TE Vwgh Beschluss 2020/8/31 Ra 2020/19/0232

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Veröffentlicht am 31.08.2020
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht
49/01 Flüchtlinge

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
FlKonv Art1 AbschnA Z2

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache des B S A, vertreten durch MMag. Dr. Franz Stefan Pechmann, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Prinz-Eugen-Straße 70/2/1.1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. September 2019, Zl. I403 2147758-1/24E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein irakischer Staatsangehöriger aus Bagdad, stellte am 17. Juli 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu seinen Fluchtgründen gab er an, wegen der Auseinandersetzungen zwischen Schiiten und Sunniten um sein Leben zu fürchten. Er habe Angst, von den schiitischen Milizen getötet zu werden. Ein Cousin und sein Bruder seien von diesen bereits im Jahr 2014 festgenommen worden. Der Cousin sei inzwischen durch ein irakisches Gericht zum Tode verurteilt worden. Der Vater des Revisionswerbers zahle Geld an die Behörden, um eine Verurteilung des Bruders zu verhindern. Auch hätten die Milizen im Oktober 2015 die Plantagen der Eltern zerstört.

2        Mit Bescheid vom 30. Jänner 2017 wies das BFA den Antrag des Revisionswerbers zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig sei, und setzte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3        Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4        Mit Beschluss vom 24. Februar 2020, E 4069/2019-8, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis gerichteten Beschwerde ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

5        In der Folge erhob der Revisionswerber die gegenständliche außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

6        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9        Die Revision wendet sich in ihrer Zulässigkeitsbegründung gegen die Beweiswürdigung des BVwG. Es habe die Verbindung der bewaffneten Milizen zum irakischen Staat verkannt, sodass sich die Schlussfolgerung, wonach dem Revisionswerber bei Rückkehr in den Irak keine individuelle Verfolgung drohe, als falsch und die Beweiswürdigung als nicht nachvollziehbar erweise. Zudem habe das BVwG die vorliegenden Beweismittel ignoriert.

10       Als Rechtsinstanz ist der Verwaltungsgerichtshof zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung in Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht im Einzelfall die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 13.2.2020, Ra 2019/19/0292, mwN). Werden Verfahrensmängel - wie hier Ermittlungs- und Begründungsmängel - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden (vgl. VwGH 9.1.2020, Ra 2019/19/0506, mwN).

11       Der Revision gelingt es weder aufzuzeigen, dass das BVwG die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte, noch vermag sie darzulegen, weshalb die behaupteten Mängel zu einem anderen Verfahrensergebnis geführt hätten.

12       Das BVwG stützte seine Beweiswürdigung im vorliegenden Fall auf den persönlichen Eindruck des Revisionswerbers in der durchgeführten mündlichen Verhandlung und erachtete das erstattete Vorbringen auf Grund von inneren Widersprüchen und Unstimmigkeiten ebenso wie Widersprüchen zum Vorbringen eines als Zeugen einvernommenen, gemeinsam mit dem Revisionswerber nach Österreich eingereisten Cousins, als nicht glaubhaft. Die Revision, die sich lediglich gegen einzelne beweiswürdigende Erwägungen des BVwG wendet, zeigt nicht auf, dass die Beweiswürdigung des BVwG insgesamt als unvertretbar zu werten wäre bzw. sich die weiteren Erwägungen als nicht tragfähig erweisen würden.

13       Entgegen dem Revisionsvorbringen verkennt das BVwG auch nicht die Verbindung der schiitischen Milizen zum irakischen Staat. Vielmehr geht es in den von ihm getroffenen Länderfeststellungen davon aus, dass Milizen in Bagdad Verbündete in wichtigen politischen Ämtern haben und teilweise für Übergriffe auf Stadtbewohner verantwortlich seien. Soweit die Revision rügt, das BVwG habe verabsäumt, diese Tatsache mit dem Vorbringen des Revisionswerbers in entsprechende Beziehung zu setzen, ist ihr entgegenzuhalten, dass die Feststellung allgemeiner Umstände im Herkunftsstaat die Glaubhaftmachung der Gefahr einer konkreten, individuell gegen den Revisionswerber gerichteten Verfolgung nicht ersetzen kann.

14       Ebenso wenig „ignorierte“ das BVwG die vorgelegte Kopie eines Gerichtsurteiles gegen einen Cousin des Revisionswerbers. Es stützte sich bei der Würdigung des Vorbringens zu den behaupteten Festnahmen eines Bruders und eines Cousins des Revisionswerbers auf eine Mehrzahl zeitlich und inhaltlich unstimmiger Aspekte des Vorbringens des Revisionswerbers sowie des Zeugen, die seiner Auffassung nach mit den Angaben auf der Kopie des Gerichtsurteils nicht in Einklang zu bringen waren. Ob das BVwG in diesem Zusammenhang seiner Begründungspflicht in jeder Hinsicht mängelfrei nachgekommen ist, ist hingegen keine grundsätzliche Rechtsfrage des Verfahrensrechts (VwGH 13.7.2020, Ra 2020/19/0083).

15       In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 31. August 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020190232.L00

Im RIS seit

12.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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