TE Vwgh Beschluss 2020/8/21 Ra 2020/18/0206

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Veröffentlicht am 21.08.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Mag. Nedwed und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des A N, vertreten durch MMag. Simon Herzog, Rechtsanwalt in 5700 Zell am See, Strubergasse 9, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. März 2020, W208 2182784-1/15E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger aus einem Dorf in der Provinz Baghlan, stellte am 12. Oktober 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, die Taliban hätten verlangt, dass er für sie kämpfe. Dies habe sein Vater abgelehnt und den Revisionswerber zur Flucht bewegt. Die Taliban hätten den Vater daraufhin ermordet. Bei Rückkehr fürchte der Revisionswerber, von den Taliban ebenfalls getötet oder in den Krieg geschickt zu werden.

2        Mit Bescheid vom 18. Dezember 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag zur Gänze ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen gerichtete Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte es gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

4        Begründend führte das BVwG im Wesentlichen aus, es sei dem Revisionswerber nicht gelungen, eine asylrelevante Verfolgung glaubhaft zu machen. Aus näher dargestellten Gründen sei dem Revisionswerber weder hinsichtlich der behaupteten versuchten Zwangsrekrutierung durch die Taliban noch hinsichtlich der Ermordung seines Vaters Glauben zu schenken. Auch bei Rückkehr drohe ihm keine Zwangsrekrutierung. Der Revisionswerber könne zwar aufgrund der volatilen Sicherheitslage in Afghanistan nicht gefahrlos in seine Heimatprovinz zurückkehren, er finde aber in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative vor. Ihm sei daher weder Asyl noch subsidiärer Schutz zu gewähren. Der Revisionswerber habe auch keinen Anspruch auf einen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 und es sei gegen ihn eine Rückkehrentscheidung zu erlassen gewesen, weil - wie näher begründet wurde - die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung gegenüber den Interessen des Revisionswerbers an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen würden.

5        Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Zur Zulässigkeit wird geltend gemacht, das BVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach den Äußerungen des UNHCR bei der Prüfung, ob dem Revisionswerber Asyl oder subsidiärer Schutz zu gewähren sei, besondere Bedeutung zukomme. Nach den einschlägigen UNHCR-Richtlinien seien Personen, die sich der Rekrutierung durch die Taliban widersetzten, mit dem Tode bedroht. Auch EASO weise in seinen aktuellen Berichten darauf hin, dass jungen Männern in Afghanistan im Fall eines Widerstandes gegen eine Zwangsrekrutierung durch die Taliban Gewalt drohe. Der Revisionswerber habe sowohl vor dem BFA als auch vor dem BVwG angegeben, dass sein Vater von den Taliban getötet worden sei und die Gefahr bestanden habe, dass auch der Revisionswerber getötet oder bestraft werde. Außerdem sei das BVwG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil es nicht geprüft habe, ob dem Revisionswerber ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach dem 7. Hauptstück des AsylG 2005 zu erteilen sei.

6        Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

7        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

8        Soweit die Revision die unterbliebene Bedachtnahme auf Richtlinien von UNHCR und EASO über die Gefährdung von jungen Männern, die sich einer Zwangsrekrutierung durch die Taliban widersetzt haben, ins Treffen führt, entfernt sie sich von den - unbekämpften - Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis. Danach war der behauptete Fluchtgrund des Revisionswerbers (nämlich die versuchte Zwangsrekrutierung durch die Taliban und die damit zusammenhängende Ermordung des Vaters) nicht glaubhaft. Der festgestellte Sachverhalt stellt jedoch den Ausgangspunkt der Prüfung dar, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, weshalb die Revision mit ihrem diesbezüglichen Vorbringen keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG darzulegen vermag (vgl. VwGH 21.2.2020, Ra 2020/18/0003, mwN).

9        Auch das weitere pauschale Vorbringen der Revision, das BVwG habe nicht überprüft, ob ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach dem 7. Hauptstück des AsylG 2005 zu erteilen gewesen wäre, ist nicht geeignet, die Zulässigkeit der Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG darzutun. Abgesehen davon, dass das BVwG die Nichtgewährung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 und die Erlassung der Rückkehrentscheidung näher begründet hat, präzisiert die Revision mit keinem Wort, welcher Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen ihrer Ansicht nach im gegenständlichen Fall aus welchen Gründen erteilt werden hätte müssen (vgl. in diesem Sinne bereits VwGH 8.10.2019, Ra 2019/18/0399).

10       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 21. August 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020180206.L00

Im RIS seit

28.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.09.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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