TE Lvwg Erkenntnis 2020/8/6 VGW-123/046/497/2020

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.08.2020
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Entscheidungsdatum

06.08.2020

Index

L72009 Beschaffung Vergabe Wien

Norm

WVRG 2014 §13 Abs1
WVRG 2014 §88
WVRG 2014 §104 Abs1
WVRG 2014 §106 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richter Dr. Zirm als Vorsitzende, Mag. Schmied als Berichter und Mag. Schreiner-Hasberger als Beisitzerin über den Antrag der A. GmbH & Co., vertreten durch Rechtsanwälte GmbH, vom 02.03.2020, auf Nichtigerklärung der Ausschreibung betreffend das Vergabeverfahren der Stadt Wien - Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) - "B.",

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 13 Abs. 1 WVRG 2014 wird der Antrag auf Nichtigerklärung der Ausschreibung „B.“ abgewiesen. Die Eventualanträge auf Nichtigerklärung von Teilen der Ausschreibung werden insoweit abgewiesen, als die Antragstellerin nicht durch die jeweils bestandsfeste zweite und dritte Berichtigung der Ausschreibung klaglos gestellt wurde.

II. Die Antragsgegnerin hat gemäß den §§ 15 und 16 WVRG 2014 die von der Antragstellerin entrichteten Pauschalgebühren von 780,-- Euro zu ersetzen.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Gang des Verfahrens:

Die Stadt Wien – Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) führt in ihrer Eigenschaft als Auftraggeberin ein offenes Verfahren zur Vergabe eines Rahmenvertrags über die Lieferung von B. durch. Der geschätzte Auftragswert liegt im Oberschwellenbereich gemäß § 12 Abs 1 Z 1 BVergG 2018, jedoch unterhalb des zehnfachen Schwellenwertes. Die Bekanntmachung des Vergabeverfahrens im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union erfolgte am 18.12.2019 zur Zahl …. Das Verfahren befindet sich im Stadium der Ausschreibung noch vor der Angebotseröffnung. Der Ablauf der Angebotsfrist war in der Stammfassung der Ausschreibung für den 21.1.2020 vorgesehen.

Mit Schriftsatz vom 13.1.2020 beantragte die A. GmbH & Co. die Nichtigerklärung der Ausschreibung, in eventu die Nichtigerklärung von in den Eventualanträgen näher bezeichneten Teilen der Ausschreibungsunterlagen. Folgende Punkte der Ausschreibung wurden bemängelt:

?    Rechtswidrigkeit des Zuschlagskriteriums „Kennzeichnung: Einzelverpackung: QR-Code“

?    Fehlende Differenzierung hinsichtlich des Zuschlagskriteriums „Frontverstärkung“

?    Rechtswidrige Festlegung der Angebotsbewertung

?    Rechtswidrige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien

?    Widersprüchliche Festlegung der Referenzen in der Ausschreibung

?    Rechtswidrigkeit der festgelegten Mindestanforderungen hinsichtlich „Grammatur“, „weich und hautfreundlich“, „hohe Atmungsaktivität“, „funktionell und bequem“ und „Überlappung“

?    Unzulässigkeit einer unbefristeten Vertragsdauer

Zudem wurde die Erlassung einer einstweiligen Verfügung beantragt, mit welcher der Auftraggeberin die Öffnung der Angebote untersagt und die Angebotsfrist mit der Wirkung einer Fortlaufshemmung ausgesetzt wird.

Dem Antrag auf Erlassung einer Einstweiligen Verfügung wurde mit Beschluss vom 20.1.2020 … stattgegeben.

Mit der ersten Berichtigung der Ausschreibung vom 17.1.2020 hat die Auftraggeberin das Ende der Angebotsfrist vom 21.1.2020 auf den 31.1.2020 verschoben.

Mit der zweiten Berichtigung der Ausschreibung vom 27.1.2020, kundgemacht am 31.1.2020 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union zur Zahl …, wurden die Bestimmungen in den Ausschreibungsunterlagen betreffend den Lieferumfang (Punkt 2 der besonderen Vertragsbestimmungen) und die Preisbildung bzw. -erstellung (Punkt 4 der Besonderen Teilnahmebestimmungen) insofern geändert, als nun eine jährliche Mindestabnahmemenge im Umfang des geschätzten Jahresbedarfs vorgesehen wurde. Außerdem wurde in Punkt 9 der Besonderen Teilnahmebestimmungen (Zuschlagskriterien) der Passus, wonach nur die drei preislich bestgereihten Angebote einer Qualitätsbewertung unterzogen werden, gestrichen. Das Ende der Angebotsfrist wurde auf den 28.2.2020 verschoben.

Mit Schriftsatz vom 30.1.2020 beantragte die Antragstellerin die Nichtigerklärung der zweiten Berichtigung vom 27.1.2020, in eventu die Nichtigerklärung von in den Eventualanträgen näher bezeichneten Teilen dieser Berichtigung. Dieser Antrag wurde vom Verwaltungsgericht Wien abgewiesen (…). Die Entscheidung wurde im Zuge der mündlichen Verhandlung am 18.2.2020 samt den wesentlichen Entscheidungsgründen und der Rechtsmittelbelehrung verkündet und ist somit rechtskräftig.

Zu diesem Verhandlungstermin erklärte die Antragstellerin zum gegenständlichen Nachprüfungsantrag, dass sie, soweit im Nachprüfungsantrag die widersprüchliche Festlegung der Referenzen in der Ausschreibung bemängelt wird, diese Kritik nicht weiter aufrechterhält. Auch zum Mindestkriterium „Überlappung“ werde die daran geübte Kritik fallen gelassen.

Zum Mindestkriterium „Mindestanforderung an die Breite hinsichtlich der Leistungsstufe hoch“ brachte die Antragstellerin vor, dass die in der Ausschreibung vorgegebenen Breiten „E“ und „F“ nur von einem potenziellen Bieter erfüllt werden könnten.

Dazu führte die Auftraggeberin aus, dass im Leistungsverzeichnis in der Zeichnung neben den Mindestbreiten zwar ein trapezförmig verstärkter B. abgebildet sei, dass aber auch etwa rechteckige Verstärkungen zulässig wären, sofern sie eben die angegebenen Mindestbreiten nicht unterschreiten. Insbesondere … in Sitzposition sei eine entsprechende Verstärkungsbreite … erforderlich. Die Anforderung sei daher sachlich gerechtfertigt. Nach der Marktkenntnis der Auftraggeberin erfülle nicht nur ein potenzieller Bieter dieses Kriterium, sondern eine Mehrzahl von Bietern. Diese könnten dem Gericht binnen einer Woche genannt werden.

