand vor einem Organ der Bundespolizei die niederschriftlichen Erstbefragungen des BF statt.

5. Am 29.07.2019 wurde der BF im Asylverfahren niederschriftlich durch das BFA einvernommen.

6. Mit dem oben im Spruch genannten Bescheid des BFA, dem BF zugestellt am 01.08.2019, wurde der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kosovo gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.), sowie einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

7. Mit per E-Mail am 21.08.2019 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz erhob der BF durch seine damalige Rechtsvertretung (im Folgenden: RV), Verein „LegalFocus“, Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).

Darin wurde neben der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Behebung des Bescheides und Feststellung, dass der Staat Kosovo völkerrechtlich und auf Grundlage von binationalen Abkommen nicht berechtigt sei, den BF zu übernehmen, beantragt.

8. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom BFA vorgelegt und sind am 23.08.2019 beim BVwG eingelangt.

9. Mit Teilerkenntnis des BVwG, GZ.: G306 2214605-1/2E, vom 27.08.2019, der damaligen RV des BF zugestellt am 02.09.2019, wurde der Antrag des BF auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zurückgewiesen (Spruchpunkt A.), die Beschwerde hinsichtlich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung als unbegründet abgewiesen sowie der gegenständlichen Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt (Spruchpunkt B.).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum) und ist staatenlos. Er ist ledig und bekennt sich zum islamischen Glauben. Die Muttersprache des BF ist albanisch.

Der BF wurde in Italien geboren, reiste jedoch im Alter von zwei Monaten mit seiner Mutter zurück in den Kosovo, wo er bis zu seinem 7. Lebensjahr lebte und seinen Lebensmittelpunkt hatte. Im Alter von 6 Jahren hat der BF gemeinsam mit seiner Mutter den Herkunftsstaat Kosovo verlassen und reiste er mit dieser nach Österreich, wo er sich bis zu seiner Abschiebung am XXXX .2019 durchgehend aufhielt.

Der BF ist im Kosovo mit Personalnummer XXXX , registriert.

Dem BF wurde seine kosovarische Staatsbürgerschaft auf seinen Antrag hin mit Bescheid des Ministeriums für Innere Angelegenheiten, Amt für Staatsangehörigkeit, des Staates Kosovo, vom XXXX .2017 entzogen. Einen vom BF am XXXX .2017 gestellten Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft hat er am XXXX .2018 zurückgezogen.

Der BF absolvierte im Bundesgebiet die Grundschulausbildung (4 Jahre Volk- und 4 Jahre Hauptschule), besuchte zudem 1 Jahr eine Höhere technische Lehranstalt und hat am XXXX .2018 eine Lehre als Maurer begonnen. In Österreich halten sich die Eltern, eine Schwester und weitere Verwandte des BF auf.

Der BF ist gesund und arbeitsfähig.

Der BF weist folgende Verurteilungen in Österreich auf:

LG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX .2018, RK XXXX .2018, wegen §§ 127, 229 (1) StGB, § 241e (1) 1. Satz StGB, §§ 142 (1), 143 (1) 2. Fall StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten, wovon 14 Monate bedingt nachgesehen wurden.

BG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX .2018, RK XXXX .2018, wegen § 91 (2) 1. Fall StGB, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 10 Wochen.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass sich Angehörige des BF im Kosovo aufhalten.

Mit Erkenntnis des BVwG, GZ.: G306 2209341-1/9E, vom 20.11.2018, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung samt 3-jährigem Einreiseverbot erlassen.

Der Staat Kosovo hat am 21.06.2019 sowie 29.08.2019 der Ausstellung eines Heimreisezertifikates in Bezug auf den BF zugestimmt und wurde am XXXX .2019 ein Heimreisezertifikat von der kosovarischen Botschaft in Wien tatsächlich ausgestellt.

Der BF wurde am XXXX .2019 auf dem Luftweg in den Kosovo abgeschoben, wo er aktuell, konkret in XXXX , wohnhaft ist.

Die Republik Kosovo gilt als sicherer Herkunftsstaat.

Der BF verlies seinen Herkunftsstaat Kosovo seinerzeit aus wirtschaftlichen Überlegungen.

Ein konkreter Anlass für das (fluchtartige) Verlassen des Herkunftsstaates Kosovo konnte nicht festgestellt werden. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass der BF im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat Kosovo mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Bedrohungsgefahr ausgesetzt ist oder dass sonstige Gründe vorliegen, die einer Rückkehr in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

Zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat:

Kosovo:

1.       Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen

KI vom 7.9.2017, Politische Krise im Kosovo gelöst (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage)

Die fast dreimonatige politische Krise nach den vorgezogenen Parlamentswahlen im Kosovo ist nun offenbar gelöst. Die Partei "Allianz für ein Neues Kosovo" (AKR) des Geschäftsmannes Behgjet Pacolli schloss sich am Montagnachmittag dem Wahlsieger, der PAN-Koalition, auch offiziell an. Ein Koalitionsvertrag mit den neuen Bündnispartnern, Kadri Veseli von der Demokratischen Partei (PDK), Ramush Haradinaj, Allianz für die Zukunft (AAK) und Ratmir Limaj, Nisma, wurde am Montagabend im Haus Pacollis unterzeichnet. Dank dem neuen Bündnispartner hat sich die als "Kriegsflügel" bekannte PAN-Koalition nach mehreren gescheiterten Versuchen nun die notwendige Stimmenmehrheit sowohl für die Wahl des Parlamentspräsidenten als auch der Regierung gesichert. Der Wahlsieger wird von 20 Abgeordneten der Minderheitenparteien unterstützt und kommt somit nun auf 63 Mandate im 120-Sitze-Parlament.

Wie der staatliche TV-Sender RTK am Dienstag berichtete, haben neue Bündnispartner darüber hinaus eine Einigung über die Postenverteilung in der künftigen Koalitionsregierung erzielt, die erneut von Ex-Premier Haradinaj geleitet werden soll. Demnach sollen der kleinen Partei Pacollis mit vier Parlamentssitzen fünf Ministerposten, darunter jener des Äußeren, zufallen. Die PDK soll sechs Minister stellen, die AAK drei und den Premier, Nisma vier. Die Belgradtreue "Serbische Liste" soll wie bisher zwei Minister haben, noch ein Ressort wird von anderen Minderheitenvertretern geleitet werden (derStandard.at 5.9.2017).

