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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
BAO §116Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision der K GmbH in T, vertreten durch Dr. Astrid Prießner, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 19/II, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 31. März 2020, Zl. RV/2100420/2010, betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatz- und Körperschaftsteuer 2005 bis 2007, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Bei der Revisionswerberin, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wurde eine Außenprüfung durchgeführt, die zu einer Wiederaufnahme der Umsatz- und Körperschaftsteuerverfahren 2005 bis 2007 durch das Finanzamt führte.
2 Die Revisionswerberin berief gegen die im Anschluss an die Außenprüfung ergangenen Wiederaufnahmebescheide und führte in den Berufungen aus, laut Finanzamt sei die Begründung für die Abweichungen vom bisherigen Bescheid der aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen. Da in der Niederschrift (es gebe zwei unterschiedliche) keine Begründung angeführt sei und im Prüfungsbericht Gründe angeführt seien, die nie besprochen oder Gegenstand der Prüfung gewesen seien, sei eine Wiederaufnahme rechtswidrig.
3 Das Finanzamt gab den Berufungen mit Berufungsvorentscheidung keine Folge, und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, im Zuge der Schlussbesprechung seien alle Punkte besprochen worden, die letztlich im Bericht u.a. auch unter „Allgemeines/Mängel“ genannt würden. Den Großteil der Besprechung habe aber das Thema „Darlehen/Einlagen“ in Anspruch genommen. Vor Ort sei eine Niederschrift mit den Eckdaten der Prüfungsfeststellungen aufgenommen und von allen Anwesenden unterfertigt worden. „Die 2. ‚Niederschrift‘ ist eine Fehlerbereinigung, die von der Prüferin hinsichtlich der Textziffernnummerierung (2), der Zitierung einer Gesetzesstelle (§ 12 KStG / § 20 EStG) und der Jahresbenennung in der Tz. 1, nach telefonischer Rücksprache mit der steuerlichen Vertretung am 2.11.2010, vorgenommen worden war und keine inhaltliche Änderung darstellt“. Die Begründung der Wiederaufnahme sei dem Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung und der Niederschrift über die Schlussbesprechung zu entnehmen.
4 Die Revisionswerberin beantragte die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz und führte aus, die im Prüfungsbericht unter Allgemeines angeführten Mängel seien im Zuge der Schlussbesprechung nicht besprochen worden und lägen auch nicht vor. Die Wiederaufnahmebescheide seien daher nicht begründet und somit rechtswidrig. Auf die im Prüfungsbericht und in der Niederschrift angeführten weiteren Prüfungsfeststellungen ging die Revisionswerberin im Vorlageantrag nicht ein.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis, in dem eine Revision für nicht zulässig erklärt wurde, wies das Bundesfinanzgericht die Berufung (nunmehr Beschwerde) gegen die Wiederaufnahmebescheide als unbegründet ab. Es stellte fest, dass bei der Revisionswerberin von März bis Oktober 2009 eine Außenprüfung hinsichtlich der Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2005 bis 2007 stattgefunden habe. Als Ergebnis dieser Prüfung seien sowohl umsatzsteuerliche als auch ertragsteuerliche Feststellungen getroffen worden. Die umsatzsteuerlichen Nachforderungen hätten in Summe für den Prüfungszeitraum 14.070,45 € betragen, ertragsteuerlich hätten sich nur Änderungen hinsichtlich des Verlustabzuges bzw. in der Verrechnung der Mindestkörperschaftsteuer ergeben. Die Feststellungen hätten Hinzuschätzungen aufgrund ungeklärter „Gesellschafterzuschüsse“, eine Erlöskürzung eines Brauerei-Darlehens sowie Kürzungen von nicht abzugsfähigen Aufwendungen und KFZ-Kosten betroffen. Diese sowohl in der Niederschrift über die Schlussbesprechung als auch im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung angeführten Feststellungen hätten zur hier angefochtenen Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer geführt.