Was die Vorlage von Mustern als Voraussetzung für die technische Leistungsfähigkeit betrifft, erklärte die Auftraggeberin, dass nur verlangt werde, Muster vorzulegen. Ein Bieter, der dies nicht könne oder nicht mache, sei auszuscheiden. Die Vorlage von Mustern bedeute aber nicht, dass diese Muster schon bestimmten Kriterien entsprechen müssen. Diese würden nämlich erst beim Tischtest beurteilt.

Die Antragstellerin beantragte Akteneinsicht insofern, als sie jene potenziellen Bieter namentlich in Erfahrung bringen wolle, die angeblich das Kriterium Mindestbreite der Verstärkung in der Leistungsstufe Hoch erfüllen könnten. Bei den zu liefernden Produkten handle es sich um Standardware und stellten die Abmessungen dieser Produkte kein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis dar.

Zur Grammmatur von mindestens 40 g/m² führt die Antragstellerin aus, dass das Produkt, mit dem sie gegenwärtig die Auftraggeberin beliefere, diese Vorgaben nicht erfüllt. Sie betonte weiters, dass es sachlich nicht gerechtfertigt sei, nur für das Material C. eine Vorgabe hinsichtlich der Grammmatur zu machen, sondern müsse gleiches auch für das Material D. gelten. Dies deshalb, weil mit der Grammmatur lediglich das Gewicht des jeweiligen Materials angegeben werde, nicht aber Rückschlüsse auf Flüssigkeitsresistenz und Reißfestigkeit gezogen werden könnten. Auch das Material D. würde bei zu niedriger Grammmatur reißen. Es treffe zwar zu, dass auch die Antragstellerin C. Produkte mit einer Grammmatur von mehr als 40 g/m² im Programm habe, doch könnten diese Produkte aus anderen Gründen in der gegenständlichen Ausschreibung nicht angeboten werden, weil etwa die Mindestanforderungen hinsichtlich der Abmessungen nicht erfüllt würden. Es gebe zwar keine technische Norm über die Flüssigkeitsdurchlässigkeit von B., selbige ließe sich aber messen, …. Auch die Reißfestigkeit könne in Newtonmeter gemessen werden.

Die Auftraggeberin erklärte, dass die Anforderung an die Grammmatur gerade für C. Materialien aus den in der Praxis gewonnenen Erfahrungen … kämen. Es habe sich gezeigt, dass es bei C. Materialien mit einer Grammatur von lediglich 30 g/qm zu Rissen des Materials … etc. kommt und sich viele … geweigert hätten, B. aus einem solchen Material zu verwenden. Dies habe zu höheren Ausgaben geführt, weil teurere B. anzuschaffen gewesen wären. Bei B. aus D. Material hätten sich die geschilderten Probleme auch bei niedrigerer Grammmatur nicht gezeigt, sodass aufgrund von Praxiserfahrungen diese Anforderung nur für C. Materialien aufgestellt worden sei.

Die Antragstellerin bestritt, dass es in der Vergangenheit zu Problemen mit von ihr gelieferten Produkten aus dem Grund gekommen sei, weil die Grammmatur weniger als 40 g/m² betragen habe.

Betreffend das Erfordernis QR Code wurde von der Antragstellerin auf den Nachprüfungsantrag verwiesen kein weiteres Vorbringen erstattet.

Zu den im Zuge der Angebotsprüfung mit Punkten zu bewertenden Qualitätskriterien hielt die Antragstellerin fest, dass in der Beilage 13.13.2 die durchgehende Verklebung der Ränder sowohl bei B. der Leistungsstufe Standard als auch der Leistungsstufe Hoch mit jeweils 3 Punkten vorgesehen sei. Eine durchgehende Verklebung der Ränder sei jedoch nur bei der Leistungsstufe Hoch erforderlich. Werde die entsprechende Passage aus der Anlage gestrichen, bringe dies das ganze Bewertungsschema durcheinander.

Die AG gestand zu, dass in der Beilage 13.13.2 ein Fehler unterlaufen sei, zumal das Kriterium durchgehende Verklebung der Ränder tatsächlich nur bei der Leistungsstufe hoch im Zuge der Qualitätsprüfung zu bewerten wäre.

Am 20.2.2020 wurde die Ausschreibung von der Auftraggeberin nochmals berichtigt. Diese dritte Berichtigung gelangte der Antragstellerin am 21.2.2020 zur Kenntnis und wurde am 25.2.2020 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union, …, veröffentlicht. Im Zuge dieser dritten Berichtigung wurde der Schlusstermin für den Eingang der Angebote vom 28.2.2020 10.00 Uhr Ortszeit auf den 16.3.2020 10.00 Uhr Ortszeit verlegt. Außerdem kam es zu Änderungen im Leistungsverzeichnis bei den Mindestkriterien, wurde das Berechnungsbeispiel in den Besonderen Teilnahmebestimmungen gestrichen und wurden Änderungen in den Testbögen für den Tischtest und den Praxistest vorgenommen.

Mit Schriftsatz vom 2.3.2020 beantragte die Antragstellerin die Nichtigerklärung der dritten Berichtigung der Ausschreibung, in eventu die Nichtigerklärung von Teilen dieser Berichtigung.

Am 5.3.2020 fand am Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in welcher sowohl der gegenständliche, gegen die Ausschreibung in ihrer Stammfassung gerichtete Nachprüfungsantrag als auch der gegen die dritte Ausschreibungsberichtigung gerichtete Nachprüfungsantrag erörtert wurden.

Der auf die Nichtigerklärung der dritten Ausschreibungsberichtigung gerichtete Antrag vom 2.3.2020 wurde im Zuge der mündlichen Verhandlung am 5.3.2020 abgewiesen (…). Das Erkenntnis wurde am 5.3.2020 samt den wesentlichen Entscheidungsgründen verkündet und ist somit rechtskräftig.