Quelle(n):

-        derStandard.at (5.9.2017): International, Europa, Kosovo, Koalitionsvertrag unterzeichnet: Politische Krise im Kosovo gelöst, http://derstandard.at/2000063620495/Koalitionsvertrag-unterzeichnet-Politische-Krise-im-Kosovo-offenbar-geloest, Zugriff 7.9.2017

Politische Lage

Das politische System hat sich seit der Unabhängigkeitserklärung vom 17. Februar 2008 gefestigt. Kosovo ist eine Republik mit parlamentarischer Demokratie. Die Verfassung enthält neben den Grundwerten moderner europäischer Verfassungen und dem Prinzip der Gewaltenteilung umfassenden Schutz, zum Teil Privilegien für die in Kosovo anerkannten Minderheiten (Serben, Türken, Bosniaken, Goranen, Roma, Ashkali, Ägypter). Sie eröffnet ihnen weitgehende Möglichkeiten der politischen Partizipation, so z.B. garantierte Sitze im Parlament. Art. 59 der Verfassung sieht z.B. die Ausübung der eigenen Sprache, Kultur und Religion sowie den Zugang zu Bildungseinrichtungen mit jeweiligem Sprachangebot und die Nutzung eigener Medien vor (AA 9.12.2015).

Gemäß der am 15. Juni 2008 in Kraft getretenen Verfassung ist die Republik Kosovo eine parlamentarische Demokratie mit Gewaltenteilung. Gesetzgebungsorgan ist das Ein-Kammer-Parlament mit 120 Sitzen, von denen 20 für Abgeordnete der nationalen Minderheiten reserviert sind (darunter 10 Sitze für kosovo-serbische Abgeordnete). Bei den letzten Parlamentswahlen im Juni 2014 errang die PDK (Demokratische Partei Kosovo) des ehemaligen Premierminister Hashim Thaçi mit 30,38% die meisten Stimmen. Die LDK (Demokratische Liga) folgte mit 25,24% der Stimmen. Seit 09.12.2014 besteht eine Koalitionsregierung aus PDK und LDK sowie Vertretern der Minderheiten unter Führung von Premierminister Isa Mustafa (LDK) (AA 12.2015, vgl. GIZ 6.2016).

Seit Herbst 2015 versuchen die drei Oppositionsparteien Vetevendosje, AAK und NISMA die Arbeit des Parlaments zu blockieren. Hintergrund des Protests sind, nach Aussage der Opposition, zwei Abkommen welche die kosovarische Regierung mit den Nachbarländern Montenegro und Serbien geschlossen hat. Im Abkommen mit Montenegro geht es um eine Übereinkunft der Grenzziehung zwischen den beiden Staaten. Von noch größerer Relevanz ist das Abkommen mit Serbien, welches die Bildung einer Gemeinschaft » (serb. zajednica) der serbischen Gemeinden im Kosovo regelt, womit eine Übertragung bestimmter Kompetenzen an die Gemeinschaft verbunden ist. Ein wesentliches Argument der Opposition stützt sich auf ein Urteil des kosovarischen Verfassungsgerichts, welches das Abkommen als in Teilen nicht im Einklang mit der kosovarischen Verfassung bewertet. Die internationale Gemeinschaft kritisiert die Blockade der Opposition und den damit verbunden politischen Stillstand (GIZ 6.2016, vgl. Presse 29.2.2016).

Eine EU-Rechtsstaatsmission EULEX hat den Auftrag, die kosovarischen Behörden beim Aufbau eines multiethnischen Justiz-, Polizei- und Zollwesens zu unterstützen und an rechtsstaatliche EU-Standards heranzuführen. Das Mandat wurde um weitere zwei Jahre bis zum Juni 2018 verlängert (EULEX 21.6.2016).

Laut einer repräsentativen Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung (Jugendliche in Südosteuropa, Juli 2015) will fast die Hälfte der Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus acht Balkanländern (ALB, BuH, KOS, MZ, SLO, KRO, BU, RU) auswandern. Begehrteste Ziele sind Deutschland, Großbritannien, die Schweiz und die USA. Gut ein Drittel der Befragten ist unzufrieden mit dem Zustand der Demokratie in ihren Ländern. Nur 17% sind dagegen zufrieden. Am größten ist der Unmut in Mazedonien, wo gerade einmal 6% mit dem politischen System zufrieden sind, 44% dagegen unzufrieden. Arbeitslosigkeit und Armut sind in ganz Südosteuropa die drängendsten Sorgen. „Sehr wahrscheinlich“ oder „ziemlich wahrscheinlich“ ihr Land verlassen wollen 45,5% aller Befragten. Am dramatischsten sind die Zahlen in Albanien mit 66,7% Auswanderungswilligen, in Kosovo mit 55,1% und in Mazedonien mit 52,8% (BAMF 3.8.2015).

Nach Angaben des kosovarischen Außenministeriums haben 111 Staaten (darunter 23 EU-Staaten sowie die Nachbarstaaten Montenegro, EJR Mazedonien und Albanien) die Republik Kosovo anerkannt (Stand 1.10.2015) (AA 9.12.2015).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG

-        AA - Auswärtiges Amt (12.2015): Kosovo - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kosovo/Innenpolitik_node.html, Zugriff 29.6.2016

-        BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (3.8.2015): Balkan - Fast 50 % der Jugend will auswandern, Briefing Notes

-        diePresse.com (29.2.2016): Europas jüngster Staat in akutem Lähmungszustand, http://diepresse.com/home/meinung/gastkommentar/4936140/Europas-jungster-Staat-in-akutem-Laehmungszustand?from=suche.intern.portal, Zugriff 29.6.2016

-        EULEX (21.6.2016): Eulex New Mandate, http://www.eulex-kosovo.eu/?page=2,11,438, Zugriff 29.6.2016

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2016): Kosovo - Geschichte/Staat, https://www.liportal.de/kosovo/geschichte-staat/#c37416, Zugriff 29.6.2016

2.       Sicherheitslage

Die interethischen Spannungen konzentrieren sich im Wesentlichen auf die Beziehungen zwischen der serbischen Minderheit und der albanischen Mehrheit im Kosovo. Zu differenzieren sind dabei die Beziehungen zwischen den im Norden lebenden Serben, die ein zusammenhängendes Gebiet bewohnen und den Serben die im restlichen Kosovo in kleinere versprengten Gemeinden wohnen. Letztere unterhalten relativ gute Beziehungen zu den kosovo-albanischen Autoritäten, und beteiligen sich an der gesellschaftspolitischen Ausgestaltung im Rahmen der kosovarischen Institutionen. Ganz anders ist hingegen die Situation im Nordkosovo. Die hier lebenden Serben weigern sich die Unabhängigkeit des Kosovo sowie die Institutionen des neu geschaffenen Staates anzuerkennen. Die Zusammenarbeit ist minimal. Problematisch in der Diskussion sind speziell die Behandlung der Grenzen zwischen Kosovo und Serbien, die von den im Norden lebenden Serben nicht anerkannt werden.