6 Strittig sei, ob die die Wiederaufnahme verfügenden Bescheide ausreichend begründet seien.
7 Die Wiederaufnahmsgründe seien nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in der Begründung anzuführen, weil sich die Rechtsmittelbehörde bei der Erledigung des gegen die Verfügung der Wiederaufnahme gerichteten Rechtsmittels auf keine neuen Wiederaufnahmsgründe stützen könne. Eine - allenfalls auch erst im Beschwerdeverfahren erfolgte - Ergänzung einer offensichtlich mangelhaften Begründung in Richtung der tatsächlich vom Finanzamt herangezogenen Wiederaufnahmsgründe stelle allerdings noch kein unzulässiges Auswechseln von Wiederaufnahmsgründen dar.
8 Im vorliegenden Fall habe das Finanzamt die Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer für die Jahre 2005 bis 2007 auf das Hervorkommen neuer Tatsachen und Beweismittel im Rahmen der diesen Zeitraum betreffenden abgabenbehördlichen Prüfung gestützt und zur näheren Erläuterung auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung und den darüber verfassten Bericht bzw. die aufgenommene Niederschrift verwiesen. Ein derartiger Verweis auf den Inhalt des Prüfungsberichts sei nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zulässig.
9 Das Vorliegen des Tatbestandes einer Wiederaufnahme des Abgabenverfahrens sei daher im gegenständlichen Verfahren zu bejahen. Im Übrigen habe die Revisionswerberin nicht bestritten, dass die angeführten Feststellungen Tatsachen darstellten, die im nunmehrigen Verfahren neu hervorgekommen seien.
10 Auch seien die steuerlichen Auswirkungen nicht unbedeutend, sodass die Verfügung der Wiederaufnahme rechtskonform erfolgt sei.
11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
12 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
14 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
15 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, in dem im Anschluss an die Außenprüfung eingeleiteten Finanzstrafverfahren habe der unabhängige Finanzsenat den Einleitungsbescheid bestätigt. In weiterer Folge sei aber ein Einstellungsbescheid ergangen, „da sich der Verdacht der Abgabenhinterziehung nach § 124 Abs. 1 FinStrG nicht bestätigt [hat] bzw. widerlegt worden ist“. Das bekämpfte Erkenntnis wiederhole die Ausführungen in den Erstbescheiden bzw. der Berufungsvorentscheidung und ergehe sich in verba legalia, die als unzureichende Begründung zu werten seien. Im Übrigen sei der Finanzbehörde seit 2010 bzw. 2012 das Ergebnis des Finanzstrafverfahrens bekannt, sodass es sich gegenständlich weder um neue Tatsachen, noch um neue Beweismittel handle. Im Übrigen werde auf die Bindungswirkung von strafrechtlichen Erkenntnissen verwiesen. Zusammenfassend weiche das Erkenntnis von der bisherigen Rechtsprechung ab.
16 Zunächst ist darauf zu verweisen, dass ein Revisionswerber, der eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs behauptet, konkret anzuführen hat, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht. Eine solche Konkretisierung bleibt das Zulässigkeitsvorbringen bereits schuldig. Findet sich - wie im Revisionsfall - eine derartige Darstellung in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht, sondern nur der allgemeine Hinweis, dass die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweiche, so reicht dies nicht aus, um das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darzutun (vgl. VwGH 7.9.2018, Ra 2018/03/0097).
17 Auch mit dem Hinweis auf die Bindungswirkung von strafrechtlichen Erkenntnissen wird keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt, zumal der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, dass eine Bindung der Abgabenbehörde an ein freisprechendes Strafurteil schon wegen der anders gearteten Beweisregeln nicht besteht (vgl. z.B. VwGH 2.9.2009, 2008/15/0045, mwN). Nichts anderes kann für einen Einstellungsbeschluss gelten (vgl. z.B. VwGH 19.12.2002, 2002/15/0152, mwN). Mit dem Vorbringen, dass das Finanzstrafverfahren eingestellt worden sei, wird nicht nachvollziehbar dargetan, dass das Bundesfinanzgericht in rechtswidriger Weise vom Vorliegen der Voraussetzungen für die Wiederaufnahme der Verfahren ausgegangen wäre.
18 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 27. August 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020150043.L00Im RIS seit
28.09.2020Zuletzt aktualisiert am
28.09.2020