Zu diesem Verhandlungstermin brachte die Auftraggeberin zum gegenständlichen Nachprüfungsantrag vor, dass die Antragstellerin durchaus in der Lage wäre, etwa als Teil einer Bietergemeinschaft ein konkurrenzfähiges Angebot zu legen. Schon daran zeige sich, dass das Vorbringen der Antragstellerin in ihrer Stellungnahme vom 02.03.2020, wonach lediglich ein potenzieller Bieter in sämtlichen Leistungsstufen und Größen die geforderten Mindestbreiten der Verstärkungen in der Leistungsstufe „Hoch“ erfüllen könne, nicht zutreffe.

Darauf repliziert die Antragstellerin, dass sie nur zu deutlich schlechteren Konditionen und dadurch mit deutlich geringen Erfolgsaussichten ein Angebot … legen könne.

Zur Grammatur brachte die Antragstellerin ergänzend vor, dass auch B. aus dem Material D. mit verschiedenen Grammaturen angeboten würden und sich diese Produkte hinsichtlich der Reißfestigkeit sehr wohl unterscheiden würden. Wie bei anderen Stoffen auch spiele das Gewicht, sprich die Grammatur auch bei der Frage der Reißfestigkeit eine Rolle. Es sei dies bei allen Materialien einer von mehreren Faktoren, die die Reißfestigkeit beeinflussten.

Die Auftraggeberin führte dazu aus, sie habe aus früheren Ausschreibungen sowohl mit dem Material D. als auch mit dem Material C. Erfahrungen gemacht. Diese Erfahrungen hätten gezeigt, dass es beim Material D. im Hinblick auf die Reißfestigkeit zu keinen Problemen gekommen sei. Anders beim Material C.; dort sei es sowohl zum Reißen von B. …gekommen, sodass es die Auftraggeberin für erforderlich gehalten habe, für dieses Material eine vergleichsweise hohe Grammatur vorzuschreiben.

Im E. Krankenhaus seien B. mit geringerer Grammatur, die von der AST geliefert worden seien (es habe sich um B. aus dem Material C. gehandelt) … vom Personal beanstandet worden. Daraufhin seien Vertreter der Antragstellerin beigezogen worden und hätten diese B. mit höherer Grammatur zur Verfügung gestellt, die sich dann bewährt hätten.

Die Antragstellerin bemerkte dazu, dass es sich im E.-KH um eine falsche Materialwahl gehandelt habe, zumal … spezielle B. aus dem Material D. mit entsprechender Grammatur … hätte Verwendung finden müssen.

Zu den Punkten 4.4 (widersprüchliche Festlegung der Referenzen) und 4.5.4 (Mindestanforderung Überlappung) hielt die Antragstellerin ihren Nachprüfungsantrag nicht weiter aufrecht.

Am 9.3.2020 wurde das gegenständliche Erkenntnis samt den wesentlichen Entscheidungsgründen mündlich verkündet.

Am 12.3.2020 beantragte die Antragstellerin eine schriftliche Ausfertigung der Entscheidung.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

I.       Sachverhalt

1) Vergabeverfahren

Die Stadt Wien – Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) führt in ihrer Eigenschaft als Auftraggeberin ein offenes Verfahren zur Vergabe eines Rahmenvertrags über die Lieferung von B. durch. Der geschätzte Auftragswert liegt im Oberschwellenbereich gemäß § 12 Abs 1 Z 1 BVergG 2018, jedoch unterhalb des zehnfachen Schwellenwertes. Die Bekanntmachung des Vergabeverfahrens im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union erfolgte am 18.12.2019 zur Zahl …. Das Verfahren befindet sich im Stadium der Ausschreibung noch vor der Angebotseröffnung. Der Ablauf der Angebotsfrist war in der Stammfassung der Ausschreibung für den 21.1.2020 vorgesehen.

Mit Schriftsatz vom 13.1.2020 beantragte die A. GmbH & Co die Nichtigerklärung der Ausschreibung, in eventu die Nichtigerklärung von in den Eventualanträgen näher bezeichneten Teilen der Ausschreibungsunterlagen.

Diese Feststellungen gründen sich auf die insoweit unstrittige Aktenlage.

2) erste Berichtigung

Mit der ersten Berichtigung der Ausschreibung vom 17.1.2020 hat die Auftraggeberin das Ende der Angebotsfrist vom 21.1.2020 auf den 31.1.2020 verschoben.

Diese Feststellungen gründen sich auf die insoweit unstrittige Aktenlage.

3) zweite Berichtigung

Am 27.1.2020 wurde die Ausschreibung ein zweites Mal berichtigt. Diese Berichtigung wurde am 31.1.2020 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union zur Zahl … kundgemacht.

Im Zuge dieser zweiten Berichtigung wurde der Ablauf der Angebotsfrist auf den 28.2.2020 verschoben. Außerdem wurde die Ausschreibung wie folgt geändert:

Punkt 2 der Besonderen Vertragsbestimmungen wurde ergänzt (die Ergänzungen sind kursiv hervorgehoben) und lautet nunmehr:

„2. Lieferumfang

Bei den im Leistungsverzeichnis-Preiserstellung angegebenen Mengen (siehe Beilage 13.01 – Seite 6 von 6) handelt es sich um den von den Anstalten der Unternehmung Wiener Krankenanstaltenverbund gemeldeten, geschätzten Bedarf eines Jahres. Diese Mengen stellen zudem die jährlichen Mindestabrufmengen dar. Die Überschreitung der im Leistungsverzeichnis-Preiserstellung angegebenen jährlichen Mengenschätzungen um bis zu 50% ist möglich. Änderungen durch die Auflassung oder Hinzunahme einzelner Anstalten sowie durch Standortverlegungen innerhalb Wiens können einvernehmlich vereinbart werden (zur Möglichkeit der Preisanpassung bei daraus resultierenden Unterschreitungen der angegebenen Mengen siehe Punkt 3.4.4. der WD 314).“

Punkt 4 der Besonderen Teilnahmebestimmungen wurde ergänzt (die Ergänzungen sind kursiv hervorgehoben) und lautet nunmehr:

„4. Preisbildung bzw. Erstellung

Für die Preisbildung sind alle dem Angebot zugrundeliegenden Unterlagen sowie die Umstände vor Ort vom Bieter zu berücksichtigen und in seine Kalkulation mit einzubeziehen.

Bei den im Leistungsverzeichnis-Preiserstellung (siehe Beilage 13.01 – Seite 6 von 6) angegebenen Mengen handelt es sich um Schätzungen, basierend auf bisherigen Erfahrungswerten; bei der Kalkulation ist vom Abruf zumindest dieser Mengen auszugehen.