Mit der Ausnahme Nordkosovo gilt die Sicherheitslage allgemein als entspannt. Allerdings kann es zu punktuellen Spannungen kommen. So geschehen, als in Serbien im von Albanern bewohnten Preševo-Tal ein nicht genehmigtes Heldendenkmal von der serbischen Polizei entfernt wurde. Hierauf kam es im Kosovo unter anderem zu Schändungen serbischer Friedhöfe (GIZ 6.2016).

Im Norden Kosovos (Gemeinden Zubin Potok, Leposavic, Zvecan und Nord-Mitrovica) hat sich die Lage seit den gewalttätigen Zusammenstößen Ende Juli 2011 weitgehend beruhigt, sie bleibt aber angespannt. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es erneut zu isolierten sicherheitsrelevanten Vorkommnissen kommt. Im restlichen Teil Kosovos ist die Lage grundsätzlich ruhig und stabil (AA 23.9.2015).

Eine Studie des angesehenen Kosovo Center for Security Studies zum Sicherheitsgefühl der Kosovaren im Zeitraum von 2012-2015 ergab folgende wesentliche Ergebnisse: 40% der Befragten fühlten sich im Kosovo sicher, weitere 40% weder sicher noch unsicher, nur 20% dagegen fühlten sich unsicher. Von 2012-2015 nahm auch das allgemeine Vertrauen der Öffentlichkeit in die Sicherheitsbehörden und Sicherheitsinstitutionen pro Jahr jeweils um drei Prozentpunkte zu. In Nachbarschaften mit überwiegend serbischer Bevölkerung und an der Grenze zu Serbien war das allgemeine Sicherheitsgefühl tendenziell weniger ausgeprägt als im übrigen Kosovo (KCSS 5.2016)

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (23.9.2015): Kosovo: Reise- und Sicherheitshinweise, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/KosovoSicherheit_node.html, Zugriff 29.6.2016

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2016): Kosovo - Geschichte/Staat, https://www.liportal.de/kosovo/geschichte-staat/#c37416, Zugriff 29.6.2016

-        KCSS - Kosovo Center for Security Studies (5.2016): Special Edition: Public Safety in Kosovo Trends of Citizens’ Perceptions on Public Safety in Kosovo Covering period: 2012 – 2015, http://www.qkss.org/repository/docs/Public_Safety_KSB_81063.PDF, Zugriff 30.6.2016

3.       Rechtsschutz/Justizwesen

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor. Die lokale Rechtsprechung sah sich jedoch Einflüssen von außen ausgesetzt und sorgte nicht immer für faire Prozesse. Auch gab es immer wieder Berichte über Korruption und über Ineffizienz im Gerichtswesen. Ein effizientes Disziplinarverfahren gegen Richter und Staatsanwälte war vorhanden. Gerichtsurteile wurden von den Behörden im Allgemeinen respektiert. EULEX setzte seine Arbeit im Justizbereich fort und operierte unabhängig oder in Zusammenarbeit mit heimischen Anklägern. Eine unabhängige staatliche Rechtshilfekommission stellte kostenlose Rechtshilfe für Personen mit niedrigen Einkommen zur Verfügung, insbesondere in Zivil- und Verwaltungsstrafverfahren. Das Amt der Oberstaatsanwaltschaft betrieb eine Opferunterstützungsstelle, die Verbrechensopfern einen kostenlosen Zugang zum Recht ermöglichte, wobei ein spezieller Fokus auf Opfer von häuslicher Gewalt, Menschenhandel, Kindesmissbrauch und Vergewaltigung gelegt wurde. Das Justizministerium betrieb eine justizielle Integrationsabteilung mit zwei Gerichtsverbindungsbüros, die Minderheiten in serbischen Mehrheitsgebieten bei Gerichtsangelegenheiten unterstützen und ebenso Informationen und Rechtshilfe für Flüchtlinge und IDPs zur Verfügung stellten (USDOS 13.4.2016).

Ein effizientes Disziplinarverfahren ist vorhanden. Im gesamten Justizwesen sind Richter und Staatsanwälte verschiedener Ethnie tätig. Zum Teil gibt es noch erhebliche Ausbildungsdefizite. Eine Integrationsabteilung im Justizministerium setzte sich insbesondere für Anliegen von Minderheiten ein. Diese unterhält elf Verbindungsämter, um Angehörige von Minderheiten in serbischen Mehrheitsgebieten bei Gerichtsangelegenheiten zu unterstützen. Dennoch ist von allen Institutionen das Justizwesen am schwächsten entwickelt und weist trotz gewisser Fortschritte immer noch erhebliche Mängel auf. Neben unzureichenden Ressourcen und Fähigkeiten des Personals, fehlt es oft an der Bereitschaft zur Strafverfolgung und Korruptionsbekämpfung. Die Gehälter und die soziale Absicherung des Personals sind dürftig. Die starke Vernetzung in traditionellen Clan- und Großfamilienstrukturen führt dazu, dass Amtsträger oft starkem sozialen Druck und Bestechungsversuchen ausgesetzt sind. Es gibt immer wieder Berichte über Korruption, politische Einflussnahme und über mangelnde Effizienz im Gerichtswesen (BAMF 5.2015, vgl. EC 10.11.2015).

3.1.    Exkurs: Blutrache

Auch wenn traditionelle Lebensformen im modernen Kosovo an Bedeutung verlieren, ist die kosovarische Gesellschaft noch patriarchalisch und ländlich geprägt. Gerade bei der ländlichen Bevölkerung sind althergebrachte Sitten, Tradition und Kultur noch sehr lebendig (Clan-Struktur, Patriarchat, Gewohnheitsrecht). Ein Relikt aus dem albanischen Gewohnheitsrecht (dem Kanun) ist die Tradition der kosovo-albanischen Blutrache, auch als gyakmarrja, gyakmarrya, gjakmarrya, und gjakmarrja bezeichnet. Diese war bis in die 1980er Jahre ein weit verbreitetes Phänomen in Kosovo. Die reine Tradition der Blutrache ist heute aber nur noch vereinzelt anzutreffen. (BAMF 5.2015, vgl. GIZ 6.2016).

Insbesondere außerhalb der größeren Städte sind nicht selten Racheakte aus verschiedenen Gründen zu beobachten. Diese werden landläufig als „Blutrache“ bezeichnet und ohne Beachtung der einschränkenden Regeln des Kanun (der Eröffnung, Ablauf und Beendigung regelt) beharrlich betrieben, zum Teil mit blutigen bzw. tödlichen Folgen. Beteiligte an solchen Taten werden verfolgt, angeklagt und verurteilt (AA 9.12.2015).

