TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/28 W258 2186940-1

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Veröffentlicht am 28.02.2020
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Entscheidungsdatum

28.02.2020

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z22
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W258 2186940-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gerold PAWELKA-SCHMIDT über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht:

A) Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid abgeändert, dass es insgesamt zu lauten hat:

I. XXXX , geb. XXXX , wird gemäß § 3 Abs 1 iVm § 34 Abs 2 Asylgesetz 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

II. Gemäß § 3 Abs 5 Asylgesetz 2005 wird festgestellt, das ihm damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (in Folge kurz "BF") stellte gemeinsam mit seiner ledigen Tochter XXXX , geboren XXXX , IFA XXXX , beide Staatsbürger Afghanistans, am XXXX in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit rechtskräftigem Bescheid vom XXXX erkannte die belangte Behörde der Tochter den Status der Asylberechtigten zu. Mit gegenständlichem Bescheid vom selben Tag wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz des BF ua sinngemäß mit der Begründung ab, dass die Tochter zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz zwar minderjährig gewesen, zum Entscheidungszeitpunkt aber bereits volljährig sei und daher dem BF der Status des Asylberechtigten nicht gemäß § 34 Abs 2 AsylG 2005 zuerkannt werden habe können.

Dagegen richtet sich die gegenständliche Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit in der ua ausgeführt wird, dass eine zwischen Zeitpunkt der Antragstellung und Entscheidung erreichte Volljährigkeit eines zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjährigen und ledigen Kindes der Familieneigenschaft in Bezug auf seine Eltern nicht schade.

Mit Schriftsatz vom 20.02.2018 legte die belangte Behörde dem erkennenden Gericht die Beschwerde unter Anschluss des Verwaltungsaktes vor.

Beweise wurden aufgenommen durch Einsicht in den Verwaltungsakt des BF (OZ 1), einen Speicherauszug des Betreuungsinformationssystems über die Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich ("GVS-Auszug") hinsichtlich der Tochter des BF vom 27.02.2020 und einen Strafregisterauszug hinsichtlich des BF vom 27.02.2020.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Der folgende Sachverhalt steht fest:

Der unter I. beschriebene Verfahrensgang steht fest.

Der BF ist in Österreich strafgerichtlich nicht vorbestraft. Ein Aberkennungsverfahren hinsichtlich des seiner Tochter zuerkannten Status der Asylberechtigten ist nicht anhängig.

2. Die Feststellungen gründen auf den zitierten und unbedenklichen Beweismitteln.

3. Rechtlich folgt daraus:

Zu A)

3.1. Zu Spruchpunkt I.:

Gemäß § 34 Abs 2 Asylgesetz 2005 hat die Behörde auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist, die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist.

Gemäß § 2 Abs 1 Z 22 Asylgesetz 2005 ist ua Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes ist. Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde im bekämpften Bescheid schadet es der Familieneigenschaft eines Elternteil iSd § 2 Abs 1 Z 22 bzw § 34 AsylG 2005 nicht, wenn das zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz minderjährige Kind bis zum Entscheidungszeitpunkt volljährig geworden ist (vgl jüngst VwGH 25.01.2019 Ra 2017/20/0520; grundsätzlich VwGH 24.10.2018 Ra 2018/14/0040).

Der BF ist Vater der zum Zeitpunkt der gemeinsamen Stellung des Antrags auf internationalen Schutz minderjährigen und ledigen, und somit Familienangehörigen iSd § 2 Abs 1 Z 22 bzw § 34 AsylG 2005, XXXX , der mit Bescheid vom XXXX rechtskräftig der Status der Asylberechtigten zuerkannt worden ist. Ein Verfahren zur Aberkennung ihres Asylstatus ist nicht anhängig. Da der BF nicht straffällig geworden ist und ihm auf Grund des Asylstatus der Tochter eine Fortsetzung des mit ihren Eltern in Österreich bestehenden Familienlebens mangels Aufenthaltsberechtigung des BF und seiner Tochter in einem anderen Staat bzw auf Grund der Verfolgung der Tochter des BF im Herkunftsstaat des BF, Afghanistan, nicht möglich ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2 "Asyl auf Zeit":

Festzuhalten ist, dass der BF den Asylantrag am XXXX , dh vor dem 15.11.2015, gestellt hat, weshalb § 3 Abs 4 Asylgesetz 2005 ("Asyl auf Zeit") nicht anzuwenden ist.

3.3. Zu Spruchpunkt II.:

Gemäß § 3 Abs 5 Asylgesetz 2005 ist die Entscheidung, mit der einem Fremden auf Grund eines Antrags auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Da dem BF der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

3.4. Da lediglich eine - zwischenzeitlich vom Verwaltungsgerichthof geklärte - Rechtsfrage entscheidungsrelevant war, konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG trotz Antrags des Beschwerdeführers von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil der Verwaltungsgerichtshof über die hier relevante Frage, ob die Eigenschaft, Familienangehöriger iSd § 2 Abs 1 Z 22 bzw § 34 AsylG 2005 zu sein - in Bezug auf ein Elternteil eines zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjährigen Kindes - erlischt, wenn das Kind bis zur Entscheidung volljährig wird, bereits mit der zitierten Judikatur entschieden hat.

Schlagworte

Asylgewährung Asylverfahren Familienangehöriger Familienverfahren Flüchtlingseigenschaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W258.2186940.1.00

Im RIS seit

18.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

18.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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