Es ist eine Auspreisung im Preiserstellungsblatt vorzunehmen. Es ist der Gesamtpreis aller Positionen zu errechnen.“

In Punkt 10 der Besonderen Teilnahmebestimmungen ist der kursiv hervorgehobene zweite Satz im zweiten Absatz entfallen:

„10. Bewertung der Zuschlagskriterien und Berechnungsbeispiel

Tischtest

In einem ersten Begutachtungsverfahren nach der Angebotsprüfung durch einen Arbeitskreis aus fachkundigen Vertretern mehrere Krankenanstalten werden jene Produkte ermittelt und ausgeschieden, die geforderte Mindestkriterien nicht zur Gänze erfüllen.

Praxistest

Die verbleibenden Produkte kommen in die engere Wahl um Testen. Die zu testenden Produkte werden auf die drei preislich bestgereihten Angebote eingeschränkt. Getestet wird in mehreren Einrichtungen des KAV. Siehe Beilage 13.13.2 Testbögen – Praxistest.“

Mit Schriftsatz vom 30.1.2020 beantragte die Antragstellerin die Nichtigerklärung der zweiten Berichtigung vom 27.1.2020, in eventu die Nichtigerklärung von in den Eventualanträgen näher bezeichneten Teilen dieser Berichtigung. Dieser Antrag wurde vom Verwaltungsgericht Wien abgewiesen. Die Entscheidung wurde im Zuge der mündlichen Verhandlung am 18.2.2020 … samt den wesentlichen Entscheidungsgründen und der Rechtsmittelbelehrung verkündet und ist rechtskräftig. Die zweite Berichtigung ist somit bestandsfest.

Diese Feststellungen gründen sich auf die insoweit unstrittige Aktenlage.

4) dritte Berichtigung

Am 20.2.2020 wurde die Ausschreibung von der Auftraggeberin nochmals berichtigt. Diese dritte Berichtigung wurde am 25.2.2020 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union, …, veröffentlicht.

Mit der dritten Ausschreibungsberichtigung wurde der Zeitpunkt des Endes der Angebotsfrist vom 28.2.2020 10.00 Uhr Ortszeit auf den 16.3.2020 10.00 Uhr Ortszeit verlegt. Außerdem wurden folgende mit dem gegenständlichen Nachprüfungsantrag bekämpfte Festlegungen vorgenommen:

?    Im Leistungsverzeichnis wurden die im Folgenden kursiv hervorgehobenen Mindestkriterien für das Material aller B. gestrichen:

„C. mindestens 40g/qm oder D.

antistatisch

flüssigkeitsabweisend

weich und hautfreundlich

hoher thermischer Tragekomfort …, hohe Atmungsaktivität

funktionell und bequem“

?    Außerdem wurden im Leistungsverzeichnis die im Folgenden kursiv hervorgehobenen zusätzlichen Mindestkriterien für B. der Leistungsstufe Hoch gestrichen:

„Verstärkung: …, atmungsaktiv und sehr gut befestigt

Verpackung: Sets: Einschlagtuch …“

?    In den Besonderen Teilnahmebestimmungen wurde das Berechnungsbeispiel gestrichen.

?    Der Testbogen – Praxistest für B. der Leistungsstufe Standard, der Testbogen - Praxistest für B. der Leistungsstufe Hoch sowie der Testbogen - Praxistest für B. der Leistungsstufe Hoch Set 1, 2 und 3 wurden ebenso wie der Testbogen –Tischtest insofern geändert, als die nur für die Leistungsstufe Hoch bzw. für Sets der Leistungsstufe Hoch vorgesehenen Mindest- und Qualitätskriterien nur bei Produkten dieser Leistungsstufe in die Beurteilung einfließen.

Mit Schriftsatz vom 2.3.2020 beantragte die Antragstellerin die Nichtigerklärung der dritten Berichtigung vom 20.2.2020, in eventu die Nichtigerklärung von in den Eventualanträgen näher bezeichneten Teilen dieser Berichtigung. Dieser Antrag wurde vom Verwaltungsgericht Wien abgewiesen. Die Entscheidung wurde im Zuge der mündlichen Verhandlung am 5.3.2020 … samt den wesentlichen Entscheidungsgründen und der Rechtsmittelbelehrung verkündet und ist rechtskräftig. Die dritte Berichtigung ist somit bestandsfest.

Diese Feststellungen gründen sich auf die insoweit unstrittige Aktenlage.

5) gegenständlich bekämpfte Festlegungen in der Ausschreibung

Folgende Festlegungen werden von der Antragstellerin im gegenständlichen Nachprüfungsantrag als vergaberechtswidrig bemängelt und sind nicht von den beiden oben dargelegten Berichtigungen betroffen:

?     In Punkt 9 der besonderen Teilnahmebestimmungen sind die Zuschlagskriterien geregelt. Es wird zwischen dem Kriterium Preis und den Qualitätskriterien unterschieden. Insgesamt werden 40 Qualitätspunkte und 60 Preispunkte vergeben. Die Qualitätskriterien lauten wie folgt:

„Tischtest

Kennzeichnung: Einzelverpackung: QR-Code: 3 Punkte.

Rückenbereich: Zwickel: 1 Punkt

Überlappung > 30 cm: 5 Punkte

Frontverstärkung: durchgehende Verklebung der Ränder: 3 Punkte

Praxistest

Tragekomfort: Klima, Berührungskom.,Passform, Sonstiges: 28 Punkte.“

?    Im Leistungsverzeichnis wird für B. der Leistungssufe Hoch folgendes zusätzliches Qualitätskriterium angeführt:

„Beurteilung beim Tischtest:

Frontverstärkung: durchgehende Verklebung der Ränder“

?    Gemäß der Beilage 13.08.1 der Ausschreibungsunterlagen sind zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit für Lieferaufträge Muster und Beschreibungen der zu liefernden Erzeugnisse, deren Echtheit auf Verlangen des Auftraggebers nachweisbar sein muss, vorzulegen.

?    Auf Seite 3 des Leistungsverzeichnisses wird das Material, aus welchem die B. hergestellt sein müssen, wie folgt vorgegeben:

„C. mindestens 40g/m² oder D.“

?    Für B. der Leistungsstufe Hoch ist im Leistungsverzeichnis … vorgesehen.