Im derzeit gültigen Strafgesetzbuch (CRIMINAL CODE OF THE REPUBLIC OF KOSOVO Code No. 04/L-082, in Kraft mit 1.1.2013) wird der Begriff „Blutrache“ nicht explizit erwähnt. Laut Ombudsmann ist die Praxis der Blutrache durch die Verfassung und geltende Gesetze verboten. Exekutivorgane sind dabei verpflichtet, Schutz für bedrohte Personen zu gewährleisten. Niemand ist berechtigt, Selbstjustiz zu üben. Artikel 178 des StGB sieht eine 5-jährige Mindeststrafe für Mord und Artikel 179 eine 10-jährige Mindeststrafe für erschwerten Mord im Zusammenhang mit skrupelloser Rache vor. Laut OSCE werden blutrachemotivierte Verbrechen von den Gerichten als erschwerende Umstände bei der Bestrafung berücksichtigt. Im Falle einer Bedrohung aufgrund einer Blutfehde kann man sich an die Polizei, die im Kosovo über einen guten Ruf verfügt, wenden, die jedoch keinen 24-Stunden-Schutz anbieten kann. Die Polizei behandelt jedoch Morde im Zusammenhang mit einer Blutfehde wie jeden anderen Mord auch, diesbezügliche Mörder werden unter verschärfte Kontrolle gestellt, um damit ein Exempel zu statuieren. Blutrachemorde werden untersucht und verfolgt, wobei die Strafen üblicherweise zwischen 15 und 25 Jahren Gefängnis liegen (IRB 10.10.2013).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG

-        BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (5.2015): Kosovo, Länderreport Band 3

-        EC - European Commission (10.11.2015): KOSOVO* 2015 REPORT, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1447156524_20151110-report-kosovo.pdf, Zugriff 30.6.2016

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2016): Kosovo - Gesellschaft, https://www.liportal.de/kosovo/gesellschaft/#c37429, Zugriff 4.7.2016

-        IRB - Immigration and Refugee Board of Canada (10.10.2013): Kosovo: Blood feuds and availability of state protection (2010-September 2013), http://www.ecoi.net/local_link/261946/388218_de.html, Zugriff 30.6.2016

-        USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Kosovo, http://www.ecoi.net/local_link/322517/461994_de.html, Zugriff 30.6.2016

4.       Sicherheitsbehörden

Die innere Sicherheit der Republik Kosovo beruht weiterhin auf drei Komponenten: der Kosovo Police (KP), den unterstützenden internationalen EULEX-Polizeikräften und den KFOR-Truppen, die auch den Aufbau und das Training der multiethnischen Kosovo Security Force (KSF) innehaben. Die Polizei (KP) hat derzeit eine Stärke von ca. 9.000 Personen und ist im ganzen Land vertreten. Der Frauenanteil in der KP beträgt fast 15%; ähnlich hoch liegt der Anteil der Angehörigen von Minderheiten. EULEX Polizisten beraten und unterstützen Polizeidienststellen im gesamten Land. Für die parlamentarische Kontrolle der Sicherheitskräfte ist im kosovarischen Parlament der Ausschuss für Inneres, Sicherheitsfragen und Überwachung der KSF zuständig. Eigentums-, Körperverletzungs- und Tötungsdelikte sind auf niedrigem Niveau. Organisierte Kriminalität und Korruption befinden sich laut „United Nations Office on Drugs and Crime“ (UNODC) aus 2013 weiterhin auf hohem Niveau (AA 9.12.2015, vgl. EC 10.11.2015).

Die Kosovo Polizei (KP) wird nach wie vor als die am vertrauenswürdigste rechtsstaatliche Institution angesehen. Die Kooperation zwischen dem unabhängigen Polizeiinspektorat (PIK) und der KP Disziplinarabteilung funktioniert gut. 2014 erhielt das PIK 1.304 Beschwerden und Informationen auf deren Basis 132 Fälle an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet wurden. Anzeigen wegen Kriminalität wurden gegen 28 Verdächtige erstattet, die bei den entsprechenden Gerichten anhängig sind (EC 10.11.2015).

Es gibt Polizeistationen im ganzen Land, wo man Anzeigen erstatten kann. Es können auch Anzeigen beim Büro der Staatsanwaltschaften, bei der EULEX Staatsanwaltschaft und beim Ombudsmann eingereicht werden. Die Kriminalität, mit Ausnahme der Organisierten Kriminalität und der Korruption, ist rückläufig und niedriger als im gesamteuropäischen Vergleich (BAMF 5.2015).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG

-        BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (5.2015): Kosovo, Länderreport Band 3

-        EC - European Commission (10.11.2015): KOSOVO* 2015 REPORT, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1447156524_20151110-report-kosovo.pdf, Zugriff 30.6.2016

5.       Folter und unmenschliche Behandlung

Das Verbot der Folter sowie der unmenschlichen Behandlung ist in der Verfassung verankert. Es sind keine Fälle von Folter durch die lokale Polizei (KP) oder andere staatliche Stellen bekannt geworden (AA 9.12.2015).

Fälle von unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung sind nicht bekannt (BAMF 5.2015).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG

-        BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (5.2015): Kosovo, Länderreport Band 3

6.       Korruption

Analysen (Transparency International) und Indikatoren weisen auf ein sehr hohes Korruptionsniveau im Kosovo hin, das selbst im regionalen Vergleich überdurchschnittlich ist. Korruption findet sich dabei in allen Bereichen des öffentlichen Lebens wieder, insbesondere in der politischen Klasse, im Gesundheits- und Bildungswesen, sowie in der öffentlichen Verwaltung. Selbst ein mit der Bekämpfung von Korruption beauftragter Staatsanwalt wurde jüngst zu fünf Jahren Haft verurteilt – wegen Bestechlichkeit. Zwar existieren weitreichende politische Handlungsinstrumente wie ein Aktionsplan, ein Anti-Korruptionsgesetz sowie eine Anti-Korruptionsbehörde, die Um- und Durchsetzung ist allerdings lückenhaft (GIZ 6.2016).

Die Kosovo Antikorruptionsagentur (ACA) und eine Art Rechnungshof (OAG) waren für die Bekämpfung von Korruption auf Regierungsebene verantwortlich. Bis zum August 2015 erhielt die ACA 160 angebliche Korruptionsfälle, 70 Fälle wurden dabei an die Staatsanwaltschaft übermittelt, gegen 12 Personen wurde seitens der Polizei ermittelt. Verurteilungen wegen Korruption bleiben aber allgemein weiterhin selten (USDOS 13.4.2016).

