TE Dok 2020/7/22 42151-DK-2020

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Veröffentlicht am 22.07.2020
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Norm

BDG 1979 §43 Abs2

Schlagworte

VU mit Sachschaden
Alkotestverweigerung

Text

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres hat in der durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

N.N. ist schuldig,

sie hat in zivil und außer Dienst ein Kfz in vermutlich alkoholisiertem Zustand gelenkt und in weiterer Folge die Durchführung des Alkotests verweigert.

Durch den daraus resultierenden Entzug der Lenkberechtigung für die Dauer von 6 Monaten ist die Dienstfähigkeit herabgesetzt und wird die Beamtin daher in der Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit beeinträchtigt, da ihr auch untersagt ist, ein Dienst- Kfz zu lenken,

sie hat dadurch eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 2 BDG und § 2 der Dienstordnung „Verhalten der Polizeibediensteten“ i.V.m. § 91 BDG 1979 i.d.g.F. begangen,

Über die Beschuldigte wird gemäß § 92 Abs. 1 Zi 2 BDG eine Geldbuße in der Höhe von € 500,- (in Worten: fünfhundert) verhängt.

Dem Beschuldigten erwachsen keine Kosten aus dem Verfahren gemäß § 117 BDG.

BEGRÜNDUNG

Der Verdacht, eine Dienstpflichtverletzung begangen zu haben, gründet sich auf die Disziplinaranzeige der Dienstbehörde sowie den Erhebungen der LPD und dem rechtskräftigen Straferkenntnis der BH.

Sachverhalt:

Am 17.01.2020 langte in der Personalabteilung die Mitteilung über eine Dienstpflichtverletzung bzgl. Lenken eines Kfz in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, zur weiteren Veranlassung, ein.

Es wurde die Streife nach Anzeige des Aufforderers G. über eine vermutlich betrunkene Fahrzeuglenkerin entsandt.

Während der Zufahrt wurde von der LLZ mitgeteilt, dass der Anzeiger die Dame anhalten und ihr die Fahrzeugschlüssel abnehmen konnte.

Nach Eintreffen der Streife an der Einsatzörtlichkeit gab Herr G. an, dass N.N. mit dem PKW, völlig orientierungslos über die Stufen gefahren sei und dabei Bäume und Verkehrszeichen gestreift habe. Als sie dann in einer Sackgasse reversieren musste, konnte Herr G. die Fahrzeugtür öffnen und den Fahrzeugschlüssel abziehen.

Von den einschreitenden EB konnten Beschädigungen am Fahrzeug (Stoßstange hinten und vorne) wahrgenommen werden. Am Tatort selbst konnten keine Beschädigungen wahrgenommen werden.

N.N. gab an, alkoholische Getränke konsumiert zu haben. Über die Menge verweigerte sie die Aussage. Einem Alkovortest stimmte N.N. nicht zu und verweigerte weiters den Alkomattest.

Es erfolgte die vorläufige Abnahme des Führerscheines.

Laut Angaben der einschreitenden Beamten verhielt sich N.N. unkooperativ und weinerlich.

Zum Zeitpunkt des Vorfalls befand sich die Beamtin im Krankenstand.

Verantwortung:

N.N. gab zu dem Vorfall an, dass sie sich im Krankenstand befunden habe. Sie sei bei ihrer Psychologin im in Behandlung gewesen und danach sei sie noch weitergefahren, um Besorgungen zu machen. Aufgrund mehrerer persönlichen Schicksalsschläge, habe sie einfach den Kopf frei bekommen wollen. Zum Tatort sei sie gekommen, nachdem sie sich verfahren hätte. Die Fahrt sei von ihr nicht geplant gewesen. Da es ihr sehr schlecht gegangen sei, habe sie vor Fahrtantritt zur Psychologin bereits Alkohol und Medikamente konsumiert. Aufgrund ihrer damaligen psychischen Verfassung könne sie sich an die ggst. Amtshandlung nicht mehr erinnern.

N.N. gibt weiter an, dass innerhalb kurzer Zeit mehrere Verwandte, darunter ihre Mutter, verstorben wären, was zu dem Ausnahmezustand geführt hätte. Die Therapie bei ihrem Psychiater absolvierte sie aufgrund ihrer Alkoholkrankheit.