?    Punkt 12 der besonderen Vertragsbestimmungen lautet:

„Der gegenständliche Liefervertrag beginnt ab Zustellung der Auftragserteilung und gilt als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, soweit vom Auftraggeber nicht binnen sechs Monate nach Auftragserteilung schriftlich bekannt gegeben wird, dass dieser Vertrag nach insgesamt zwölf Monaten endet. Nach zwölfmonatiger Vertragsdauer ab Auftragserteilung kann dieser Vertrag von jedem Vertragspartner jeweils zum Monatsersten unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist – unbeschadet der Regelungen der „Allgemeinen Vertragsbestimmungen der Stadt Wien für Leistungen“ – ohne Angabe von Gründen schriftlich gekündigt werden. Die Kündigung hat mittels eingeschriebenen Briefes zu erfolgen.“

Diese Feststellungen gründen sich auf den Akteninhalt, insbesondere auf den unstrittigen Text der Ausschreibungsunterlagen.

6) Marktrecherchen der Auftraggeberin

Aufgrund der von der Auftraggeberin diesbezüglich zur Verfügung gestellten Unterlagen über von ihr durchgeführte Marktrecherchen stellt das Verwaltungsgericht als erwiesen fest, dass

?    fünf namentlich genannte potentielle Bieter in der Lage sind, QR-Codes auf der Verpackung zu verarbeiten;

?    sieben Unternehmen B. mit dem Material C. in einer Grammatur von mehr als 40g/m² im Angebot haben;

?    vier von der Auftraggeberin namentlich genannte Unternehmen B. anbieten können, die in allen ausgeschriebenen Größen die geforderten Breiten für die Frontverstärkung erfüllen können.

Diese von der Antragstellerin bestrittenen Feststellungen gründen sich auf die glaubhaften, dem Gericht schriftlich zur Kenntnis gebrachten Marktrecherchen der Auftraggeberin.

7) Erfahrungen der Auftraggeberin mit B. aus dem Material C. mit einer Grammatur von weniger als 40g/m²

Im E. Krankenhaus ist es in den letzten Jahren dazu gekommen, dass im Betrieb B., die von der Antragstellerin geliefert worden waren und eine Grammatur von weniger als 40g/m²aufgewiesen haben, gerissen sind …. Diese Vorfälle wurden von der Auftraggeberin mit Fotografien, die der Stellungnahme der Auftraggeberin vom 28.1.2020 beigelegt sind, dokumentiert. In Reaktion auf einen dieser Vorfälle – … - hat die Antragstellerin in ihrer Eigenschaft als damalige Auftragnehmerin der Auftraggeberin ergänzende B. aus dem Material D. mit entsprechend hoher Grammatur zur Verfügung gestellt.

Diese Feststellungen gründen sich auf die insoweit widerspruchsfreien Aussagen der Auftraggeberin und der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung sowie auf das von der Auftraggeberin vorgelegte Bildmaterial.

II.      Akteneinsicht:

Sowohl mit schriftlichem Antrag vom 3.2.2020 als auch im Zuge der Verhandlung vom 18.2.2020 beantragte die Antragstellerin Einsicht (auch) in die geschwärzten Teile der Stellungnahmen der Auftraggeberin im Nachprüfungsverfahren. Konkret ging es der Antragstellerin dabei um die Kenntnis der Marktrecherchen der Auftraggeberin betreffend Unternehmen, die in der Lage sind, Verpackungen von B. mit QR-Codes zu versehen bzw. B. mit dem Material C. in einer Grammatur von mehr als 40g/m² anzubieten bzw. B. mit den geforderten Breiten für die Frontverstärkung in allen ausgeschriebenen Größen anzubieten. Die Namen dieser Unternehmen wurden der Antragstellerin aus den im Folgenden dargelegten Gründen entgegen deren Antrag nicht im Wege der Akteneinsicht zur Kenntnis gebracht.

Selbst wenn man mit der Antragstellerin davon ausgehen wollte, dass § 9 Abs. 1 WVRG 2014 keine Grundlage dafür bietet, einem Bieter die Einsicht in verfahrensgegenständliche Urkunden, auf die sich die Behörde in ihrer Entscheidung tragend stützen möchte, generell zu verweigern, ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (siehe VwGH vom 9.4.2013, 2011/04/0207) als Maßstab für die Ausnahme von der Akteneinsicht § 17 Abs. 3 AVG heranzuziehen, wonach Aktenbestandteile von der Akteneinsicht ausgenommen sind, insoweit deren Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter Interessen einer Partei oder dritter Personen oder eine Gefährdung der Aufgaben der Behörde herbeiführen oder den Zweck des Verfahrens beeinträchtigen würde (vgl. dazu die vom EuGH in seinem Urteil vom 14. Februar 2008, Rs C-450/06, Varec SA, aufgestellten Grundsätze, nach denen diese Frage im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren zu beurteilen ist). Im Rahmen der Abwägung nach § 17 Abs. 3 AVG ist im Einzelfall zu beurteilen, inwieweit ein überwiegendes Interesse besteht, einem Bieter bestimmte Informationen vorzuenthalten, wobei gleichzeitig die effektive Rechtsverfolgung sichergestellt werden muss.

Eine solche Interessenabwägung fällt gegenständlich zu Ungunsten des von der Antragstellerin ins Treffen geführten Interesses, ihr Vorbringen im Nachprüfungsantrag noch weiter konkretisieren zu können, aus. Dem Interesse der Antragstellerin an einer uneingeschränkten und vollumfänglichen Akteneinsicht steht insbesondere das öffentliche Interesse an der Wahrung eines fairen Wettbewerbs im gegenständlichen Vergabeverfahren entgegen.

Die Auftraggeberin hat sich nicht auf bestehende, allenfalls bereits publizierte Marktrecherchen gestützt, sondern solche Marktrecherchen selbst angestellt. Bei den Namen der Im Zuge dieser Marktrecherchen ermittelten Unternehmen handelt es sich schon deshalb um geschützte Informationen, weil die Kenntnis von Herstellern bzw. potentiellen Bietern, die aufgrund ihres Produktsortiments in der Lage wären, ausschreibungskonforme Produkte zu liefern, der Antragstellerin im laufenden Vergabeverfahren einen erheblichen Wettbewerbsvorteil verschaffen würde. So könnte sich die Antragstellerin die im Zuge einer Akteneinsicht erlangte Kenntnis vom Ergebnis der Marktrecherchen der Auftraggeberin zu Nutze machen, um zum Zweck der Erstellung ihres eigenen Angebots an die namentlich genannten Hersteller heranzutreten, um etwa eine Bietergemeinschaft einzugehen oder eine andere Form der Zusammenarbeit ins Auge zu fassen. Somit stand das gegenständlich höher zu gewichtende öffentliche Interesse an einem fairen Wettbewerb der im Interesse der Antragstellerin gelegenen vollumfänglichen Gewährung von Akteneinsicht entgegen.