Der Kosovo hat strenge Antikorruptionsgesetze bzw. gibt es zahlreiche Antikorruptionsinstitutionen. Die Behörden waren allerdings nicht fähig Fälle von Korruption erfolgreich zu untersuchen, zu verfolgen und zu bestrafen. Korruption ist u.a. auch ein Grund für Unternehmer dringend benötigte Investitionen nicht zu tätigen. Die Antikorruptionsagentur übergab den Strafverfolgungsbehörden 600 Korruptionskriminalberichte und die Namen von 1.300 Beamten, denen Korruption bzw. Bestechung vorgeworfen wurden. Die Korruptionsbehörden behandelten seit 2013 1.232 Korruptionsfälle gegen insgesamt 3.123 Verdächtige, von denen gegen 780 Anzeigen erstattet wurden. Allerdings gab es nur sieben Staatsanwälte, die die vielen Fälle bearbeiteten. Von den 154 high-profile-Korruptionsfällen konnten nur 34 gelöst werden. Trotz zunehmender high-profile-Verhaftungen, glauben viele der befragten Kosovaren, dass Korruption in der Regierung (40%), in politischen Parteien (28%) und in der Justiz (25%) weit verbreitet ist. Gleichzeitig behaupten viele Kosovaren, dass sie im Gesundheitsbereich (32%), vor Strafverfolgungsbehörden (30%) oder von anderen Staatsangestellten (28%) bereits einmal gezwungen waren, Schmiergeld zu zahlen (FH 12.4.2016, vgl. USDOS 13.4.2016, FOL 2015).

Quellen:

-        FH - Freedom House (12.4.2016): Nations in Transit 2016 - Kosovo, http://www.ecoi.net/local_link/325005/464781_de.html, Zugriff 30.6.2016

-        FOL Movement (2015): Corruptionscan, PUBLIC OPINION SURVEY:

Knowledge, Opinions and Experiences of Citizens on Corruption in Kosovo, http://levizjafol.org/folnew/wp-content/uploads/2015/09/CorruptionSCAN-Public-Opinion-Survey.pdf, Zugriff 1.7.2016

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2016): Kosovo - Geschichte/Staat, https://www.liportal.de/kosovo/geschichte-staat/#c37416, Zugriff 30.6.2016

-        USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Kosovo, http://www.ecoi.net/local_link/322517/461994_de.html, Zugriff 30.6.2016

7.       NGOs und Menschenrechtsaktivisten

Ca. 6.000 - 7.000 Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) sind im Kosovo registriert, wovon aber lediglich 10% (GIZ 6.2016) bzw. etwa ein Drittel (FH 6.6.2015) als aktiv gelten. Die zivilgesellschaftliche Szene ist auf Grund des hohen Anteils an Jugendlichen in der Gesellschaft hochdynamisch aber weitestgehend apolitisch. Die größte Anzahl der aktiven NGOs konzentriert sich auf die städtischen Zentren, wohingegen die Anzahl aktiver NGOs in ländlichen Gebieten gering ist. Eine Datenbank mit kosovarischen NGOs ist auf der Webseite der Kosovar Civil Society Foundation (http://www.kcsfoundation.org/?page=2,1) zu finden (GIZ 6.2016, vgl. FH 6.6.2015).

Zahlreiche heimische und internationale Menschenrechtsorganisationen konnten ohne Einschränkungen seitens der Regierung ihren Aufgaben nachgehen, Menschenrechtsfälle untersuchen und die Ergebnisse darüber publizieren (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2016): Kosovo - Geschichte/Staat, https://www.liportal.de/kosovo/geschichte-staat/#c37416, Zugriff 30.6.2016

-        FH - Freedom House (12.4.2016): Nations in Transit 2016 - Kosovo, http://www.ecoi.net/local_link/325005/464781_de.html, Zugriff 30.6.2016

-        USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Kosovo, http://www.ecoi.net/local_link/322517/461994_de.html, Zugriff 30.6.2016

8.       Ombudsmann

Die Prinzipien auf denen die Arbeit der Ombudspersoninstitution (OI) beruht sind Unparteilichkeit, Vertraulichkeit und Professionalität. Das Institut beherbergt spezialisierte Abteilungen, wie die Anti-Diskriminierungsabteilung, die Rechtsabteilung, eine Stabsstelle, eine Justizabteilung und eine Öffentlichkeitsabteilung. Darüber hinaus bietet sich das Institut als Mediations- und Versöhnungsstelle an. Um den Zugang zu dieser Institution zu erleichtern, gibt es regionale Ableger in verschiedenen Städten wie Ferizaj, Gjakova, Gjilan, Mitrovica, Peja, Prizren und Gracanica sowie ein Institut in Nordmitrovica. Des Weiteren werden regelmäßig sog. „offene Tage“ in allen Gemeinden abgehalten. Seit 2004 gibt es in allen Gefängnissen und Haftanstalten Beschwerdeboxen, die ausschließlich von Mitarbeitern des Büros bei deren monatlichen Besuchen in diesen Anstalten geöffnet werden. 2014 erhielt das Hauptbüro in Pristina insgesamt 1.995 Beschwerden und Anfragen auf Rechtshilfe bzw. Rechtsauskunft, wobei u.a. am häufigsten Fälle von Recht auf ein faires und objektives Verfahren, Eigentumsschutz, Recht auf Arbeit und Berufsausübung, Gesundheits- und sozialem Schutz und das Recht auf Rechtsschutzmöglichkeiten etc. vorkamen. Seitens der Albaner wurden 1.764, der Serben 131, der Bosnier 30, der Türken 21, der Roma 16, der Ägypter 13, der Ashkali 9 und von anderen 11 Beschwerden vorgebracht (RoK 31.3.2016).

In den letzten Jahren hat sich der Zugang zur Ombudsmann-Institution für die Landbevölkerung und insbesondere für die RAE-Gemeinschaft (Roma, Ashkali, Ägypter) verbessert. Diese Verbesserungen sind im Wesentlichen durch die Errichtung regionaler Ableger und durch die Abhaltung „offener Tage“ erreicht worden. Die regionalen Ämter und Zweigstellen des Ombudsmannes gewährleisten eine ständige Präsenz dieser Institution, welche sich als besonders nützlich für die „Versorgung“ der RAE-Gemeinschaften mit Informationen und Beschwerdemöglichkeiten erwiesen hat (OSCE 5.2013).

Es kommt immer wieder zu einzelnen Vorwürfen von Menschenrechtsverletzungen, denen in der Regel durch NGOs, den Ombudsmann aber auch durch staatliche Stellen nachgegangen wird. Zahlreiche nationale und internationale Menschenrechtsorganisationen können ohne Einschränkungen ihren Aufgaben nachgehen, Menschenrechtsfälle untersuchen und die Ergebnisse darüber publizieren (BAMF 5.2015).