Verwaltungsstraf-/Führerscheinentzugsverfahren:

Es wurde die Anzeige wegen §99 Abs. 1 lit. b i.V.m §5 Abs. 2 StVO von der PI der zuständigne BH übermittelt.

Mit Straferkenntnis der BH wurde über N.N. wegen §99 Abs. 1. lit. b StVO eine Geldstrafe von insgesamt € 1600,00.- rechtskräftig verhängt.

Mittels Bescheides des Verkehrsamts wurde N.N. wegen Verletzung der Rechtsvorschrift §99 Abs. 1 lit. b i.V.m §5 Abs. 2 StVO der Führerschein entzogen.

Weiters wurde N.N. angewiesen, sich einer Nachschulung zu unterziehen sowie die Eignung zum Lenken von Fahrzeugen durch Vorlage einer verkehrspsychologischen Stellungnahme nachzuweisen.

Auch hat N.N. ein amtsärztliches Gutachten über die gesundheitliche Eignung vorzulegen.

Anlastung durch die Dienstbehörde:

N.N. steht im Verdacht, durch das Lenken eines Fahrzeuges in alkoholisiertem Zustand, Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben.

Rechtsgrundlagen:

BDG

Gemäß § 43 Abs. 1 u. 2 BDG 1979 ist ein Beamter verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit dem ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen und in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Weiters wird eine schuldhafte Dienstpflichtverletzung in Richtung §43 Abs 2 BDG 1979 erblickt, da die EB durch den Entzug der Lenkberechtigung ihre Dienstfähigkeit insofern herabgesetzt hat, als sie in der Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit beeinträchtigt ist (die EB kann bzw. darf nicht zum Lenken von Dienst-Kfz herangezogen werden).

Dienstanweisungen

Gemäß § 2 Abs. 1 der Dienstanweisung vom 23.01.2013, GZ: P4/444849/1/2012, „Dienstordnung der Landespolizeidirektion Wien“ (…) innerhalb und außerhalb des Dienstes haben sich Polizeibedienstete so zu verhalten, dass sie die Achtung und das Vertrauen der Bevölkerung erwerben und wahren (…).

 

Die Disziplinarkommission hat dazu erwogen:

§ 43 Abs. 2 BDG: Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

 

Der Senat ist nach Durchführung des Beweisverfahrens einstimmig zu dem Erkenntnis gelangt, dass der Beschuldigte die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen schuldhaft begangen hat.

Der Vorwurf lautet dahingehend, dass die Beamtin vermutlich alkoholisiert ein KFZ gelenkt und der Alkotest verweigert wurde und die LB entzogen, in weiterer Folge die Dienstfähigkeit herabgesetzt.

Die Beamtin gab an sich an nichts mehr erinnern zu können.

Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG:

Laut ständiger Rechtsprechung trifft die nach § 43 Abs. 2 BDG auferlegte Pflicht den Beamten sowohl in seinen dienstlichen wie auch außerdienstlichen (arg „gesamten“) Verhalten. Ein Verstoß gegen diese Pflicht ist jedoch nur dann anzunehmen, wenn zwischen dem Verhalten des Beamten und seinen dienstlichen Aufgaben (d.h. seinen funktionsbezogenen Aufgaben bzw. jenen Aufgaben, die jedem Beamten zukommen) eine solche Verbindung besteht, dass von Personen, die mit diesem Beamten in (dienstlichen) Kontakt kommen können, Bedenken zu erwarten sind, er werde seinen (dienstlichen) Aufgaben nicht in sachlicher (rechtmäßiger und korrekter sowie unparteiischer und uneigennütziger) Weise nachkommen. Dies wird insbesondere dann zutreffen, wenn der Beamte gerade jene Rechtsgüter verletzt, deren Schutz zu seinen dienstlichen Aufgaben zählt bzw. deren Schutz die Wahrung der ihm übertragenen Aufgaben dient, da gerade ein Exekutivbeamter die Überwachung der Einhaltung der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften innehat und selbst dagegen verstieß.

Von einer Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 2 BDG ist somit auszugehen, zumal es aufgrund des außerdienstlichen Verhaltens zu Auswirkungen auf die dienstliche Tätigkeit gekommen ist, da der Beschuldigten die Lenkberechtigung für 6 Monate entzogen wurde und sie in dieser Zeit auch nicht für das Lenken von Dienst-Kfz herangezogen werden konnte.

