Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde der S T in Izmir, geboren 1969, vertreten durch Dr. Robert Schuler, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Glasmalereistraße 2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. September 1995, Zl. 117.193/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin verfügte nach der diesbezüglich unbedenklichen Aktenlage über einen Wiedereinreisesichtvermerk für den Zeitraum vom 22. April 1993 bis 25. Juni 1994.
Sie stellte am 24. Februar 1995 (Einlangen bei der erstinstanzlichen Behörde) einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz durch Ankreuzen der Fallvariante "Erstantrag", wobei als Aufenthaltszweck erkennbar die Ausübung einer unselbständigen Tätigkeit angegeben wurde.
Mit Bescheid vom 21. August 1995 wies die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck namens des Landeshauptmannes von Tirol diesen Antrag gemäß § 4 Abs. 1 und 2 iVm § 5 AufG mit der wesentlichen Begründung ab, eine Bewilligung zum Zweck der Aufnahme einer Beschäftigung dürfe gemäß § 5 Abs. 2 AufG nur erteilt werden, wenn das nach dem beabsichtigten Aufenthalt zuständige Landesarbeitsamt bestätige, daß im Hinblick auf die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes keine Bedenken gegen die Aufnahme der vom Antragsteller angestrebten Beschäftigung bestünden. Eine Anfrage bei der Arbeitsmarktverwaltung, Landesarbeitsamt Innsbruck, habe ergeben, daß die Unbedenklichkeit in diesem Sinne nicht bestätigt werden könne. Hieraus ergebe sich, daß im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG iVm § 10 Abs. 1 FrG eine Aufenthaltsbewilligung nicht erteilt werden dürfe.
Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. September 1995 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den vorgenannten Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 5 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, gemäß § 5 Abs. 2 AufG dürfe eine Bewilligung zum Zweck der Aufnahme einer Beschäftigung gemäß § 2 Abs. 2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nur erteilt werden, wenn die nach dem beabsichtigten Aufenthalt zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice auf Anfrage durch die gemäß § 6 AufG zuständige Behörde mitgeteilt habe, daß im Hinblick auf die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes keine Bedenken gegen die Aufnahme der von der Beschwerdeführerin angestrebten Beschäftigung bestünden. Im vorliegenden Fall habe die zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice am 26. Juli 1995 die Unbedenklichkeit nicht bestätigt, woraus sich für die Behörde nach dem AufG "der Umstand" ergeben habe, "aus diesem Grunde" den Antrag der Beschwerdeführerin abzulehnen. Dies deshalb, weil der von der Beschwerdeführerin gemäß § 6 Abs. 1 AufG iVm § 1 Abs. 1 Z. 1 der Verordnung
BGBl. Nr. 359/1995 gestellte Antrag auf den Zweck "unselbständige Erwerbtätigkeit" gelautet habe und die Beschwerdeführerin gemäß § 2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) einer Berechtigung nach diesem Bundesgesetz zur Ausübung einer solchen Tätigkeit bedürfe. Da sie weder über eine gültige Sicherungsbescheinigung, Beschäftigungsbewilligung, Arbeitserlaubnis oder über einen Befreiungsschein verfüge, noch eine Mitteilung des Arbeitsmarktservice im Sinne des § 5 Abs. 4 AufG vorliege, sei der von der Beschwerdeführerin beabsichtigte Aufenthaltszweck aufgrund der tatsächlichen Arbeitsmarktsituation verfehlt. Somit stehe fest, daß die Beschwerdeführerin nicht berechtigt sei, sich zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit in Österreich aufzuhalten.
Die Beurteilung der Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes sei von der Landesgeschäftstelle des Arbeitmarktservice "mit ausreichender Determination und Nachvollziehbarkeit" vorgenommen worden; dabei sei ein ordnungsgemäßes Verfahren, welches das AuslBG dafür vorsehe, durchgeführt worden, "sodaß kein Zweifel an der Tatsache, daß der Arbeitsmarkt für den angestrebten Beruf nicht aufnahmefähig" sei, bestehe.
Da die Beschwerdeführerin nicht zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sei, sei der Schluß, daß sie über keine ausreichenden Mittel zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes verfüge, nicht unzulässig. Es sei daher den öffentlichen Interessen, dabei insbesondere dem wirtschaftlichen Wohl des Staates Österreich, gegenüber den privaten Interessen der Beschwerdeführerin der Vorzug einzuräumen gewesen, zumal das Gesamtkonzept des Aufenthaltsgesetzes dem Schutz eines geordneten Arbeitsmarktes, wie aus § 2 AufG ersichtlich, diene.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die nach ihrer Ablehnung durch den Verfassungsgerichtshof dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:
Der hier zu behandelnde Fall gleicht in den entscheidungswesentlichen Punkten (Anfrage an die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice und deren formularmäßige Antwort, daß die Unbedenklichkeit für die gewählte Berufsgruppe nicht bestätigt werde; allein darauf verweisende Begründung des Bescheides der belangten Behörde) demjenigen, den der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/2159, zu beurteilen hatte. Aus den dort näher dargelegten Gründen war daher auch der belangten Behörde insoweit, als sie ihren Bescheid auf § 5 Abs. 2 AufG stützte, ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß § 58 Abs. 2 iVm § 67 AVG zur Last zu legen.
Soweit sich die belangte Behörde aber auf den Mangel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG bezieht, erstreckt sich der hinsichtlich der Begründung nach § 5 Abs. 2 AufG gegebene Verstoß gegen die Begründungspflicht notwendigerweise auch auf diesen Versagungsgrund. Bei einer allenfalls anders lautenden Entscheidung hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin beabsichtigten Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit könnte nämlich nicht ohne weiteres davon gesprochen werden, daß sie nicht über die zur Deckung ihres Lebensunterhaltes notwendigen Mittel im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG verfüge.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen.
Der Bescheid der belangten Behörde war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Im Falle der Abtretung einer Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG gebührt dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren obsiegenden Beschwerdeführer kein Ersatz der Stempelgebühren, die er im vorangegangenen Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof entrichten mußte. Es steht ihm daher nur der Ersatz der Stempelmarken für die Beschwerdeergänzung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu (vgl. den hg. Beschluß vom 17. März 1986, Zl. 86/08/0002).
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996191412.X00Im RIS seit
02.05.2001