Quellen:

-        BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (5.2015): Kosovo, Länderreport Band 3

-        OSCE (5.2013): Best Practices for Roma Integration Regional Report on Anti-discrimination and Participation of Roma in Local Decision-Making; http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1370359982_102083.pdf, Zugriff 1.7.2016

-        RoK - REPUBLIC of KOSOVO Ombudsperson Institution (31.3.2016): Annual Report 2015 No. 15, http://www.ombudspersonkosovo.org/repository/docs/English_Annual_Report_2015_351292.pdf, Zugriff 30.6.2016

9.       Wehrdienst und Rekrutierungen

Es gibt keinen verpflichtenden Wehrdienst (AA 9.12.2015).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG

10.      Allgemeine Menschenrechtslage

Das Bekenntnis zu unveräußerlichen Menschenrechten ist in der Verfassung verankert. Nach Art. 22 der Verfassung gelten viele internationale Menschenrechtsabkommen unmittelbar und haben Anwendungsvorrang. Seit November 2000 gibt es die Einrichtung einer Ombudsperson, die für alle Beschwerden über Menschenrechtsverletzungen oder Amtsmissbrauch durch die zivilen Behörden in Kosovo zuständig ist. Die Ombudsperson geht Hinweisen auf Menschenrechtsverletzungen nach und gibt in einem Jahresbericht an das Parlament (www.ombudspersonkosovo.org) Empfehlungen für deren Behebung ab (AA 9.12.2015).

Es gibt keine Hinweise auf staatliche Repressionen oder Menschenrechtsverletzungen. Probleme beim Aufbau eines funktionierenden Justizsystems sowie einer effizienten Verwaltung, aber auch das hohe Maß an Korruption beeinflussen jedoch den Schutz zentraler Menschenrechte. Das Anti-Diskriminierungsgesetz wird nicht konsequent angewendet. Es kommt immer wieder zu einzelnen Vorwürfen von Menschenrechtsverletzungen, denen in der Regel durch NGOs, den Ombudsmann aber auch durch staatliche Stellen nachgegangen wird (BAMF 5.2015).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG

-        BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (5.2015): Kosovo, Länderreport Band 3

11.      Meinungs- und Pressefreiheit

s. Kap. 13

12.      Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit / Opposition

12.1.   Versammlungsfreiheit

Die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sowie die Meinungs- und Pressefreiheit sind durch die kosovarische Verfassung garantiert. Diese Rechte können generell ohne staatliche Einschränkungen wahrgenommen werden, vereinzelt kommt es aber zu Einschüchterungsversuchen, Bedrohung bzw. versuchter Einflussnahme durch Politik, Wirtschaft und organisierte Kriminalität. Alle relevanten Minderheiten in Kosovo sind durch eigene politische Parteien bzw. Vereinigungen im öffentlichen Leben präsent, der öffentlich-rechtliche Fernsehsender RTK strahlt Sendungen in Minderheitensprachen (Serbisch, Türkisch, Romanes) aus. Ein eigener serbisch-sprachiger Kanal wurde im Jahre 2012 im Rahmen der Umsetzung des Ahtisaari-Pakets unter dem Dach von RTK eingerichtet (AA 25.11.2014, vgl. USDOS 13.4.2016).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG

-        USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Kosovo, http://www.ecoi.net/local_link/322517/461994_de.html, Zugriff 1.7.2016

12.2.   Opposition

Die politische Opposition wird in ihrer Betätigung nicht eingeschränkt (AA 9.12.2015).

Seit Herbst 2015 versuchen die drei Oppositionsparteien Vetevendosje, AAK und NISMA die Arbeit des Parlaments zu blockieren. Das beliebteste Mittel ist dabei der Einsatz von Tränengas. Hintergrund des Protests sind, nach Aussage der Opposition, zwei Abkommen, welche die kosovarische Regierung mit den Nachbarländern Montenegro und Serbien abgeschlossen hatte. Widerstand unter Kosovo-Albanern formiert sich auch insbesondere um das Amnestiegesetz, welches die Integration von Serben in die Staatsstrukturen erleichtern soll und Straffreiheit für Widerstandsaktionen von Serbien gegenüber kosovarischen Institutionen vorsieht. Dies rief erhebliche Proteste vor allem durch die Oppositionspartei Vetevendosje hervor (GIZ 6.2016).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2016): Kosovo - Geschichte/Staat, https://www.liportal.de/kosovo/geschichte-staat/#c37416, Zugriff 1.7.2016

13.      Haftbedingungen

Fälle von unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung sind nicht bekannt. Die Verhältnisse in den neueren Gefängnissen und Vollzugsanstalten entsprechen im Allgemeinen den internationalen Standards, es gibt aber noch sehr viele alte Haftanstalten, die nicht mehr internationalen Standards entsprechen (z.B. Zellengröße, Ausstattung). Die kosovarische Regierung versucht dies durch entsprechende bauliche und organisatorische Maßnahmen zu verbessern. Die Gefängnisverwaltung investierte EUR 600.000 in das Gefängnis in Mitrovica und verbesserte damit die Haftbedingungen wesentlich. Im Dezember 2013 wurde in Podujeve/Podujevo ein neues Hochsicherheitsgefängnis eröffnet, welches internationalen Standards entspricht und 300 Personen aufnehmen kann. Die Regierung gestattet Monitoring-Besuche von unabhängigen Menschenrechtsorganisationen und dem Ombudsmann. Laut Kosovo Rehabilitation Center for Torture Victims (KRCT) gibt es weiterhin Beschwerden über das (Fehl-) Verhalten des Vollzugspersonals, über Korruption und Diskriminierungen (v.a. in der Haftanstalt Dubrava, aber auch in Prizren). Statistische Angaben hierzu fehlen allerdings. Kosovo-Albaner als ethnisch homogene Gruppe werden in die Haftanstalt nach Süd-Mitrovica verlegt, während Kosovo-Serben in einer Haftanstalt in Nord-Mitrovica einsitzen (BAMF 5.2015).

Gefangene können sich über andere Häftlinge oder auch Aufsichtspersonal beschweren. Diese Beschwerden können bei Aufseher, Oberaufseher bis zum Direktor der Haftanstalt schriftlich und mündlich eingebracht werden. Auch kann eine Beschwerde beim sog. Gefängniskommissär eingebracht werden. Daneben existiert eine Reihe von NGOs, die regelmäßige Berichte über die Zustände in den Gefängnissen erstellen. Derzeit sind insgesamt zwölf nationale / internationale Organisationen im Kosovo bekannt, welche die Einhaltung der Rechte von Gefangenen im Kosovo überprüfen bzw. beobachten. Unter anderem auch das Büro für Menschenrechte, das internationale Rote Kreuz und viele andere mehr. Diese Organisationen können direkt in die Gefängnisse gehen und dort auch mit den Insassen kommunizieren. Weiters haben Gefangene auch Zugang zu sog. „Ombudspersonen“ (VB 1.4.2011) (s. dazu auch Kap. 9).