Gerade bei einer Beamtin der Verkehrsabteilung, sohin einer Sonderabteilung der LPD,wird man besonders darauf Bedacht nehmen müssen, weil zu deren Sonderaufgaben die Einhaltung der Verkehrssicherheit gehört - unter anderem auch mit Schwerpunkt Alkoholisierung im Straßenverkehr, und die Beamtin in weiterer Folge daher gegen Normen verstoßen hat, die zu ihren Kernaufgaben gehört, wodurch der Dienstbezug bejaht wird.

Hinsichtlich der Vorwerfbarkeit der Dienstpflichtverletzung wird folgendes angeführt:

Grundsätzlich ist anzuführen, dass nur die verschuldete Alkoholisierung zu einer Dienstpflichtverletzung führen kann. Liegt schwerer Alkoholismus im Sinne von Alkoholabhängigkeit vor, so handelt der Beamte nicht vorwerfbar. Schuldhaftes Verhalten ist nach der Judikatur aber dann nicht ausgeschlossen, wenn der Beamte zumindest von Zeit zu Zeit abstinent ist und erst danach wieder - aus eigenem schuldhaftem Verhalten – zum Alkohol zurückkehrt. Von einer Alkoholkrankheit im Sinne einer Nichtvorwerfbarkeit kann somit nicht ausgegangen werden, da laut formloser Dienstbeschreibung eine engagierte, korrekte, zuverlässige und gewissenhafte Dienstversehung vorliegt und dies ein Indiz dafür ist, dass zumindest während der Dienstverrichtung kein Alkoholkonsum stattgefunden hat.

Im gegenständlichen Fall ereignete sich der Vorfall im Jänner 2020. Die Beschuldigte begab sich laut eigenen Angaben bereits im Jahre 2004 in ambulante Behandlung, diese waren erfolgreich, sodass sie mit diesen Therapien aufgehört hat. Es folgten weiterhin viele Jahre der freiwilligen Therapien, psychologischen und psychiatrischen Behandlungen, wobei es in unregelmäßigen Abständen zu Rückfällen gekommen ist. Nunmehr ist die Beamtin sehr bemüht, die Therapien auf Dauer aufrecht zu erhalten.

Strafbemessungsgründe gemäß § 93 BDG:

Gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung; dabei ist jedoch darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Disziplinarbeschuldigten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Zu berücksichtigen sind aber auch die bisherigen dienstlichen Leistungen, sowie sein Verhalten im Dienststand und die Qualität der bisherigen Dienstleistung. Der erkennende Senat hat sich nach der jüngsten Judikatur des VwGH jedenfalls ein umfassendes Bild des Disziplinarbeschuldigten zu machen und dann eine Prognose zu stellen, inwieweit und in welchem Ausmaß eine Bestrafung notwendig ist.

Für die Schwere der Dienstpflichtverletzung ist nicht nur maßgebend, in welchem objektiven Ausmaß gegen Dienstpflichten verstoßen, oder der Dienstbetrieb beeinträchtigt wurde, sondern es muss die Bestrafung grundsätzlich in einem angemessenen Verhältnis zum Unrechtsgehalt der Verfehlung stehen und sie muss spezial- und generalpräventiv erforderlich sein. Innerhalb des Schuldrahmens darf keine strengere Strafe verhängt werden, als sie aus Gründen der Spezialprävention notwendig erscheint (vgl. Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten3, 78 ff und ihr folgend das Erkenntnis des verstärkten Senates des VwGH vom 14.11.2007, 2005/09/0115).

Maßstab für die Strafbemessung ist vor allem das Verschulden des Disziplinarbeschuldigten in der konkreten Situation und dieses verlangt aus spezialpräventiven Gründen eine Sanktion. Als Strafrahmen sah der Senat deshalb eine Geldbuße im unteren Bereich als ausreichend an.

Im konkreten Fall waren jedoch die disziplinarrechtliche Unbescholtenheit, das reumütige Geständnis, die sehr gute Dienstbeschreibung und die freiwillige Therapie als mildernd zu werten. Es muss der Beamtin auch zugutegehalten werden, dass sie sich nach 3 Jahren Krankenstand wieder in das Berufsleben zurückgekämpft hat.

Erschwerend war kein Umstand zu werten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zuletzt aktualisiert am

18.09.2020
Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
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