III.     Maßgebliche Rechtsgrundlagen

Gemäß § 88 Abs. 1 bis 3 BVergG 2018 sind die Ausschreibungsunterlagen so auszuarbeiten, dass die Preise ohne Übernahme nicht kalkulierbarer Risiken und ohne unverhältnismäßige Ausarbeitungen von den Bietern ermittelt werden können. Die Vergleichbarkeit der Angebote muss sichergestellt sein; […]. Soweit in einem offenen oder nicht offenen Verfahren eine konstruktive Leistungsbeschreibung erfolgt, sind die Beschreibung der Leistung und die sonstigen Bestimmungen so abzufassen, dass sie in derselben Fassung sowohl für das Angebot als auch für den Leistungsvertrag verwendet werden können.

Gemäß § 104 Abs. 1 BVergG 2018 sind bei einer konstruktiven Leistungsbeschreibung die Leistungen so eindeutig, vollständig und neutral zu beschreiben, dass die Vergleichbarkeit der Angebote gewährleistet ist. Eine konstruktive Leistungsbeschreibung hat technische Spezifikationen zu enthalten und ist erforderlichenfalls durch Pläne, Zeichnungen, Modelle, Proben, Muster und dergleichen zu ergänzen.

Gemäß § 106 Abs. 1 BVergG 2018 müssen technische Spezifikationen allen Bewerbern und Bietern den gleichen Zugang zum Vergabeverfahren gewähren und dürfen den Wettbewerb nicht in ungerechtfertigter Weise behindern.

IV.      Rechtliche Beurteilung

Seit Einbringung des gegenständlichen Nachprüfungsantrags hat die Auftraggeberin die Ausschreibung im Zuge von drei Berichtigungen abgeändert, die mittlerweile bestandsfest geworden sind. Die von diesen Berichtigungen betroffenen Festlegungen in der Ausschreibung waren vom Gericht nach der einschlägigen höchstgerichtlichen Judikatur nicht mehr zu überprüfen (siehe dazu ausführlich VwGH vom 21.1.2015, 2012/04/0154). In diesem Zusammenhang ist festzuhalten dass die zweite und dritte Berichtigung von der Antragstellerin mit Nachprüfungsanträgen bekämpft und diese Nachprüfungsanträge vom Verwaltungsgericht Wien noch vor der Verkündung des gegenständlichen Erkenntnisses rechtskräftig abgewiesen wurden. Alle drei Berichtigungen sind somit bestandsfest.

Zu den einzelnen, mit dem gegenständlichen Nachprüfungsantrag bekämpften Festlegungen ist Folgendes festzuhalten:

1.) Zum Qualitätskriterium „Kennzeichnung der Einzelverpackung: QR-Code“:

Dazu hat die Auftraggeberin im Nachprüfungsverfahren unwidersprochen dargelegt, dass die sachliche Rechtfertigung für dieses Qualitätskriterium darin liegt, dass der QR-Code zu Vereinfachungen im täglichen Betrieb führt. So können im QR-Code wesentlich mehr Informationen zur Produktbeschreibung, Hautverträglichkeit, Größe und Zusammensetzung abgebildet werden als etwa in einem Bar-Code oder einem EAN-Code. QR-Codes können auch bei teilweiser Verschmutzung oder Zerstörung des Produkts noch herausgelesen werden und erweisen sich als nützlich in der Patientendokumentation, zumal sie von der Verpackung gelöst und in die Patientendokumentation transferiert werden können. Die Auftraggeberin hat außerdem mehrere potentielle Bieter benannt, die in der Lage sind, QR-Codes auf den Verpackungen zu verarbeiten.

Vor diesem Hintergrund erweist sich das Qualitätskriterium „Kennzeichnung Einzelverpackung QR-Code“ keineswegs als unsachlich oder diskriminierend und somit auch nicht als vergaberechtswidrig.

2.) Zum Qualitätskriterium „Frontverstärkung: durchgehende Verklebung der Ränder“

Sofern die Antragstellerin beanstandet, dass für Produkte der Leistungsstufe Hoch, nicht aber für Produkte der Leistungsstufe Standard in der Ausschreibung als zusätzliches Qualitätskriterium „Frontverstärkung: durchgehende Verklebung der Ränder“ festgelegt wird, sich in den Zuschlagskriterien aber kein Hinweis darauf findet, dass sich das betreffende Qualitätskriterium nur auf Produkte der Leistungsstufe Hoch bezieht, ist dem entgegenzuhalten, dass für einen verständigen Bieter den Festlegungen in der Ausschreibung mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, dass im Hinblick auf das betreffende Qualitätskriterium nur Produkte der Leistungsstufe Hoch beurteilt und bepunktet werden. Durch die dritte Ausschreibungsberichtigung ist dies nunmehr auch im Testbogen -Tischtest unmissverständlich klargestellt worden.

3.) Zur Angebotsbewertung

Zum Vorwurf rechtswidriger Ausschreibungsbestimmungen im Zusammenhang mit der Angebotsbewertung ist festzuhalten, dass die von der Antragstellerin diesbezüglich beanstandete Festlegung „Die zu testenden Produkte werden auf die drei preislich bestgereihten Angebote eingeschränkt“ durch die bestandsfeste zweite Berichtigung der Ausschreibung gestrichen wurde, sodass sie vom Verwaltungsgericht Wien nicht mehr zu überprüfen war.

4.) Zur behaupteten Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien

Der Auftraggeber verlangt im Zuge der Prüfung der technischen Leistungsfähigkeit die Vorlage von Mustern sowie Beschreibungen der zu liefernden Erzeugnisse (Punkt 13.08.1 der Beilagen), deren Echtheit auf Verlangen des Auftraggebers nachweisbar sein muss. Zur Erfüllung dieses Eignungskriteriums ist die bloße Vorlage der Muster und Beschreibungen, ungeachtet deren Beschaffenheit, ausreichend. Unabhängig davon werden auf den Seiten 3 und 4 des Leistungsverzeichnisses Mindestanforderungen an die Beschaffenheit der angebotenen Produkte festgelegt und in Punkt 9 der Besonderen Teilnahmebestimmungen Qualitätskriterien angeführt, die im Rahmen der Qualitätsbewertung anhand der vorgelegten Muster bewertet werden.