Quellen:

-        BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (5.2015): Kosovo, Länderreport Band 3

-        VB des BM.I im Kosovo (1.4.2011): Auskunft des VB, per Email

14.      Todesstrafe

Das Verbot der Anwendung der Todesstrafe ist in der Verfassung verankert (AA 9.12.2015). Sie ist für alle Straftaten abgeschafft (AI 2012).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG

-        AI (2012): Amnesty Report 2012; http://www.amnesty.de/jahresbericht/2012/serbien-einschliesslich-kosovo, Zugriff 1.7.2016

15.      Religionsfreiheit

Kosovo ist ein säkularer Staat. Die Religionsfreiheit ist nach Art. 38 der kosovarischen Verfassung garantiert. Einschränkungen der Religionsfreiheit sind nicht bekannt. Das Tragen eines islamischen Kopftuchs an öffentlichen Schulen ist verboten; diese Anordnung der Regierung wurde im Oktober 2011 vom Verfassungsgericht bestätigt (AA 9.12.2015).

15.1.   Religiöse Gruppen

Die große Mehrheit (über 95%) der kosovarischen Bevölkerung (Albaner, Gorani, Türken, Bosniaken sowie ein Teil der Roma, Ägypter und Ashkali) bekennt sich zum islamischen Glauben sunnitischer Prägung. Schätzungsweise 2% der albanischen Kosovaren bekennen sich zum römisch-katholischen Glauben. Die katholische Gemeinde konzentriert sich auf die größeren Städte Djakova, Peja und Prizren und erfährt in jüngster Zeit zunehmende Popularität. Die serbische Bevölkerung gehört in der überwiegenden Mehrzahl der Serbisch-Orthodoxen Kirche an. Das Prinzip des Säkularismus wird von der Bevölkerungsmehrheit geteilt. Tendenzen eines sich radikalisierenden Islam, wie aus Bosnien-Herzegowina bekannt, sind bislang eher ein überschaubares Phänomen Allerdings richtet der sogenannte Islamische Staat (IS) seine Rekrutierungsversuche unter anderem direkt an Muslime in der Region. Die Bekämpfung von (religiösem) Extremismus ist zu einer der Prioritäten der Regierung Kosovos geworden (GIZ 6.2016).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2016): Kosovo - Gesellschaft, GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2016): Kosovo - Gesellschaft, https://www.liportal.de/kosovo/gesellschaft/#c37429, Zugriff 1.7.2016

15.2.   Radikaler Islamismus

Die Mehrheit der (überwiegend muslimischen) Bevölkerung ist gegen eine radikalisierte Form des Islams. Bis 1999 noch völlig unbekannt, sind die religiösen Konservativen und Hardliner heute eine kleine, aber zunehmend sichtbare Gruppe mit Anhängern in allen großen Städten und einigen der ärmsten Gegenden auf dem Land. Im ganzen Land wurden neue Moscheen gebaut, oft finanziert von Spendern aus islamischen Staaten. Islamische Hilfsorganisationen, wie z.B. „Islamic Relief“ mit einem Büro in Drenas sind nach wie vor sehr aktiv und hauptsächlich karitativ tätig. „Islamic Relief“ vergibt z.B. Mikro-Kredite, unterstützt Waisenkinder und Witwen auch durch Lebensmittelpakete und finanziert Infrastrukturprojekte, wie den Bau von Wasserleitungen. Die Aktivitäten dieser Organisation konzentrieren sich auf die Gemeinden Drenas, Malishevo und Skenderaj, also auf die ärmste Region in Kosovo. Begünstigt durch Armut und Arbeitslosigkeit ist mittlerweile auch im säkularen Kosovo ein Erstarken des radikalen Islams festzustellen. Experten sprechen von ca. 50.000 Anhängern des konservativen Islams in Kosovo. Nach Angaben der kosovarischen Regierung sollen davon etwa 200 Personen Anhänger eines gewaltbereiten islamistischen Extremismus sein (BAMF 5.2015).

Aus Kosovo sollen etwa 150 bis 200 Personen nach Syrien/Irak gezogen sein, um dort für den Islamischen Staat (IS) oder Al-Nusra zu kämpfen. Der kosovarische Staat distanziert sich ausdrücklich vom Islamismus und den Extremisten und geht aktiv dagegen vor. Dutzende Personen wurden im Sommer 2014 bei Razzien verhaftet. Das erste Gerichtsverfahren gegen etwa 40 Personen, die in Syrien oder Irak gekämpft haben, fand im August 2014 statt. Ein neues Gesetz, das den Kampf in fremden Armeen verbietet, wurde Ende Januar 2015 in erster Lesung vom Parlament angenommen. In letzter Zeit sollen Journalisten, die sich kritisch über den Islamischen Staat äußern, ernst zu nehmende Drohungen aus der Islamistenszene erhalten haben. Eine Organisation namens „The Followers of Jihad“ bedrohte im November 2013 per Email die Polizei und forderte sie auf, verhaftete Anhänger freizulassen. Im Februar 2013 wandelte sich die radikale „Bewegung für islamische Einheit“ (Lëvizja Islame Bashkohu - LISBA) in eine politische Partei. Die Zahl der Mitglieder ist nicht bekannt: Die Partei agiert in Priština, Gjilane und Peja. Des Weiteren gibt es neue konservative islamische Bewegungen wie „Bashkohu“ (Beitritt), Forumi und Paqja Studentore, die die islamischen Werte verteidigen. Sie beklagen u.a., dass die säkulare Verfassung Kosovos die Frommen diskriminiere (BAMF 5.2015).

Im Kosovo gibt es eine entsprechende Salafistenszene, die nach einigen Polizeiaktionen gegen führende Mitglieder, vermehrt im Verdeckten agiert. Offensichtliche Rekrutierungen durch den Islamischen Staat (IS) kommen zwar vor, wobei im Kosovo eher sogenannte „Facilitators“ tätig sind, die es Personen ermöglichen auszureisen, um in den Jihad zu ziehen (logistische Unterstützung). Weiters zielen einzelne Interessensgemeinschaften (einschlägige NGOs etc.) eher auf eine Radikalisierung, denn aktive Rekrutierung ab. Die hohe Zahl der Kosovaren aufseiten des IS lässt sich unter anderem auch durch die aktuelle wirtschaftliche Lage erklären. Viele Foreign Fighters lassen sich mit der Aussicht auf Geld - je nach Erfahrungs- und Ausbildungsstand werden zwischen EUR 1.000 und 2.000 bezahlt - leicht ködern. Die Radikalisierung/Rekrutierung findet sehr stark über soziale Netzwerke, aber auch in einschlägigen Moscheen statt, die teilweise nach diversen Polizeiaktionen in den Untergrund gedrängt wurden. Aufgrund der aktuellen Gesetzeslage („Law on Foreign Fighters“ 05/L-002 v. 25.03.2015) steht die Teilnahme an bewaffneten Konflikten unter Strafe und wird dementsprechend geahndet, obwohl die Beweisführung oft schwer ist. Das Gesetz kommt jedoch regelmäßig zur Anwendung. Insgesamt gehen die Polizei und der Nachrichtendienst KIA sehr restriktiv gegen Foreign Fighters vor. Personen, welche aufgrund dieses Delikts in Haft genommen wurden, werden einem De-Briefing unterzogen, und je nach Gefährdungseinschätzung und unter Berücksichtigung etwaiger anderer Straftaten, entlassen oder verbleiben weiter in Haft (VB 3.11.2015, vgl. OIIP 2.5.2016, USDOS 2.6.2016).

Laut einer aktuellen Umfrage des Kosovar Centre for Security Studies in Bezug auf den gewalttätigen Extremismus und die Radikalisierung im Kosovo, sehen 76% der Bürger terroristische Organisationen wie ISIS und Al-Nusra als sehr gefährlich an, während 8% diese Organisationen als moderat gefährlich betrachten. Etwa 55% befürworten bezüglich Rückkehrer aus Syrien eine Unterweisung derselben in Programmen wie Reintegration, Rehabilitation und Deradikalisierung. Weitere 22% meinten, dass diese sofort nach deren Ankunft im Kosovo festgenommen werden sollten, während 15% überhaupt für eine Verhinderung einer solchen Einreise plädierten. Immerhin meinten 57% der Befragten, dass die kosovarische Regierung bei der Bekämpfung gewalttätigen Extremismus und Radikalisierung versagte, nur 35% sehen diese als zumindest etwas erfolgreich bei der Bekämpfung dieser Strömungen (KCSS 6.2016).

Quellen:

-        BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (5.2015): Kosovo, Länderreport Band 3

-        KCSS - Kosovar Centre for Security Studies (6.2016): KOSOVO SECURITY BAROMETER Special Edition: The citizens’ views against violent extremism and radicalization in Kosovo

-        OIIP - Österreichisches Institut für Internationale Politik (2.5.2016): Islamistische Radikalisierung auf dem Balkan – Neue Gefahren, neue Herausforderungen für die EU?

-        USDOS - US Department of State (2.6.2016): Country Reports on Terrorism 2015 – Chapter 2 – Kosovo, http://www.ecoi.net/local_link/324784/464482_de.html, Zugriff 7.7.2016

-        VB des BM.I im Kosovo (3.11.2015): Auskunft des VB, per Email

16.      Ethnische Minderheiten

Es gibt keine Hinweise auf intendierte staatliche Repressionen oder Menschenrechtsverletzungen aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit. Die Einhaltung der im Anti-Diskriminierungsgesetz enthaltenen Diskriminierungsverbote wird durch das Büro des Menschenrechtskoordinators (Office of Good Governance) kontrolliert. Offiziell als Minderheiten anerkannt sind die Roma/Ashkali/Ägypter (RAE), Serben, Bosniaken, Türken und Goranen. Offizielle Sprachen sind Albanisch und Serbisch, auf kommunaler Ebene auch Türkisch, Bosnisch und Romanes. Diese Minderheiten genießen laut Verfassung weitreichende Rechte. Gemäß Art. 78 der Verfassung sind 20 der 120 Parlamentssitze für die nicht-albanischen Minderheiten (Serben 10, Türken 2, Bosniaken 3, Goranen 1 und RAE 4) garantiert. Laut Art. 81 der Verfassung bedarf es bei der Verabschiedung wichtiger Gesetze nicht nur der Mehrheit aller Abgeordneten, sondern getrennt davon auch der Mehrheit der Abgeordneten, die Minderheiten vertreten. Die Bestimmungen des Ahtisaari-Pakets (seit September 2012 Bestandteil der Verfassung) erlauben weitgehende Autonomie auf Kommunalebene, wovon vor allem die Serben und Türken mit „eigenen“ Gemeinden profitieren, in denen sie die Mehrheit stellen (AA 9.12.2015).

Die wesentlichen Institutionen zum Schutz und der Förderung von Minderheitenrechten sind das Ministerium für Gemeinwesen und Rückkehr, der beratende Ausschuss für Gemeinwesen und das Amt für Gemeindeangelegenheit beim Amt des Premierministers. Auf lokaler Ebene muss jede Gemeinde mit mehr als einer Gemeinschaft laut Gesetz ein sog. Gemeinschaftskomitee errichten bzw. ist eine Vertretung (Amt) des zuständigen Ministeriums einzurichten, welches als zentrale Anlaufstelle für Minderheitenangelegenheiten dienen soll. In Gemeinden, in denen eine Minderheit zumindest 10% der Bevölkerung ausmacht, besteht die Verpflichtung den Posten eines Deputy Chairperson of the Municipal Assembly for Communities und Deputy Mayor of Communities zu schaffen. Das Gesetz über kostenlose Rechtshilfe bezieht sich auf Zivil-, Verwaltungs,- Straf- und sonstige Verfahren (OSCE 5.2013).

Die Teilhabe ethnischer Minderheiten an der Gesellschaft ist trotz grundrechtlicher Fundierung nur unzureichend gesichert und wird nicht ausreichend gefördert. Insbesondere die sog. RAE-Minderheiten (Roma, Ashkali, Egyptians) sind sozial stark marginalisiert. Die Exklusion auf den Arbeitsmärkten ist evident. RAE-Minderheiten sind von Armut überproportional stark betroffen. Auch die Inanspruchnahme von Bildungs- und Gesundheitsdienstleistungen durch Minderheiten ist, mit Ausnahme der serbischen Minderheit, unterdurchschnittlich (GIZ 6.2016).

In Orten mit einem hohen Minderheitenanteil werden auch die entsprechenden Minderheitensprachen in den Grundschulen unterrichtet (Serbisch, Türkisch, vereinzelt Romani) (AA 12.2015).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG

-        AA - Auswärtiges Amt (12.2015): Kosovo, Kultur- und Bildungspolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kosovo/Kultur-UndBildungspolitik_node.html, Zugriff 4.7.2016

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2016): Kosovo - Gesellschaft, https://www.liportal.de/kosovo/gesellschaft/#c37429, Zugriff 4.7.2016

-        OSCE (5.2013): Best Practices for Roma Integration Regional Report on Anti-discrimination and Participation of Roma in Local Decision-Making; http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1370359982_102083.pdf, Zugriff 4.7.2016

16.1.   Serben

Nach Angaben des (kosovo-serbischen) Ministers für Rückkehr und Gemeinschaften leben derzeit ca. 80.000 bis 100.000 Serben in Kosovo, davon etwa 60% in Enklaven im Süden und 40% im serbisch dominierten, direkt an Serbien grenzenden Norden Kosovos. Die Volkszählung im April 2011 weicht allerding

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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