Es ist also zu unterscheiden zwischen dem zwingend erforderlichen Eignungskriterium, Muster und Produktbeschreibungen vorlegen zu können, den Mindestanforderungen, denen die Erzeugnisse, die als Muster vorgelegt werden, gerecht werden müssen und den Qualitätskriterien, die im Zuge der Überprüfung der Muster zusätzlich im Wege eines Tischtests und eines Praxistests ermittelt werden.

Die von der Antragstellerin bemängelte Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien liegt somit nicht vor.

5.) Zur behaupteten widersprüchlichen Festlegung der Referenzen

Soweit im Nachprüfungsantrag die widersprüchliche Festlegung der Referenzen in der Ausschreibung bemängelt wird, erklärte die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vom 18.2.2020, dass diese Kritik nicht weiter aufrechterhalten wird. Dies hat die Antragstellerin in der Verhandlung vom 5.3.2020 nochmals bekräftigt.

6.) Zu den Mindestanforderungen „weich und hautfreundlich“, „hohe Atmungsaktivität“, „funktionell und bequem“ betreffend die Leistungsstufe Standard sowie zur Mindestanforderung „sehr gut befestigt“ betreffend die Leistungsstufe Hoch:

Diese Mindestanforderungen wurden von der Auftraggeberin im Zuge der dritten Berichtigung der Ausschreibung gestrichen, sodass sie der gerichtlichen Nachprüfung gegenständlich entzogen sind.

7.) Zur Mindestanforderung „Überlappung“

Zur Mindestanforderung „Überlappung“ brachte die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vom 18.2.2020 vor, dass die daran geübte Kritik fallen gelassen wird. Dies hat die Antragstellerin in der Verhandlung vom 5.3.2020 nochmals bekräftigt.

8.) Zu den Festlegungen hinsichtlich der Grammatur

Die Antragstellerin beanstandet die unterschiedlichen Anforderungen an die Grammatur, welche in den Ausschreibungsunterlagen für die Materialien D. (keine Mindestgrammatur) und C. (Mindestgrammatur von 40 g/m²) festgelegt werden, und bringt vor, dass dafür keine sachlichen Gründe bestünden.

Als sachliche Gründe für die Ungleichbehandlung hat die Auftraggeberin in der mündlichen Verhandlung die in der Praxis gewonnenen Erfahrungen ins Treffen geführt. Im laufenden Betrieb in den Spitälern habe sich gezeigt, dass es bei C. Materialien mit einer Grammatur von lediglich 30 g/m² zu Rissen des Materials … etc. kommt und sich viele … geweigert haben, B. aus einem solchen Material zu verwenden. Bei B. aus D. Material hätten sich die geschilderten Probleme auch bei niedrigerer Grammmatur nicht gezeigt, sodass aufgrund von Praxiserfahrungen diese Anforderung nur für C. Materialien aufgestellt worden sei. Dem wurde wiederum von der Antragstellerin entgegengehalten, dass die Grammatur auch bei B. aus dem Material D. die Reißfestigkeit … mitbestimme.

Aus rechtlicher Sicht ist dem Auftraggeber zuzugestehen, dass er schlechte Erfahrungen, die er mit Produkten aus C.-Stoffen mit niedriger Grammatur gemacht hat, in die Ausschreibung in Form einer Mindestanforderung an die Grammatur einfließen lässt und zugleich von einer solchen Mindestanforderung für einen anderen Stoff absieht, weil er damit bislang keine schlechten Erfahrungen gemacht hat.

Außerdem hat die Antragstellerin nicht bestritten, dass auch sie den Stoff D. anbieten könnte und grundsätzlich in der Lage wäre, ein Angebot auf dem Boden der gegenständlich bekämpften Ausschreibung zu legen, wenn auch die preisliche Konkurrenzfähigkeit eines solchen Angebots zu bezweifeln sei. Allein die Befürchtung, dass aufgrund der Ausschreibungsunterlagen andere Bieter ein besseres und/oder preislich günstigeres Angebot erstellen könnten als die Antragstellerin reicht jedoch nicht aus, um die Ausschreibung oder zumindest Teile der Ausschreibung für nichtig zu erklären.

Somit kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass die gegenständliche Ausschreibung diskriminierend oder nur auf einen einzigen Bieter zugeschnitten ist. In letztgenanntem Zusammenhang ist noch darauf hinzuweisen, dass die Auftraggeberin im Zuge ihrer Marktrecherche mehrere Anbieter ermittelt hat, die das Material C. in einer Grammatur von mehr als 40 g/m² anbieten könnten. Im Übrigen hat die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich zugestanden, dass auch sie selbst C. Produkte mit einer Grammmatur von mehr als 40 g/m² im Programm habe, doch könnten diese Produkte aus anderen Gründen in der gegenständlichen Ausschreibung nicht angeboten werden, etwa weil die Mindestanforderungen hinsichtlich der Abmessungen nicht erfüllt würden. In diesem Zusammenhang muss betont werden, dass es Sache der Antragstellerin ist, ein konkurrenzfähiges Angebot auf Grundlage der von der Auftraggeberin in den Ausschreibungsunterlagen gestellten Produktanforderungen zu legen. Dass sie sich dazu – im Unterschied zu anderen potentiellen Bietern – nicht in der Lage sieht, reicht nicht aus, um die Ausschreibung oder zumindest Teile der Ausschreibung für nichtig zu erklären.

Die in den Festlegungen enthaltene Mindestanforderung an die Grammatur von Produkten aus dem Material C. erweist sich somit weder als unsachlich noch als diskriminierend und ist diese Forderung auch nicht bloß auf einen bestimmten Bieter zugeschnitten.

9.) Zur vorgegebenen Mindestbreite der Verstärkung der Ränder bei Produkten der Leistungsstufe Hoch

Die Antragstellerin bringt vor, die in der Ausschreibung angegebenen Mindestbreiten der Verstärkung in der Leistungsstufe Hoch würden lediglich einem am österreichischen Markt aktiven Unternehmen entsprechen und wären daher wettbewerbsverzerrend und diskriminierend.

Dem sind die von der Auftraggeberin im Vorfeld der Ausschreibung durchgeführten Marktrecherchen entgegen zu halten, aus denen sich ergibt, dass zumindest vier von der Auftraggeberin benannte Unternehmen in allen ausgeschriebenen Größen die geforderten Breiten für die Frontverstärkung erfüllen können. Vor diesem Hintergrund kann nicht von einer wettbewerbsverzerrenden oder diskriminierenden Festlegung in den Ausschreibungsunterlagen ausgegangen werden. Das betreffende Mindestkriterium erweist sich auch nicht als unsachlich, hat doch die Auftraggeberin nachvollziehbar dargelegt, dass … zu gewährleisten ist, was eben nur durch eine entsprechend breite Verstärkung der Operationsmäntel sichergestellt werden kann.

10.) Zur unbefristeten Vertragsdauer

Im Unterschied zur Rahmenvereinbarungen sind Rahmenverträge dadurch charakterisiert, dass sie eine Abnahmeverpflichtung des Auftraggebers zu festen Konditionen beinhalten (siehe etwa Heid/Schiefer, Handbuch Vergaberecht³, 351 ff sowie Dillinger/Oppel, Das neue BVergG 2018, 127 ff). Gegenständlich wurde in der zweiten Berichtigung der gegenständlichen Ausschreibung eine Mindestabgabemenge festgelegt, sodass eindeutig ein Rahmenvertrag und nicht eine Rahmenvereinbarung vorliegt.

Die Laufzeit von Rahmenverträgen wird im Vergaberecht weder durch die nationale Gesetzgebung noch durch Vorgaben im Unionsrecht begrenzt. Somit können Verträge auch auf unbestimmte Zeit geschlossen werden (siehe wiederum die oben zitierte Literatur). Die in den Ausschreibungsunterlagen vorgesehene unbefristete Vertragsdauer erweist sich sohin nicht als vergaberechtswidrig.

Es war somit weder die gesamte Ausschreibung noch waren einzelne Festlegungen der gegenständlich zu prüfenden Ausschreibung für nichtig zu erklären.

V.       Pauschalgebühren:

Gemäß § 15 WVRG 2014 hat die Antragstellerin für Anträge gemäß den §§ 20 Abs. 1, 28 und 33 Abs. 1 jeweils eine Pauschalgebühr gemäß den von der Landesregierung durch Verordnung festzusetzenden Gebührensätzen zu entrichten. Für Anträge gemäß § 28 (auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung) beträgt die Gebühr die Hälfte des ausgewiesenen Gebührensatzes.

Gemäß § 16 WVRG 2014 hat die vor dem Verwaltungsgericht Wien, wenn auch nur teilweise, obsiegende Antragstellerin Anspruch auf Ersatz ihrer gemäß § 15 WVRG entrichteten Gebühren durch die Auftraggeberin. Für einen Antrag auf einstweilige Verfügung gilt dies nur dann, wenn 1. dem Nichtigerklärungsantrag (Hauptantrag) stattgegeben wird und 2. dem Antrag auf einstweilige Verfügung stattgegeben wurde oder der Antrag auf einstweilige Verfügung nur wegen einer Interessenabwägung abgewiesen wurde.

Bei einem Antrag auf Nachprüfung der Ausschreibung kommt der reduzierte Gebührensatz des § 3 Abs. 1 der Wiener Vergabe-Pauschalgebührenverordnung - WVPVO zur Anwendung. Zumal gegenständlich ein Liefer- und Dienstleistungsauftrag im Oberschwellenbereich ausgeschrieben ist, beträgt die Pauschalgebühr also 25% von 2081 Euro, das sind 520,25 Euro. Dazu kommt die Hälfte dieses Betrages für die beantragte Erlassung einer einstweiligen Verfügung, sodass sich die Pauschalgebühren auf gerundet insgesamt 780,-- Euro belaufen. Dieser Betrag ist von der Antragstellerin auch entrichtet worden.

Die Auftraggeberin hat die Antragstellerin durch die zweite und dritte Berichtigung der Ausschreibung in folgenden von der Antragstellerin vorgebrachten Punkten klaglos gestellt:

?    Rechtswidrige Festlegungen der Angebotsbewertung (4.2. des Nachprüfungsantrags),

?    Mindestanforderung „weich und hautfreundlich“ sowie „hohe Atmungsaktivität“ (4.5.2 des Nachprüfungsantrags),

?    Mindestanforderung „funktionell und bequem“ (4.5.3 des Nachprüfungsantrags).

Infolge der teilweisen Klaglosstellung der Antragstellerin sind die für den gegenständlichen Nachprüfungsantrag entrichteten Pauschalgebühren der Antragstellerin von der Auftraggeberin zu ersetzen.

VI.      Unzulässigkeit der Revision:

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die (ordentliche) Revision zulässig, wenn eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, insbesondere weil das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird.

Ein Vergleich der Regelungen zum Ablehnungsmodell gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG aF mit dem Revisionsmodell nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zeigt, dass diese Bestimmungen nahezu ident sind. Zur Auslegung des Begriffes „Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung" kann somit auch auf die bisherige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Ablehnungsrecht nach Art. 131 Abs. 3 B-VG aF zurückgegriffen werden (in diesem Sinne Thienel, Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, 74). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist dann anzunehmen, wenn die Entscheidung des VwGH von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt. Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt (VwGH 18.06.2014, Ra 2014/01/0029). Trotz fehlender Rechtsprechung des VwGH liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn die Rechtslage eindeutig ist oder bereits durch ein Urteil des EuGH gelöst wurde (VwGH 28.05.2014, Ra 2014/07/0053; 28.02.2014, Ro 2014/16/0010). Die Rechtsfrage muss eine solche sein, durch deren Lösung im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ein Eingriff in subjektive Rechte des Revisionswerbers im Sinne des Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG zumindest möglich ist. Für die Lösung abstrakter Rechtsfragen hingegen ist der VwGH nicht zuständig (VwGH 12.08.2014, Ra 2014/06/0015).

Da sich das Gericht gegenständlich bei jenen Rechtsfragen, denen eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt, an der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs orientiert hat und diese Judikatur keineswegs widersprüchlich ist, liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vor. Die (ordentliche) Revision war somit nicht zuzulassen.

Schlagworte

Vergaberechtliches Nachprüfungsverfahren; Ausschreibung; Unterlagen; Leistungsbeschreibung; technische Spezifikationen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.123.046.497.2020

Zuletzt aktualisiert am

18.09.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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